Der Landkreis Bad Kreuznach arbeitet an einem Entwicklungskonzept. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei an der jungen Generation, die in der Region Wurzeln geschlagen und die Zukunft des Kreises mitgestalten soll. Um herauszufinden, wo nachgebessert werden muss, damit junge Leute nicht abwandern, hat Landrätin Bettina Dickes bereits einige Gespräche in verschiedenen Schulen des Landkreises geführt.
Vergangene Woche interviewte sie nun die A-und B-Junioren nach dem Training im Sportheim des FC Meisenheim zu diesem Thema. Auch Fußball-Jugendleiter Dieter Müller und Jugendspielleiter Gernot Köhler in der Spielgemeinschaft Meisenheim/Desloch/Lauschied sowie der Vorsitzende des FC Meisenheim Rolf Staab diskutierten dabeit mit.
"Was müssen wir tun, damit ihr hier bleibt? Was gefällt euch gut? Was empfindet ihr als Heimat? Wo liegen die Stärken und Schwächen der Region? Wo gibt es Probleme? Habt ihr Lösungsvorschläge?" Die Landrätin warf gleich mehrere Fragen in die Runde der Jungs, die es sich nach dem Training und Duschen auf der Couch und den Stühlen im Sportheim bequem gemacht hatten.
Manche Straßen sind in miserablem Zustand. Die Internetverbindung ist zu langsam, der Öffentliche Personenverkehr (ÖPNV) müsste verbessert und bezahlbar und die Bahnstrecke zwischen Lauterecken und Meisenheim wiederbelebt werden, damit man mit dem Zug ins Training fahren kann. Auch sollten mehr öffentliche Fußball- und Bolzplätze geöffnet werden. So lauteten die ersten Anmerkungen. Die lange Zufahrtsstrecke durch die Dörfer bis zum Autobahnanschluss wurde ebenfalls bemängelt. Die Querspange zwischen B420 und B41 könnte Abhilfe schaffen.
Dazu erklärte Bettina Dickes, das Internet werde mit dem Ausbau des Glasfasernetzes innerhalb der nächsten drei Jahre schneller. Auch der ÖPNV verbessere sich massiv ab dem 17. Oktober, wenn alle Orte des Kreises Bad Kreuznach im Zweistundenrhythmus angefahren werden. Nur bei der Verbindung zwischen B420 und B41 wollte und konnte sie den jungen Kickern nicht allzu viel Hoffnung machen. Sie prognostizierte: "Die Querspange wird in den nächsten 20 Jahren nicht kommen."
Den Wunsch nach mehr Freizeitmöglichkeiten kennt die Landrätin von ihren Gesprächen in den Schulen. Als Pluspunkte nannten die jungen Fußballer, die aus verschiedenen Dörfern auch aus den benachbarten Kreisen Kusel und Kaiserslautern sowie der Stadt Bad Kreuznach kommen: "Das Eis in Meisenhein schmeckt gut, und der Hasan ist auch super." Aber sie wünschen sich mehr Veranstaltungen wie Kerwen und Feste und mehr Gemeinschaft in den Dörfern. Während Einzelne meinten, sie würden auf jedem Fall hier wohnen bleiben, erklärte ein anderer. "Ich will in Bad Kreuznach wohnen. Dort ist mehr los als hier". Ein Jugendlicher aus Heinzenhausen, möchte sogar nach Amerika. Ein anderer wünscht sich mehr Fitnessstudios.
Leon Stibitz aus Wörsbach im Landkreis Kaiserslautern meldete sich besonders häufig zu Wort. Ihn stört beispielsweise, dass in vielen Dörfern die Ortskerne langsam verfallen, weil immer mehr Neubaugebiete erschlossen werden, und dass Neubauten mehr gefördert werden als Altbausanierung. Auch mangelnde Infrastruktur und fehlende Einkaufsmöglichkeiten in den Dörfern wurde kritisiert, ebenso die medizinische Versorgung auf dem Land und Kürzungen im Sanitäts- und Rettungsdienst. Im Notfall verstreiche wertvolle Zeit, bis ein Notarzt vor Ort sei. Der Numerus clausus sollte abgeschafft und mehr Studienplätze zugelassen werden, forderte Leon Stibitz.
Bettina Dickes stimmte zu, dass es zu wenige Hausärzte gibt und viel mehr Anreize geschaffen werden müssten, um die Region für Mediziner interessant zu gestalten. Sie stellte in diesem Zusammenhang auch kurz das Modellprojekt Telemedizin vor. Rolf Staab verwies auf ein Stipendium der Bittmann-Stiftung, die Medizinstudenten, die sich verpflichten, später in der Region Meisenheim/Lauterecken zu arbeiten, Studienbeihilfe gewährt.
Im Anschluss an die Diskussion mit den jungen Fussballern waren sich Dieter Müller, Rolf Staab, Gernot Köhler und Sandrine Mettner mit der Landrätin Bettina Dickes einig, dass das Coronavirus vieles kaputt gemacht habe und es nun gelte, Werteverluste auszugleichen und die Menschen wieder nach draußen und zu mehr Gemeinschaft zu bringen.
Bericht im Oeffentlichen Anzeiger am 10.10.2022 von Roswitha Kexel
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