Netzcourage – Das Prinzip der Verantwortung

Der Verantwortungsbegriff lässt sich als Fünf-Fragen-Modell beschreiben (siehe Grafik): Wer ist verantwortlich (Subjekt), wofür ist jemand verantwortlich (Gegenstand), wovor (Norminstanz), wem gegenüber (Betroffener) und weswegen (normative Standards, Gesetze)? Übertragen auf die Problematik der Online-Verletzungen sieht das Kreismodell wie folgt aus:

Mut gehört auch dazu

Verantwortliches Handeln bedarf letztlich auch der Konfliktfähigkeit und des Muts. Das heißt im Fall von Online-Gewalt:

  • dem Opfer zu helfen, auch wenn es einfacher wäre wegzusehen,
  • bereit zu sein, bis zu einer gewissen Grenze auch Nachteile in Kauf zu nehmen,
  • sich gegen die Beleidigung und Verletzung auszusprechen, auch wenn die anderen das witzig oder okay („selber schuld“) finden,
  • sich auf das eigene moralische Empfinden beziehen,
  • sich Hilfe bei anderen zu holen, wann immer diese nötig ist.

Zum Mut muss aber auch die Klugheit bei der Beurteilung einer Situation kommen. Dabei ist vor allem die Perspektive des Opfers und dessen Verletzungsgrad zu beurteilen.

Übertragen auf die Problematik von Online-Verletzungen, stehen vor allem folgende Phasen im Vordergrund, die ein Eingreifen des Handelnden betreffen:

Anteilnahme (caring about) als Ausdruck von Achtsamkeit:

  • Feststellen, dass Unterstützung nottut
  • Wahrnehmung eines Bedürfnisses
  • Sich in die Perspektive anderer hineinversetzen

Unterstützung (taking care of) als Ausdruck von Verantwortlichkeit:

  • Bereit sein, Verantwortung zu übernehmen
  • Handlungsmächtigkeit (agency)
  • Beurteilen, wie geholfen werden kann

Fürsorgliches Handeln (care-giving) als Ausdruck von Kompetenz:

  • Direktes Eingehen auf den Bedarf
  • Dafür sorgen, sich ggf. Hilfe zu holen
  • Angemessen handeln

Wie können wir helfen?

Wer sich gegen eine Online-Verletzung engagiert, braucht dringend Unterstützung: Ansonsten gerät er in Gefahr, zu scheitern oder selbst Zielscheibe der Angriffe zu werden – und dabei von den Gegenspielern in einer Community isoliert zu werden. Diese Unterstützer können Freunde des Handelnden sein, die sich mit ihm solidarisieren; das können aber auch Lehrer/innen sein, die als Vertrauenspersonen helfen. In Chatforen kann sich ein Handelnder auch von den Moderatoren Unterstützung holen, indem er diese zum Eingreifen auffordert. Unabhängig von diesen externen Helfern braucht es aber vor allem einen intrinsischen Helfer: einen Wegbereiter, der den Handelnden grundsätzlich dazu befähigt, sich gegen ein unfaires Verhalten im Netz zu engagieren. Das sind die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel und Empathie – also das Einfühlen in die Erlebnisse anderer.