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Jaspar (von) Gennep war im 16. Jahrhundert Buchdrucker und Verleger in Köln und hier einer der entschiedensten Vertreter der gegenreformatorischen Richtung, für die er sich auch als Autor beziehungsweise Übersetzer und Bearbeiter betätigte.
Er nennt sich vermutlich nach seinem Herkunftsort Gennep. Seine Lebensdaten können nur erschlossen werden: geboren um 1500, gestorben zwischen dem 26.8. und dem 4.9.1564. Er verwendete mehrere Druckersignete, die neben dem Hauszeichen eine Federschere zeigen, die auf ein in der Familie überkommenes Gewerbe des Tuchscherers gedeutet werden. Sein erstes Quartier war das Haus zum Wilden Mann am Altermarkt, in dem einst Hermann Bungart bis 1525, spätestens 1527 gedruckt hatte, von einer Fortsetzung des Geschäfts wird man nach circa 4 Jahren Pause nur bedingt sprechen dürfen. 1539 zog er als Burggraf zur Weyerpforte um und nutzte seine Diensträume auch für seine Druckerei. Später ließ er sich im Haus zum Hirsch an der Kirche St. Paul, also im alten Kölner Buchhändlerviertel, nieder. Er war verheiratet mit Anna von Dursten (Dorsten) und hatte mit ihr Kinder.
Das Besondere an Jaspars Tätigkeit war sein gleichzeitiges Engagement als Schriftsteller bzw. Übersetzer. So hat er 1539 erstmals den sogenannten "Homulus" (VD 16 D 1474 (1540), VD 16 D 1475 (1548) und VD 16 D 1472 1554) auf Grund des bei ihm erschienenen lateinischen Originals des Ischyrius bearbeitet, das seinerseits auf die niederländische Vorlage des Petrus Diesthemius zurückging. Daneben bearbeitete er den Susannenstoff (VD 16 ZV 9213), vermutlich auf Grund der Arbeit von Sixtus Birck, die 1538 bei Gymnich gedruckt worden war. Zu dieser schriftstellerischen Tätigkeit befähigte ihn eine gute Bildung, die sich besonders auf die Heilige Schrift erstreckte, wiewohl er ein "Ley" war. Er verfügte über gute Lateinkenntnisse, war des Griechischen aber nach eigenem Bekenntnis nicht mächtig. Seine Übersetzungs- und Schriftstellertätigkeit steht ganz im religiösen Rahmen und dem Dienst der katholischen Kirche, für deren Belange er unablässig und mit scharfer Feder gefochten hat. Es sind keine gelehrten Abhandlungen von großer Originalität, sondern meist Kompilationen, die die religiösen Sachverhalte und Stellungnahmen in weiteren Bevölkerungskreisen populär machen sollten.
Darunter fällt 1543 seine Übersetzung des "Iudicium Cleri et Universitatis Coloniensis de doctrina et vocatione Buceri", mit der er in die beginnenden Auseinandersetzungen um die Reformation Hermanns von Wied eingriff (VD 16 K 1835). Scharf und polemisch agierte er in dem anonymen Dialog "Rede und Antwort jetziger Zwiespalt in Glaubenssachen" (VD 16 G 1249, 50, 51, 52), der aus den "Loci communes" von Johannes Eck (1486-1543) und den Fragstücken von Johannes Dietenberger (um 1475-1537) zusammengestellt war. 1547 folgten ein deutscher Katechismus und ein deutsches Gebetbuch, die Johannes Gropper ein Jahr zuvor in lateinischer Sprache verfasst hatte (VD 16 G 3398). Ebenfalls scharfe polemische Töne richtete Gennep in seiner "Epitome" (VD 16 G 1244, 1245, 1251) über die vornehmsten Händel zwischen 1500 und 1559 gegen den just verstorbenen Protestanten Johannes Sleidanus (1506-1556); daran schlossen sich dann weitere polemische Auseinandersetzungen mit protestantischen Autoren an.
Besonders unverfroren war die Herausgabe des exponiert protestantischen Katechismus des Johannes Spangenberg (1484-1550), der sich auch in katholischen Kreisen einer gewissen Beliebtheit erfreute, in katholischer Form (VD 16 G 1246, 1247). Über den Grad der Abhängigkeit von der evangelischen Vorlage gibt es unterschiedliche Meinungen. Für diese Adaptation „revanchierte“ sich Cyriacus Spangenberg (1528-1604) mit seinem "Karnöffelspiel" (VD 16 S 7727), in dem Gennep besonders breite Beachtung findet, dieser seinerseits antwortete noch einmal in der Auflage von 1563 seiner "Rede und Antwort" (VD 16 G 1252).
1562 publizierte er, um evangelischen Ausgaben entgegenzuwirken, den Psalter Davids (VD 16 B 2271). Zwei Jahre später veröffentlichte er als erster eine deutsche Übersetzung der Beschlüsse des Trienter Konzils (VD 16 K 2064). Seine deutsche Übersetzung der Predigten des sächsischen Franziskaners Franziskus Polygranus ist 1564 die letzte Ausgabe seines Verlages (VD 16 P 4118).
Sein Anliegen, die vorhandenen katholischen Stimmen getreu zu verdolmetschen und jedermann verständlich zu machen, hatte eine besondere Förderung des deutschsprachigen Buches zur Folge und schlug sich zahlenmäßig insofern nieder, als von den 167 bei Gattermann genannten Druckwerken ein gutes Drittel in deutscher Sprache abgefasst ist. Die Bedeutung des Buches, das die evangelische Seite so vorzüglich für die eigene Sache einzusetzen verstand, war ihm - wie vielleicht nur noch Johannes Cochläus (1479-1552) - außerordentlich bewusst:
"Lateinische Bücher sind Gottlob genug vorhanden; ob aber dem Laien, der jetzt immer lesen will, damit geholfen, ist mir unbewußt. Ich weiß aber wohl und sehe täglich, wie die Kirchenfeinde so gar keine Arbeit und Kosten sparen und vielleicht deutsche Bücher mit schönen Titeln geschmückt eines über des andere ausgehen lassen. Gott erwecke seinen Eifer in allen Herzen, daß jedermänniglich nach seinem Vermögen Widerstand tue und des Widersachers unchristliche Stücke und Fallen helfe entdecken vor den Augen der Einfältigen und der Schrift Unerfahrenen." (Vorrede zum Psalter Davids; 1562 = VD 16 B 3271).
In diesen Bestrebungen ging er konform mit der Kölner Kartause, auf deren Kosten er zahlreiche Ordensschriften druckte. Mit vielen führenden katholischen Geistern Kölns war er gut befreundet, so mit den Kartäusern Dietrich Loher von Straten (um 1495-1554) und Johann Justus Landsberg (um 1490-1536), mit den Karmelitern Eberhard Billick und Nikolaus Blanckart (Candidus, gestorben 1555), aber auch mit Johannes Gropper. Sein Verlagsprogramm insgesamt war also wesentlich theologisch bestimmt mit Kirchenvätern, Homilien, Katechismen, Gebetbüchern sowie Streitschriften und Edikten und das ist bei seinen deutschen Schriften nicht anders. Weit weniger bedeutend waren Drucke mit nichtreligiösen Themen, zum Beispiel von Schauspielen, Medizin und von Amtsdruckschriften. Hatte er anfangs wohl noch keinen eigenen Verlag, sondern arbeitete eher als Lohndrucker für Goddert Hittorp und Quentel, so wurde seine selbständige Tätigkeit (ab Mitte der 1530er Jahre) von verschiedener Seite gefördert. Rektor und Universität schätzten seine Arbeit und empfahlen ihn als "Catholicus atque iuratus bibliopola" der theologischen Fakultät und auch Kaiser Karl V. (Regierungszeit 1519-1556) stattet ihn mit kaiserlichen Privilegien aus unter der Bedingung, nur katholische Bücher zu drucken. Dieser Aufstieg war wesentlich begünstigt worden durch seine bedingungslose Parteinahme für die katholische Sache in der Auseinandersetzung um die Reformation Hermanns von Wied. Mehr als die Hälfte seiner deutschsprachigen Drucke ist im Zusammenhang mit diesem reformatorischen Versuch erschienen. Er war in den 1540er Jahren zum Drucker des Domkapitels und seiner führenden Persönlichkeiten geworden. Willi Scheel hatte darauf hingewiesen, dass bei seinen deutschen Drucken die bis daher in Köln übliche ripuarische Druckersprache schneller und stärker als bei anderen Druckern den hochdeutschen Formen gewichen ist. Man hat seitdem in Jaspar von Gennep den wesentlichen Vorreiter der hochdeutschen Sprache in Köln sehen wollen. Die neuere Forschung hat jedenfalls teilweise diese Position relativiert, indem nun die Arbeit der Lupuspresse noch vor Gennep als wichtiger Faktor in diesem Prozess hervorgehoben wird (Hartmut Beckers). Dieser ganze Komplex steht noch voll in der Diskussion.
Überaus vielfältig ist die Typographie Genneps, wie sie sich in den deutschsprachigen Drucken darbietet (Übersicht bei Schmitz, Überlieferung, S. 391-393). Insgesamt fassen wir bei Jaspar von Gennep ein Schriftsystem im Umbruch von der Schwabacher zur Fraktur, wobei bei ihm die letzten Konsequenzen noch nicht gezogen wurden.
Literatur
Beckers, Hartmut, Bauernpraktik und Bauernklage. Faksimileausgabe des Volksbüchleins von 1515/18 gedruckt zu Köln bei Sankt Lupus durch Arnt von Aich mit Einleitung, Übersetzung und Anmerkungen sowie einem neuen Gesamtverzeichnis der Luuspressendrucke, Köln 1985.
Benger, Anita, Drucke des Kölner Buchdruckers Jaspar von Gennep in der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, Düsseldorf 1994 (Digitalisat).
Gattermann, Günter, Der Kölner Buchdrucker Jaspar von Gennep. Bibliographie seiner Drucke als Beitrag zur bibliographischen Beschreibung von Druckwerken des 16. Jhs. Maschinenschriftliche Arbeit des Bibliothekarlehrinstituts Köln, Köln 1957 (vorhanden in der USB Köln).
Paulus, Nikolaus, Caspar von Gennep. Ein Kölner Drucker und Schriftsteller, in: Der Katholik 75.1 (1895), S. 409-423.
Scheel, Willy, Jaspar von Gennep und die Entwickelung der neuhochdeutschen Schriftsprache in Köln, in: Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst Ergänzungsheft 8 (1895) (Digitalisat).
Schmitz, Wolfgang, Die Überlieferung volkssprachlicher Texte im Kölner Buchdruck des 15. und 16. Jahrhunderts, Habilitationsschrift Köln 1999 (Digitalisat).
Signete: Alte Kölner Druckerzeichen 8, N.F.1, 81, 118, 192.
Online
Gattermann, Günter, Gennep, Jaspar von, in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 189-190. [Online]
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Schmitz, Wolfgang, Jaspar von Gennep, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/jaspar-von-gennep/DE-2086/lido/57c6c73be68433.62556255 (abgerufen am 19.08.2024)