Zu den Kapiteln
Die Amtszeit des Trierer Erzbischofs und Kurfürsten Philipp Christoph von Sötern war bestimmt durch den Dreißigjährigen Krieg, in dem er an der Seite Frankreichs in Opposition zu Kaiser Ferdinand II. (Regierungszeit 1619-1637) geriet. Des Weiteren brachte er mit seiner nepotistischen Ämterpolitik Domkapitel wie Untertanen gegen sich auf.
Philipp Christoph wurde am 11.12.1567 als Sohn des lutherischen kurpfälzischen Rats und späteren Oberamtmanns von Kreuznach, Georg Wilhelm von Sötern (gestorben 1593), und seiner katholischen Gattin Barbara von Püttlingen (gestorben 1607) in Zweibrücken geboren. Durch die Protektion seines gleichnamigen Onkels und Taufpaten Philipp Christoph von Sötern des Älteren (gestorben 1595), welcher Domkustos von Worms, Archidiakon an St. Mauritius in Tholey sowie Propst und letzter Dekan (Amtszeit 1572-1595) des Stifts Sinsheim war, erhielt er seine Ausbildung am Jesuitenkolleg Trier und ab 1585 an der Universität Pont-à-Mousson, wo er zum Doktor beider Rechte promoviert wurde. Anschließend begab er sich auf eine Kavaliersreise durch Frankreich und Italien, wo er sich in Bologna, Padua und Siena immatrikulierte.
1584 wurde er Domherr zu Trier, 1600 Archidiakon an St. Peter, 1604 Dompropst, gleichzeitig 1594 Domherr in Mainz und 1605 Domscholaster. In Speyer erhielt er 1594 ein Domkanonikat und wurde hier ebenfalls Domscholaster, 1605 Domkustos in Worms, weiterhin Propst des Stiftes St. Peter und Paul in Bruchsal und Stiftsherr von St. Alban und St. Viktor in Mainz. 1602 verlieh ihm der Trierer Erzbischof Lothar von Metternich die Propstei von St. Georg in Limburg, die ihm jedoch der von Papst Clemens VIII. (Pontifikat 1592-1605) zum Propst providierte Trierer Domherr Johann Wilhelm Hausmann von Namedy (1579-1651) erfolgreich streitig machte. 1609 wurde Sötern Koadjutor des Speyerer Bischofs Eberhard von Dienheim (Episkopat 1581-1610) mit dem Recht der Nachfolge. Sein Gegenkandidat war Adolf von Metternich. 1610 trat Philipp Christoph Eberhards Nachfolge an und wurde zudem Propst von Weißenburg. Zum Erzbischof von Trier wurde er schließlich am 25.9.1623 gewählt. Die Bestätigung der Wahl durch Papst Urban VIII. (Pontifikat 1623-1644) erfolgte am 25.11.1623.
Zwischen 1594 und 1610 war der hochintelligente, aber cholerische Geistliche vielfach mit diplomatischen Missionen betraut: So war er 1608 an der Gründung der katholischen Liga beteiligt und wurde 1611 kaiserlicher Rat unter Rudolf II. (Regierungszeit 1576-1612) und Richter am Reichskammergericht. Seine geistliche Amtsführung war geprägt von gegenreformatorischen Reformen, die er durch eine strenge Gesetzgebung umzusetzen wusste, und von seiner Förderung der Jesuiten und Kapuziner.
Zunächst war Philipp Christoph von Sötern landespolitisch im Hochstift Speyer tätig. Er drängte kurpfälzische Ansprüche zurück, konnte die Vogteien Odenheim und Waibstadt für Speyer zurück erwerben, die katholischen Rechte in Weil verteidigen, in Udenheim ein Hospital für Alte und Kranke eröffnen, die Verschuldung verringern sowie die bischöfliche Pfalz in Speyer neu errichten und seine Residenz in Udenheim zur 1623 fertig gestellten Festung Philippsburg ausbauen. In Kurtrier gelang es ihm, die Herrschaften Limburg und Blieskastel zurück zu erwerben. Er verlangte von seinen Untertanen zur Verstärkung der Landesverteidigung und zum Ausbau der Trierer Residenz 100.000 Gulden. Parallel dazu erfolgte der nicht minder kostenintensive Ausbau der 1629 vollendeten prächtigen Residenz Philippsburg in Ehrenbreitstein.
Aufgrund von Geldforderungen an die Abtei St. Maximin, zu deren Gunsten der Kaiser intervenierte, gab es Auseinandersetzungen mit dem Reichsoberhaupt. 1623 wurde Philipp Christoph Kommendatarabt von St. Maximin in Trier. Da Papst Urban VIII. ihn jedoch gegen den Willen der Mönche, deren Wahl auf Agritius von Reckingen (1579-1654/1655) gefallen war, providierte, verweigerten diese ihm 1625 die Anerkennung. Die Mönche hätten dafür ihren immer noch erhobenen Anspruch auf Reichsunmittelbarkeit aufgeben und dem Kurfürsten zwei Drittel ihrer Einkünfte überweisen müssen. Die Auseinandersetzungen wurden vor dem Reichskammergericht weitergeführt.
In den Jahren 1625/1627 kam es zur offenen Auseinandersetzung zwischen Sötern und den Trierer Landständen, die den Reichshofrat gegen den Kurfürsten anriefen. Zusätzlich begann 1627 ein langwieriger Konflikt mit dem Domkapitel aufgrund einer Erbschaft der Familie Metternich und ein weiterer mit den Landständen wegen der Steuererhebungen. Die Vertreter der einflussreichen Adelsfamilien im Domkapitel (Metternich, von der Leyen, Kratz von Scharffenstein) schlossen sich mit den Landständen gegen den Erzbischof zusammen. Als dieser seinen Neffen Johann Reinhard von Sötern (1595-1650) zum Statthalter in Trier ernannte und 1629 Truppen der katholischen Liga gegen Trier heranführte, besann sich die Stadt auf ihre Luxemburgische Schirmvogtei: 1630 wurde ein spanisches Truppenkontingent nach Trier verlegt. Der Koalition von Domkapitel, Landständen und Stadt gelang es, den Kurfürsten innerhalb seines Territoriums praktisch handlungsunfähig zu machen und seine absolutistischen Bestrebungen zu durchkreuzen. Da der Kurfürst in diesen Auseinandersetzungen keinen Rückhalt am Kaiserhof fand, verbündete er sich im Vertrag von 1632 mit Frankreich, das den Schutz des Kurstaates übernahm und dafür ein vorläufiges Besatzungsrecht in Ehrenbreitstein und Philippsburg erhielt. Der innerstaatliche Konflikt in Kurtrier erhielt damit eine europäische Dimension. Es folgte 1632 ein Neutralitätsvertrag mit Schweden.
Der Kurfürst gab im Konflikt mit der aus Landständen und Domkapitel bestehenden Opposition nicht klein bei: Er veranlasste 1629/1631 eine Visitation des Domkapitels, an der die Brüder Metternich allerdings nicht teilnahmen und daraufhin suspendiert und schließlich exkommuniziert wurden. Und er verbündete sich mit dem französischen König Ludwig XIII. (Regierungszeit 1610-1643), der Truppen nach Trier sandte. Das Domkapitel floh daraufhin nach Luxemburg. Der Erzbischof forderte die Domherren unter Strafandrohung auf, nach Trier zurückzukehren und ihrer Residenzpflicht zu genügen. Die Oppositionsgruppe im Kapitel folgte dem nicht und wurde mit dem Verlust aller geistlichen und weltlichen Ämter sowie der Einziehung ihres Vermögens bestraft.
Philipp Christoph von Sötern erließ eine neue Kapitelsordnung für den Dom und berief Parteigänger, die zum Teil sogar aus dem Bürgertum stammten. Der politische Handlungsspielraum des Kurfürsten und die Situation der Bevölkerung unterschieden sich unter der französischen Besatzung nicht wesentlich von der während der spanischen Truppenstationierung. Der französische Kardinal Richelieu (1585-1642), Berater und Minister Ludwigs XIII., sollte anstelle von Johann Wilhelm Hausmann von Namedy Dompropst werden, um die Interessen des bereits betagten Erzbischofs auch in der Reichspolitik zu wahren. Da dies den Einfluss Frankreichs im Reich erheblich gestärkt hätte, verschärfte das Vorhaben des Kurfürsten die Spannungen mit den Habsburgern.
1635 gelang es spanischen Truppen, die französischen Besatzung zu überwältigen. Obrist im spanischen Dienst war der Domherr Karl von Metternich (gestorben 1635), der den Erzbischof gefangen setzte, der daraufhin wegen Landesverrats zehn Jahre lang unter Aufsicht des päpstlichen Nuntius in Luxemburg, Namur, Genf, Linz und Wien inhaftiert blieb. In dieser Zeit übernahm das Domkapitel mit kaiserlicher Zustimmung die Landesregierung.
Die spanische Besatzung endete erst 1645. In diesem Jahr kehrte auch der Erzbischof zurück, schloss aber entgegen allen Absprachen 1646 einen neuen Schutzvertrag mit Frankreich, der zu weiteren Auseinandersetzungen mit dem Reich, mit St. Maximin und mit dem Domkapitel führte. Das Domkapitel floh daraufhin nach Köln und stellte 1649 ein eigenes Heer auf, das unter der Führung des Domkantors und späteren Erzbischofs Karl Kaspar von der Leyen nach Koblenz zog, wo ihm der Ortskommandant die Stadt öffnete. Den Domschatz und den Heiligen Rock brachte das Domkapitel ebenfalls nach Köln. 1639 kam es erneut zum offenen Konflikt der Domkapitulare und Stände mit ihrem Erzbischof, da Philipp Christoph den Dompropst Philipp Ludwig von Reiffenberg (1615-1686) als Koadjutor einsetzte. Die geplante Absetzung Söterns scheiterte am Mainzer Einspruch, aber Philipp Christoph musste 1650 den späteren Erzbischof Karl Kaspar von der Leyen als Koadjutor anerkennen.
Philipp Christoph von Sötern starb am 7.2.1652 in Koblenz. Bis zuletzt hatte er sich aufgrund ungünstiger religionsrechtlicher Bestimmungen für seine Stifte dagegen gesträubt, den Westfälischen Frieden zu unterzeichnen. Da seine Familie und das Speyerer Domkapitel sich weigerten, die Kosten für sein Begräbnis in der Martinskapelle des Domes zu übernehmen, fand er seine letzte Ruhestätte vor dem Luzienaltar im Dom zu Trier.
Literatur
Abmeier, Karlies, Der Trierer Kurfürst Philipp Christoph von Sötern und der Westfälische Frieden, Münster 1986.
Baur, Josef, Philipp von Sötern, geistlicher Kurfürst von Trier und seine Politik während des Dreißigjährigen Krieges, 2 Bände, Speyer 1897/1914.
Seibrich, Wolfgang, Artikel „Philipp Christoph Reichsritter von Sötern", in: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. 1648-1803. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1990, S. 468-471.
Weber, Hermann, Frankreich, Kurtrier, der Rhein und das Reich 1623-1635, Bonn 1969.
Online
Abmeier, Karlies, Artikel „Philipp Christoph von Soetern", in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 386-387. [Online]
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Schmid, Wolfgang, Philipp Christoph von Sötern, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/philipp-christoph-von-soetern/DE-2086/lido/57c95a08645a22.54139224 (abgerufen am 19.08.2024)