Was können wir tun?

Wenngleich es zahlreiche Indizien für eine Krise der Privatheit gibt, besteht in den Diskussionen weitgehend Konsens darüber, Privatheit als besonderen Wert und kulturelle Errungenschaft einzustufen.

Um eine Balance zwischen den Errungenschaften der Digitalisierung und dem Schutz der Privatsphäre zu ermöglichen, möchten wir als ethische Handlungsempfehlung ein Vier-Punkte-Programm vorschlagen.

1. Digitale Selbstverteidigung

Folgende Fähigkeiten können für eine digitale Privatheitskompetenz stehen:

  • die Reflexionsfähigkeit, warum private Daten als schützenswert einzustufen sind (ethische Kompetenz),
  • das Wissen, wer private Daten zu welchem Zweck erhebt, verarbeitet und weitergibt (strukturelle Kompetenz),
  • die Abschätzung der Folgen, die sich aus der Veröffentlichung privater Daten ergeben könnten (Risikokompetenz),
  • das Wissen über Datenschutzrichtlinien und mögliche Schutzmaßnahmen (rechtliche und technische Kompetenz).

Die ersten Schritte digitaler Selbstverteidigung: Privatsphäre-Einstellungen in Netzwerken konsequent nutzen, Browserverlauf und Cookies dauerhaft löschen, statt Google eine der in den Niederlanden ansässigen (und mittlerweile vereinten) Suchmaschinen StartPage oder Ixquick verwenden, statt Gmail verschlüsselte E-Mail-Dienste nutzen (z. B. von Telekom oder United Internet), WhatsApp gegen den Messenger Threema eintauschen und den Datenzugriff von kostenlosen Apps verweigern.

Weitere Tipps zur digitalen Selbstverteidigung finden Sie hier.

2. Politisches Engagement

Digitale Selbstverteidigung reicht alleine nicht aus, um den großen Datensammlern die Stirn zu bieten. Politisches Engagement und politische Partizipation (Demonstrationen, Petitionen, Bürgerrechtsbewegungen) sind wichtige Aspekte, um einen Bürgerwillen zu äußern.

3. Big-Data-Kodex

Grundsätzlich sind Datensätze weder gut noch schlecht. Angesichts der derzeitigen Entwicklung der digitalen Vernetzungs-, Sicherheits- und Überwachungstechnologien ist allerdings erkennbar, dass Big Data vor allem Big Power und Big Business bedeutet. Unternehmen, Staat und öffentliche Organisationen sollten sich dazu verpflichten, bei der Datenerhebung den Grundsätzen Verhältnismäßigkeit (Zweckbindung), Informationsgleichheit und Informationsgerechtigkeit so weit als möglich gerecht zu werden. Ebenso sollte transparent gemacht werden, welche Algorithmen und Parameter zur Anwendung kommen und die „Auswahl und Qualität der Dateneingabe (…) ständig geprüft und validiert werden“ (Vgl. European Group on Ethics in Science and New Technologies to the European Commission (EGE), 2014, S. 158).

4. Privacy by Design

Bereits bei der Entwicklung von neuen Technologien, Produkten und Vernetzungssystemen sollte eine wesentliche Anforderung sein, den Umfang der verarbeiteten schützenswerten Daten zu minimieren (Datensparsamkeit) und transparent zu machen, welche Daten zu welchem Zweck erhoben und an Dritte weitergegeben werden. Ebenso sollte den Nutzern durch Voreinstellungen ermöglicht werden, sich auch ohne einschlägige IT-Kenntnisse weitgehend schützen zu können (privacy by default). Hierfür müsste eine verstärkte ethische Sensibilisierung der Entwickler erfolgen, auch schon in der Ausbildung.

Das Triple-I-Konzept – Informationsgerechtigkeit, Informationsgleichheit und informationelle Autonomie – sollte als kategorischer Imperativ der Privatsphäre für Unternehmen und staatliche Einrichtungen eine Art Leitbildfunktion erhalten.