Wohnen - ein Menschenrechtvon Beate Vogt-GladigauIn Bad Kreuznach gibt es zu wenig Wohnraum für Menschen mit schmalem Budget. Einhellig waren alle Gesprächsteilnehmer und Akteure der Veranstaltung „Wohnen – ein Menschenrecht“ dieser Meinung. „Wenn Wohnen ein Menschenrecht ist, wie Pfarrer Albrecht Bähr in seinem Referat aus diakonischer Sicht ausführte, kann dieses Thema nicht allein dem Markt überlassen werden“, machte Pfarrerin Elfi Huppert-Decker deutlich. Nicht nur sie forderte eine politische Lösung, um Wohnraum zu bekommen, den auch Menschen bezahlen können, die auf Grundsicherung oder Hartz IV angewiesen sind. Diakonische Gemeinschaft Paulinum und Ev. Kirchengemeinden luden ein „Für Menschen, die wenig haben, gibt es keinen Wohnraum“, unterstrich Frieder Zimmermann. Der Geschäftsführer der Wohnungslosenhilfe der Kreuznacher Diakonie forderte von der Stadt, sich mehr auf diesem Gebiet zu engagieren. Die Wohnungslosenhilfe habe einige Häuser in der Stadt gekauft, die sie Betroffenen zur Verfügung stellen. Wichtig ist aber nicht nur für Zimmermann, dass die Menschen außer den vier Wänden auch soziale Begleitung und Betreuung erhalten. Zimmermann ist froh über die Kooperation mit der Gewobau. „Das ist schon seit 20 Jahren eine Erfolgsstory.“ Denn zunächst ist es die Wohnungslosenhilfe, die von der Gewobau Wohnungen als stationäre Einrichtung anmietet und die Betroffenen betreut. Wenn diese nach einiger Zeit selbständig agieren können, werden sie Hauptmieter und nur noch ambulant begleitet. Zimmermann macht auch deutlich, dass der Bundesverband der Wohnungslosenhilfe schon seit Jahren darüber klagt, dass der soziale Wohnungsbau sträflich vernachlässigt wurde – der Mangel also ein selbstgemachtes Problem ist. Bezahlbarer und individueller Wohnraum fehlt. Gewobau-Geschäftsführer Karl-Heinz Seeger sprach über die Tilgungszuschüsse bis zu 30 Prozent, die es seit 2017 gibt. Noch sei das Unternehmen am Rechnen, ob ein Teil des Objekts mit 16 Wohneinheiten in der Schubertstraße die Förderung in Anspruch nimmt, dann aber nur mit der Mietenstufe (aktuell in Bad Kreuznach 4) zu kalkulieren. Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer betonte, dass der Stadtverwaltung sozialdurchmischte Gebiete wichtig seien. Die verschuldete Stadt könne selbst zwar nicht bauen (von der OB als freiwillige Leistung beschrieben), aber durch flankierende Maßnahmen tätig werden. So kann mit Investoren vertraglich eine Quote an öffentlich gefördertem Wohnraum festgelegt werden, „wenn die politischen Gremien dem zustimmen“. Auch Kaster-Meurer ist der Meinung, dass Standards zu Gunsten einer besseren Preisgestaltung reduziert werden müssen – zum Beispiel die Zahl der Stellplätze oder ob ein Gäste-WC unbedingt sein muss. Allerdings verteuern die hohen Anforderungen des Gesetzgebers (Energie, Brandschutz, Ausstattung) die Baukosten. „Wenn wir nicht kreativer werden, wird das der Stadt viel Geld kosten“, ist Pfarrerin Elfi Decker-Huppert überzeugt. Wohnungslosigkeit und persönliche Notlagen kommen teuer zu stehen. Die Evangelische Kirchengemeinde Bad Kreuznach unterhält 25 Wohnungen, die Evangelische Matthäuskirchengemeinde 55 Wohnungen im Matthäushof und rund 30 in Bad Münster. In vielen Häusern sei die Kirche noch verpflichtet, diese nur an Menschen mit Berechtigungsschein zu vergeben. Auch in alte Pfarrhäuser werde vor diesem Hintergrund investiert – momentan in der Carmerstraße. Was in der Stadt mit Blick auf sozialverträglichen Wohnraum aber auf jeden Fall fehle, seien Beratungsstellen, die den betroffenen zur Seite stehen – etwa beim Mietvertrag und dem „Kleingedruckten“. Kreisbeigeordneter Hans-Dirk Nies betonte die Notwendigkeit, speziell im östlichen Teil des Landkreises ein Wohnungsamt zu installieren, das Informationen über Fördermöglichkeitenparat hält, aber auch mietrechtlich unterstützt, um Mieter vor Nepp zu schützen, ohne die Rechtsberatung zu tangieren. Die Enge auf dem Wohnungsmarkt belegt Nies mit Zahlen: Der Kreis Bad Kreuznach wächst jährlich um rund 8 000 Menschen. Mit dieser Veranstaltung ist das Thema „Wohnen“ für Menschen, die auf sozialen Wohnraum angewiesen sind, in die Öffentlichkeit gelangt. Der Diakonieausschuss wird an dem Thema weiterarbeiten, so das Fazit des Abends. Menschenrecht Wohnen Die aktuellen Zahlen aber seien erschreckend, so Bähr. Bis 2018 ist ein Anstieg der Wohnungslosigkeit auf mehr als eine halbe Million in Deutschland prognostiziert. Wohnungslosigkeit sei außerdem die Folge eines „langfristigen Ausgrenzungs- und Verarmungsprozesses“. Bei Menschen in stabilen Wohnverhältnissen löse der Anblick wohnungsloser Menschen häufig Ängste aus, selbst in eine solche Notlage zu geraten. Dies führe zu Vorurteilen und zu Distanz. Es gibt übrigens auch ein Recht auf eine Mindestzahl von Quadratmetern. Bei Einzelpersonen sind das 50 Quadratmeter, bei einem Paar 50 bis 60. Problem: Es muss diese Wohnungen aber auch geben! |