Universität Basel - Institut für Medienwissenschaft
Prof. Neumann-Braun und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen sich gegenwärtig mit zwei Themenschwerpunkten. Der erste widmet sich den aktuellen Bemühungen, den Ansatz der Peer Education in den Bereich von Medienkompetenzförderung sowie des Umgangs mit jungen Menschen mit risikobehafteten Mediennutzungsverhalten (Prävention und Intervention) zu implementieren. Der zweite Schwerpunkt erforscht Strukturen und Prozessdynamiken der Kommunikation, die mit und in den Digitalen Medien – hier insbesondere Freundschaftsnetzwerken / Social Network Sites wie Facebook - von statten gehen.
Ein kurzer Blick zurück
Die Forschungsarbeit von Prof. Neumann-Braun und seinem Team im Bereich der Publikums-, Wirkungs- und Rezeptionsforschung und damit verbunden der Medienkompetenzförderung und des Kinder- und Jugendmedienschutzes kann inzwischen auf eine über 30 Jahre lange intensive Beschäftigung mit den Themen Kinder/ Jugendliche / Familien und Medien zurückblicken.
Ende der 1970er Jahre wurde an der Universität Freiburg i.Br. am Psychologischen Institut die interdisziplinäre Forschergruppe „Strukturanalytische Rezeptionsforschung“ ins Leben gerufen. Der Psychologe Michael Charlton (bis Mitte der 2010er Jahre Professor für Klinische und Entwicklungs- sowie Pädagogische Psychologie) und der Soziologe Klaus Neumann-Braun (seinerzeit Forschungsassistent im DFG-Sonderforschungsbereich 321 an der Universität Freiburg, später Inhaber von Professuren an den Universitäten Trier, Frankfurt/Main, Koblenz-Landau und Basel) begannen ihre Arbeitskooperation mit einem Forschungsprojekt über die bis heute bestens bekannte und beliebte TV-Kinderserie „Sesamstrasse“. 1978 erteilten Redaktion und wissenschaftlicher Beirat dieses vom NDR betreuten Kinderprogramms dem Freiburger Forschungsteam den Auftrag, die damals anstehende Wende von der Förderung kindlicher kognitiver Kompetenzen hin zur Förderung von deren sozial-kognitiven Fähigkeiten wissenschaftlich zu untersuchen. Die Forschungsergebnisse wurden 1982 unter dem Titel „Fernsehen und die verborgenen Wünsche des Kindes“ veröffentlicht.
Es folgten eine Vielzahl von interdisziplinär ausgerichteten Untersuchungen in der wissenschaftlichen Grundlagenforschung wie auch der anwendungsbezogenen Forschung (bspw. im Auftrag von Landesmedienanstalten und Behörden). Die Titel der veröffentlichten Bücher vermitteln einen guten Überblick über die Breite der Studien und Analysen (Auswahl): Medienkonsum und Lebensbewältigung in der Familie (1986), Freiburger Längsschnittuntersuchung der Medienrezeption durch Vorschulkinder im familialen Kontext (1989), Spracherwerb und Mediengebrauch (1990), Medienrezeption und Identitätsbildung (1990), Medienkindheit – Medienjugend (1992), Fernsehwerbung und Kinder (1995), Medienkindheit – Markenkindheit (2004), Coolhunters – Jugendkulturen zwischen Medien und Markt (2005), Videoclips und Musikfernsehen. Eine problemorientierte (Gewalt/ Pornografie) Kommentierung der aktuellen Forschungsliteratur (2006), Doku-Glamour im Web 2.0. Party-Portale und ihre Bilderwelten (2010), Freundschaft und Gemeinschaft im Social Web. Bild-basierte Kommunikation auf Facebook & Co. (2011).
Medienkompetenzförderung und Kinder- und Jugendmedienschutz
Ein zentraler Schwerpunkt aller dieser Arbeiten lag auf der Ausdifferenzierung einer komplexen Rezeptions- und Aneignungstheorie, die der bis dato klassischen Nutzungs- und experimentellen Wirkungsforschung zur Seite gestellt wurde. Aber auch der Wandel der gesellschaftlichen Altersgruppen Kindheit und Jugend wurde und wird intensiv erforscht wie auch die Veränderungen der Sozialisationsinstitutionen Elternhaus und Schule sowie Peer-Group und Konsummarkt im Zuge der fortschreitenden Mediatisierung und Kommerzialisierung unserer Gesellschaft. Mit Blick auf die Schnittstelle von Jugendmedienschutz und insbesondere der Initiative „Klicksafe“ auf der einen Seite und den Forschungsaktivitäten der Basler Arbeitsgruppe um Prof. Neumann-Braun auf der anderen zeigt sich, dass den wichtigsten in diesem Zusammenhang immer wieder diskutierten Themen der medial vermittelten Gewalt und Pornografie, der Kommerzialisierung und Mediatisierung des Alltags sowie der zunehmenden Digitalisierung und Visualisierung unserer Welt kontinuierliche Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Aktuelle Forschungsschwerpunkte in Basel
Aktuell werden zwei Themen erforscht: Im Auftrag des Schweizerischen Bundsamtes für Sozialversicherung (BSV) und im Rahmen des 2010 vom Schweizerischen Bundesrat initiierten Programms Jugendmedienschutz und Medienkompetenzen wird eine Expertise mit dem Titel „Literaturanalysen und Expertenbefragungen zur Bedeutung von Peer Education im Jugendmedienschutz und zu weiteren Strategien und Massnahmen zum Erreichen von Jugendlichen mit Risikomerkmalen“ (2011/12) durchgeführt.
Zum zweiten werden im Rahmen von SNF-finanzierten empirischen Untersuchungen umfangreiche Analysen der Kommunikation auf Partyportalen und Social Network Site / Freundschaftsseiten im Social Web vorgenommen. In diese sind auch detaillierte Netzwerkanalysen eingebettet. Zentrale Ergebnisse dieser Studien liegen bereits vor (siehe www.netzbilder.net ).
Vertreter der Universität Basel im Beirat:
Prof. Dr. Klaus Neumann-Braun, Ordinarius
Die Initiativen „Klicksafe“ sowie „EU-Kids-online“ werden von der Basler Forschungsgruppe sehr begrüsst und anhaltend unterstützt. Die Ergebnisse der o.g. Digital Media Studies werden abgeglichen mit den Daten, die über die Forschungsaktivitäten des Klicksafe/ EU-Kids online-Netzwerk generiert werden. Nicht zuletzt ermöglicht die Mitwirkung im Safer Internet Advisory Board einen entsprechenden Input in die Initiativen zur Kind- und Jugendlichen-gerechten Gestaltung des WWW / Social Web.