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Albisheim (Pfrimm) (VG
Göllheim, Donnersbergkreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Albisheim bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis
um 1930 (selbständig bis 1854, danach in Verbindung mit der Israelitischen
Kultusgemeinde in Gauersheim). Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.
Erstmals wird 1699 Judt Süßkind erwähnt, der in Albisheim einen Kramladen
betrieb. 1722 werden gleichfalls Juden am Ort genannt. In der Folgezeit lassen sich
(bis 1790) drei jüdische Familien mit ihren Angehörigen nachweisen, die in den
Judenschutzakten der Herrschaft Kirchheimbolanden genannt sind. Zwischen 1722
und 1740 waren es die Familien des bereits genannten Judt Süßkind sowie des Judt Benedikt und des
Abraham Gümbel.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1801 20 jüdische Einwohner (3,1 % der Gesamteinwohnerschaft), 1808
21, 1825 38 (4,5 %), 1835 35, 1870 44, 1890 37.
1809/10 werden die
folgenden jüdischen Haushaltsvorsteher genannt: Elias Gümbel, Salomon Levy,
Benedict Löb und Aron Seligmann. Zu den einzelnen Familien siehe unten
(Links/Literatur) die Beiträge von Detlef
Uhrig.
An Einrichtungen bestanden eine Betstube (Synagoge, s.u.), eine
Religionsschule, möglicherweise ein rituelles Bad und seit 1866 ein eigener Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein jüdischer Lehrer
am Ort, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. 1824 wird als solcher
Abraham Levy aus Bibergau genannt. Die Gemeinde gehörte zum
Bezirksrabbinat Kaiserslautern.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Max Fröhlich (geb.
10.11.1888 in Gauersheim, gef. 5.7.1916). Außerdem sind gefallen: Heinrich Kehr
(geb. 12.9.1894 in Albisheim, vor 1914 in Wachenheim wohnhaft, gef. 28.10.1915),
Gefreiter Julius Reiß (geb. 5.4.1897 in Albisheim, vor 1914 in
Grünstadt
wohnhaft, gef. 6.3.1919) und Unteroffizier Fritz (Friedrich) Borg (geb. 7.2.1893
in Albisheim, vor 1914 in Bingen wohnhaft, gef. 12.11.1916).
Um 1925 gehörten noch 36
Einwohner der jüdischen Gemeinde an (3,3 % von insgesamt 1152 Einwohnern).
Damals bildeten den Gemeindevorstand die Herren
Adolf Rothschild, Leopold Strauß, Berthold Metzger, Simson Josef, David
Metzger. Als Kantor und Schächter war Adolf Rothschild tätig. Nach 1930
bildeten die Albisheimer Juden mit der Israelitischen Kultusgemeinde im
benachbarten Gauersheim eine gemeinsame Gemeinde.
1933 lebten noch acht jüdische Familien am Ort, die meist Geschäftsleute
waren, wie z.B. Adolf Rothschild, der einen Manufaktur- und Kolonialwarenladen
betrieb. Joseph Simson war Händler für Eisen- und Manufakturwaren und Leonhard
Metzger Pferdehändler und Metzger.
Von den in Albisheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Johanna Borg (1890),
Blanka David geb. Metzger (1884), Charlotte Feibelmann geb. Gümbel (1880), Antonia (Toni) Fröhlich geb. Elkan
(1902), Herbert Fröhlich (1896), Fanni Ilse Gümbel (1921), Mina Gümbel geb. Ullmann (1892),
Paula Gümbel (1887), Sigmund Gümbel (1891), David Metzger (1882), Johanna Metzger
(1888), Henriette Ney geb. Mandel (1865),
Susanne Stern geb. Gümbel (1857), Marta Strauß geb. Fröhlich (1893), Herta Wahl
geb. Gümbel (1902).
Auf Initiative des Geschichts- und Heimatvereins Albisheim/Pfrimm e.V. wurde am 8.
November 2015 eine Gedenktafel
(patinierte Bronzetafel an der Mauer am Eingang zum Gemeindepark) eingeweiht,
die an die Geschichte und das Schicksal der früheren jüdischen Einwohner des
Ortes erinnert (siehe Foto unten). Gleichzeitig wurde eine Broschüre "Verfolgt - vertrieben -
deportiert - ermordet - Juden in Albisheim" veröffentlicht (siehe unten
Literaturangabe).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Anzeigen jüdischer
Gewerbebetriebe
Anzeige des Manufakturwaren- und Möbelgeschäftes J. Borg
(1901)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Februar 1901:
"Lehrling,
mit guter Schulbildung und schöner Handschrift sucht per
Ostern
J. Borg, Manufakturwaren- und Möbelgeschäft,
Albisheim,
Rheinpfalz." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Die Gemeinde ist von einem schweren Unglück mit zwei
Todesfällen betroffen (1912)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. August
1912: "Albisheim (Pfalz). Unsere nur aus acht Familien
bestehende Gemeinde ist von einem schweren Unglück heimgesucht
worden. Bei der Rückfahrt von einem Trauerbesuch in dem zu unserer
Gemeinde gehörigen Gauersheim brach
das Vorderrad der überfüllten Chaise, sodass dieselbe umstürzte. Frau
Michael Mandel erlitt eine Gehirnerschütterung, der sie nach 2
Tagen erlag, Frau Jacob Fröhlich, Mutter von fünf noch unversorgten
Kindern, trug einen Armbruch davon, zu dem sich 'Starrkrampf' gesellte,
sodass auch sie verschied." |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Albisheim geboren sind |
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Kennkarte für Blanka
David geb. Metzger
(geb. 17. Juli 1884 in Albisheim, später wohnhaft
in Mainz; im März 1942 ab Mainz über Darmstadt
in das Ghetto Piaski deportiert und umgekommen) |
Kennkarte für David
Metzger
(geb. 27. August 1882 in Albisheim. später wohnhaft
in Mainz; im März 1942 ab Mainz über Darmstadt
in das Ghetto Piaski deportiert und umgekommen)) |
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Über das Schicksal der aus Albisheim
stammenden Susanna Stern geb. Gümbel (1857-1938)
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Susanna Stern geb. Gümbel
(geb. am 13.
April 1857 in Albisheim, erschossen am 10. November 1938 in
Eberstadt), war mit dem Viehhändler
Moses Stern (1854-1919) verheiratet. Nach der Progromnacht am Morgen des
10. November 1938, war der NS-Ortsgruppenleiter von Eberstadt, Adolf
Heinrich Frey (1912-1951), mit seinen Genossen ausgezogen, um die die
wenigen noch am Ort lebenden Juden (zwölf im Jahr 1933; die israelitische
Gemeinde war 1937 aufgelöst worden) zu schikanieren und im Spritzenhaus der
Feuerwehr einzusperren. Als Frey in das Haus von Susanna Stern eindrang,
weigerte sich die 81-jährige Witwe mitzukommen. Frey griff zu seiner Pistole
und gab gezielt drei tödliche Schüsse auf die alte Frau ab. Auf dem
Gendarmerieposten gab der Täter die Tat zu und wurde auf freiem Fuß
belassen. Die Staatsanwaltschaft Mosbach strengte ein Verfahren an, welches
das oberste Parteigericht der NSDAP an sich zog und im Dezember 1938
niederschlug. Im August 1946 wurden die Ermittlungen neu aufgenommen, doch
hatte sich Frey im Frühjahr 1945 aus Eberstadt abgesetzt und blieb
unauffindbar. Nach sechs Jahren auf der Flucht nahm er sich am 1. Juli 1951
das Leben.
Der älteste Sohn von Susanna Stern kam 1940 im KZ Buchenwald um: Josef
Stern (geb. am 27. Dezember 1888 in Eberstadt, umgekommen am 17. März
1940 in Buchenwald), wohnhaft in Eberstadt und Mannheim, vom 28. Juni 1938
bis 23. September 1938 im Konzentrationslager Dachau und vom 23. September
1938 bis 17. März 1940 im Konzentrationslager Buchenwald. |
Zur Geschichte des Betsaal/der Synagoge
Im 18. Jahrhundert war
bereits eine Betstube vorhanden. Nach einer Beschreibung von 1723
war sie in einem Haus eingerichtet, das drei Familien gehörte, die den Betraum
der Gemeinde zur Verfügung stellen. 1824 wird der Zustand der Synagoge in
Albisheim als schlecht bezeichnet, zudem befand sie "sich eine Stiege
hoch". Zum Gottesdienst kam auch eine der vier jüdischen Familien von
Ilbesheim, während die drei anderen Familien von dort die Synagogen in
Kirchheimbolanden und Gauersheim aufsuchten. Wahrscheinlich ist das 1843 in der Hauptstraße
No. 99 genannte "Wohnhaus mit Synagoge, Stall und Hofraum" noch
dasselbe Gebäude (heute Hauptstraße 39). 1852 wurde die Synagoge nachweislich noch benutzt. 1894
wurde das Synagogenanwesen an Bäcker Heinrich Hees verkauft und Anfang des 19.
Jahrhunderts von Bäcker Heinrich Funk übernommen.
Im Haus soll sich nach Erinnerungen am Ort auch eine Mikwe befunden haben, doch
sind heute keine Spuren mehr vorhanden (Auskunft von Eva Unger, Albisheim vom
7.1.2016).
Adresse/Standort der Synagoge: Hauptstraße
39 (nach alter Zählung ehemals Hauptstraße No. 99)
Fotos / Darstellungen
(Fotos von Dieter Runck, Albisheim)
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November 2018:
Veranstaltung zum 80. Jahrestag
der Pogromnacht 1938
Links: Plakat zur Einweihung für die Veranstaltung
/ Gedenkstunde. |
Artikel
in der "Rheinpfalz" (Kirchheimbolanden) vom 14. November 2018:
"Lesung gegen das Vergessen. Albisheim: Gedenkstunde für
Holocaust-Opfer - Schicksale jüdischer Frauen. Eine Gedenkstunde etwas
anderer Art fand am Samstagabend in der Peterskirche in Albisheim statt. In
form einer musikalisch begleiteten Lesung wurde der jdüischen Opfer des
Holocaust gedacht. Die Veranstaltung widmete sich insbesondere den
Schicksalen jüdischer Frauen - über deren leben im Holocaust allgemein sehr
wenig Dokumente existieren..."
Zum weiteren Lesen bitte Textabbildung anklicken; eingegangen wurde im
Vortrag vor allem auf das Schicksal von zwei aus Albisheim stammenden
Frauen: Susanna Stern geb. Gümbel (siehe oben) und Ria Gümbel (überlebte die
NS-Zeit). |
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November 2021:
Veranstaltung zur Erinnerung an den Novemberpogrom |
Artikel
von Uli Pohl in "Albisheim aktuell" Nr. 4/2021 im Dezember 2021 S. 5: "9.
November - Gedenken an der Gedenktafel..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken.
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Rüdiger Unger: Festschrift zur 1150-Jahr-Feier der
Gemeinde Albisheim. 1985. |
| Alfred Hans Kuby (Hrsg.): Pfälzisches Judentum
gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19. und 20.
Jahrhunderts. 1992. |
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 40. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 69 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Bernhard Kukatzki: Jüdische Kultuseinrichtungen in
der Verbandsgemeinde Göllheim. Synagogen, Friedhöfe und Ritualbäder in
Albisheim, Biedesheim, Bubenheim, Göllheim und Weitersweiler.
In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 8. Jahrgang
Ausgabe 1/1998 Heft Nr. 15. S. 31-37. Online
zugänglich (als pdf-Datei eingestellt). |
| Detlef Uhrig: Die jüdischen Familien Albisheims im
18. und 19. Jahrhundert. Geschichte und deren Genealogie. Beitrag im
Internet nicht mehr zugänglich.
nächste Links zu den Beiträgen von Detlef Uhrig sind als pdf-Dateien eingestellt
bzw. führen zum Internetarchiv der wayback machine: |
| ders.:
"Auslöschen
des jüdischen Lebens, Flucht, Deportation und Vernichtung"
(eingestellt als pdf-Datei, eingeschränkte Qualität) |
| ders.:
"The
Jewish Families Gumbel (Gümbel, Guembel) from Albisheim" (eingestellt
als pdf-Datei, eingeschränkte Qualität) |
| ders.:
Die
schriftlichen Viehhandels-Verträge. In der Nordpfalz, im Raum
Kirchheimbolanden 1770-1800 (eingestellt als pdf-Datei)
ders.:
Neue jüdische Gedenktafel in Albisheim |
| Broschüre: Verfolgt - vertrieben - deportiert -
ermordet - Juden in Albisheim. Erschien im November 2015. Hrsg. vom
Geschichts- und Heimatverein Albisheim/Pfrimm e.V.
Eingestellt als
pdf-Datei (in
reduzierter Qualität 9 MB, in
höherer Auflösung 17 MB). |
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