Rolf Maria Koller


„Die Umformung meines ganzen Seins hat meinen Lebensweg bestimmt!”

Repro:Rheintal.de
Frühes Werk: „Die Zizielanerinnen”

Ausgangspunkt das Werk die "Die Nacht des Menschen" zu malen, war die Herausforderung des Holocaust. Doch ist es so, wie es der Philosoph Ernst Bloch einmal gesagt hat: "Wir müssen den Holocaust so erleben, als wenn er heute geschähe". Koller formuliert es im Gespräch so:" Golgotha ist allgegenwärtig. Deswegen nenne ich mein Gedenkbild auch nicht mehr "Holocaust", der Holocaust ist der Anlass - das Leid brennt genauso in Äthiopien, Jugoslawien oder Burundi".

"Das Entsetzliche des aktuellen Geschehens ist eingetaucht in das Grauen des Geschichtlichen, ins Allzeitige des Leids." Den neuen Titel "Die Nacht des Menschen" übernimmt der Maler aus dem letzten großen Werk der von ihm so verehrten Edith Stein (ihr hat er einen eigenen Bilder-Zyklus gewidmet), der Studie über Johannes vom Kreuz, "Kreuzeswissenschaft".

Das Jahrhundertverbrechen des Holocaust, das Grauen der Weltkriege, die Düsternis des Gulag, der Explosionsblitz Hiroshimas - all dies, hat Koller schon in früher Jugend tiefe Verletzungen zugefügt. "Diese Umformung meines ganzen Seins, hat meinen Lebensweg bestimmt und mich als Maler des Menschen in geheimnisvoller Weise im Verlauf der Jahrzehnte und der Bewusstwerdung zu der Zyklen-Arbeit geführt". Modische Begriffe wie Vergangenheitsbewältigung oder ein Betroffenheitsritual greifen hier zu kurz. Bei Koller äußert sich ein Schmerz aus innerster Seele, von den Wundrändern die nie verheilten, immer wieder aufgerissener roter Narben. Als 21jähriger malte er sein erstes Hiob-Bild; in der Gestalt Hiobs erkannte er die biblische Metapher für die Frage nach dem Sinn des Leidens.

Paul Claudels Meinung, die Vollendung des Alten Testaments sei das Buch Hiob, hat ihn nicht mehr losgelassen. Die Folge war eine Jahrzehnte währende bohrende Beschäftigung mit Christi Kreuzestod. "Den ungeheuerlichen Todesschrei des sterbenden Jesus, erlebte ich von Stunde an als Nachhall in millionenfacher Weise". Hunderte von Zeichnungen und Ölstudien, die er alle "Die Nacht des Menschen" nennt, sind die Folge. Zu diesem frühen Zeitpunkt ist ihm allerdings noch in keiner Weise bewusst, wohin dieses Suchen führen soll. Eine Israel-Reise im Jahr 1990, das Erlebnis, auf den Spuren Jesu zu schreiten, gibt dem weiteren Schaffen einen entscheidenden Anstoß. Privates, wie der Tod seines Sohn Johannes, kommt hinzu. In der Folge entstehen in manischer Besessenheit eine anhaltende Serie von Zyklen:" Wir stehen alle unter dem Kreuz". Von 1990 bis 1996 schafft Koller eine ausufernde Bildkette von etwa 100 Metern, Versammlung von Freunden, Bekannten, Zeitgenossen.

Dazwischen, 1991, pinselt er sich seinen Frust über die Schließung des Fachbereichs Kunst und Design an der Fachhochschule Köln aus dem Leib: "Endstation Ubierring 40", auch dies ein Endzeit-Fries von 43 Tafeln. Der Edith Stein gewidmete Zyklus, misst neun Meter Länge. Das alles aber wirkt in der Durchführung eher skizzenhaft gegenüber dem sorgsam bis ins Detail durchkomponierten und ausgearbeiteten Zyklus "Die Nacht des Menschen."

"Hätte Rolf Koller in seinem reichen Malerleben nichts geschaffen als diese "Nacht des Menschen" - sein Name und sein Rang wären gesichert in der Geschichte der religiösen Kunst dieses Jahrhunderts". So schreibt es Günter Engels in Begleit-Buch: "Die Nacht des Menschen". "Wem dieses Urteil zu vollmundig klingt, der möge Gültigeres nennen. Freilich, dieses Exempel zeitgenössischer religiöser Malerei sind alles andere als fromme Devotionalienschau. Aber eben genau das ist es ja, was ihren Rang ausmacht," so Engels weiter.

Nach dem Verlust des Lehrstuhls, mietet sich der Professor im linksrheinischen Langel, im Kölner Norden, eine ehemalige Schmiede; nur in einem solchen großen Raum läßt sich die Riesenarbeit bewältigen. in dem Atelier malt er sich auf monumentalen Leinwänden seine Not aus der Seele, Tag für Tag, über Jahre hinweg. An die Tür pinnt er ein Papier, worauf bekenntnishaft von einem "Meer voll Tränen" die Rede ist, vom "Nachhall eines ungeheuren Schreis".

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Koller lehrte an de Kölner Werkkunstsschule u.a. auch Aktmalerei.
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Selbstportrait des Künstlers (Kohlezeichnung)

Das unglückselige Wort von der "Trauerarbeit" muss man nicht mögen; es konnte nur in Deutschland geprägt werden, wo noch die Trauer selbst mit dem Begriff "Arbeit" verknüpft ist. Sieht man jedoch von dem misslichen Wort ab, so hat Koller genau dies getan: dem Weltschmerz greifbare Gestalt gegeben.

Den gesichts- und namenlosen Ziffern im Protokoll der Vernichtung, hat Koller das Gesicht verliehen. Die Die Gewalttätigkeit der Realität hat ihn nicht mehr losgelassen. In diesen Blick in Abgründe, bringt er seine ganze Person ein.

Nur ein einziges mal wird der Bilder-Zyklus "Die Nacht des Menschen" in seiner kompletten Dimension aufgebaut. Die Scheunen-Galerie der Stadt Wesseling ist groß genug, um das Werk zu präsentieren. Der Kunstverein Wesseling stellt Kollers Zyklus ca. vier Wochen aus mit der Folge, dass eine rege kontroverse Diskussion unter den Besuchern der Ausstellung entsteht.

Diesem Beitrag ist ein Link zum Youtube "RheintalTV Kanal" angehängt. Dort ist die vollständige Dokumentation über den Aufbau des Werks, sowie Kommentare des Künstlers zu den jeweiligen Szenen zu sehen.

Rolf Maria Koller stirbt am 29. April 2015 in Köln

Vita - Rolf Maria Koller
  • geboren am 25. August 1932 in Köln
  • 1948 - 1953 Studienzeit
  • 1955 - 1960 Studienreisen, lebt als freier Maler in Köln
  • 1963 - 1973 Dozent an den Kölner Werkschulen
  • 1973 - 1993 Professor FH Köln, Fachbereich Kunst
  • Arbeitsgebiet: Bilder des Menschen
  • Hauptwerke: Zyklus Fenster St. Elisabeth, Köln Höhenberg
  • Die Sieben Werke der Barmherzigkeit
  • Zyklus: Edith Stein
  • Zyklus: Endstation Ubierring 40
  • Zyklus: Wir stehen alle unter einem Kreuz
  • Zyklus: Die Nacht des Menschen
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Koller mit seinem Modell Friedemann Holst-Solbach, dem Musiker, bei der Ausstellung in Köln Kalk 2005.
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Portraits gehören zu den großen Vorlieben des Künstlers.
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Das Ehepaar Koller bei der Ausstellung in Köln Kalk 2005.
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Koller mit einer ehemaligen Studentin.
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Der Bildband „Die Nacht des Menschen” zeigt den einzigartigen Bildzyklus.
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