Zu den Kapiteln
Mit Karl-Aloys Graf von Königsegg-Aulendorf hatte Köln einen Weihbischof, der als Vertreter des Ancien Régime ein eher blasses Bild seines Amtes entwarf und hinterließ. Im Gegensatz zu anderen Bischöfen seiner Zeit agierte er vergleichsweise zurückhaltend, gleichwohl er durch seinen familiären Hintergrund alle Macht gehabt hätte, zeitgemäße Änderungen zu unterstützen.
Die Familie von Königsegg war ein altes katholisches schwäbisches Rittergeschlecht, das 1629 in den Reichsgrafenstand erhoben worden war. Der am 14.10.1726 in Aulendorf bei Konstanz geborene Karl Aloys war der Urenkel von Johann Georg (gestorben 1666), dem Begründer der Aulendorfer Linie. Seine Eltern waren Karl Seyfried Eusebius Ferdinand von Königsegg (1695-1765), seit 1751 kaiserlicher Geheimrat und Landvogt in Ober- und Niederschwaben, und Marie Friederike Karoline Rosalie (1699-1759), geborene zu Oettingen-Spielberg. Von den 16 Kindern des Paares erreichten elf das Erwachsenenalter. Wahrscheinlich war Karl Aloys – das fünfte Kind - schon früh für den geistlichen Stand vorgesehen, denn bereits im Alter von acht Jahren gelangte er – vermutlich durch Vermittlung seines Verwandten Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels, des späteren Kölner Erzbischofs, der seit 1725 Kölner Domherr war - am 4.3.1735 in den Besitz einer Präbende am Kölner Dom. Diese war frei geworden, nachdem ihr Inhaber, Philipp Ernst Christian von Löwenstein (geboren 1715), 1734 in der Schlacht bei Parma gefallen war.
Die Matrikel der Universität Ingolstadt geben Auskunft über die Zeit bis zu seinem 23. Lebensjahr. Für den 12.11.1740 sind dort mit ihm drei seiner Brüder als immatrikuliert aufgeführt: Hermann Friedrich (1723-1786), Franz Xaver (1724-1792) und Joseph Anton (1728-1754). Trotz des Altersunterschiedes von fünf Jahren wurden alle Geschwister gleichzeitig immatrikuliert. Als Professoren waren zu dieser Zeit in Ingolstadt unter anderem Felix Tobias Heeg (Rechte), Johann Mohr (Theologie), Melchior Schwaikhofer (Geschichte) und ab 1741 Franz Xaver Lussy (Geschichte) tätig. Die Universität gehörte im 17. Jahrhundert zu den wenigen katholischen Anstalten von europäischem Rang, verlor aber in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts an Ansehen, bis 1746 Johann Adam von Ickstatt (1702-1776), der 1741 nach Ingolstadt gekommen war, eine umfassende Reform im Geist der Aufklärung durchführte. Sicher hat Königsegg-Aulendorf Ickstatts Ankunft miterlebt, vom umfassenden Geist der Icksattschen Reformen dürfte er aber wohl keinen Nutzen mehr gehabt haben.
Am 22.3.1750 erhielt Karl Aloys die Diakonats- und zwei Tage später die Priesterweihe. Die Reihe der Prälaturen im Kölner Domkapitel durchlief er in den folgenden Jahren recht zügig. Am 6.11.1758 wurde er Chorbischof, fünf Jahre später Afterdechant, Anfang des Jahres 1767 Domkeppler, im April Domdechant. Der Großteil dieser Ämter stand nur den hochadeligen Domgrafen zu. Das Domkapitel wählte aus ihnen die Amtsträger, die die innere Spitze der Hierarchie bildeten. Karl Aloys war zudem Komtur des Ritterordens vom Heiligen Michael. Nachdem ihn Erzbischof Maximilian Friedrich zum Weihbischof erwählt hatte, erteilte ihm Papst Clemens XIV. (Pontifikat 1769-1774) am 12.3.1770 den Weihetitel eines Bischofs von Myra. Die Bischofsweihe am 22.4.1770 in der Bonner Schlosskapelle nahm der Erzbischof vor.
Anders als bei seinem Vorgänger und Nachfolger gibt es zu Weihbischof Königsegg-Aulendorf keine Quellen, die Schlüsse über seine Haltung zur Aufklärung zulassen, da er nicht als Seminarkommissar in Erscheinung trat. In anderen Erzdiözesen gab es Weihbischöfe, die sich neben ihren episkopalen Pflichten im Rahmen der katholischen Aufklärung auch offen für den Episkopalismus einsetzten. Obwohl viele Landesherren zunehmend bestrebt waren, Verbesserungen der Schulen und Universitäten, des Gesundheits- und Armenwesens herbei zu führen, übte mancher Kleriker Kritik an der innerkirchlichen Struktur. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurden Forderungen nach einer Beschränkung der päpstlichen Jurisdiktionsgewalt und der Betonung der bischöflichen Gewalt gegenüber den Landesherren immer lauter. Der bekannteste Weihbischof, der 1763 mit seinem Werk De Statu ecclesiae et legitima potetate Romani Pontifices Stellung zum Verhältnis von bischöflichem zum päpstlichen Amt nahm, war der Trierer Weihbischof Johann Nikolaus von Hontheim, alias Justinus Febronius. Er zweifelte den päpstlichen Primat nicht an, verwarf nur die monarchische Gebieterstellung des Papstes über die Bischöfe und die persönliche Unfehlbarkeit des Papstes. Hontheims Protest richtete sich gegen jene Dispens- und Absolutionsvollmachten, die der Nuntiatur in Köln mit Unterbrechung seit 1584/1585 - und ab 1785 auch der in München - zustanden und die die oberste kirchliche Jurisdiktionsgewalt der Diözesanbischöfe einschränkten.
1769 kam es in Köln zu einem Jurisdiktionskonflikt zwischen Nuntius Giambattista Capara (1767-1775) und der erzbischöflichen Verwaltung. Der Streit war Auslöser für die Erzdiözesen Köln, Trier und Mainz, auf dem Koblenzer Kongress 1769 eine Reihe von Beschwerden zu formulieren. Unter dem Vorsitz des Trierer Weihbischofs Hontheim forderten die Erzbischöfe die Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Rechte. 1786 wurden die Erzbischöfe auf dem Emser Kongress erneut gemeinsam aktiv. Hier ging es um die Errichtung einer neuen Nuntiatur in München. Während für das Erzbistum Mainz Weihbischof Johann Valentin Heimes (1741-1806, seit 1783 Mainzer Weihbischof) als Vertreter geschickt wurde, erschienen für Köln und Trier Offiziale als Deputierte auf dem Kongress. Statt Karl Aloys von Königsegg-Aulendorf reiste also der Offizial Georg Heinrich Stanislaus von Tautphäus (1717-1793) an.
Im Gegensatz zu den Weihbischöfen verfügten die Generalvikare und Offiziale über einen Stab von Mitarbeitern, der sie bei der Verwaltung der Erzdiözese unterstützte. Nur die Mitgliedschaft in einflussreichen Stiften und die Abstammung aus mächtigen Familien konnten sich für die Weihbischöfe in dieser Weise hilfreich auswirken. Die soziale und damit auch politische Position eines Weihbischofs war nicht allein durch sein Amt definiert, wichtiger, wenn nicht sogar entscheidender, waren Abstammung und Familienverbindungen. Auch Karl Aloys von Königsegg-Aulendorf hätte als Vertreter des Hochadels durch die Unterstützung seines Verwandten, des Erzbischof Maximilian Friedrich den familiären Rückhalt gehabt, um sich politisch engagieren zu können, offensichtlich tat er das aber nicht. Inwieweit er über die vielfältigen seelsorgerischen Tätigkeiten hinaus Anteil an der geistigen und gesellschaftlichen Entwicklung seiner Zeit nahm, lässt sich aufgrund der dürftigen Quellenlage nicht beantworten, während sein Bruder Karl Meinrad (1737-1803) und sein Neffe Ernst Adrian (1754-1819) wohl zum aufgeklärten Teil des Kölner Domkapitels gehörten.
Weihbischof Karl Aloys Graf von Königsegg-Aulendorf starb am 24.2.1796 in Köln.
Literatur
Haas, Barbara, Drei Kölner Weihbischöfe im Zeitalter der Aufklärung, in: Zehnder, Frank Günter (Hg.), Hirt und Herde. Religiosität und Frömmigkeit im Rheinland des 18. Jahrhunderts, Köln 2000, S. 175-196, hier S. 179-183.
Hegel, Eduard, Das Erzbistum Köln zwischen Barock und Aufklärung vom Pfälzischen Krieg bis zum Ende der französischen Zeit 1688-1814 (Geschichte des Erzbistums Köln 4), Köln 1979.
Hegel, Eduard, Febronianismus und Aufklärung im Erzbistum Köln, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 143 (1943), S. 147-206.
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Hillen, Barbara, Karl Aloys von Königsegg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/karl-aloys-von-koenigsegg/DE-2086/lido/57c93771437a06.08603319 (abgerufen am 19.08.2024)