Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia
Judaica
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und
bestehende) Synagogen
Übersicht:
Jüdische Kulturdenkmale in der Region
Bestehende
jüdische Gemeinden in der Region
Jüdische
Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur
und Presseartikel
Adressliste
Digitale
Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz"
Zur Übersicht "Synagogen im Kreis
Ahrweiler"
Königsfeld
(Eifel) mit Dedenbach und Schalkenbach (Kreis Ahrweiler)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Königsfeld (Stadtrechte seit 1336)
lebten Juden vermutlich bereits im späten Mittelalter. Der Stadtherr
Gerhard von Landskron hatte 1336 von Kaiser Ludwig dem Bayer das Privileg
erhalten, "stets zwölf Juden in seinem Gebiet zu halten und zu
geleiten". Urkundliche Nachweise über die Niederlassung jüdischer
Personen in der Stadt gibt es jedoch erst seit dem 16. Jahrhundert. U.a. erhielt
1599 Jude Seligmann mit Frau und Gesinde gegen Zahlung von jährlich drei
Goldgulden das Wohnrecht in Königsfeld.
Auch aus dem 17. und 18. Jahrhundert gibt es Nachweise jüdischer
Familien in der Stadt (1678/79 Jud Jakob, 1693 Jud Wolf, 1693-1709 Jud
Süßkindt, 1694-1708 Jud Gottschalk, 1709 Jud Schlaun).
In Dedenbach lebten jüdische Personen
mindestens seit dem 18. Jahrhundert. Nach einem Dokument von 1763 besuchten sie
damals die Synagoge (bzw. die Betstube) in Niederzissen. Auch 1830 gehörten die hier
lebenden Juden zur Synagogengemeinde Niederzissen. Als damals in Niederzissen
ein neuer Vorsteher gewählt wurden, wählten Abraham Gottschalk aus Dedenbach
und Lewi Gottschalk aus Königsfeld mit. In Schalkenbach
werden 1861 vier jüdische Einwohner genannt. Auf dem Königsfelder Friedhof
sind aus Schalkenbach Abraham Gottschalk (gest. 1871) und Babetta Gottschalk
geb. Fernich (gest. 1886) beigesetzt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner in
Königsfeld wie
folgt: 1808 19 jüdische Einwohner (in der Mairie Königsfeld, d.h. mit
Dedenbach und eventuell auch Schalkenbach 33), 1849 21,
1853 und 1856 17 jüdische Einwohner in vier Haushaltungen), 1871 22. 1850
werden in einer Steuerliste folgende Namen genannt: Lewi Gottschalk, Karolina
Veit, Abraham Gottschalk, Sara Gottschalk, Schantta Gottschalk, Gudula Bärmann,
Gottschalk Bärmann,
Gudula Israel, Bernhard Gottschalk, Simon Gottschalk). Die
Juden verdienten ihren Lebensunterhalt als umherziehende Händler (mit Vieh oder
Waren); einer hatte
eine Handlung in der Stadt.
Auf Grund der geringen Zahl der jüdischen Einwohner war ein eigenständiges
jüdisches Gemeindeleben lange nicht möglich. 1830 zählten die jüdischen
Einwohner aus Königsfeld und Dedenbach noch zur Gemeinde Niederzissen.
1847 wurde ein Synagogenbezirk Königsfeld gegründet, zu dem nun auch
die Juden aus Dedenbach und Schalkenbach gehörten.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
beziehungsweise eine Betstube (s.u., am Ort 'Jüdeschull' genannt). Diese
Betstube wurde auch für den Religionsunterricht der jüdischen Kinder aus
Königsfeld, Degenbach und Schalkenbach verwendet. Auch ein rituelles Bad sowie
ein Friedhof waren vorhanden. Einen eigenen Lehrer (zugleich Vorbeter, Schochet) hatte die Königsfelder
jüdische Gemeinde möglicherweise Mitte des 19. Jahrhunderts nach Bildung des
Synagogenbezirkes Königsfeld, ansonsten wurden die jüdischen Kinder wohl durch
auswärtige Lehrer (Niederzissen) in Religion unterrichtet und der
Vorbeterdienst durch Gemeindeglieder besorgt.
Nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder (1933: ca. 14 Personen) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom
1938 wurde die Betstube der Gemeinde geschändet und die Inneneinrichtung
völlig zerstört. Die Häuser der jüdischen Familien waren in Königsfeld vom
Pogrom nicht betroffen.
Von den in Königsfeld geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", verglichen mit Warnecke
s.Lit. ): Helene Berger geb. Gottschalk (1896), Hermann Berger (1895), Karl
Berger (1926), Esther Berger (1929), Berta Borg (1898), Leopold Borg (1862), Alfred
Ermann (1891), Hilde Ermann (1922), Julia Ermann geb. Gottschalk (1897), Gerta Gottschalk
(1923), Günther Gottschalk (1933), Johanna Gottschalk (1922), Karl Gottschalk
(1891), Manfred Gottschalk (1937), Margot Gottschalk (1935), Simon Gottschalk
(1867), Therese Gottschalk geb. Gottschalk (1899), Johannette Haber geb.
Gottschalk (1897), Wilhelm Levy (1860), Klara Meier geb. Gottschalk (1894), Melanie Süssmann geb.
Weiss (1890), Lina Tobias geb. Gottschalk (1905), Luise Weisner geb. Gottschalk (1893), Sibilla Weisner geb.
Gottschalk (1886).
Von den in Dedenbach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", verglichen mit den Angaben
bei Warnecke s.Lit. S. 79): Alexander Gottschalk (1871), Berta Gottschalk
(1899), Carolina Gottschalk (1856), Henriette Gottschalk (1896), Hermann Gottschalk
(1877), Karoline Gottschalk (1860), Hubertine Herze geb. Gottschalk (1875), Eva
Kahn geb. Gottschalk (1883).
Aus Schalkenbach sind keine Namen bekannt.
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Königsfeld und Filialorten
wurden in jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts noch nicht
gefunden.
Zur Geschichte der Synagoge
Das Bethaus der kleinen jüdischen Gemeinde stand in der
Hauptstraße. Es wurde spätestens Anfang oder Mitte des 1840er-Jahre
eingerichtet. 1847 ist bei der Bildung neuer Synagogenbezirke davon die Rede,
"dass es seit einigen Jahren aber in Königsfeld ein eigenes Bethaus
gab". Es wurde auch von den Juden aus Dedenbach besucht. Das
Gebäude gehörte Bermann Gottschalk. Er hatte im Erdgeschoss eine Stallung
eingerichtet. Nach der Beschreibung des Bürgermeisters Adam von 1856 war
das Bethaus ein einfaches Holzfachwerkgebäude (mit Mörtel beworfen) und einem
Ziegeldach.
Über 90 Jahre war das Bethaus Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in
Königsfeld und wurde nicht nur zu Gottesdienst und Gebet, sondern auch für den
Unterricht und Gemeindeversammlungen verwendet. In den 1930er-Jahren gehörte
das Bethaus Mathilde (genannt: Mal) Gottschalk.
Über die Ereignisse beim Novemberpogrom 1938 liegt ein Bericht eines
Zeitzeugen vor (zitiert nach Landesamt s.Lit. S. 219 und Warnecke s.Lit. S.
80-81): "Vier oder fünf SA-Männer schlugen die Tür zur 'Jüdeschull',
wie das Gebäude in Königsfeld genannt wurde, ein. Im Betsaal, der sich im
ersten Stockwert des unscheinbaren Gebäudes befand, wurden die Fenster
zertrümmert, das Mobiliar zerschlagen und zusammen mit der Tora und den
Gebetbüchern etc. auf die Straße geworden. Drei oder vier ortsbekannte
Königsfelder Nationalsozialisten standen währenddessen auf der Straße und
sahen zu. Sie wurden jedoch nicht aktiv... Die zerbrochenen Bänke und Stühle
sowie die Kultgegenstände wurden von der Straße zu einem Platz hinter dem
Spritzenhäuschen im Bungert gebracht und dort verbrannt." 1939
verkaufte die Besitzerin Mathilde Gottschalk das Gebäude für 400 RM an eine
Nachbarin. In den folgenden Jahren wurde es zweckentfremdet als Gebäude der
Feldgendarmerie (gegen Kriegsende), als Eisenwarenlager und Getreidespeicher.
1965 wurde das Gebäude abgebrochen, das Grundstück neu bebaut.
Adresse/Standort der Synagoge: Hauptstraße (100
m unterhalb der Kirche)
Fotos
Historische Aufnahmen
(Quelle: Warnecke (Hg.) s.Lit. S. 76.81) |
|
|
|
Blick entlang der
Hauptstraße, rechts in der Mitte das jüdische Bethaus |
|
|
|
|
|
|
Das Bethaus Anfang
der 1960er-Jahre am Tag des Schützenfestes |
|
|
|
|
Standort des ehemaligen
jüdischen
Bethauses und Erinnerungen an
die jüdische Geschichte
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 31.8.2007) |
|
|
|
Hauptstraße heute
mit dem an Stelle des Bethauses erbauten
Wohn- und Geschäftshauses |
|
|
|
|
|
Ehemaliges
jüdisches Haus Krumme Gasse 1 mit Hinweistafel: "Zeugnis jüdischer
Geschichte in Königsfeld - Fachwerkhaus aus dem 19. Jahrhundert: Bis 1906
wurde das Anwesen vom Juden Bernart Gottschalk bewohnt.
Auch gegenüber
waren bis 1938 viele Gebäude im jüdischen Besitz. Dort lag auch das
religiöse Zentrum mit Bethaus und der Stätte, wo nach jüdischem Ritual
geschlachtet wurde." |
|
|
|
Links und Literatur
Links:
Quellen/Dokumente
Hinweis auf Dokumente der
Kreisverwaltung Ahrweiler von 1987. Am 27. Juli 1987 gab die Kreisverwaltung
Ahrweiler dem Internationalen Suchdienst in Arolsen Auskünfte über das
Schicksal der jüdischen Opfer der NS-Zeit. Die Dokumente sind eingestellt (pdf-Dateien).
Es empfiehlt sich, diese Angaben zu vergleichen mit den gegebenenfalls
aktuelleren Angaben in den
Listen des
Bundesarchives Berlin.
|
-
Schreiben der
Kreisverwaltung mit Nennung von drei Personen aus Sinzig, je einer Person
aus Heimersheim und Remagen sowie zwei Personen aus Dernau, über deren
weiteres Schicksal der Kreisverwaltung keine schriftlichen Informationen
vorlagen; weiteres Schreiben betreffs dem früheren Schüler am Gymnasium
in Ahrweiler Erich Hertz (Anmerkung: die genannten Personen werden außer
den beiden Personen aus Dernau im Gedenkbuch des Bundesarchives genannt).
- Anlage von
Anfang 1942: "Aufstellung über die noch hier karteimäßig genannten Juden im
Kreise Ahrweiler". Genannt werden 160 Personen (mit Geburtsdatum,
Geburtsort und derzeitiger Adresse), die damals in Adenau, Ahrweiler, Bad
Neuenahr, Dernau, Gelsdorf, Heimersheim, Königsfeld, Niederbreisig,
Niedermendig, Niederzissen, Nierendorf, Oberzissen, Remagen, Sinzig wohnten.
- Eine vom Kreisarchiv Ahrweiler
1987
zusammengestellte Liste "Opfer des Holocaust" mit Nennung von
Personen aus Adenau, Ahrweiler, Bodendorf, Brohl, Burgbrohl, Dedenbach,
Dernau, Galenberg (sc. falsch für Hallenberg), Gelsdorf, Heimersheim,
Kempenich, Königsfeld, Löhndorf, Neuenahr, Niederbreisig,
Niederzissen, Oberzissen, Oberbreisig, Oberwinter, Remagen, Sinzig, Wehr,
Westum (Namen jeweils aufgeteilt auf Geburtsort und Wohnort). Zusätzlich
eine Liste über die auf dem jüdischen Friedhof in Niederzissen genannten
"Opfer des Holocaust", |
Literatur:
| Hans
Warnecke
(Hg.): Zeugnisse jüdischen Lebens im Kreis Ahrweiler. Bad
Neuenahr-Ahrweiler 1998. S. 74-87: Abschnitt zu "Königsfeld, Dedenbach
und Schalkenbach" vom Karl Heinz Kurth.
|
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 219 (mit weiteren Literaturangaben).
|
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|