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Flörsheim am Main (Main-Taunus-Kreis)
Jüdischer Friedhof
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in
Flörsheim am Main (interner
Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
Ein erster jüdischer
Friedhof in Flörsheim wird bereits 1447/49 genannt. Seine genaue Lage ist
nicht bekannt (vermutlich im Bereich des im 17. Jahrhundert angelegten
Friedhofes). Später (erste Hälfte 17. Jahrhundert) wurden die in Flörsheimer
verstorbenen Juden in Mainz
beigesetzt. 1666 konnte ein neuer jüdischer Friedhof in Flörsheim
angelegt werden, wobei es sich um denselben Friedhof handelt, der bis zur
Gegenwart erhalten ist. Eine Gedenkinschrift im Memorbuch der Gemeinde
hielt zur Friedhofsanlegung fest: "Man soll gedenken zur Ewigkeit seiner
Seele dem Herrn aus Dresden, Rabbi oder Meister Abraham, der Sohn von Abraham
Lazarus Löwi in Flörsheim am Main, dass er sich ein starke Mühe und Arbeit
geben von wegen Gerechtigkeit den Gemeindejudenbegräbnis zu kaufen und gleich
bar bezahlt. Flörsheim im Monat Tebet 471 nach der kleinen Zählung, nach dem
Christjahr 1670, Monat Februar."
Die Friedhofsfläche umfasst insgesamt nach den im Laufe der Zeit
vorgenommenen Erweiterungen 36,06 ar. Auf dem Flörsheimer Friedhof wurden zunächst
auch die Hochheimer
Juden (sowie diejenigen aus Eddersheim und Weilbach) beigesetzt, bis diese 1909
einen eigenen Friedhof anlegten.
1946
wurde der in der NS-Zeit fast vollständig abgeräumte Friedhof mit den wenigen
noch erhaltenen Grabsteinen wieder hergerichtet (Gedenktafel von 1947 mit der
Inschrift: "Hier ruhen die Angehörigen der jüdischen
Religionsgemeinschaft von Flörsheim, Hochheim, Eddersheim und Weilbach. Ihre
letzten Frauen, Männer und Kinder wurden unter der Herrschaft der Gewalt um
ihres Glaubens und ihrer Rasse willen geächtet, verfolgt, beraubt und
vertrieben, ihr Gotteshaus zerstört und dieser 600jährige Gottesacker geschändet.
Die Gemeinde Flörsheim hat im Jahre 1946 ihn wieder hergerichtet; den Toten,
die fern der Heimat starben, zur Ehre und zum Andenken, den Lebenden zur
Mahnung, den Vertriebenen zum Trost und Allen zum Frieden! Die Gemeinde Flörsheim
am Main.").
Vgl. zu den Fotos der Gedenktafel unten.
Der Friedhof wurde 1989 und 1992 erneut geschändet.
Lage des Friedhofes:
Der jüdische Friedhof liegt unweit der Gemarkungsgrenze
zu Hochheim 200 m westlich der "Obermühle" am Wickerbach.
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 10.8.2008)
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Blick auf den Friedhof |
Das Eingangstor |
Die Hinweistafeln |
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Blick vom Eingangstor |
Ansichten
des in der NS-Zeit fast vollständig abgeräumten (und zum Getreideanbau
umgepflügten)
Friedhofes von der dem
Eingang gegenüberliegenden Seite mit Blick auf das hergerichtete
Feld mit
erhaltenen Grabsteinen |
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Gedenkstätte mit
erhaltenen alten Grabsteinen und Grabsteinfragmenten sowie der Gedenktafel
von 1947 (siehe Text oben). Die hebräischen
Zeilen: oben aus Psalm
118,15-16 (mit einem Schreibfehler): "Die Rechte des Ewigen
schafft Macht"; unten aus Sacharja 4,6: "Nicht durch
Macht
und nicht durch Stärke, sondern durch meinen Geist, (spricht
der Ewige der Heerscharen)." |
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Fragmente alter
Grabsteine, die in das Denkmal integriert wurden |
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Blick über die Fläche mit
den
erhaltenen Grabsteinen
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Grab- und Denkmal für
Angehörige
der Familie Altmayer
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Grabstein links für Josef
Hahn (1867-1930),
rechts für Josef Birnzweig (1862- und
Rosalie Birnzweig
geb. Fuld (1858-1934) |
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Grabstein links für Betty May
geb. Marx
(1826-1915), rechts für Lina Kahn geb.
Zacharias (1850-1915) |
Grabstein links für Karl
Stein (1871-1937)
und Selma Stein geb. August (1876-1938),
rechts für
Simon Kahn (1847-1926) |
Grabstein für Johanna
Birnzweig
geb. Adler
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Gedenkstein für
Angehörige der Familie Schohl: "Zum Andenken an Johanna Schohl
1861-1942,
umgekommen in Theresienstadt und ihren Sohn Dr. Max Schohl
1884-1943, umgekommen in
Auschwitz. Ferner ruhen hier Liesel Schopf
1897-1975 und ihre Tochter Hela 1920-2000". |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Ende Januar 2010:
Gedenkstunde auf dem jüdischen Friedhof zum
Holocaust-Gedenktag |
Artikel in der "Main-Spitze" /
Rhein-Main-Presse vom 28. Januar 2010 (Artikel):
"Erinnern an das Grauen
FLÖRSHEIM. HOLOCAUST Gedenkstunde auf jüdischem Friedhof.
(elf). Bei eisigen Temperaturen hielt die Lautsprecheranlage nicht lange durch, als gestern zum internationalen Holocaust-Gedenktag am 65. Jahrestag der Befreiung der Menschen aus dem Konzentrationslager Auschwitz öffentliches Gedenken auch auf dem jüdischen Friedhof auf dem Falkenberg stattfand. Um an das Grauen in den Konzentrationslagern und die dort herrschenden unmenschlichen Bedingungen zu erinnern, forderte Bürgermeister Michael Antenbrink symbolisch die rund 40 Anwesenden auf, bei fast minus zehn Grad Mäntel, Schals, Schuhe auszuziehen. "Diese menschliche Kälte darf es nie wieder geben", forderte er und sah es als "unsere Verantwortung", hierfür Zeichen zu setzen.
Antenbrink entschuldigte den erkrankten Stadtverordnetenvorsteher, Wolfgang Odermatt. Und er bat um Verständnis wegen des für Berufstätige ungünstigen Termines, der andernfalls nur bei Dunkelheit hätte stattfinden können. Mit den Worten "Wir wollen diese Gedenkstätte bewahren, koste es, was es wolle", überließ er es Heimatforscher Werner Schiele, über die Geschichte des jüdischen Friedhofes in Flörsheim zu berichten. Erstmals war im Gerichtsbuch von 1447 bis 1613 ein jüdischer Friedhof erwähnt worden. Der Friedhof an heutiger Stelle entstand 1666 nach Ausbruch der Pest, als das Mainzer Domkapitel dem Erwerb des Geländes "auf ewige Zeiten" zustimmte und damit jüdische Tradition respektierte. Nach jüdischem Recht erwirbt der Tote mit der Beerdigung seinen Platz als ewige Grabstätte. Umbettung oder Neubelegung des Grabes verbieten sich aus Gründen der Ehrfurcht vor dem Toten und seiner Würde, erklärte Schiele die jüdisch-rabbinische Lehre.
Zunächst war der Friedhof mit 125 Quadratmetern klein, erst im 18. und 19. Jahrhundert wurde er auf die 3 606 Quadratmeter vergrößert. Als Baujahr der Umfassungsmauer nannte der Referent 1869. Als letzte wurde Friederike Altmaier, im Alter von 88 Jahren verstorben, 1940 auf dem bereits zerstörten Friedhof begraben. Die systematische Vernichtung jüdischer Existenzen durch die Nationalsozialisten machte auch vor den Friedhöfen nicht halt.
Einen Teil des Geländes hatte ein Gärtner erworben, der die Grabsteine aufschichtete und Getreide anbaute. Mit an die Oberfläche gepflügten Schädeln spielten Kinder. Weil der Käufer einen Eintrag ins Grundbuch versäumte, konnte der Friedhof 1947 erneut geweiht werden. Zuvor waren Umfassung und Torpfeiler aufgemauert worden.
Das griechische Wort Holocaust bedeutet "Völlig Verbranntes", "Brandopfer". Im Hebräischen spricht man von Schoah ("große Katastrophe"), wenn man den Völkermord der Nazis an rund sechs Millionen Juden, Roma, Sinti bezeichnet." |
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Artikel von Claudia Horkheimer in der
"Frankfurter Rundschau" vom 28. Januar 2010 (Artikel):
"Flörsheim. 'Entjudung' auf dem Friedhof
Die eisige Kälte geht einem trotz dicker Winterkleidung an diesem 27. Januar durch Mark und Bein. Eine Gruppe Menschen steht knöcheltief im Schnee und blickt nachdenklich auf die Überreste des einstmals weit ausgedehnten jüdischen Gräberfeldes am Wickerbach. Seit dem Pestausbruch 1666 begruben dort Juden ihre Toten. Heute ist die 3600 Quadratmeter große Gedenkstätte bis auf neun Grabsteine leer. Sie wurden von den Hinterbliebenen der Holocaustopfer wieder aufgestellt.
"Doch auch, wenn man jetzt seinen Mantel, seine Handschuhe und auch seine Schuhe ausziehen würde, könnte man nur die Spitze des Eisberges dieser menschlichen Kälte nachempfinden, die die Juden in Flörsheim erfahren mussten." Mit diesen Worten hat Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) gestern auf dem jüdischen Friedhof dem 65. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gedacht.
Ab 1945 war Flörsheim "judenfrei", bis dahin hatten 52 Juden in der Gemeinde gelebt. Die angeordnete "Entjudung des Grundbesitzes" machte auch vor den Friedhöfen nicht halt, wie Heimatforscher Werner Schiele darlegte. Den Friedhof, der weit außerhalb des Ortes liegt, nahe dem Galgenberg und der Gemarkungsgrenze zu Hochheim, hatten Flörsheimer Bürger bereits Monate vor der Reichspogromnacht 1938 zerstört. Sie zerschlugen die Grabsteine und verwüsteten die Anlage samt Außenmauer.
"Die Zerstörung eines Friedhofes ist gleichzeitig auch der Versuch einer zweiten Vernichtung", sagte Schiele. Umso erschreckender sei dies, da im jüdischen Glauben die Grabesruhe der Toten auf alle Ewigkeit nicht gestört werden dürfe, außer der Tote wird nach Israel umgebettet.
Schändungen hören nicht auf. Schockierend auch, dass im November 1989, wenige Wochen nach der Gedenkfeier zum 100. Geburtstag des in Flörsheim geborenen jüdischen Politikers Jakob Altmaier, unbekannte Täter erstmals nach Ende der NS-Herrschaft den Friedhof schändeten. Sie beschmierten die Mauern mit Nazi-Parolen und die Grabsteine mit gelber Farbe. Danach dauerte es drei Jahre bis zum nächsten Übergriff: Unbekannte rissen Grabmale aus den Verankerungen und schleppten sie fort." |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Arnsberg I,181-185.
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