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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Eichtersheim (Gemeinde Angelbachtal,
Rhein-Neckar-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhundert als kurpfälzisches
Lehen den Herren von Venningen gehörenden Eichtersheim bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Erstmals werden 1710 mehrere Juden am
Ort genannt (u.a. Aron Bloch, Jakob Mayer). 1770 waren bereits mindestens 12
jüdische Familien am Ort; ihre Namen lauteten damals Michel, Lang, Maier,
Eichtersheimer, Seligmann, Wertheimer, Jöhlinger, Karlebach, Philipp,
Edesheimer, Marx und Metzger.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen
Einwohner wie folgt: 1814 23 jüdische Familien, 1825 129 jüdische Einwohner (15,8 % von insgesamt 814
Einwohnern), 1839 149, 1848 Höchstzahl von 160 Personen (16 % der
Einwohnerschaft), 1875 93 (11,2 % von
830), 1887 104, 1900 54 (7,4 % von 733), 1910 37 (4,7 % von 790). Die jüdischen Familien hatten
bereits im 19. Jahrhundert große Bedeutung für
das wirtschaftliche Leben des Dorfes (1864 gehörten jüdischen Familien eine
Bäckerei, zwei Metzgereien, eine Weinhandlung, eine Gaststätte, drei
Handlungen mit verschiedenen Waren). Die Zahl der jüdischen Einwohner ging vor
allem durch die Auswanderung nach Nordamerika zurück: von 1843 bis 1890 sind 55
jüdische Personen aus Eichtersheim ausgewandert.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine
Religionsschule (beziehungsweise von 1837 bis 1868 eine jüdische
Konfessionsschule / Volksschule; seit 1838 im Gebäude Hauptstraße 50; in diesem
Gebäude war nach Auflösung der Konfessionsschule 1876 die allgemeine
Ortsschule; heute Wohnhaus), ein rituelles Bad (seit 1838 im Untergeschoss des
Schulgebäudes) und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben in der Gemeinde war ein Lehrer angestellt,
der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Seit 1811 lässt sich ein
jüdischer Lehrer am Ort nachweisen. 1838 wird als Lehrer Samuel Bär
genannt; er hatte Frau und vier Kinder und klagte in diesem Jahr über
Bauschäden im neu erbauten Schulgebäude und die zu kleine Lehrerwohnung.
Seiner Frau missfiel, dass der Zugang zur Mikwe durch die Küche der Wohnung
führte. Von 1875 bis 1903 wirkte in Eichtersheim der bei den Berichten unten
mehrfach genannte Lehrer Abraham Rothschild. 1904 wurde die
Religionslehrerstelle gemeinsam für Eichtersheim und Michelfeld
ausgeschrieben (siehe unten). Das rituelle
Schlachthaus befand sich im Gebäude Hauptstraße 57; in ihm wurde wöchentlich
unter Aufsicht des Bruchsaler oder Heidelberger Rabbinates Groß- und Kleinvieh
geschlachtet. Seit 1827 gehörte die Gemeinde zum Rabbinatsbezirk Bruchsal.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Adolf Heppenheimer
(geb. 25.4.1878 in Eichtersheim, vor 1914 in Mannheim wohnhaft, gef.
3.8.1917).
Um 1924, als noch 21 jüdische Personen in Eichtersheim lebten (4,8 % von
insgesamt 746 Einwohnern), war Vorsteher der Gemeinde Max Wertheimer. Die damals
vier schulpflichtigen jüdischen Kinder der Gemeinde erhielten ihren
Religionsunterricht durch Lehrer Jakob Lewin aus Malsch.
1932 war Gemeindevorsteher weiterhin Max Wertheimer. Im Schuljahr 1931/32
gab es noch zwei schulpflichtige jüdische Kinder.
An
ehemaligen, teilweise bis nach 1933 bestehenden Handels- und Gewerbebetrieben
im Besitz jüdischer Familien sind bekannt: Metzgerei und Kälbergroßhandel
Leopold Metzger (Kirchgasse 1; die Kälber wurden in den Ortschaften bis
Bruchsal aufgekauft und wöchentlich den Schlachthöfen Heidelberg und Mannheim
zugeführt), Kurzwarenhandlung Robert Oberdörfer (Friedrich-Hecker-Straße 1,
abgebrochen), Fellgroßhandlung Moritz Sandler (Hauptstraße 55);
Kurzwarenhandlung Jakob Sternweiler (Hauptstraße 59, abgebrochen),
Textilwarengeschäft mit Kurzwaren Gustav Traub (Hauptstraße 38), Rechtsanwalt
Dr. Josef Wertheimer (Hauptstraße 52), Zigarrenfabrikant Max Wertheimer (Schlossstraße
8).
1933 lebten noch 18 jüdische Personen in Eichtersheim. Auf Grund der
Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien sind die meisten der jüdischen Einwohner in den folgenden Jahren
ausgewandert. Zwischen 1936 und 1938 mussten alle jüdischen Gewerbebetriebe
schließen beziehungsweise wurden von nichtjüdischen Personen übernommen. Ende
Oktober 1938 wurde die Familie Jonas Kort nach Polen abgeschoben. Nach 1940
wohnte in Eichtersheim nur noch der mit einer nichtjüdischen Frau verheiratete
Rechtskonsulent Dr. Josef Wertheimer, der 1942 starb.
Von den in Eichtersheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Karoline Kleiner
geb. Sandler (1896), Jonas Kort (1884), Richard Kort (1921), Robert Oberndörfer
(1871), Berta Schwarz geb. Heppenheimer (1873), Jakob Sternweiler (1874), Ernst
Traub (1892), Leopold Traub (1879), Selma Traub (1885), Thekla Ullmann geb.
Wertheimer (1866), Max Wertheimer (1862).
Nach 1945 kehrte Manfred Kort mit seiner Mutter und einer Schwester nach
Eichtersheim zurück. Alle drei hatten schlimmste Zeiten in Lagern hinter sich.
Die Mutter starb 1949 in Heidelberg, die Kinder wanderten in die USA aus.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Lehrers und Vorsängers
(1837)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1837 S. 804 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Erledigte
Stelle. Die mit dem Vorsängerdienst vereinigte Lehrstelle an der
neuerrichteten öffentlichen israelitischen Schule in Eichtersheim,
mit einem Gehalte von 140 fl., nebst freier Wohnung und einem
Aversalbetrage von 22 fl. für Schulgeld, ist zu besetzen.
Die Kompetenten um diese Stelle haben sich nach Maßgabe der Verordnung
vom 7. Juli vorigen Jahres durch ihre Bezirksschulvisitaturen bei der
Großherzoglichen evangelische Bezirksschulvisitatur Sinsheim zu
Hoffenheim innerhalb 4 Wochen zu melden.
Karlsruhe, den 2. August 1837.
Großherzoglich badischer Oberrat der Israeliten". |
Ausschreibung der Stelle des Lehrers, Vorbeters und Schochet (1904)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. März 1904: "Die
mit dem Vorbeter- und Schächterdienst verbundene Religionslehrerstelle
für die zusammenhängenden Gemeinden Eichtersheim (Dienstsitz) und Michelfeld
ist baldigst durch einen seminaristisch gebildeten Lehrer zu besetzen.
Gehalt 1.000 Mark, freie Wohnung und etwa 300-400 Mark Nebengefällen.
Bewerbungen an die
Bezirkssynagoge Bruchsal:
Rabbiner Dr. Doctor." |
Auszeichnung von Religionslehrer Abraham Rothschild
nach 50-jähriger Dienstzeit (1902)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 30. Dezember 1902: "Eichtersheim, Bezirks-Rabbinat
Bruchsal, im Dezember (1902). Mit einer seltenen Feier wurde am zweiten
Chanukka-Abend die hiesige Gemeinde überrascht und zwar galt diese Feier
dem verehrten Herrn Religionslehrer Abraham Rothschild dahier. Es
wurde demselben eine Ehre zu Teil, wie selten eine solche einem Lehrer,
der trotz hohem Alter bei solcher Geistesfrische und körperlicher
Rüstigkeit, vergönnt ist. In verdienter Anerkennung seiner 50-jährigen,
pflichterfüllten, ununterbrochenen Dienstzeit im badischen Lande, hat
Seine Königliche Hoheit, Großherzog Friedrich von Baden, gnädigst
geruht, dem verehrten Herrn Abraham Rotschild die goldene
Verdienstmedaille zu verleihen und wurde dieselbe durch Seine Ehrwürden, Herr
Bezirksrabbiner Dr. Doctor - Bruchsal, Herrn Abraham Rothschild unter
großer Teilnahme sowohl Ortsangehöriger, als auch Auswärtiger an
heiliger Stätte mit entbotenen Großherzoglichen Glückwünschen
feierlichst überreicht. Eine daran geknüpfte ergreifende Rede des Herrn
Rabbiner verlieh der ganzen Feier ein erhöhtes Interesse. Mit innigen
Dankesworten des sichtlich tief erregten Jubilars und des sich daran
anschließenden Abendgebetes nach vorausgegangenem Anzünden der
Chanukkakerzen endete diese erhebende Feier. Möge es dem Jubilar noch
lange vergönnt sein, in voller Geistes- und Körperfrische zum Heile und
Segen des Judentums zu wirken. Da walte Gott!" |
Lehrer Abraham Rothschild wird in den Ruhestand verabschiedet
(1903; Lehrer in Eichtersheim seit 1875)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Januar 1904: "Eichtersheim
(Baden), Ende Dezember (1903). (hebräisch und deutsch:) 'Denn mit
meiner ganzen Kraft habe ich gedient' (1. Mose 31.6). Dieses
Zeugnis, das Jakob unser Vater beim Verlassen seines Wirkungskreises im
vollen Bewusstsein seiner langjährigen, aufopfernden Tätigkeit im
Dienste Labans sich ausstellte, können auch wir mit freudigem Herzen
unserem verehrtesten, vom Großherzoglichen Oberrate in Ruhestand
versetzten Herrn Lehrer Rothschild ausstellen, als er einige Tage nach Schabbat
Paraschat Wajeze (das war Schabbat mit der Toralesung Wajeze = 2. Mose
28,10 - 32,3, das war der 28. November 1903) den Wirkungskreis unserer
Gemeinde verließ. Ja, mit seiner ganzen Kraft, das wiederholen wir an
dieser Stelle, hat der Scheidende auch uns gedient. Mit süßem
Bewusststein kann Herr Lehrer Rothschild auf eine 28jährige,
ununterbrochene, segensreiche Tätigkeit in unserer Gemeinde, zu unserer
vollsten Zufriedenheit, zurückblicken. Erwähnt sei nebenbei, dass Herr
Lehrer Rothschild vergangenes Jahr im siebzigsten Lebensjahre, bei voller
körperlicher und geistiger Frische sein 50jähriges Dienstjubiläum
feierte, bei welcher Gelegenheit er auch mit der goldenen
Verdienstmedaille seitens Seiner Königlichen Hoheit des Großherzog von
Baden gnädigst und huldvollst dekoriert wurde. Wahrlich, in treuem
Pflichteifer, mit unermüdlichem Fleiße, der Verantwortlichkeit seines
heiligen, hohen Berufes sich voll und ganz bewusst, stellte derselbe in
selbstlosester Weise, in edelster Absicht und großem Geschicke seine
ganze Kraft sowohl als Seelsorger, wie als Lehrer in den Dienst der
Gemeinde, der Schule und des Gesamtjudentums. Dafür sei dem schon fern
von uns Weilenden an dieser Stelle nochmals unser tiefster Dank gezollt.
Welcher Beliebtheit und hohen Achtung sich derselbe in Folge seines
einnehmenden Charakters auch bei der christlichen Gemeinde zu erfreuen
hatte, das bewies eine Abschiedsfeier, die ein aus verschiedenen
Bekenntniskreisen bestehender, geselliger Verein, dem Herr Lehrer
Rothschild als langjähriges Mitglied angehörte, zur Ehre des Scheidenden
gab. Mit stolzer Genugtuung und erhebendem Gefühl konnten wir zu unserem
Vergnügen bei dieser Gelegenheit wahrnehmen, welche Ehrung man dem
Gefeierten, und noch in einer |
Zeit,
wo man uns Juden so gerne verkennt, zuteil werden ließ. Eine
ausführliche Schilderung dieser Feier würde zu weit führen. Wahrlich,
das beste Denkmal, das man sich setzen kann, hat sich Herr Lehrer
Rothschild bei unserer Gemeinde, seinen dankbaren Schülern und Freunden
gesetzt, ein Denkmal gesegneten und ehrenden Andenkens. Als leuchtendes
Vorbild und nachahmenswertes Beispiel kann derselbe allen Kollegen
vorangestellt werden; von ihm können jüngere Kollegen Mut und Ausdauer
schöpfen zum rüstigen Weiterkampfe für ihren dornenvollen, aber edlen
und heiligen Beruf. Mit wehmütigem Herzen sahen wir unseren verehrtesten
Herrn Rothschild, unseren Lehrer, Führer und Berater von uns scheiden,
und mit aufrichtigem Herzen wünschen wir demselben in einem langen,
glücklichen Lebensabend auf seinen wohlverdienten Lorbeeren im Kreise
seiner Lieben zu Straßburg ausruhen zu können und sich der herrlichen
Ernte seiner geistig ausgestreuten Saat noch lange zu erfreuen. Gott gebe
es. (hebräisch und deutsch:) 'Heil Dir, so Du Deiner Hände Arbeit
genießest, Heil Dir: Dir geht es gut.' (Psalm 128,2)" |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Suche nach Kriegsdienstpflichtigen aus den Jahrgängen
1837 bis 1839 (1841)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1841 S. 259 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Wiesloch [Konskriptionspflichtige]. Bei der kürzlich dahier
stattgehabten Ausgebung der Kriegsdienstpflichtigen der zur
außerordentlichen Konskription gehörigen 3 Altersklassen 1837, 1838 und
1839 sind nachstehende nicht erschienen und als von Hause abwesend
angemeldet worden. ...
Altersklasse 1838: Isaak Herz Kaufmann von
Eichtersheim.
Altersklasse 1839: Ascher Bloch von Eichtersheim....
Dieselben werden daher aufgefordert, innerhalb 6 Wochen von heute an
gerechnet, sich dahier zu stellen, und ihrer Konskriptionspflichtigkeit
Genüge zu leisten, widrigenfalls sie als Refraktär behandelt und nach
dem Gesetze vom 3. Oktober ... bestraft werden....
Großherzogliches Bezirksamt." |
Moses Hirsch meldet sich nicht nach der Einberufung zum
Militärdienst (1847)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 24. März 1847 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Wiesloch. [Erkenntnis] Moses Hirsch, Kaufmann, von
Eichtersheim, welcher sich der öffentlichen Aufforderung vom 25.
November vorigen Jahres, Nr. 29,088, ungeachtet bis jetzt nicht gestellt
hat, wird anmit des Verbrechens der Refraction für schuldig erklärt, und
deswegen nebst dem Verluste des Ortsbürgerrechts und unter Vorbehalt
persönlicher Bestrafung im Betretungsfalle in eine Geldstrafe von 800 fl.
verfällt, welche, wenn er zu Vermögen kommen sollte, nach den
gesetzlichen Bestimmungen zu erheben ist. V.R.W.
Wiesloch, den 30. Januar 1847, Großherzogliches Bezirksamt." |
Der Schulkandidat Emanuel Wertheimer von Eichertsheim ist
von dem Schulfache entlassen worden (1849)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 19. Dezember 1849 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Dienst-Nachrichten. Der israelitische Schulkandidat Emanuel
Wertheimer von Eichtersheim ist von dem Schulfache entlassen
worden." |
Zum Tod von Rosa Wertheimer geb. Seligmann
(1920)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. März 1920: "Wiesloch,
7. März (1920). Am vergangenen Sonntag, 29. Februar, durcheilte das Dorf
Eichtersheim bei Sinsheim die schrecklich traurige Nachricht, dass die
Frau des Herrn Zigarrenfabrikanten und Vorstehers der Israelitischen
Gemeinde, Max Wertheimer, Rosa geb. Seligmann, nach nur zweitägigem
Krankheitslager an der Grippe im Alter von 52 Jahren verschieden ist. Die
Verstorbene hinterlässt ihren treuen, braven Gatten mit fünf Kindern,
wovon die älteste Tochter erst vor einigen Monaten in den Bund der Ehe
mit dem Sohne des Herrn Rabbiners Dr. Tawroki aus Kreuznach
einging. Es war ihr, der biederen, religiösen und guten Frau nicht
vergönnt, lange in dem vor kurzer Zeit erworbenen neuen Hause ihrer
lieben Kinder als treu besorgte Mutter zu walten. In welcher hohen Achtung
und Verehrung die Entschlafene bei allen Schichten der Bevölkerung von
Nah und Fern, ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses stand, zeigte die
überaus große Teilnahme bei der Beerdigung, welche am Dienstag, 2. März
stattfand. Auf dem Friedhof schilderte der zur Beerdigung berufene Herr
Rabbiner Dr. Unna aus Mannheim in beredten Worten den Lebensgang der
Dahingeschiedenen, worauf der Schwiegervater, Herr Dr. Tawroki, in
herrlichen Zügen die guten Eigenschaften der Verstorbenen als Gattin und
Mutter an den Tag legte. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Weitere Dokumente
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries)
Umschlag
eines Briefes
an Lehmann Kauffmann
in Eichtersheim (1867) |
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Der Brief an
Lehmann Kauffmann aus Eichtersheim wurde am 28. März 1867 aus Eppingen
verschickt. Nach der im Internet zugänglichen Genealogie der Familie
Calzaretta usw. (Link
zur Seite) ist Lehmann Kaufmann 1822 in Eichtersheim geboren. Er war
seit 1850 verheiratet mit Barbara (Babette) Lichtenberger; die beiden
hatten acht Kinder. Lehmann Kaufmann starb 1893 in
Mannheim. |
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge
Zunächst (2. Hälfte des 18.
Jahrhunderts) war sehr wahrscheinlich ein Betsaal
vorhanden, den sich die um 1770 12 jüdischen Familien eingerichtet haben.
Eine Synagoge wurde nach den Angaben des
Feuerversicherungsbuches 1808 hinter dem 1779 erbauten und bis heute
erhaltenen Gebäude Hauptstraße 37 erstellt. Vermutlich erwies sich diese
Synagoge für die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stark wachsende
Gemeinde nach wenigen Jahrzehnten als zu klein. Auf einer Gemeindeversammlung
beschloss die jüdische Gemeinde am 16. April 1830 den Neubau der
Synagoge. Der damalige Vorstand der Gemeinde Samuel Kauffmann bat über das
Bezirksamt Wiesloch die Behörden um die Erlaubnis zum Bau. Die Genehmigung kam
am 25. Juni 1830 vom Direktorium des Neckarkreises Mannheim. Die auszuführenden
Arbeiten wurden am 28. Juli 1830 auf dem Rathaus von Eichtersheim versteigert.
So ist ein Neubau oder eine Vergrößerung der bisherigen Synagoge vermutlich
noch 1830 durchgeführt und diese im selben Jahr oder im folgenden Jahr 1831 neu
eingeweiht worden. Zur Bauausführung liegen jedoch keine weiteren Quellen, auch
keine Eintragung im Feuerversicherungsbuch vor.
An weiteren Quellen zur
Synagogengeschichte ist noch eine Synagogenordnung von 1848 erhalten.
Vor den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 wurde
das Synagogengebäude an Privatleute verkauft und blieb dadurch unzerstört.
Nach 1945 wurde es als Lagerraum und Schreinerwerkstatt genutzt. In den
vergangenen Jahren ist das weiterhin in Privatbesitz befindliche Gebäude nach
altem Vorbild restauriert worden (Hauptstraße 37/39). Es wird teilweise als
Wohnraum, teilweise als Lagerraum verwendet.
Fotos
Historisches Foto / Plan
Historische Fotos sind nicht bekannt, eventuelle
Hinweise bitte an
den Webmaster, E-Mail-Adresse siehe Eingangsseite |
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Plan des Grundstückes um die
ehemalige Synagoge aus dem 19. Jahrhundert (Lagerbuch-Nr. 163).
Südlich
der Hauptstraße (oberer Bildrand) befindet sich das Gebäude Hauptstraße
37; beim unteren, durch
einen Strich markierten Gebäudeteil handelt es
sich um die ehemalige Synagoge. |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Foto um 1965:
(Quelle: Hundsnurscher/Taddey
s. Lit. Abb. 45) |
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Die ehemalige Synagoge in Eichtersheim |
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Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
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In schlechtem Zustand befand sich die
ehemalige Synagoge um 1985 |
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Fotos 2003/04:
(Fotos: Hahn; Aufnahmedatum
14.10.2003*
und 7.7.2004) |
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Nach der
Renovierung präsentiert sich die
ehemalige Synagoge in sehr gutem
Zustand.
Eine Hinweistafel ist angebracht. |
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Im Bereich der Hinweistafel
befand sich der Toraschrein |
Hinweistafel |
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Andernorts
entdeckt
(erhalten von Herbert Giess
im August 2011) |
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Grabstein
für Bernhard Baer (geb. 11.4.1836 in Eichtersheim, gest.
24.9.1886)
in der jüdischen Sektion des "Calvary Cemetery" inmitten
von
Fort Smith, Arkansas, USA. Baer hatte sich seit Juni 1867 in Fort Smith
niedergelassen. Er wurde erster Präsident der National Bank of
Western Arkansas
(seit 1887 First National Bank). Weitere Informationen auf einer
Seite in
der Website der Fort Smith Historical Society. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 74. |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 237-238. |
| Gustav Schleckmann: Die jüdische Gemeinde Eichtersheim, in:
Ortsgeschichte Eichtersheim. 1986. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
| Leonhard Dörfer: Jüdisches Leben in Eichtersheim.
In: Jüdisches Leben Kraichgau e.V. Mitgliederzeitung. Ausgabe 2 - 2010. S.
2-3.
Die Ausgabe der Mitgliederzeitung ist online zugänglich: www.juedisches-leben-kraichgau.de/downloads/Vereinszeitung/files/JLK_Zeitung2_10.pdf
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Eichtersheim Baden. A
Jewish community with a synagogue and a cemetery was present in the 18th century
and numbered 149 in 1842 (about 15 % of the total), subsequently declining
sharply to 18 in 1933. All Jewish businesses were liquidated in 1936-38 under
Nazi pressure. By 1939, ten Jews had emigrated and three had left for other
German cities. The rest were deported.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|