Zu den Kapiteln
Johann Anton Ramboux ist eine vielseitig begabte Künstlerpersönlichkeit gewesen. Als Maler hat er die fruchtbaren Jahre von Klassizismus und Romantik in seinen Werken künstlerisch umgesetzt. Als reisender Künstler und Sammler hat er sich in den namhaften Zentren der internationalen Kunstszene seiner Zeit, in Paris, München, Florenz und Rom aufgehalten. Als Kopist und Restaurator beschäftigte er sich mit römischen Kunstwerken, gotischen Wandmalereien und mit der italienischen Malerei zwischen Spätmittelalter und Frührenaissance. Als zweiter Konservator der Sammlung Wallraf erlebte er die Neueinrichtung des Museums im von Heinrich Richarz gestifteten Neubau. Ramboux‘ große Vielseitigkeit hinderte ihn daran, sich auf die eigenständige Malerei zu konzentrieren und seinen persönlichen Stil zu entwickeln und durchzusetzen. Eine aktuelle Monographie zu seinem Leben und Werk steht noch aus.
Am 5.10.1790 als Sohn des aus Conflans in Savoyen stammenden katholischen Krämers Johann Baptist Ramboux (gestorben 1798) und der Luzia Odilie Welcken (gestorben 1810), Tochter eines Trierer Goldschmiedes, in Trier geboren, konnte der junge Johann Anton zuerst bei dem Trierer Zeichenlehrer Hawich und bei dem Luxemburger Benediktiner Frère Abraham d’Orval (Jean-Louis Gilson, 1741-1809) erste Grundkenntnisse im Zeichnen und Malen erwerben. Frühe Skizzenbüchlein aus diesen Jugendjahren werden noch im Hessischen Museum in Darmstadt und im Kölner Wallraf-Richartz-Museum/Fondation Corboud aufbewahrt. Von 1808 bis 1812 hielt Johann Anton Ramboux sich in Paris im Atelier von Jean-Louis David (1748-1825) auf. In der klassizistischen Tradition Davids zeichnete er nach antiken Gipsabgüssen und nach Modellen. Im Musée Napoléon kopierte er in kleinem Maßstab auch erstmals die frühen Meister der italienischen Renaissance wie Fra‘ Angelico oder Perugino. Seine frühen eigenständigen Kompositionen schuf er dann nicht nur mit Themen der antiken Sagen, sondern auch nach Stoffen der Romantik, wie der Sage des Ossian oder den Tragödien Shakespeares. Der Einfluss Davids und von dessen Schülerkreis zeigt sich in diesen frühen Jahren besonders in den beiden Portraits des Trierer Oberförsters Franz Anton Utsch (1811/1812) und seiner Ehefrau Anna Maria, der schon 1812 verstorbenen älteren Schwester von Johann Anton Ramboux.
Schon drei Jahre nach seiner Rückkehr aus Paris schloss sich Ramboux über München durch die Schweiz nach Rom wandernd dort 1816 den Nazarenern an, ohne wirklich zu ihnen zu gehören, da er als früherer „Anbeter und Nachahmer Davids“ galt. Allerdings wurde ihm schon bald eine erstaunliche Wandlungsfähigkeit hin zu Themen und Stilelementen der deutschen Frühromantik im Sinne des Lukasbundes bescheinigt. Als erstes Bild dieser Phase hat eines seiner Hauptwerke, das Gemälde „Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies“ (1818) zu gelten, das schon 1819 auf der Ausstellung deutscher Künstler im römischen Palazzo Cafarelli gezeigt wurde. Im gleichen Jahr wanderte er mit Freunden zuerst durch Mittelitalien bis nach Florenz, dann auch durch Süditalien und vertiefte seine Kenntnisse der italienischen Landschaft sowie der Kunst des Trecento und des Quattrocento. Auch der Stil seiner Porträts entwickelte sich fort von den klassizistischen oder realistischen Bildnissen seiner frühen Jahre hin zu den linearen Porträts der Romantik, die Würde und Edelmut der Personen ausstrahlen lassen, wie zum Beispiel das Doppelporträt der Brüder Eberhard (1822) im Kölner Wallraf-Richartz-Museum.
1822 trat Ramboux mit Konrad Eberhard wandernd die Heimreise aus Italien an und setzte seine Gepflogenheit dabei Bauwerke und Landschaften oder volkstümliche Szenen zu skizzieren fort. Dies tat er auch in seiner Heimatstadt Trier, wo er sich besonders für die antiken Überreste in der Stadt und ihrer Umgebung begeisterte. Ramboux ließ erstmals seine Zeichnung in der Lithographischen Anstalt von Johann Strixner (1782-1855) in München lithographieren, wohin er eigens anreiste. Stilistisch entwickelte Ramboux seine Landschaften unter dem Einfluss der altdeutschen Malerei von Dürer und Cranach weiter.
Unter dem Eindruck der romantischen Monumentalkunst von Peter Cornelius in München widmete sich Johann Anton Ramboux ab den 1820er Jahren mit mäßigem Erfolg auch der Wandmalerei. Die Fresken mit „Szenen aus dem Weinbau“ aus dem Trierer Stadthaus der Weingutbesitzers Matthias Joseph Hayn (1826-1828) wurden 1928 weitgehend zerstört, andere Aufträge, zum Beispiel für den Chor des Trierer Doms (1828) blieben lediglich Entwürfe. In den Trierer Jahren von 1822 bis 1832 erhielt Ramboux allerdings zahlreiche Porträtaufträge, von denen das Porträt des Trierer Bischofs Hommer, ein hölzern-konventionelles und offizielles Bildnis, nur ein schwaches Zeugnis von seiner Bildniskunst gibt.
Auf seiner zweiten Italienreise von 1832 bis 1842 war Johann Anton Ramboux weniger als eigenständiger Maler, denn als Kopist und Kunstsammler tätig. Als Sammler führte Ramboux 1838 ein erstes Konvolut mit 91 Bildern Sienesischer Maler nach Deutschland aus. Mit den Jahren wurde er zum Kenner der italienischen Malerei zwischen Duecento und Quattrocento. Nicht immer deklarierte er bei der Ausfuhr seiner Bilder aus Italien ihren wirklichen kunsthistorischen Wert. So konnte er mit offizieller Erlaubnis durch das Großherzogtum Toskana bis 1842 364 Gemälde, vornehmlich Sieneser Provenienz ausführen. Dies liegt auch daran, dass Ramboux schon früh den Wert der sogenannten „Primitiven“ erkannte, als die meisten adeligen Sammler und professionellen Kunsthändler sich hauptsächlich für die Kunst der Hochrenaissance interessierten. Als seine reichhaltige Sammlung ein Jahr nach seinem Tod 1867 verkauft wurde, erlitt sie das Schicksal wie viele Kölner Sammlungen, die nicht für die Stadt gehalten werden konnten und in alle Welt zerstreut wurden.
Nach der Rückkehr von seiner zweiten Italienreise erhielt Ramboux 1843 den Ruf, zweiter Konservator der Sammlung Wallraf zu werden. Seitdem und bis zu seinem Tod 1866 lebte er in Köln. Zu seinen Fürsprechern für Köln gehörte auch der Koblenzer Jurist und Politiker sowie Förderer der neugotischen Architektur und des Kölner Doms August Reichensperger der ihn als „Erzalterthümler“ bezeichnete. Bis zur Eröffnung des neu erbauten Wallraf-Richartz-Museums 1861 war die Sammlung Wallraf wenig vorteilhaft im Kölnischen Hof beziehungsweise in der kleinen ehemaligen Kapelle des Kölner Stadtrates am Rathaus untergebracht. In diesen Jahren beschäftigte sich Ramboux mit weiteren Ankäufen – hauptsächlich kölnischer Gemälde – für die Sammlung sowie mit Aufgaben der Denkmalpflege, etwa beim mehrfachen Aufdecken römischer Mosaikfußböden (zum Beispiel das Philosophen-Mosaik, Römisch-Germanisches Museum) in der Stadt.
Auch wenn Ramboux keine näheren Kenntnisse der Architektur besaß, so setzte er sich doch als Denkmalpfleger ein, als er den Kreuzgang der Minoritenkirche stark bedroht sah. Seine drei Aquarellzeichnungen vom Weiterbau des Kölner Doms (1844-1846) zeigen dagegen seine Fähigkeit, Architekturformen überzeugend darzubieten (Kölnisches Stadtmuseum). Nach der Aufdeckung der Chorschrankenmalereien aus der Mitte des 14. Jahrhunderts im Kölner Dom wurde Ramboux 1844 beauftragt, diese zu kopieren beziehungsweise kopieren zu lassen und auch andere Wandmalereien aus Kölner Kirchen und anderen Bauwerken als Repertorium mittelalterlicher Malerei in Köln zusammenzufassen. Die Kopien der Chorschrankenmalereien wurden 1851 von Kölner Mädchen und Frauen gestickt. Als Restaurator betreute Ramboux unter anderem den Klaren-Altar im Kölner Dom. Zu seinen letzten Werken als eigenständiger Künstler in Köln gehört die Ausstattung – Wandgemälde aus Temperamalerei sowie Entwürfe für (heute verlorene) Glasfenster – einer von Vinzenz Statz errichteten und 1857 geweihten Kapelle auf dem Gut Weißhaus im Kölner Stadtteil Klettenberg. Kurz vor seinem 76. Geburtstag starb Johann Anton Ramboux, der unverheiratet geblieben war, am 2.10.1866 in Köln an der Cholera. Begraben wurde er auf dem Friedhof Melaten, sein Grab und der Grabstein sind jedoch nicht mehr erhalten.
Seine Geburtstadt Trier hatte ihn 1858 mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde geehrt. Seit 1961 vergibt sie alle vier Jahre den Ramboux-Preis zur Förderung der freien bildenden Kunst. In Trier und in Köln wurde eine Straße nach ihm benannt.
Werke (Auswahl)
1818 - Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies, Köln, Wallraf-Richartz-Museum/Fondation Corboud.
1822 – Die Brüder Eberhard, Köln, Wallraf-Richartz-Museum/Fondation Corboud.
1826 – Fünf Entwürfe für Wandmalereien mit Szenen aus der Weinernte, Wallraf-Richartz-Museum/Fondation Corboud.
1828 – Entwurf einer dreiteiligen Wandmalerei zur Auferstehung Christi für den Ostchor des Trierer Doms, Düsseldorf, Kunstmuseum.
1829 – Selbstbildnis mit dem Bruder Johann Baptist Ramboux, Privatbesitz.
1844 – Drei Zeichnungen vom Weiterbau des Kölner Domes, Kölnisches Stadtmuseum, Graphische Sammlung.
1850 – Gestickte Wandbehänge als Nachbildungen der Chorschrankenmalereien, Kölner Dom, Metropolitankapitel.
1857 – Malereien für die Kapelle des Weißhauses in Köln-Klettenberg (in situ).
Literatur
Ahrens, Dieter (Hg.), Johann Anton Ramboux. Ansichten von Trier. Katalog des Städtischen Museums Simeonstift Trier, Trier 1991.
Beines, Ralf Johannes: Johann Anton Ramboux, in: Lexikon für Plastik und plastisches Kunstgewerbe in Köln: Künstler, Kunsthandwerker und Produzenten. (in Vorbereitung), erscheint 2014.
Bracker, Jörgen, Auffindung und Bewahrung einer Antike um 1840 – Das Kölner Philosophenmosaik, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 28 (1966), S. 333-342.
Hartmann, Wolfgang, Zehn Dante-Aquarelle von Johann Anton Ramboux, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 32 (1970), S. 165-192.
Katalog Lust und Verlust II. Corpus Band zu Kölner Gemäldesammlungen 1800–1860, hg. von Hiltrud Kier u, Frank Günter Zehnder, bearb. von Susanne Blöcker, Nicole Buchmann, Gisela Goldberg, Roland Krischel, Köln 1998, bes. S. 536-539.
Merzenich, Christoph, Di dilettanza per un artista. Der Sammler Giovanni Antonio Ramboux in der Toskana, in: Lust und Verlust. Kölner Sammler zwischen Trikolore und Preußenadler, hg. von Hiltrud Kier u. Frank Günter Zehnder, Ausstellungskatalog (Wallraf-Richartz-Museum Köln), Köln 1995, S. 303–314.
Naredi-Rainer, Paul von, Die Wandteppiche von Johann Anton Ramboux im Kölner Domchor, in: Kölner Domblatt 43 (1978), S. 143-188.
Robels, Hella [u.a.], Johann Anton Ramboux. Maler und Konservator 1790–1866, Ausstellungskatalog (Wallraf-Richartz-Museum Köln), Köln 1966.
Zahn, Eberhard, Johann Anton Ramboux in Trier, Trier 1980.
Online
Dobrzecki-Langer, Alina, „Ramboux, Johann Anton“, in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 129-130. [Online]
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Mosler, Bettina, Johann Anton Ramboux, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-anton-ramboux/DE-2086/lido/57c95ba2b80b43.97362229 (abgerufen am 19.08.2024)