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Reichensachsen (Gemeinde
Wehretal, Werra-Meißner-Kreis)
mit Wichmannshausen (Stadt Sontra, Werra-Meißner-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Reichensachsen, das bis Anfang des 19. Jahrhunderts unter
dem Patrimonium der Herren von Boyneburg stand, bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1942. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts
zurück. 1664 waren bereits 5 jüdische Familien am Ort (Wolff, Leckisch,
Hetz, Moyses und Josef werden als Familienvorstände genannt). Bis 1744 stieg
die Zahl auf 13, 1766 auf 16 Familien.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1812 36 jüdische Familien, 1835 141 jüdische Einwohner, 1861 236
(13,6 % von insgesamt 1.709 Einwohnern), 1871 184 (11,0 % von 1.668), 1885
118 (7,1 % von 1.657), 1895 104 (5,9 % von 1.771), 1905 92 (5,1 % von 1.799). Zur
jüdischen Gemeinde Reichensachsen gehörten auch die in Wichmannshausen
lebenden jüdischen Personen (hier 1835 35 jüdische Einwohner, 1861 54, 1905
18, 1924 11). Auch die in Datterode lebenden jüdischen Familien
gehörten zunächst zur Gemeinde in Reichensachsen, wünschten jedoch 1884-85
auf Grund der zu großen Entfernung einen Anschluss an die Gemeinde in Netra.
An den Befreiungskriegen 1813-1814 nahmen aus Reichensachsen sieben
jüdische Männer teil: Heinemann Plaut, Viktor Plaut, Herz Plaut, Jacob Plaut,
Herz Stern, Aron Stein, M. Eichenberg. Als Herz Stein 1879 starb (siehe Bericht
unten), nahmen deswegen an seiner Beerdigung alle ehemaligen, noch lebenden
Krieger des Ortes teil.
Mitte des 19. Jahrhunderts gab es unter den jüdischen Haushaltsvorständen
neben zahlreichen Vieh- und Warenhändlern mehrere Handwerker, u.a. drei
Baumwollenzeugweber beziehungsweise Webermeister, einen Seilermeister, einen
Schneider, vier Schuhmacher und einen Buchbinder sowie einen Seifensieder. Auch
unter den Juden in Wichmannshausen gab es Handwerker (Schuhmacherei Jacob und
Leib Heilbrunn).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Israelitische
Schule (jüdische Volks-/Elementarschule von 1835 bis 31.12.1933), ein rituelles
Bad und ein Friedhof. Die jüdische Gemeinde gehörte zum
Kreisrabbinat Eschwege innerhalb des Rabbinatsbezirkes Niederhessen mit Sitz in
Kassel. Die Israelitische Elementarschule wurde 1868/69 noch von 59 Schülern
besucht. Damals war Lehrer Samuel Blach; er konnte 1876 sein 50-jähriges
Amtsjubiläum in Reichensachsen feiern (siehe Bericht unten). Von 1879 bis 1925 war
Herz Bachrach (geb. 1860, gest.
1932) als Lehrer in Reichensachsen tätig (siehe Berichte zu seinem 70.
Geburtstag 1929 und zu seinem Tod 1932 unten). 1893
besuchten 22 Kinder aus Reichensachsen und Wichmannshausen die Schule. 1902
wurden noch 15, 1907 nur neun Schüler unterrichtet.
Hinweis: Zur Israelitischen Schule und den Lehrer Samuel Blach siehe unten
(Literaturliste) den Beitrag von Hans Isenberg.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde (Reichensachsen
und Wichmannshausen) Louis Levinstein (geb. 8.3.1893 in Wichmannshausen, gef.
24.7.1917 in Russland),
Julius Löwenstein (geb. 11.12.1895 in Reichensachsen, gef. 29.4.1917) und Willy
Löwenstein (geb. 30.11.1892 in Reichensachsen, gef. 11.2.1915). Andere der jüdischen Kriegsteilnehmer
aus Reichensachsen kamen mit hohen Auszeichnungen zurück, darunter der Sohn des
Lehrers Bachrach, Assistenz- und Bataillonsarzt Dr. Joseph Bachrach, der 1915
dem Eisernen Kreuz und dem Oldenburgischen Friedrich-August-Orden ausgezeichnet
wurde (siehe Berichte unten).
Um 1924, als 94 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten, waren die
Vorsteher der Gemeinde Joseph Seelig und Arnold Rothschild. Als Kantor war
damals noch H. Bachrach tätig, er trat 1925 in den Ruhestand (gestorben 1932,
vgl. Bericht). An der jüdischen
Volksschule wurden damals noch sieben Kinder unterrichtet. Den Religionsunterricht
erteilte Kreisrabbiner Dr. Baßfreund aus Eschwege.
An jüdischen Vereinen bestanden u.a. eine Chewra Kadischa (Zweck
und Arbeitsgebiet: Wohltätigkeit, Sabbatliche Vorträge; 1924 unter Leitung von
H. Bachrach mit 10 Mitgliedern; 1932 unter Leitung von Felix Plaut), eine Chewrat
Gemillut Chassodim (Zweck und Arbeitsgebiet: Wohltätigkeit, Sabbatliche
Vorträge, 1924 unter Leitung von D. Stern mit 12 Mitgliedern; 1932 unter
Leitung von H. Bachrach) sowie ein Israelitischer Frauenverein Chewrath
Naschim (Zweck und Arbeitsgebiet: Wohltätigkeit; 1932 unter Leitung von
Fanny Plaut). 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Joseph Seelig
(1. Vors.) und Arnold Rothschild (2. Vors.). Als Schriftführer und
Schatzmeister war Moritz Seelig tätig. Als Lehrer und Kantor war inzwischen
(seit 1926/27?) Jacob Schiratzky (Schiratzki; aus Frankfurt am Main) angestellt
(er war zuvor Lehrer in Merzhausen
gewesen). Er
unterrichtete im Schuljahr 1931/32 in der Israelitischen Schule 11 Kinder;
Religionsunterricht erhielten 12 Kinder.
Anfang der 1930er-Jahre lebten 12 jüdische Familien vom Viehhandel (auch
Pferde- und Ziegenhandel), drei vom Textilhandel. Am Ort gehörten jüdischen
Personen dazu u.a. eine Farben- und Ölhandlung, eine Buchbinderei, ein
Papierwarengeschäft, eine Metzgerei und eine Mazzenfabrik (Joseph Seelig).
1933 lebten noch 90 jüdische Personen in Reichensachsen. Auf Grund der
zunehmenden Entrechtung und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts ist ein
großer Teil von ihnen in den folgenden Jahren ausgewandert oder in andere
Städte verzogen. 14 Personen sind nach 1933 noch in Reichensachsen verstorben.
Von den ausgewanderten Personen fanden 7 in den USA, 2 in Palästina / Erez
Israel, 2 in Südafrika, je eine Person in Portugal, in der Schweiz und
Argentinien Exil. 33 der in Reichensachsen verbliebenen jüdischen Personen
wurden vom Ort aus deportiert.
Von den in Reichensachsen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Betty Blach geb.
Spier (1896), Brigitte Blach (1936), Ferdinand Blach (1884), Hermann Blach
(1875), Johanna Blach (1931), Norbert Herbert Blach (1921), Recha Rosa Blach
geb. Blach (1877), Salomon (Sally) Blach (1882), Sophie Blach (1923), Rosa
Brodreich geb. Stein (1891), Jenny Heidenfeld geb. Löwenstein (1887), Helene
Heilbrunn geb. Blach (1872), Hermann (Hirsch) Heilbrunn (1866), Julian (Isaac)
Heilbrunn (1869), Julius (Isaak) Heilbrunn (1882), Max Heilbrunn (1875), Max
Heilbrunn (1878), Sigmund Heilbrunn (1879), Betty Hirschberg geb. Stern (1861),
Theodor Isaak (1914), Fanny Jakob geb. Blach (1880), Meta Katzenstein geb. Blach
(1878), Emma (Emmy) Kaufmann geb. Stein (1896), Berthold Löwenstein (1906),
Dora Löwenstein geb. Katz (1877), Hermann Löwenstein (1900), Max Löwenstein
(1908), Sally Löwenstein (1905), Johanna (Hannchen) Lomnitz geb. Strauß
(1869), Juliane (Julchen) Lomnitz (1895), Max Lomnitz (1896), Jenny (Jette)
Mansbacher geb. Heilbrunn (1871), Renate Pfifferling geb. Frank (1877), Alfred
Plaut (1898), Emma Plaut geb. Götz (1883), Felix Plaut (1882), Moritz (Moses)
Plaut (1877), Siegfried Plaut (1910), Victor Plaut (1866), Moritz (Michael)
Rosenkranz (1865), Karoline Rosenthal (Lina) geb. Rosenkranz (1869), Rosa
Rosenthal (1866), Hilda Seelig (1920), Joseph Seelig (1871),
Julius Seelig (1908), Paula Seelig geb. Wallach (1884), Regina Seelig geb.
Lachmann (1892), Rosa Speier geb. Plaut (1867), Rosel Spier geb. Seelig
(1903), Albert Stein (1866), Albert Stein (1881), Alfred Stein (1889), Else
Stein geb. Lomnitz (1902), Erwin Stein (1930), Fritz Stein (1926), Hanny (Nanny)
Stein geb. Hammerschlag (1870), Julius Stein (1892), Siegfried (Salomon) Stein (1868),
Frieda Stern geb. Werner (1878), Inge Stern geb. Blach (1921), Viktoria Stern
(1904), Rosa Weinstock geb. Stein (1887).
Hinweis : die in einigen Listen genannte Dora Seelig geb. Hahn (1883) war
kein Opfer der Shoa. Sie starb bereits 1933; Grab und Grabstein mit Todesjahr
1933 befinden sich auf dem jüdischen
Friedhof in Reichensachsen.
Von den in Wichmannshausen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Else (Sara) Blum geb.
Heilbrunn (1865), Karoline Eichhorn geb. Heilbrunn (1883), Rosa Heilbrunn
(1885), Johanna Kander geb. Levinstein (1893), Gerda Plaut geb. Katzenstein
(1910).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und Vorbeter
Der prominenteste Lehrer am Ort - allerdings nur ein Jahr:
Abraham Sutro (Lehrer 1810 in Reichensachsen)
1810
war für ein Jahr Lehrer in Reichensachsen: der spätere Oberrabbiner
Abraham Sutro (1784-1869).
Näheres zu ihm auf der Seite zur jüdischen
Gemeinde in Bruck. |
50-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Samuel Blach
(1876)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1876: "Von
der Werra, 1. August (1876). In Reichensachsen feierte der
israelitische Lehrer Herr Samuel Blach sein 50jähriges Amtsjubiläum. Die
allseitige herzliche Teilnahme zeigte auch hier, dass man nicht nur die
Person des Lehrers achtete und ehrte, sondern dass man auch in der
Gemeinde die hohe Aufgabe der Schule anerkannte und zu würdigen wusste.
Der Jubilar, ein trotz seiner 72 Jahre noch sehr rüstiger Greis, wurde
früh Morgens schon durch ein Musikständchen erfreut, und wie der Tag
selbst immer heller und heiterer wurde, so reihte sich auch bei diesem
Feste eine Freude, eine Anerkennung an die andere. Um 10 Uhr kamen die
Gratulanten; zunächst sprach der Lokalschulinspektor Herr Pfarrer
Gonnemann aus Reichensachsen, der von einigen christlichen Lehrern
begleitet war, mit herzlichen warmen Worten seinen Glückwunsch und
betonte ganz besonders das freundschaftliche Verhältnis, das nicht nur
zwischen ihm und dem Jubilar, sondern auch schon von seinem Vater her
bestehe. Hierauf folgte die Gemeinde, dann die Schulkinder, viele Freunde,
Verwandte und frühere Schüler, die zum Teil aus weiter Ferne dahin
geeilt waren. Um . Uhr war Festgottesdienst. Den rituellen teil übernahm
Herr Kantor Engelbert aus Eschwege. Die Festrede hielt zunächst Herr
Rabbiner Goldmann aus Eschwege und entrollte ein Bild des Lehrers (?),
worauf er dann in herzlichen Worten auf die persönlichen Verhältnisse
des Jubilars näher einging. Hierauf folgte der zweite Festredner, Herr
Dr. Stein aus Kassel. In einer längeren, herrlichen und tief durchdachten
Rede schilderte derselbe die Lehrertätigkeit im Allgemeinen, beleuchtete
die hohe Aufgabe der Schule, insbesondere der israelitischen jener Zeit,
deren Schwerpunkt darin lag, alte Sitte mit neuem, deutschen Geiste zu
verbinden, und zeigte dann, wie der Jubilar dieses schöne Ziel zu
erreichen sich bemühte und auch wacker erreicht habe. Die israelitische
Schule bedurfte, als eine verhältnismäßig noch sehr junge Institution,
ganz besonderes der wärmenden Sonnenstrahlen von Seiten hoher Regierung
und hat sie sich auch unter der dankbar anzuerkennenden Fürsorge des Staates
zu den jetzigen Höhe emporschwingen können. - Wie auf alle
Anwesenden, so machte auch ganz besonders auf den Jubilar die Rede einen
mächtigen Eindruck und mit ergriffenem Herzen dankte derselbe zunächst
Gott für seine Gnade, dann den Festrednern, der Gemeinde und den
Festteilnehmern. - Nach Absingen eines Schlusschorals ging's dann im Zuge
mit Musikbegleitung nach dem Festsaale, woselbst das Festmahl abgehalten
werden sollte. Vorher fand die Überreichung der Geschenke statt. Die
Gemeinde übergab einen prachtvollen silbernen Pokal und ein ansehnliches
Geldgeschenk. Hierauf verlas Herr Dr. Stein als beauftragter Kommissar des
israelitischen Vorsteher-Amtes zu Kassel ein Anerkennungsschreiben
desselben unter |
Beifügung
von 75 Mark. Hierauf überreichte Herr Lehrer Cornelius aus Rotenburg im
Namen von ca. 30 Kollegen einen sehr geschmack- und wertvollen Regulator.
Auch von den Schulkindern, Verwandten und früheren Schülern erhielt der
Jubilar eine Menge teils sehr wertvoller Geschenke, sodass er vor Rührung
kaum die Worte des Dankes hervorbringen konnte. Den Höhepunkt erhielt das
Fest durch die Ankunft des Landrats, Herrn Groß, aus Eschwege, welcher
mit herzlichen und tief gefühlten Worten dem Jubilar seine eigene
Teilnahem ausdrückte, und dann ihm mitteilte, dass Seine Majestät der
Kaiser und König allergnädigst geruht habe, den Jubilar mit dem
allgemeinen Ehrenzeichen mit der Zahl 50 zu dekorieren; worauf er
demselben die betreffenden Insignien überreichte. Ein stürmisches Hoch
auf Seine Majestät den Kaiser endete diesen feierlichen Akt. - Nun ging's
zur Tafel. Herrliche Toaste, muntere Scherze, Musik, gute Speisen und
Getränke würzten das Mahl, sodass eine sehr animierte Stimmung sich
überall kund gab. Ganz besonders wohltuend bemerkte man das leutselige
und teilnehmende Verhältnis des Herrn Landrats Groß und des Herrn
Lokalinspektors Gonnermann zum Jubilare und war ein frischer Geist des
Einverständnisses allseitig in erfreulicher Weise wahrzunehmen. - So hat sich
hier die Gemeinde selbst ein ehrendes Denkmal gesetzt, indem sie ihren
alten Lehrer zu ehren wusste. - Möge Gottes Gnade den Jubilar noch recht
lange in seiner geistigen Kraft und Frische erhalten. (Tageblatt und
Anzeiger für die Provinz Hessen)." |
Zum Tod des Vorsängers Herz Stern (1879)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1879:
"Reichensachsen, im Regierungsbezirk Kassel. Unsere Gemeinde hat
einen herben Verlust erlitten. Am verflossenen Schabbat Paraschat
Beschallah (Schabbat mit der Toralesung Beschallah = 2. Mose
13,17 - 17,16, dies war 8. Februar 1879) starb einer ihrer
gesetzestreuesten Männer, der Vorsänger Herz Stern, in einem Alter von
nahe 86 Jahren. Er war Geschäftsmann, bekleidete aber das Vorsängeramt
in hiesiger Gemeinde länger als 50 Jahre; eine lange Reihe von Jahren
ganz unentgeltlich und dann gegen ein sehr mäßiges Honorar. Die
Vorsehung hatten ihn mit einer angenehmen Stimme und einer klaren
Sprache und er hat Ihr zum Danke erfüllt die Pflicht Gott zu ehren
aus seiner Kehle heraus. Sein Vortrag der Gebete war herzerhebend und
andachterregend, sodass man mit Recht anwenden kann: 'Wehe über die
Verlorenen, welche nicht wieder gefunden werden'. Der Verstorbene war
auch in den Jahren 1814-1815 als Soldat im Befreiungskrieg mit in Frankreich
und es wurde ihm dafür die Ehre, dass sämtliche hiesige Krieger seine
Leiche begleiteten. Überhaupt war die Leichenbegleitung eine sehr
zahlreiche. Herr Rabbiner Goldmann aus Eschwege hielt eine ergreifende
Leichenrede; der Lehrer zu Reichensachsen, welcher zum Halten der
Trauerrede verlangt wurde, musste dies wegen Körperschwäche und
Lungenleiden ablehnen. Die Beerdigung fand am 10. Februar statt. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum 70. Geburtstag von Lehrer Herz Bachrach (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. November 1929:
"Reichensachsen. 3. November (1929). Der seit 4 Jahren nach
46-jährigem Amtieren in hiesiger Gemeinde im Ruhestand lebende Herr
Lehrer Herz Bachrach feierte am 23. Oktober seinen 70. Geburtstag. Zu
seinem Freudentag waren die nächsten Angehörigen von Nah und Fern herbeigeeilt.
Viele Gemeindemitglieder nahmen Gelegenheit, ihren alten Lehrer durch
wertvolle Geschenke zu ehren. Persönliche Glückwünsche überbrachten
die Nachbarkollegen, schriftliche und telegraphische Glückwünsche von
ehemaligen Schülern, u.a. aus Amerika waren eingetroffen. Alle
Kundgebungen bezeigten die Liebe und Verehrung, deren sich Herr Bachrach
bei allen seinen Bekannten erfreut. Eine besondere Ehrung erwies ihm der
Kreisrabbiner von Eschwege, Herr Dr. Baßfreund, der ihm persönlich den Chawer
(Ehrentitel) überbracht. Möge der rüstige Jubilar noch einen schönen
Lebensabend verleben. (Alles Gute) bis 120." |
|
Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck" vom 1. November 1929: "Reichensachsen. Unser Lehrer
i.R. Herr Herz Bachrach, der hier über 40 Jahre amtiert hat, beging
am 23. Oktober im Kreise der Gemeinde und seiner Familie - alle drei
Söhne, die Ärzte in Hamburg, Eschwege und Heilbronn sind, waren zu der
Feier hierher gekommen - den 70. Geburtstag." |
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Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck" vom 8. November 1929: "Reichensachsen. Herr Lehrer
i.R. Herz Bachrach, der, wie in voriger Nummer berichtet, seinen 70.
Geburtstag feierte, hat außer den vielen Zeichen der Anteilnahme an
seinem Freudentag durch ehemalige Schüler - u.a. kam ein telegraphischer
Glückwunsch aus Amerika -, durch seine Angehörigen und viele
Gemeindemitglieder, die ihm wertvolle Geschenke überbrachten, und durch
persönliche Beglückwünschung der Nachbarkollegen eine besondere Ehrung
durch den Kreisrabbiner von Eschwege, Herrn Dr. Baßfreund, erfahren, der
ihm den Chower-Titel persönlich überbrachte. Ad meoh w'eßrim schonoh!"
(Alles Gute bis 120 Jahre). |
Zum Tod von Lehrer Herz Bachrach, Lehrer in Reichensachsen von
1890 - 1925 (1932)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Oktober 1932: "Reichensachsen,
5. Oktober (1932): Unsere Gemeinde hat einen außerordentlich schweren
Verlust erlitten. Unser früherer Lehrer Bachrach, der über 35 Jahre als
Lehrer und Vorbeter hier wirkte und nachher noch 7 Jahre hier im Ruhestand
lebte, ist plötzlich im 72. Lebensjahre gestorben. Von der großen Wertschätzung,
die er überall genoss, legte die große Beteiligung bei seiner Beerdigung
Zeugnis ab. Herr Rabbiner Dr. Baßfreund aus Eschwege schilderte in
ausführlicher Rede die Einzelheiten aus dem leben und Wirken des
Heimgegangenen, der das seltene Glück gehabt habe, dass nicht nur seine
Kinder, sondern ein großer Teil seiner Schüler in seinem Geiste ihr
Judentum weiter pflegten. Es sprachen noch Rabbiner Dr. Cahn, Fulda, der
die freundschaftlichen Beziehungen des Verstorbenen zu dem verewigten
Fuldaer Rabbiner an dessen wöchentlichen Schiurim (Lernstunden) er
jahrzehntelang teilgenommen habe, hervorzuheben. Was diese beiden Männer
einte, sei die Überzeugung und der Wille gewesen, die Emunoh
(Wahrheit) jederzeit hochzuhalten. dann die Lehrer Rosenbusch, Bebra und
Schiratzky, hier, die im Namen der Lehrerschaft und der Gemeinde dem
Kollegen warm empfundene Abschiedsworte nachriefen. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Berichte aus dem jüdischen
Gemeindeleben
Bericht von Dr. Samuel Blach "Aus dem ehemaligen
Kurhessen" (1926)
Anmerkung: Dr. Blach berichtet über verschiedene jüdische Sitten und
Gebräuche, darunter auch aus Reichensachsen.
Artikel in der
Zeitschrift "Menorah"
Jahrgang 1926 Heft 10 Seiten 583-590
(zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken) |
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Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Goldene Hochzeit von Samuel Löwenstein und seiner Frau
(1904)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. Januar
1904: "Reichensachsen, 11. Januar (1904). Das seltene Fest der
goldenen Hochzeit feierte dieser Tage hier unter großer Teilnahme seiner
Mitbürger das Samuel Löwenstein'sche Ehepaar im Kreise seiner vier
Kinder und zahlreicher Enkel. Von Nah und Fern trafen Geschenke und
Gratulationen ein. Der Ehemann, welcher 80 Jahre alt ist, ist noch sehr
rüstig und geht seinem geschäftlichen Berufe noch ständig nach, dagegen
ist die 81jährige Ehefrau seit kurzer Zeit krank und bettlägerig, sodass
die Feier beschränkt werden musste. Auch Herr Kreis-Rabbiner Dr. Cohn -
Eschwege, der von seiner Gemahlin begleitet war, erfreute das Ehepaar mit
seinem Besuche, um persönlich ihre Glückwünsche darzubringen." |
Beförderung von Dr. Joseph Bachrach (1915
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Mai 1915: "Reichensachsen,
10. Mai (1915). Der auf dem westlichen Kriegsschauplatze stehende
bisherige Unterarzt, Herr Dr. med. Joseph Bachrach, Sohn des Herrn Lehrers
Bachrach dahier, ist durch Allerhöchste Kabinettsordre zum Assistenzarzt
befördert worden." |
Kriegsauszeichnungen für Dr. Moritz Bachrach (1915)
Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Oktober 1915:
"Reichensachsen, 25. Oktober (1915). Der Assistenz- und
Bataillonsarzt Dr. Joseph Bachrach, Sohn des Herrn Lehrers Bachrach, wurde
mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet." |
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Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1915:
"Dem Assistenzarzt im Königsulanenregiment Nr. 13, Dr. Moritz
Bachracb, Sohn des Herrn Lehrers Bachrach, ist der Oldenburgische
Friedrich-August-Orden verliehen worden." |
Goldene Hochzeit von Susmann Rothschuld und
Marianne geb. Lustig (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juni 1928: "Reichensachsen,
13. Mai (1928). Am Lag BaOmer (= 12. Mai 1928) begingen Herr
Susmann Rothschild und Ehefrau Marianne geb. Lustig dahier in größter
Rüstigkeit ihre goldene Hochzeit. Am vorausgegangenen Schabbat
richtete Herr Lehrer Schiratzki an das Jubelpaar eine erhebende
Ansprache." |
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Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck" vom 11. Mai 1928: "Reichensachsen. Am Lag b'omer
begingen Herr Susmann Rothschild und Ehefrau Marianne geb.
Lustig das Fest der goldenen Hochzeit unter großer und ehrenvoller
Anteilnahme weiter Kreise aus nah und fern. Das noch sehr arbeitsfrohe und
rüstige Jubelpaar erfreut sich großer Beliebtheit in allen Kreisen
unseres Ortes und besonders seines früheren Wohnsitzes Bischhausen.
Auch viele auswärtige Geschäftsfreunde eilten herbei, um an dem
Freudentage nicht zu fehlen und ihre Wertschätzung den Feiernden zu
bekunden. Auch im Gottesdienst wurde am vorausgegangenen Sabbat von Seiten
des Lehrers eine das Jubelpaar ehrende Ansprache
gehalten."
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Tödlicher Verkehrsunfall - zum Tod von Isfried Stein,
Sohn von Albert Stein (1929)
Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck" vom 19. August 1929: "Reichensachsen bei
Eschwege. Der erst 32 Jahre alte, unverheiratete Kaufmann Isfried
Stein, Sohn des Herrn Albert Stein, dahier, verunglückte am 17.
dieses Monats zusammen mit einem jungen christlichen Freunde auf dessen
Motorrad. Das furchtbare Unglück hat in hiesiger Gegend, wie auch
allenthalten, wo der junge Mann bekannt und überaus beliebt und
geschätzt war, die tiefste Trauer und Teilnahme mit der betroffenen
Familie, deren einziger Sohn er war, hervorgerufen. Dies zeigte sich auch
in der Beteiligung an der Beerdigung, zu der Freunde, Verwandte und
Bekannte von nah und fern herbeigeeilt waren. In der Trauerrede des Herrn Lehrer
Schiratzki rühmte dieser die menschlichen und geschäftlichen
Qualitäten des Verewigten, der, in religiösem Hause aufgewachsen, der
jüdischen Tradition die Treue hielt und wegen seines liebenswerten
Charakters und seiner sonnigen Heiterkeit sich in jüdischen wie
nichtjüdischen Kreisen der allergrößten Sympathie erfreute. Den
trostlosen Eltern möge die Verehrung und Liebe, die dem dahingeschiedenen
von allen Seiten entgegengebracht wird, ein Zeichen sein, dass sein Name
unvergessen bleiben wird." |
90. Geburtstag von Fanny Goldschmidt geb. Kahn (1931)
Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck" vom 27. Januar 1931: "Reichensachsen. Die Witwe Fanny
Goldschmidt geb. Kahn, vollendet am 28. Februar das 90. Lebensjahr.
Sie ist körperlich und geistig rüstig." |
|
Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck" vom 6. März 1931: "Reichensachsen. Die älteste
Einwohnerin unseres Ortes, die Witwe Fanny Goldschmidt geb. Kahn,
beging am 28. Februar ihren 90. Geburtstag. Sie ist körperlich und
geistig noch sehr rüstig und beschäftigt sich noch mit leichten
Handarbeiten."
|
Nach der Deportation: Todesanzeige für Fanny Jakob
geb. Blach, Johanna (Helene) Heilbronn geb. Blach, Herrmann und Recha Blach geb.
Blach
(alle in Reichensachsen geboren, später andernorts wohnhaft, umgekommen nach
der Deportation; Todesanzeige von 1945)
Anzeige in der deutsch-amerikanischen Zeitschrift "Der Aufbau"
vom 2. November 1945:
"Tief erschüttert traf uns die Nachricht, dass unsere
innigstgeliebten, treusorgenden guten Eltern
David & Fanny Jakob geb. Blach
(Grebenau, Oberhessen, Frankfurt am
Main) im Herbst 1944 in Theresienstadt,
und unser lieber Onkel und Tanten
Johanna Heilbrunn geb. Blach
(Nentershausen, Frankfurt/Main),
Pessach 1945 in Theresienstadt,
Herrmann & Recha Blach geb. Blach
(Eschwege) in Riga 1942 verschieden
sind. In tiefem Schmerz:
Henny Jacob, Hanna Jacob, Irma Jacob, Irene Jacob
95 Cabrini Boulevard, New York City." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Anzeige des Manufakturwarengeschäftes Gebrüder Plaut
(1890)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. November 1890:
"Für unser Manufakturwarengeschäft suchen für sofort
1
tüchtigen Detailreisenden,
der Landkundschaft mit Erfolg besucht hat.
Offerten bitten Photographie, Zeugnisse und Gehaltsansprüche beizufügen.
Samstag und Feiertage streng geschlossen.
Gebrüder Plaut,
Reichensachsen." |
Verlobungsanzeige von Hanna Würzburger und Dr. Julius Bachrach
(1922)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. März 1922: "Die
Verlobung ihrer Kinder Hannah und Julius zeigen hiermit an:
Dr. med. A Würzburger und Frau. Heilbronn am Neckar Innere
Rosenbergstrasse. Herz Bachrach Reichensachsen bei
Eschwege:
Hannah Würzburger - Dr. med. Julius Bachrach. Verlobte.
Heilbronn am
Neckar - Innere Rosenbergstr. 24. Reichensachsen / Stuttgart
- Katharinenhospital. Im Monat Adar." |
Anzeige für "Reichensachser Mazzen" (Anzeige
der Bäckerei Jacob Klebe in Kassel, 1931)
Anzeige
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck" vom 21. Januar 1927:
"Die erste Sendung frischer
Reichensachser Mazzen ist bei mir eingetroffen.
Telephon 6147 Bäckerei Jacob Klebe. Lutherstraße
5". |
Zur Geschichte der Synagoge
Vgl. dazu den über die Literaturliste unten zugänglichen Beitrag von Hans
Isenberg über das "Synagogen- und Schulgebäude" in
Reichensachsen.
Vermutlich wurde bereits in
der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts ein Betraum in einem der jüdischen Häuser
eingerichtet. 1675 ist vom Ankauf einer Torarolle die Rede, wofür die Gemeinde
Schulden eingehen musste. Im 18. oder in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird eine
Synagoge erbaut worden sein. Aus dem Jahr 1858 liegt ein Dokument vor,
wonach die Synagoge "schon über 180 Jahre" stehen
würde.
Eine neue Synagoge wurde 1903 erbaut und am 27. November 1903
durch Landesrabbiner Dr. Prager aus Kassel feierlich eingeweiht. Architekt
August Holzapfel aus Eschwege hatte den Plan gezeichnet.
Einweihung der Synagoge im November 1903
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. Dezember
1903: "Reichensachsen, 29. November (1903). Vorgestern wurde die
hiesige neu erbaute Synagoge durch eine erhebende Feier eingeweiht. Herr
Architekt August Holzapfel aus Eschwege, der Erbauter des neuen
Gotteshauses, übergab, nachdem der Festzug mit der vom Herrn
Gemeindeältesten gestifteten und sehr wertvollen Torarolle an der neuen
Synagoge angekommen war, mit passender Ansprache den Schlüssel dem
Gemeindeältesten, Herrn Selig, der ihn dem Landesrabbiner Dr. Prager aus
Kassel überreicht. Hierauf betrat Dr. Prager das Podium, hielt eine
Ansprache an die Versammlung und öffnete die Synagoge. Das Gebäude macht
von außen sowohl wie von innen einen überaus prächtigen Eindruck. Herr
Dr. Prager hielt in der Synagoge eine Ansprache, worauf die Torarollen
ausgehoben und unter Gesängen mehrere Male in feierlichem Umzuge durch
die Synagoge getragen wurden. Herr Kreisrabbiner Dr. Cohn - Eschwege hielt
die Festpredigt. Nachmittags und Abends beschlossen Konzert, Festessen und
Ball in dem Döhn'schen Saale den Festakt. Das Kaiserhoch brachte Herr Dr.
Prager aus." |
Bei der Synagoge handelte es sich um einen
zweigeschossigen Massivbau aus Ziegelmauerwerk mit einem Satteldach und einer
Schildgiebelfassade. Rechts und links der beiden Eingänge gab es als
Gliederungselemente der Fassade zwei Lisenen, die in einen großen Hufeisenbogen
über dem Portal und zwei seitliche Hufeisenbögen über den Fenstern des
Erdgeschosses und des ersten Stockes mündeten. Alle Bögen waren
hufeisenförmig gestaltet. Ecklisenen mit Türmchen begrenzten die Fassade.
Abwechselnd wurden hell- und dunkelgebrannte farbige Klinkersteine zur
Gestaltung der Lisenen, Bögen und Teilen der Mauer verwendet. Diese Kombination
der Zweifarbigkeit wurde bei Synagogenbauten der Jahrhundertwende immer wieder
verwendet.
Anderthalb Jahre nach ihrer Einweihung wurde die Synagoge durch einen
Blitzeinschlag im Mai 1910 schwer beschädigt.
Blitzeinschlag in die Synagoge (1910)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 27. Mai 1910:
"Reichensachsen. Ein Blitzstrahl traf die Kuppel der
neuerbauten Synagoge und vernichtete die Kuppel und einen Teil des
Gebäudes." |
Das Gebäude wurde renoviert. Im folgenden Jahr 1911
erfährt man von dem besonderen Geschenk an die Synagoge:
Nathan Oppenheim schenkt der Gemeinde einen neuen
Toraschreinvorhang (1911)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. April 1911: "Reichensachsen,
21. April (1911). Herr Nathan Oppenheim in Kassel macht der hiesigen
jüdischen Gemeinde (seiner Kultusgemeinde) ein sehr schönes Porauches
zum Geschenk. Der geschmackvolle Entwurf und die tadellose künstlerische
Ausführung sind Werke aus dem Atelier des Herrn B. Grünebaum in
Kassel." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge durch
SA-Leute geschändet und völlig zerstört. Die Torarollen wurden nach außen
verbracht und in den Mühlgraben geworfen. Das Gebäude kam in Privatbesitz und
wurde 1951 vom damaligen Eigentümer abgebrochen, damit hier ein Garten angelegt
werden kann.
Adresse/Standort der Synagoge: Herrengasse
11 (Adresse 1932: Herrengasse Gebäude Nr. 142)
Fotos
(Quellen: oben links aus dem Photo Archive von Yad
Vashem, Jerusalem; Fotos oben Mitte/rechts aus Altaras s. Lit. 1988 S. 77 und Kollmann/Wiegand
S.12; neuere Fotos: Hahn,
Aufnahmedatum 8.4.2008)
Das Synagogengebäude und
ein Toravorhang |
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Das Foto oben ist
undatiert
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Die Aufnahme entstand wohl
beim Abbruch des Gebäudes (1951) |
Toravorhang von 1750 aus
der
Synagoge in Reichensachsen |
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Die ehemalige
Mazzenbäckerei Seelig |
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Ehemalige
jüdische Mazzenfabrik mit Hinweistafel: "Herrengasse 7. Im
Jahre 1927 errichtete Joseph Seelig eine der bedeutendsten jüdischen
Mazzenbäckereien auf seinem Grundstücke. Das stattliche
Backsteingebäude mit dem akzentsetzenden Ladeerker, der in das
abschließende Satteldach eingefügt ist, überragte deutlich das vorgelagerte
Wohnhaus aus dem 18. Jahrhundert. Die Struktur des Backsteingebäudes wird
durch flach aufgelegte Lisenen gegliedert. In das obere Bild eingeblendet
ist die einzige erhaltene Fotografie der ehemaligen Synagoge von
Reichensachsen. Die Synagoge stand von 1903 bis 1953 etwa 70 m südlich
der Mazzenbäckerei." |
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Blick auf das ehemalige
Synagogengrundstück |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde
Reichensachsen und Wichmannshausen |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Reichensachsen sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,722 Abschrift des Sterberegisters der Juden von
Reichensachsen 1825 - 1836, Abschrift von 1937; enthält auch
Angaben zu Personen aus Bischhausen, Datterode und Wichmannshausen
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290088
HHStAW 365,721 Abschrift des Trauregisters der Juden von
Reichensachsen 1825 - 1836, Abschrift von 1937; enthält auch
Angaben zu Personen aus Bischhausen, Datterode und Wichmannshausen
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290087
HHStAW 365,720 Abschrift des Geburtsregisters der Juden von
Reichensachsen 1825 - 1836, Abschrift von 1937; enthält auch
Angaben zu Personen aus Bischhausen, Datterode und
Wichmannshausen
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3553838
HHStAW 365,718 Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden
von Reichensachsen (1823) 1825 - 1836; enthält auch Angaben zu
Personen aus Bischhausen, Datterode und Wichmannshausen; darin auch
Mitgliederlisten der jüdischen Gemeinde von Reichensachsen mit
Geburtsdaten und Angaben zu Familienstand und Gewerbe, 1823 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2126666
HHStAW 365,719 Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden
von Reichensachsen 1837 - 1938: Teil 1: Geburtsregister (S. 1-78)
1837 - 1888, und Trauregister (S. 79-90), 1837 - 1841, Teil 2:
Trauregister (S. 90 - 133), 1841 - 1879 und Sterberegister (S. 136-177),
1837 - 1938; enthält auch Angaben zu Personen aus Bischhausen, Datterode
und Wichmannshausen https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290086
|
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 215-217. Informationen über die
in Wichmannshausen lebenden jüdischen Familien auch beim Abschnitt zu Netra
Bd. II S. 119-121. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 77-78. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. (keine weiteren Angaben) |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 236. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 581-582. |
| Karl Kollmann / Thomas Wiegand: Spuren einer
Minderheit. Jüdische Friedhöfe und Synagogen im Werra-Meissner-Kreis.
Hrsg. von der Historischen Gesellschaft des Werralandes. Kassel 1996. S.
100-103 u.ö. |
| Hans Isenberg: Die
öffentliche israelitische Schule in Reichensachsen und ihr Lehrer Samuel
Blach. 2015 eingestellt als pdf-Datei. |
| ders.: Synagogen-
und Schulgebäude (in Reichensachsen). 2015 eingestellt als
pdf-Datei. |
|
Beitrag
über die Familie Plaut: Elisabeth S. Plaut: The Plaut Family. Tracing
the Legacy. Edited by Jonathan V. Plaut
When Elizabeth S. Plaut began tracing her husband’s family roots forty
years ago, she had no idea how this undertaking would change her life and
turn her into a serious genealogist. A trained researcher, she corresponded
with hundreds of people around the world to glean information about the
various branches of the family; scoured cemetery files, archives, and other
available sources; and maintained copious files brimming over with her notes
and charts. Beginning with her quest to find the roots of her husband’s
branch of the family from Willingshausen, Germany -many years before
genealogy became popular - Elizabeth Plaut discovered families in dozens of
small villages in Germany. She tracked the relationships between more than
11,000 people and separated the branches according to the many cities where
the families originated. Impressive in its scope and in Elizabeth Plaut’s
meticulous commitment to detail, The Plaut Family: Tracing the Legacy will
be of immense value to all those interested in knowing more about their
roots. 7" x 10" 420 pp. softcover $45.00. Vgl.
http://www.avotaynu.com/books/Plaut.htm.
Family Trees Organized by German Town of Ancestry: Bodenteich, Bovenden,
Falkenberg, Frankershausen, Frielendorf, Geisa, Gudensberg, Guxhagen,
Melsungen, Obervorschuetz, Ottrau, Rauschenberg, Reichensachsen,
Rotenburg, Schmalkalden, Wehrda, Willingshausen.
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| Hans Isenberg: Die öffentliche israelitische
Schule in Reichensachsen und ihr Lehrer Samuel Blach. In: Eschweger
Geschichtsblätter 31/2020, S. 73-86.
Beitrag ist
online eingestellt (pdf-Datei). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Reichensachsen
Hesse-Nassau. Established before 1730, the Jewish community was the region's
largest after Eschwege, numbering 236 (14 %
of the total) in 1861. It maintained an elementary school from 1835 to 1934 and
opened a new synagogue in 1903. It was affiliated with Kassel's rabbinate. Most
Jews left after Kristallnacht (9-10 November 1938), when the synagogue's
interior was vandalized. Over 30 perished in the Holocaust.
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