Erfolgreiche Restaurierung durch Buchpatenschaft
Fast 500 Jahre alt, davon 175 Jahre im Bestand der Stadtbibliothek Koblenz - nach dieser Zeit dürfen restauratorische und buchkosmetische Arbeiten sein. Möglich machte die Restaurierung von Sammelband Rara 82/1-7 eine Koblenzer Bürgerin, die namentlich nicht genannt sein will. Sie hatte im Jubiläumsjahr der Stadtbibliothek 2002 den Aufruf in der Tagespresse gelesen, Buchpatenschaften für Altbestandskonservierung zu übernehmen, und sofort in die Tat umgesetzt. Durch einen ansehnlichen Geldbetrag konnte der Konservator/Restaurator Hans-Dieter Lomb (Schlitz in Hessen) beauftragt werden, umfangreiche buchkonservatorische Arbeiten an diesem wertvollen Band vorzunehmen. Sichtbar von außen ist der wunderbar aufgearbeitete Halbleder-Holzdeckelband aus der Zeit nach 1514, dessen blindgepresste Rauten- und Streicheisenverzierung noch nicht wissenschaftlich identifiziert wurde.
Der Buchblock musste aufgelöst, durchgängig gereinigt und neu geheftet werden. Das beschädigte letzte Blatt ist mit nur geringem Textverlust ergänzt. Die Bünde wurden erneuert, ebenso der Kalbleder-Rücken und ein Teil der Schließe.
Bei der Restaurierung wurde aus dem vorderen und hinteren Innendeckel je ein Pergamentblatt-Fragment aus einer Handschrift des 14. Jahrhunderts herausgelöst, von Leimresten gereinigt, geglättet und vor Textbeginn sowie am Schluss fliegend wieder eingeheftet.
Die beiden wichtigsten Schriften in diesem Sammelband, der insgesamt sieben Einzelschriften vereinigt, sind Johannes Pfefferkorns „Handt Spiegel“ und Johannes Reuchlins „ ... Augenspiegel“, die den „Judenbücherstreit“ des beginnenden 16. Jahrhunderts einleiten und damit zur Vorgeschichte der Reformation beitragen.
Als Druckschriftengattung gebrauchte man dazu die zum schnellen Schlagabtausch besonders taugliche kleine Quartschrift. Autoren und Publikum erprobten ein neuartiges Medium, das bald als ‚Reformationsflugschrift’ weltgeschichtlich wirksam werden sollte.
Die Stadtbibliothek Koblenz nimmt diese erfolgreiche Buchpatenschaft zum Anlass, den restaurierten Band in einer Sondervitrine im 1. OG des „Dreikönigen-Hauses“ in der Kornpfortstraße 15, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In einem Spiegel zu sehen ist das aufgeschlagene Titelblatt von Reuchlins „Augenspiegel“ von 1511.
Ein beiliegender Text führt in den „Judenbücherstreit“ und die weiteren Titel des Sammelbandes ein.“
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