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Brun wurde von frühester Jugend an gezielt an herrscherliche Aufgaben herangeführt, allerdings für den kirchlichen Bereich. Da er von seinem Bruder Otto I. (König - seit 936 - bzw. Kaiser - seit 962-972) als Erzbischof installiert wurde und ganz in dessen Sinne auch in der Reichspolitik mitwirkte, galt er lange Zeit als Prototyp des sogenannten ottonischen Reichsbischofs, eine Kategorisierung, die in der jüngsten Forschung abgelehnt wird. Obwohl die Quellen im Vergleich zu anderen Kölner Erzbischöfen dieser Zeit vergleichsweise reichlich fließen und sein Leben durch zwei Viten unterschiedlicher Autoren, wobei der zweite Schreiber sich an der ersten Vita orientiert, hat Brun in der Forschung erst zweimal eine monografische Behandlung erfahren, beides Werke, welche der modernen Überarbeitung bedürfen.
Im Mai 926 wurde Brun als dritter Sohn König Heinrichs I. (876-936) und seiner Frau Mathilde (um 896-968) geboren. Seine älteren Brüder waren Otto, der spätere Kaiser Otto I., und Heinrich, der spätere Herzog von Bayern (gestorben 955). Seine Schwestern Gerberga (913-984) und Hadwig (um 922-958) heirateten in bedeutende westfränkisch-lotharingische Familien. So wurde Gerberga in erster Ehe mit Herzog Giselbert von Lothringen (um 890-939) verheiratet und in ihrer zweiten Ehe mit König Ludwig IV. von Frankreich (920/921-954). Hadwig ehelichte Herzog Hugo von Franzien (gestorben 956). Damit legte bereits seine prominente Herkunft eine politische Karriere nahe.
Als nachgeborener Sohn war er für eine geistliche Laufbahn vorgesehen, die er schon 929 an der Domschule in Utrecht begann, wo er eine umfangreiche Ausbildung genoss. Seit 940, also mit etwa 14 Jahren, ist er als cancellarius am ottonischen Hof nachweisbar. Wahrscheinlich begleitete er seinen königlichen Bruder von nun an auf seinen Reisen. Seine Ausbildung wurde darüber hinaus u. a. durch Bischof Rather von Verona (890-974) fortgesetzt. 951 übernahm er als Erzkapellan die Leitung der Hofkapelle. Er galt seinen Zeitgenossen als überaus gelehrig, und man sagte ihm nach, dass er seine Bibliothek stets mit sich geführt habe.
Seine Tätigkeiten im Reichsdienst boten ihm zahlreiche Gelegenheiten, das politische Geschäft gleichsam von der Pike auf zu lernen. Die Teilnahme an der Synode zu Verdun (947), bei der es um die Besetzung des Erzbistums Reims ging, als Vertreter des Königs dürfte als eine solche Gelegenheit zu werten sein; ebenso wie die Übernahme der Verwaltung einiger Klöster, von denen aber nur Lorsch namentlich bekannt ist. In seiner Funktion als deren Abt von 948? bis 951 bemühte er sich, diese Abtei ebenso wie die namentlich nicht bekannten geistlichen Institute zu Zentren der Reformbewegung auszubauen.
953 ergab sich mit dem Tod Erzbischof Wichfrieds von Köln (900-953) die Gelegenheit, diesen bedeutenden Diözesansitz mit Brun zu besetzen. Auf Betreiben seines königlichen Bruders Otto I. wurde Brun im Juli 953 zum Nachfolger Wichfrieds gewählt und am 25. September geweiht.
Seine Erhebung fiel in eine politisch angespannte Lage im Westen des Reichs. Wenn man Bruns Biograf Ruotger (925-965) Glauben schenken darf, hatten die aufständischen Lotharinger und vor allem Herzog Konrad der Rote (um 922-955) versucht, Köln unter ihre Herrschaft zu bringen, was der König mit der Erhebung seines Bruders verhindern konnte. Der Abwehr der lotharingischen Begehrlichkeiten habe auch die Erhebung Bruns zum „archidux“ (Erzherzog), obwohl kein offizieller Titel, gedient. Die Bedeutung dieser Bezeichnung ist in der Forschung bis heute sehr umstritten. Wenn man davon ausgeht, dass der Titel tatsächlich vergeben wurde, wofür es keinen urkundlichen Nachweis gibt, könnte damit Bruns Stellung oberhalb der Herzöge von Ober- und Niederlotharingien bezeichnet worden sein.
In jedem Fall sollte somit die Brun zugedachte Aufgabe einer verstärkten Westpolitik zum Ausdruck gebracht werden. Dieser Tätigkeit widmete sich Brun umgehend, in dem er bereits vor seiner Weihe eine Reihe von wichtigen Persönlichkeiten zu Konsultationen einlud, um sie davon abzuhalten, sich dem Aufstand anzuschließen. Die instabile Lage in der Region ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass Brun nicht sofort zum Empfang des Palliums nach Rom reiste, sondern es erst 955 erhielt. Seine Beziehungen zur Kurie blieben auch in der Folgezeit recht spärlich.
Im Reichsdienst war Brun umso engagierter. Gemeinsam mit dem Erzbischof von Mainz vertrat Brun seinen Bruder an der Spitze des Reiches, als Otto I. nach Italien zog, um dort zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt zu werden. Brun nahm am 12.11. 954 wohl als Repräsentant der liudolfingischen Königsfamilie an der Krönung Lothars I. (Amtszeit: 954-986) zum König von Frankreich teil, ebenso wie an der Aussöhnung Ottos I. mit seinem aufständischen Sohn Liudolf (um 930-957) im Dezember. Zwischen dem sächsischen Grafen Ekbert (um 932-994), einem Unterstützer des Aufstands Liudolfs, und Otto konnte er ebenfalls erfolgreich einen Ausgleich vermitteln. An Verhandlungen mit und zwischen den französischen Verwandten der Liudolfinger war Brun mehrfach beteiligt.
Doch er setzte nicht nur auf seine familiären Verbindungen, um Lotharingien zu befrieden, sondern er betrieb auch eine aktive Besetzungspolitik für die vakant werdenden Bistümer seines Sprengels. Außerdem unterstützte er zum Beispiel 959 die Erhebung des Bonner Dekans (= Everacus?) zum Bischof von Cambrai. Schließlich scheute er auch vor militärischen Interventionen nicht zurück, um erneut ausbrechende Unruhen in Lotharingien unter Kontrolle zu bringen, allerdings ohne Erfolg.
Wenngleich Brun auf Reichsebene sehr aktiv war bzw. die Quellen diesem Teil seiner Amtsführung große Aufmerksamkeit widmen, so darf man jedoch seine Rolle als Diözesanherr nicht aus dem Auge verlieren; dazu gehören die bereits genannten Bischofserhebungen, wobei viele von diesen neuen Diözesanherren einer regelrechten, von Brun eingerichteten „Schule“, von der aber nichts Näheres bekannt ist, angehört haben sollen. Vielmehr scheint es sich um ein Netzwerk gehandelt zu haben, das im ottonischen Sinne geeigneten Bischofsnachwuchs förderte und in die entsprechenden Positionen brachte.
Brun hielt nur eine Synode ab und weihte lediglich eine Kirche. Aktiver war er dagegen bei Erwerb und Translation von Reliquien, die das Ansehen Kölns als Stadt und Diözese fördern sollten: Neben dem Leichnam des hl. Patroklus (gestorben um 259), den Brun nach Soest überführen ließ, gelangten u. a. der vermeintliche Stab des Hl. Petrus und dessen Ketten nach Köln.
Natürlich unterstützte und privilegierte Brun Klöster und Kirchen außerhalb und innerhalb der Stadt. In St. Maria im Kapitol siedelte er Benediktinerinnen aus Remiremont an. Die Priester der dort zuvor ansässigen Frauengemeinschaft brachte er in St. Andreas unter. Wahrscheinlich ist Brun als der Gründer Groß St. Martins zu betrachten, denn er richtete dort ein Kollegiatstift ein, das unter seinen Nachfolgern jedoch mit iro-schottischen Benediktinern besetzt wurde. Ganz besonders kümmerte er sich um das erste benediktinische Kloster Kölns, St. Pantaleon, das er nicht nur gründete, sondern auch reichlich ausstattete. Damit leitete er nicht nur die Ansiedlung von benediktinischen Mönchen innerhalb der Domstadt ein, sondern förderte auch die in der Diözese bisher unterrepräsentierten Benediktiner. Er unterstützte zudem die Gorzer Reformbewegung und ebnete ihr den Weg nach Deutschland, da er sie wohl nicht zuletzt als wirksames Mittel zur Anbindung Lotharingiens an das Reich sah.
Ob Brun eine Art Gesamtplan für die strukturelle Um- und Weitergestaltung der stadtkölnischen Kirche, ist umstritten, sicher ist jedoch, dass er sie durch seine baulichen Veränderungen und Ergänzungen nicht unwesentlich und für lange Zeit gestaltete.
Nicht nur im kirchlichen Bereich war Brun für Köln tätig. Ihm haben die Kölner Erzbischöfe möglicherweise die Anfänge ihrer zumindest bis 1288 uneingeschränkten Stadtherrschaft zu verdanken. Durch einen längeren Prozess wurde Köln grafenfrei und der erzbischöflichen Herrschaft unterstellt, zu der Bann, Zoll und Hochgericht gehörten. Außerdem erhielt die Rheinmetropole die Münze, wenngleich regelmäßige Prägungen erst seit der Herrschaft Erzbischof Pilgrims (1021-1036) bezeugt sind.
Brun unterstützte Initiativen der Kölner Kaufleute, das Gebiet des verlandeten und trockengelegten römischen Hafens – dem Gebiet des heutigen Alter sowie des Heumarkts – intensiver zu erschließen und zu besiedeln. Zudem ließ er die Reste der bereits lange funktionslosen römischen Brücke zum Deutzer Kastell abreißen.
Im Herbst 965 war Brun erneut in Angelegenheiten der Familie und des Reichs in Compiègne unterwegs, um den Streit zwischen seinem Neffen König Lothar und den Söhnen Graf Hugos von Franzien (gestorben 956) zu schlichten. Auf der Rückreise starb er am 11.10. 965 in Reims, von wo aus er nach Köln überführt und in seiner Lieblingsstiftung, dem Kloster St. Pantaleon, bestattet wurde.
Gleich nach seinem Tod widmete ihm der in St. Pantaleon ansässige Mönch Ruotger eine Vita, die im 12. Jahrhundert um eine weitere aus der Feder des Abtes Wolbero von St. Pantaleon (Amtszeit 1147-1165) ergänzt wurde. Ebenfalls in dieser Zeit setzte eine Verehrung ein, wenngleich diese weitestgehend auf St. Pantaleon begrenzt blieb.
Immerhin zählte ihn der Zisterziensermönch Cäsarius von Heisterbach im 13. Jahrhundert zu den Heiligen. Offiziell heiliggesprochen wurde er erst 1895, nachdem bereits 1870 die Seligsprechung erfolgt war.
Literatur
Forse, James Henry, The Political Career of Archbishop Bruno of Cologne: Ottonian Statesman of Tenth-Century Germany, Urbana 1967 (Diss.).
Hermans, Britta, “Sanctum eum adprime virum esse”. Die Vita Brunonis des Ruotger als Bischofsvita, in: GiK 63 (2016), S. 7-32.
Hillen, Christian, Das Erzbistum Köln 8: Die Kölner Erzbischöfe von 787 bis 1099 (Germania Sacra. Dritte Folge xx) (erscheint 2024).
Lotter, Friedrich, Das Bild Brunos I. von Köln in der Vita des Ruotger, in: JbKGV 40 (1966), S. 19-40.
Lückerath, Carl August, Die Kölner Erzbischöfe von Bruno I. bis Hermann II. in Annalen und Chroniken, in: Euw, Anton von / Schreiner, Peter (Hg.), Kaiserin Theophanu. Begegnung des Ostens und Westens um die Wende des ersten Jahrtausends. Gedenkschrift des Kölner Schnütgen-Museums zum 1000. Todesjahr der Kaiserin, Bd. 1, Köln 1991, S. 59-70.
Schwenk, Peter, Brun von Köln (925-965). Sein Leben, sein Werk und seine Bedeutung, Espelkamp 1995 (Diss.).
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Hillen, Christian, Brun I., in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/brun-i./DE-2086/lido/66461d636199d9.99695297 (abgerufen am 19.08.2024)