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Geisig mit
Gemmerich (Rhein-Lahn-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Geisig bestand eine jüdische Gemeinde von etwa 1890
bis 1939. Die jüdische Geschichte am Ort geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück: 1780 werden erstmals zwei "Schutzjuden" (vermutlich
mit Familien) am Ort genannt. 1812 werden auch zwei jüdische Familien in
Gemmerich erwähnt. Die in Geisig lebenden Juden gehörten zur jüdischen
Gemeinde in Miehlen; nach 1842 waren sie
zeitweise der Kultusgemeinde Singhofen, zeitweise der Gemeinde in Miehlen
zugeteilt. In den 1860er-Jahren bestimmte Rabbiner Dr. Hochstädter (Bad
Ems),
dass die Familien der Gemeinde in Miehlen,
aber dem Schulverband Singhofen angehörten.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: In Geisig 1843 19 jüdische Einwohner (5,8 % von insgesamt
330 Einwohnern), 1867 5 jüdische Familien, 1871 24 (7,5 % von 318), 1885 22
(6,7 % von 330), 1895 22 (6,8 % von 326), 1905 18 (6,8 % von 285). In Gemmerich
lebten 1843 18, 1905 13 jüdische Personen.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde einen Betsaal, seit 1895
eine Synagoge (s.u.). Von weiteren Einrichtungen ist nichts bekannt. Der
Unterricht der jüdischen Kinder wurde durch den jüdischen Lehrer aus
Singhofen erteilt. Einen eigenen Lehrer (Vorbeter,
Schochet) konnten sich die wenigen jüdischen Familien in Geisig und Gemmerich
nicht leisten. Die Vorbeterdienste wurden ehrenamtlich durch Gemeindeglieder
versehen. Die jüdische Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Bad
Ems. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Dachsenhausen
beigesetzt (zumindest seit der Anlage dieses Friedhofes um 1915).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der Gemeinde Alfred Löwenberg (Geisig;
geb. 20.5.1889 in Geisig, gef. 28.7.1918) und Hermann Heilbronn (Gemmerich; geb.
20.2.1872 in Gemmerich, gef. 21.2.1918).
1924, als zur jüdischen Gemeinde Geisig 22 Personen in Geisig (7,0 % von
298 Einwohnern) und 15 in Gemmerich gehörten, waren die Vorsteher der
Gemeinde Louis Heilbronn, R. Löwenberg und Abraham Löwenthal. 1924 waren auch
die in Niederbachheim lebenden elf
jüdischen Personen der Gemeinde Geisig zugeteilt. 1932 wird
als Gemeindevorsteher nur Louis Heilbronn genannt. Damals lebten 18
Gemeindeglieder in Geisig, 12 in Gemmerich.
Nach 1933 sind bis
1939 alle jüdischen Gemeindeglieder (insgesamt gehörten noch sechs bis acht Familien
zur Gemeinde) auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen (Frankfurt und Bad Nauheim) beziehungsweise ausgewandert
(eine Abmeldung vom Januar 1939 lautet nach London). Beim Novemberpogrom 1938
kam - nach der örtlichen Schulchronik - ein Trupp auswärtiger SS-Leute
nach Geisig, zündete die Synagoge an und plünderte die jüdischen Häuser im
Dorf.
Von den in Geisig geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hedwig Grünebaum geb. Löwenberg (1892),
Emil Heilbronn (1874), Kathinka Heilbronn geb. Simon (1883), Lina Heilbronn geb.
Heilbronn (1871), Louis Heilbronn (1869), Rosa Heilbronn geb. Frank (1873),
Bella Löwenberg (1894), Cäcilie
Löwenberg geb. Levita (1885), Edith B. Löwenberg (1924), Erich Löwenberg (1914),
Karl Löwenberg (1880), Karoline Löwenberg (1883), Max Löwenberg (1920), Abraham Löwenthal
(1895), Paula Löwenthal (1894), Emma Rosenthal geb. Heilbronn (1884), Elsbeth
Tobias (1933), Helga Tobias (1938), Johanna Tobias geb. Heilbronn (1905).
Von den in Gemmerich geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Emmy Grüneberg geb. Jonas
(1915), Martha Grüneberg geb. Jonas (1913), Gaston Heilbronn (1865), Jettchen Heilbronn geb. Sonnenberg (), Max Heilbronn
(1903), Siegmund
Heilbronn (1873), Adolf Jonas (1885), Frieda Jonas (1882), Klara Jonas geb.
Adler (1878), Gustav Joseph (1866), Martha Moses geb. Heilbronn (1905), Clara
Steinmüller geb. Sender (1869).
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte zur Geschichte der jüdischen
Gemeinde wurden in jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts noch
nicht gefunden. |
Zur Geschichte der Synagoge
Ein Betsaal war nach Angaben bei Arnsberg (Bd. I S. 239) seit
1868 vorhanden. Vermutlich handelte es sich dabei um einen Betsaal in einem der
jüdischen Häuser. In den 1890er-Jahren konnten die jüdischen Familien,
vermutlich unter großen Opfern und mit Hilfe von Spenden / Kollekten eine
kleine Synagoge erbauten, die am 2. August 1895 durch Bezirksrabbiner Dr.
Weingarten eingeweiht wurde.
Die Einweihung der Synagoge in Geisig am 2.
August 1895
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. August 1895:
"Geisig, 9. August (1895). Hier fand am 2. dieses Monats die
Einweihung der neu erbauten Synagoge statt. Die Weiherede hielt
Bezirksrabbiner Dr. Weingarten in Gegenwart vieler jüdischer und
christlicher Gäste und fesselte durch seine ergreifenden Worte alle
Zuhörer. Die Dörfer der Umgegend hatten sämtlich Deputationen zum Feste
geschickt, doch sie mussten vor der Synagoge Platz nehmen, weil der enge
Raum sie nicht fassen konnte. Die Festversammlung, die am Abend stattfand,
legte besonders Zeugnis ab von dem friedlichen harmonischen Verhältnis,
in dem die gesamte andersgläubige Bürgerschaft mit den israelitischen
Mitbürgern sich befindet. Die Reihe der Reden wurde von Herrn
Bezirksrabbiner Dr. Weingarten durch den begeistert ausgebrachten und
begeistert aufgenommenen Kaisertoast eröffnet. Lehrer Friedberg aus
Koblenz toastete auf die Zivilgemeinde, und der Bürgermeister des Ortes
auf die jüdische Gemeinde. Die Festlichkeit am nächsten Tage wurde
eingeleitet durch eine treffliche Predigt des Herrn Dr. Weingarten. Das
ganze Fest nahm einen sehr schönen Verlauf." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
laut der örtlichen Schulchronik durch einen Trupp von auswärtigen SS-Leuten
niedergebrannt. Die Brandruine wurde beseitigt.
Das Synagogengrundstück wird bis heute im Auftrag der Ortsgemeinde von einem Nachbarn
gepflegt.
Adresse/Standort der Synagoge: Lärchenweg
Fotos
(Quelle der historischen Karte: Ortsgemeinde Geisig; übersandt von Berthold Krebs,
Geisig)
Die ehemalige Synagoge in
Geisig |
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Die Synagoge: durch Kreis
markiert |
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Die
historische Karte zu Geisig mit der Synagoge (ohne Kreismarkierung) -
Mitte und rechts Ausschnittvergrößerungen der Karte links |
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Grabstätte der Geisiger
Juden:
Friedhof Dachsenhausen |
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Grabstein für Löb Löwenberg
aus Geisig (1851-1920)
im jüdischen Friedhof Dachsenhausen |
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Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
Juli 2024:
An die ehemalige Synagoge erinnert
eine Gedenktafel |
Artikel im "Ben-Kurier" vom 19.
Juli 2024: "VG BAD EMS-NASSAU. Niemals vergessen: Geisig stellt
Erinnerungstafel am Standort der ehemaligen Synagoge auf.
GEISIG. In der Geisiger Dorfchronik haben die Verfasser Mona Gillmann
und Berthold Krebs festgehalten, dass in Geisig von 1895 bis 1938 eine
Synagoge stand. Die jüdische Gemeinde bestand 1938 aus fünf Familien, welche
acht Häuser im Ort bewohnten. Am ehemaligen Standort erinnerte bis jetzt
nichts an die Synagoge.
Es ist eine sehr gepflegte Grünfläche der Gemeinde, um die sich
dankenswerterweise die Familie Abt über Jahre hinweg kümmert. Die vormalige
Beigeordnete Daphne Schmidt regte unter dem Motto 'Nie wieder ist jetzt!' im
Gemeinderat an, eine Erinnerungstafel aufzustellen. Dem folgte der
Gemeinderat einstimmig."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 239. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 406-407. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 163 (mit weiteren Literaturangaben).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Geisig Hesse-Nassau.
Numbering 24 (7 % of the total) in 1871, the Jews only established an
independent community around 1890. By December 1939 it had ceased to exist.
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