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Josef Diebels zählt zu den bedeutenden Unternehmern auf dem Sektor der Verbrauchsgüterindustrie im Deutschen Reich. Die von ihm gegründete Export-Brauerei in Issum (heute Kreis Kleve) befand sich bis 2001 im Besitz seiner Nachkommen. Diebels gilt als ein Pionier der modernen Produktion des für die Niederrheinregion typischen traditionellen Altbieres, gleichwohl er in seinem Unternehmen auch ein breites Sortiment anderer qualitativ hochwertiger Biersorten herstellen ließ.
Josef Diebels wurde am 16.8.1845 als einziges Kind des Metzgermeisters Theodor Heinrich Diebels und dessen Ehefrau Maria Sibilla Krause in Krefeld geboren. Im Gegensatz zu anderen bedeutenden rheinischen Kollegen seiner Zunft wie Theobald Simon oder Peter Josef Früh entstammte er somit keiner alteingesessenen Brauereifamilie. Seine Lehr- und Gesellenzeit führte Diebels in den Dienst verschiedener niederrheinischer Hausbrauereien, ehe er im Jahr 1874 in Saalhoff bei Rheinberg (heute Kreis Wesel) die dortige „Hoogen Brauerei“ als Pacht übernahm.
Drei Jahre später wagte Diebels den Schritt zur Gründung seiner eigenen Brauerei im niederrheinischen Issum, wo er ein entsprechendes Baugrundstück hatte erwerben können. Bei der Wahl des Standortes bewies er unternehmerisches Geschick und Weitblick: Unweit der Kreisstadt Geldern und an der Straße nach Wesel gelegen, verfügte die Gemeinde seit 1874 auch über einen Anschluss an das Eisenbahnnetz und somit über eine ausgezeichnete Verkehrsanbindung. Die sich hieraus für eine Export-Brauerei ergebenden Absatzchancen erwiesen sich in der insgesamt noch strukturschwachen Region somit als ideal. Dennoch sah sich Diebels durch die zahlreichen lokalen und etablierten Hausbrauereien auch einer starken Konkurrenz gegenüber. Sein Vorhaben stieß auch in der Issumer Bevölkerung auf Skepsis, die Chancen sich hier dauerhaft behaupten zu können, wurden als gering eingeschätzt.
Diebels zeigte sich von den Bedenken seiner Kritiker aber unbeeindruckt und begann seine Pläne zielstrebig in die Tat umzusetzen. Seine am 31.8.1877 beim Issumer Bürgermeister beantragte Genehmigung zur Errichtung einer Brauereianlage wurde ihm bereits am darauffolgenden Tage erteilt. Binnen Jahresfrist konnten die Produktionsanlagen fertiggestellt werden, so dass bereits am 6.10.1878 die „Dampfbrauerei Josef Diebels Issum“ in Betrieb genommen und der erste Sud gekocht werden konnte. Die enge Verbundenheit Diebels mit Issum dokumentiert nicht zuletzt die Wahl des „springenden Hirsches“, entnommen aus dem Gemeindewappen des Ortes, als künftiges prägnantes Markenzeichen des jungen Unternehmens.
Ebenfalls im Jahr 1878 heiratete Diebels die aus Issum stammende Helene Nauen (1853-1930), die ihm auch beim Aufbau des Unternehmens unterstützend zur Seite stand. Aus der Ehe gingen die Söhne Josef (1890-1974) und Paul (1893-1983) hervor, die von ihrem Vater frühzeitig zu seinen Nachfolgern ausgebildet und aufgebaut wurden. Josef wurde bereits im Jahr 1907, mit 17 Jahren, in die Firma aufgenommen, Paul folgte 1911. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Unternehmen bereits fest etabliert. Aus den bescheidenen Anfängen heraus, hatte es Diebels sukzessive erweitert und dabei auch vor risikoreichen Investitionen nicht zurückgeschreckt. Dabei kam ihm auch sein ausgeprägtes Interesse für zukunftsträchtige Technologien zugute, die sowohl eine Hebung der Qualität als auch eine höhere Effizienz in der Produktion versprachen. So ließ er schon im Jahr 1901 auf dem gesamten Betriebsgelände die bisherigen Petroleumlampen durch elektrisches Licht ersetzen.
Der Wirtschaftsaufschwung im jungen Deutschen Reich hatte seit den 1870er Jahren einen erhöhten Bedarf an Konsumgütern nach sich gezogen, zu denen auch das Produkt „Bier“ zählte. Bereits 1886 wurde bei „Diebels“ ein zweiter und deutlich leistungsfähigerer Dampfkessel in Betrieb genommen, bis 1891 konnte ein zweites Sudhaus errichtet werden. 1896 erfolgte die Einweihung eines weiteren Dampfkessels sowie einer hochmodernen dampfbetriebenen Eismaschine. Josef Diebels verstand es, sich den wachsenden Markt zu erschließen, wobei er nicht nur in eine fortwährende technische Modernisierung der Brauanlagen, sondern auch in einen Fuhrpark investierte, um die steigende Nachfrage bedienen zu können. Zur Jahrhundertwende erreichte die Diebels Brauerei bereits einen jährlichen Gesamtausstoß von 11.000 Hektolitern. Der Erste Weltkrieg markierte nach Jahrzehnten der Expansion eine Zäsur. Nicht nur die wehrfähigen Teile der Belegschaft, sondern auch Diebels mittlerweile fest in der Geschäftsführung etablierte Söhne wurden zum Militärdienst eingezogen. Mit fortdauernder Länge des Krieges kam die Produktion durch den Mangel an Rohstoffen fast vollständig zum Erliegen, lediglich qualitativ minderwertiges Dünnbier konnte in dieser Zeit noch ausgestoßen werden. Dies galt später auch für die Zeit zwischen 1945 und 1950. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte „Diebels“ noch mehrere Jahre spürbar unter dessen ökonomischen Folgen zu leiden, erlebte aber nach der Übernahme der in Xanten ansässigen „Niederrheinischen Aktienbrauerei“ im Jahr 1920 einen neuerlichen Aufschwung. Ab 1921 konnte in der nunmehrigen „Brauerei Diebels AG“ die Produktion von qualitativ hochwertigem Starkbier wiederaufgenommen werden.
An den Anfängen der wirtschaftlichen Blütezeit in den 1920er Jahren und 1930er Jahren war Josef Diebels, mittlerweile über 70 Jahre alt, noch maßgeblich beteiligt. Er starb am 9.2.1922 in Issum. Seine Söhne führten das Unternehmen unter dem Namen „Brauerei Diebels Söhne“ jedoch erfolgreich und im Sinne des Vaters fort. Im Jahr 1928 wurde auf dem knapp zwei Hektar großen Firmengelände bereits eine Belegschaft von 27 Mitarbeitern beschäftigt und ein Bierausstoß von insgesamt 24.500 Litern verzeichnet. Die Produktion konnte bis 1940 auf 39.000 Hektoliter gesteigert werden.
Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und dem unter schwierigsten Verhältnissen erfolgenden Wiederaufbau, begann ab den 1950er Jahren unter der Führung von Hanns-Otto Hasebrink-Diebels und Karl Heinz Bösken-Diebels, den Schwiegersöhnen von Josef und Paul Diebels, der wirtschaftliche Aufstieg zu einer der größten Privatbrauereien in der Bundesrepublik Deutschland. Hasebrink-Diebels und Bösken-Diebels standen dem Unternehmen bis 1979 als geschäftsführende Gesellschafter vor. Am Beginn der 1970er Jahre erfolgte ein entscheidender Kurswechsel in der bisherigen Sortimentsstrategie. Die bisherige traditionelle Produktion verschiedener Biersorten wurde eingestellt und „Alt“ zur Monopolmarke erhoben. Auf diese Weise avancierte Diebels zum unumstrittenen regionalen Marktführer: Innerhalb von acht Jahren konnte der Gesamtausstoß von 175.000 Litern (1967) auf 500.000 Liter (1975) gesteigert werden. 1981 wurde erstmals die Millionengrenze überschritten.
2001 wurde das Familienunternehmen für umgerechnet 100 Millionen Euro an die belgische Interbrew-Gruppe veräußert und gehört derzeit der aus dieser hervorgegangenen Anheuser-Busch-InBev Brauereigruppe an. Insgesamt ist die Gesamtproduktion der Brauerei in den letzten Jahren rückläufig und liegt nach einem Höchststand von 1,5 Millionen Litern in den 1990er Jahren aktuell wieder etwa bei etwas über einer Million. Die Zahl der Mitarbeiter ist innerhalb der letzten 20 Jahre von 518 auf aktuell 234 zurückgegangen. Mit einem Jahresumsatz von etwa 42 Millionen Euro ist „Diebels“ dennoch nicht nur ein wichtiger lokaler Arbeitgeber, sondern darüber hinaus auch ein überregional wirtschaftlich bedeutsames und renommiertes Unternehmen.
An den Firmengründer Josef Diebels erinnert in Issum heute unter anderem ein werkseigenes Brauereimuseum. Auf dem Issumer Friedhof in der Mühlenstraße befindet sich das auf seine Veranlassung hin errichtete schlichte Familiengrab.
Literatur
Baum, Sigrid, Josef Diebels - Der Mann, der Deutschlands Altbier Nr. 1 seinen Namen gab, in: Burkhard, Wolfgang, Niederrheinische Unternehmer, Duisburg 1990, S. 200-201.
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Thomann, Björn, Josef Diebels, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/josef-diebels/DE-2086/lido/57c6936a3cf9b0.50650538 (abgerufen am 04.07.2023)