Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz"
zurück zu den Synagogen im Stadtkreis
Koblenz
Immendorf mit
Arenberg (Stadt Koblenz)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Immendorf bestand eine jüdische
Gemeinde bis um 1930. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18.
Jahrhunderts zurück. am 18. April 1773 wurden Raphael Herschbach und
Isaak Herschbach aus Immendorf in Arenberg getauft. Aus den Jahren 1784 und 1796
sind Schutzbriefe für jüdische Familien erhalten, die durch den Freiherrn von
Wrede (Herrschaft Mühlenbach) ausgestellt wurden. Aus den Geburtsdaten der 1805
genannten jüdischen Familien kann jedoch auf eine Anwesenheit jüdischer
Familien spätestens seit Mitte des 18. Jahrhunderts geschlossen
werden.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1807 fünf jüdische Familien (s.u.), 1823 31 jüdische Einwohner,
1831 10 jüdische Familien (mit 13 Mädchen und 8 Knaben), 1838 41 jüdische
Personen, 1850 53, 1859 44, 1905 16. Die jüdischen Familienvorsteher lebten in
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vom Handel und vom Schlachten.
1805 waren die jüdischen Familien in Immendorf: Heli Baer (geb. 1750 in
Ruppertshofen, Schutzbrief seit 1784) mit Frau Beile Abraham aus Nassau;
Alexander Mayer (geb. 1757 in Winnweiler, Schutzbrief seit 1796) mit Frau Blum
Moses aus Immendorf; Süßkind Herz (geb. 1762 in Immendorf, Schutzbrief seit
1796) mit Frau Edel Hayum aus Segendorf; Moses Michel (geb. 1763 in Immendorf,
Schutzbrief seit 1796) und Frau Lia Abraham aus Puderbach; eine Familie Afron.
In den Jahren 1826, 1830 und 1834 waren die Familien Hely, Michael und Baer nach
Immendorf gekommen.
Zur jüdischen Gemeinde Immendorf gehörten auch die in Arenberg lebenden
jüdischen Familien: 1859 4 jüdische Einwohner, 1905 12
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule (1823
genannt). Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof
in Weitersburg beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde
war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig
war. 1825 wird der Privatlehrer Schwarz genannt, der allerdings keine inzwischen
geforderte Qualifikation zum Unterrichten hatte. 1835 erfährt man von Salomon
Rosenthal, der im folgenden Jahr als "ausländischer Lehrer" vom
Landrat ausgewiesen wurde. 1837 wird Lehrer Abraham Meier genannt, der
allerdings nach wenigen Monaten wieder Immendorf verließ, nachdem er keine
behördliche Konzession erhalten hatte. 1842 war Lehrer Wolf Schlesinger in
Immendorf, 1844 Lehrer Jacob Tobias Schatz (siehe Bericht zu seinem gewaltsamen
Tod unten). 1846 wurde David Levi als Lehrer angestellt, doch blieb auch er nur
einige Monate.
1931 lebten noch 19 jüdische Personen in Immendorf, 2 in Arenberg. In
den folgenden Jahren ist ein Teil von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert.
Von den in Immendorf geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Johanna Baer (1883),
Johanetta (Jeanette) Eggener geb. Michel (1883), Eva Michel (1871), Ferdinand
Michel (1879), Gerhard Michel (1930), Helga Michel (1923), Hermann Michel
(1877), Julius Friedrich Michel (1888), Markus Michel (1872), Rosa Michel
(1881), Rosalia (Rosmarie) Michel (1885), Sabina Michel (1882), Sybilla Michel
geb. Franken (1882), Lina Weinberg geb. Michel (1885), Ruth Weinberg (1922),
Herbert Wilp (1928).
Aus Arenberg sind umgekommen: Albert Michel (1898), Bernhard Michel
(1903), Jeanette Michel geb. Kahn (1872), Jenni Michel (1901), Markus Michel
(1872), Eva Woythaler geb. Michel (1873).
Zur Erinnerung an die ermordete jüdische Arenberger Familie Michel ist die
Verlegung von "Stolpersteinen" geplant.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Über den Mord an dem jüdischen Lehrer
Jacob Tobias Schatz (1844)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Orient" vom 28. Mai 1844: "Koblenz,
20. Mai (1844). Die Rhein- und Moselzeitung enthält Folgendes: Die
Kämpfe in der jüdischen Religion, durch welche in diesem Augenblick auch
bei ihr sich eine Herstellung des Wesens aller Religion aus der tiefen
Erkrankung durch das überhand genommene Ceremonialgesetz empor zu ringen
sucht, haben anderwärts manche Erscheinungen starren Widerstandes von
Seiten der geistig Verknöcherten hervorgerufen - sollten sie nun in
unserer Gegen ein todeswürdiges, barbarisch verübtes Verbrechen erzeugt
haben? In Immendorf (zur Bürgermeisterei Ehrenbreitstein gehörig) zog
sich ein kürzlich daselbst bewählter und eingesetzter jüdischer Religionslehrer,
Jakob Tobias Schatz, 43 Jahre alt, aus Bialystok, durch seine Polemik
gegen das ceremoniale Zuviel den Hass der Orthodoxen zu; ihre Vorwürfe
vermochten nicht, seine geistige Selbständigkeit zu erschüttern. Den
weiteren Vorgang vermittelt nun das Gerücht, um das später Erfolgende,
bereits gerichtlich Festgestellte, verstehen zu können. Am Freitag Abend
soll, dem Gerichte nach, der Religionslehrer in der Schule, nach starken
Ausfüllen auf das starre Ceremonialwesen, heftig geschlagen worden sein.
Er verließ die Schule und kehrte auf Beschicken nicht dahin zurück,
indem er ankündigte, dass er die Gemeinde und den Ort verlassen wollte.
Gewarnt, nicht über Nacht im Hause zu verharren, war er so unvorsichtig,
zu äußern, dass er nach Arenberg (auch in der Bürgermeisterei
Ehrenbreitstein) gehen und im Gasthofe zum roten Hahn schlafen wolle.
Soweit die Sage. Jetzt das Feststehende: Etwa um 9 1/2 Uhr abends verließ
in Arenberg einer der Gäste des Gastwirts Klee das Haus, kehrte aber
alsbald zurück und teilte den noch Versammelten mit, dass er draußen ein
Stöhnen und Klagen gehört habe. Der Wirt meinte zwar erst, dies könnte
von einem durch den Wind bewegten, in den Eisenangeln stöhnenden
Fensterladen herrühren, doch auf jenes Mannes feste Versicherung, es
müssten Menschentöne sein, verließ die ganze Gesellschaft mit
brennender Laterne das Haus, hörte deutlich das Stöhnen, ging ihm nach,
kam auf den Weg nach Immendorf, und begegnete einem Immendorfer Juden, der
auf Befragen erzählte, er gehe von Ehrenbreitstein über Arenberg nach
Immendorf, habe das Stöhnen auch gehört und sei aus Furcht umgekehrt.
Bald fand man am Wege den Immendorfer Religionslehrer, sterbend, und
zwischen einer Zahl Steine liegend, die über Kopfgröße hatten. Ei Mann
richtete des Sterbenden Haupt auf, da zog er, ohne zu sprechen, den
letzten Atemzug und war verschieden! Die gerichtliche Obduktion brachte
die Erklärung der Sachverständigen zuwege, dass er an zwei absolut letalen
Wunden am Hinterkopf und an der linken Schläfe gestorben sei. - Wer hat
ihn getötet? |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 16.
Juni 1844. "Görlitz im Mai (Rhein- und
Mosel-Zeitung)..."
Es erschien derselbe Artikel wie oben aus der Zeitschrift "Der
Orient" zitiert. |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juni 1844: "Vom
Rhein. (D.A.Z.). In Folge der Ermordung des jüdischen Religionslehrers
Jakob Schatz von Immendorf (siehe die vorige Nummer) hat man den
Knecht eines sehr wohlhabenden jüdischen Gemeindevorstehers und
Viehhändlers zu Immendorf, einen aus Miesenheim bei Andernach gebürtigen
Israeliten, als der Teilnahme an dem Verbrechen dringend verdächtig,
eingezogen, sowie gegen noch zwei andere Juden aus Immendorf Verdacht
vorliegt. Den einen trafen die zur Hilfe herbei Geeilten in der Nähe der
Leiche, der andere wich, um dem Erkanntwerden zu entgehen, den
Herankommenden aus." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge in Immendorf wird 1823 genannt, wobei es
sich um einen Betraum in einem der jüdischen Häuser gehandelt hat. 1823
war Gemeindevorsteher Hely Baer. 1833 wollten die jüdischen Familien am
Ort einen neuen Betraum im Haus des Heli Baer einrichten. Zur Einrichtung des
Betraumes, zur Bestreitung notwendiger Reparaturen und zur Besoldung des
Vorsängers unterzeichneten damals Heli Baer, Sueskind Liesmann, Abraham Heli,
Oster Michel und Heium Herz.
1889 befand sich Betraum der Gemeinde im Obergeschoss des Wohn- und
Gasthauses Giefer im rückwärtigen Teil über der Waschküche (dasselbe
Gebäude wie das 1823 genannte, damals im Besitz des Gemeindevorstehers Hely
Baer befindliche Gebäude). 1907 stand eine Reparatur an. Dazu bat der
damalige Gemeindevorsteher die Gemeinderäte der Gemeinden Arenberg und
Immendorf um einen Zuschuss.
Wie lange in dem Gebäude noch Gottesdienste abgehalten wurden, ist nicht
bekannt.
1997 wurde an der der Fassade des neu errichteten Hauses Giefer (der
Anbau mit dem ehemaligen Betsaal besteht nicht mehr) eine Gedenktafel
angebracht mit dem Text: "An dieser Stelle versammelten sich unsere
jüdischen Mitbürger aus Immendorf und Arenberg ab 1823 in ihrer Synagoge zu
Gebet und Gotteslob. wir gedenken der Ermordeten und Werten ihren Tod als
eindringliche Mahnung".
Adresse/Standort der Synagoge: Ringstraße
78
Fotos
(Quelle: aus dem Beitrag von Clemens Theis - Adresse
über Link unten)
Die Gedenktafel zur
Erinnerung an die Synagoge und die jüdischen Einwohner von Immendorf und
Arenberg |
|
|
|
|
|
|
|
|
Andernorts entdeckt:
Gedenkstein in Nickenich |
|
|
Gedenkstein für
"Jeanette Eggener, geb. in Immenstadt bei Vallendar, deportiert
im Jahre 1942, umgebracht im
Konzentrationslager Theresienstadt". Statt Immenstadt ist
Immendorf zu lesen, wo Jeanette Eggener geb. Michel 1883 geboren
ist. |
|
|
Grabstein in Nochern |
|
|
Grabstein
für Fanny Ackermann geb. Hely Fanel Frau des Natan
geb. 23.12.1843 in Immendorf gest. 23.6.1916 in Weyer -
(auffallend moderne hebräische Buchstaben) |
|
|
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
März 2024:
Ein Stolperstein für Friedrich
Julius Michel wird verlegt |
Artikel in "56aktuell.de" vom 23. März 2024:
"Stolperstein für einen Immendorfer Sportsfreund.
Drei Jugendliche und ein Senior erinnern mit einem gelungenen Projekt an
einen im Holocaust getöteten Mitbürger
Koblenz-Immendorf. Was macht man eigentlich so als Jugendlicher in
Immendorf? Eine ganze Menge. Am liebsten Fußball. Da sind sich Jarne, Julian
und Mika einig. Zwischen Hausaufgaben und Training quetschen diese drei aber
auch gern mal ein bisschen Geschichtsrecherche. Das Ergebnis ihrer
Nachforschungen kann seit kurzem auf dem Sportplatz betrachtet werden. Dort
liegt ein blank polierter Stolperstein für einen einstigen Vorsitzenden
ihres Sportvereins, dem heutigen TuS Immendorf: Friedrich Julius Michel.
Viele Gäste hatten sich auf dem Dörnchen versammelt, um live dabei zu sein,
als ein Mitarbeiter des Kommunalen Servicebetriebs den kleinen goldenen
Quader, der an die Deportation jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, an
ihre furchtbaren Qualen und an das schreiende Unrecht erinnern soll, in den
Boden setzte. In ihrem gemeinsamen Vortrag erzählten die drei Jungs von
diesem Mann, dessen Name den Stein ziert und der zur Dorfgemeinschaft
gehörte wie heute so selbstverständlich jeder, der Immendorf sein Zuhause
nennt.
Friedrich Julius Michel führte in den 1920er-Jahren die Geschicke des
Vereins. Mit seiner Familie lebte er in dem Haus mit der heutigen Adresse
Ringstraße 23 und betrieb zusammen mit einem ganzen Schwung jüdischer
Mitbürger einen regen Handel im Ort. Die allermeisten Immendorfer Juden
überlebten den Holocaust nicht. 'Wir dürfen die Schreckensherrschaft der
Nazis niemals vergessen', appellierten die drei Jugendlichen. Maßgeblich
unterstützt wurden sie bei ihren Recherchen von Gerhard Voell, seinerseits
ehemaliger Vorsitzender des Vereins und als Hüter der Vereinsgeschichte ein
wahres wandelndes Lexikon. Der 81-Jährige ist auch Initiator des Projekts,
das damit nicht nur Geschichte in die Gegenwart holt, sondern auch noch
Generationen verbindet. Die große Gesellschaft von Jung und Alt auf dem
Sportplatz zeugte eindrücklich davon. Auch Gerhard Voell hatte einiges zu
berichten, etwa, wie wichtig es ihm und den Jungs war, dass der Stolperstein
nicht wie normalerweise vor dem Wohnhaus des verschleppten Juden, sondern an
seiner Wirkungsstätte, dem Sportplatz, verlegt wurde. Genau hier soll der
Stolperstein an das Leben Friedrich Michels und den grausamen Mord an ihm
erinnern. 'Es ist zwar nur ein kleines Zeichen', sagte Jarne. 'Aber ich
finde, auch kleine Zeichen sind wichtig.' Eine Aussage, der nicht nur die
Koblenzer Bürgermeisterin Ulrike Mohrs sofort und vehement widersprach: 'Es
ist ein kleiner Stein, aber ein großes Zeichen', betonte sie. 'Ihr habt hier
etwas ganz Tolles geschaffen.' Und beim nächsten Fußballspiel in Immendorf
gibt es für alle einen guten Grund, auf den Boden zu schauen – egal ob die
Partie mit einer Niederlage oder einem Erfolg endet. Drei Jugendliche und
ein Senior haben gemeinsam recherchiert, Bücher gewälzt, ihre Nasen in alte
Dokumente gesteckt und so das Leben und Wirken des einstigen
Vereinsvorsitzenden Friedrich Michel beleuchtet. Mit einem blank polierten
Stolperstein auf dem Sportplatz erinnern sie daran. In einem feierlichen Akt
auf dem Sportplatz in Immendorf wurde der Stolperstein eingesetzt."
Link zum Artikel |
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Clemens Theis: Sie lebten in unserer Mitte - Spuren
jüdischen Lebens in Immendorf und Arenberg. 1996. online
zugänglich - auch als
pdf-Datei eingestellt. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 218 (mit weiteren Literaturangaben).
|
n.e.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|