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Mörfelden mit
Walldorf (Stadt Mörfelden-Walldorf, Kreis Groß-Gerau)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Mörfelden bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1936/41. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Erstmals werden Juden am Ort um 1550 und wieder 1611 genannt. Im 17. und
18. Jahrhundert
lebten meist nur ein oder zwei jüdische Familien am Ort: 1734 waren es
zwei Familien mit zusammen acht Kindern.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1828 45 jüdische Einwohner (4,5 % von insgesamt 1.000 Einwohnern), 1861
80 (5,5 % von 1.460), 1880 33 (1,6 % von 2.055), 1900 35 (1,2 % von 2.917), 1910
39 (1,0 % von 3.784). Die jüdischen Familien lebten bis weit ins 19.
Jahrhunderts hinein vor allem vom Handel mit Vieh, Getreide, Kolonialwaren oder
Textilien. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts eröffneten einige Läden und
Handlungen am Ort; andere waren nun als Handwerker oder Angestellte tätig.
Zur jüdischen Gemeinde in Mörfelden gehörten auch die im benachbarten Walldorf
lebenden jüdischen Personen: 1895 7 jüdische Einwohner, 1900 6, 1925 5 jüdische Einwohner.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule) und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem
jüdischen Friedhof in Groß-Gerau beigesetzt. Zur Besorgung religiöser
Aufgaben war zeitweise ein jüdischer Lehrer angestellt, der zugleich als
Vorbeter und Schochet tätig war. Ansonsten wurden die Aufgaben durch
auswärtige Personen unternommen (siehe unten zu 1924/32). Die Gemeinde gehörte
zum orthodoxen Bezirksrabbinat Darmstadt II.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Josef Reiß (geb.
28.8.1886 in Mörfelden, gef. 24.2.19165) und Adolf Rosenthal (geb. 14.12.1884
in Hausen, gef. 27.6.1918). Ihre Namen stehen auf der Gedenktafel an der
evangelischen Kirche und auf einem Ehrenmal der Ortsgemeinde im kommunalen
Friedhof (Waldfriedhof).
Die jüdischen Einwohner waren im Leben des Ortes völlig integriert. Der
langjährige Gemeindevorsteher Simon Schott war Mitglied des Mörfelder Gesangvereins.
Julius Oppenheimer war 1921 Mitbegründer der Naturfreunde. Adolf Reiß
war Torwart der ersten Fußballmannschaft der "Freien Turn- und Sängervereinigung".
Um 1924, als zur Gemeinde 40 Personen gehörten (0,9 % von insgesamt 4.389
Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Simon Schott, Max Reiß und Julius
Oppenheimer. Lehrer Julius Rothschild aus Groß-Gerau unterrichtete die damals
drei schulpflichtigen jüdischen Kinder in Religion. Auch der Schochet der
Gemeinde - Jacob Gottschall aus Groß-Gerau - kam regelmäßig nach Mörfelden. 1932
waren die Gemeindevorsteher Simon Schott (1. Vors.), Simon Goldschmidt (2.
Vors.) und Hermann Neu (3. Vors.).
1933 lebten noch 39 jüdische Personen in Mörfelden (0,8 % von
insgesamt 5.025 Einwohnern), drei in Walldorf (Max, Sara und Ferdinande Reiss,
die eine kleine Gemüsehandlung betrieben). In
den folgenden Jahren ist ein Teil von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1936 wurde die Gemeinde
aufgelöst, die Synagoge verkauft. Beim Novemberpogrom 1938 zündeten
SA-Leute die Scheune der Familie Goldschmidt an und warfen Steine und Flaschen
gegen die Häuser anderer jüdischer Familien. Max Strauß und Adolf Reiß
wurden verhaftet, mussten in Groß-Geraus auf dem Marktplatz 'Turnübungen'
machen und wurden schließlich in das KZ Buchenwald verschleppt. Nach sechs
Wochen kamen sie kahlgeschoren, ausgehungert und um Jahre gealtert zurück. 1939
lebten noch 18, am 5. Februar 1941 11 jüdische Personen am Ort. Simon
Schott erhängte sich, als er von der bevorstehenden Deportation erfuhr, im
März 1942 in seiner Scheune. Wenig später die letzten zehn jüdischen
Einwohner (Simon Goldschmidt, Betty Goldschmidt, Henriette Mainzer, Else
Mainzer, Adolf Reiß, Trude Reiß, Inge Reiß, Bertha Reiß, Mina Reiß und Rosa
Reiß) mit einem Lastwagen nach Darmstadt gefahren und am 20. März nach Polen
deportiert. Aus Walldorf wurden Max und Sara Reiss im September 1942 in
das Ghetto Theresienstadt verbracht, wo sie wenig später umgekommen
sind.
Von den in Mörfelden geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", abgeglichen mit der Liste
bei A. Schleindl s. Lit. S. 208): Albert Bendheim (1913), Berta van Bingen geb.
Oppenheimer (1903), Elisabeth Cohn (1905), Babette (Betty) Goldschmidt geb.
Schott (1881), Simon Goldschmidt (1880), Clara Lazarus geb. Oppenheimer (1876),
Henriette Mainzer geb. Sobernheim (1902), Ilse Mainzer (1928), Bertha
Oppenheimer (1903), Adolf Reiss (1902), Berta Reiss (1893), Gertrud (Trude)
Reiss (1902), Ingeborg (Inge) Reiss (1937), Minna Reis (1896), Recha Reiss
(1900), Rosa Reiss (1890), Toni Roos geb. Kahn (1897), Amalie Rosenthal geb.
Baum (1886), Klara Salomon geb. Sobernheim (1903), Lion Schott (1886), Simon
Schott (1870), Theodor
Schott (1879), Josef Sobernheim (1899), Salomon Sobernheim (1865), Lisette
Weishaupt geb. Weinberg (1876), Recha Wolf geb. Reiss
(1900).
Aus Walldorf sind umgekommen: Max Reiss (1857), Sara Reiss
(1865).
An die aus Mörfelden-Walldorf umgekommenen jüdischen Personen erinnern seit
den mehrfachen Verlegungsaktionen zwischen Juni 2007 und Oktober 2012 sog. "Stolpersteine".
Darüber nähere Informationen auf den Seiten
des "Fördervereins Jüdische Geschichte und Kultur im Kreis Groß-Gerau
e.V." (vgl. auch Bericht unten zur Buchvorstellung im
November 2009) sowie in der Website
der Stadt Mörfelden-Walldorf.
"Stolpersteine" liegen vor den folgenden Häusern,
in denen die genannten Personen zuletzt lebten (Hinweis: es wurden nicht nur
für ermordete, sondern auch für vertriebene Familienmitglieder
"Stolpersteine" verlegt):
in Mörfelden Brückenstraße 2 für Amalie, Delfine und Rudolf Rosenthal;
Elisabethenstraße 6 für Adolf, Lisette, Kurt, Richard, Elisabeth Maria und
Lydia Weishaupt sowie Paul Meyer; Herweghstraße 11 für Albert,
Anna und Hella Ingrid Bernstein; Hintergasse 18 für Klara Salomon
sowie Henriette und Ilse Mainzer; Langgasse 2 für Simon und Babette Goldschmidt;
Langgasse 40 für Max, Hedwig, Elisabeth, Gertrude und Ludwig Cohn;
Mittelgasse 9 für Simon und Bertha Schott sowie Max, Erna, Kurz und Ruth
Strauß; Weingartenstraße 5 für Jette, Recha, Adolf, Gertrud und
Ingeborg Reiß; Westendstraße 7-9 für Hermann, Henriette, Herbert und
Heinz Neu sowie für Heinrich und Theodor Schott; Zwerggasse 2
für Regina, Julius und Bertha Oppenheimer; Zwerggasse 3 für Zerlinde,
Rosa, Bertha und Minna Reiß.
in Walldorf An den Eichen 25-27 für Clara Marie Adler; Bäckerweg 28
für Siegfried Fay, Farmstraße 24 für Dr. Otto Ortweiler; Langstraße 37 für
Max, Sara und Ferinande Reiß; Meisenweg 8 für Dr. Alexander
Besser.
Link zum Wikipedia-Artikel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Mörfelden-Walldorf
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer und Vorbeter
Suche nach einem Vorbeter für die hohen Feiertage im Herbst 1902
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1902:
"Auf die hohen Feiertage suchen einen Vorbeter, welcher auch leienen
kann.
M. Schott, Vorsteher der israelitischen Gemeinde, Mörfelden bei
Frankfurt." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Auszeichnung für den Schumacher-Lehrling
Heinrich Reiß (1910)
Artikel im '"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 27.
Mai 1910: "Frankfurt am Main. Der Lehrling Heinrich Reiß aus Mörfelden,
der jüngst seine Gesellenprüfung gut bestand, wurde für seine in der
Lehrlingsprüfungsausstellung ausgestellten Stiefel diplomiert; ferner
erhielt er von der Schuhmacher-Innung einen Ehrenpreis und 5 Mark. Es ist
das der zweite Lehrling des Schuhmachermeisters Max Behr, der
prämiiert wurde." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit für Richard Josef Weishaupt (geb. 1910 in Marburg, lebte
mit seiner Familie in Mörfelden) |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
für
Richard Josef Weishaupt
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Richard Josef Weishaupt ist am 22. April
1910 als Sohn von Adolf Weishaupt und seiner Frau Lisette geb. Weinberg in
Marburg geboren. Richard wurde - wie schon sein Vater - von Beruf
Schneider und arbeitete als solcher in Frankfurter Konfektionshäusern. Er
heiratete 1931 die nichtjüdische Schneiderin Elisabeth Maria geb. Rauch,
mit der er in Mörfelden wohnte. 1932 kam die Tochter Lydia zur
Welt, die jüdisch erzogen wurde. Die Kennkarte für ihn wurde 1939 in
Mainz ausgestellt, wohin er 1938 verzogen ist. Die Kriegszeit überlebte
Richard Weishaupt auf Grund seiner "Mischehe", zuletzt versteckt
bei Verwandten. Nach Kriegsende ist er in die USA ausgewandert. Am 16.
Juli 1997 ist er in New York verstorben.
In Mörfelden-Walldorf wurden für die Familie Weishaupt in der
Elisabethenstraße 6 "Stolpersteine".
Weitere Informationen http://www.moerfelden-walldorf.de/default.asp?action=article&ID=1790
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Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war vermutlich ein Betraum in einem der jüdischen
Häuser vorhanden. Am 17. April 1829 (am Tag vor dem Pessachfest) konnte eine
Synagoge eingeweiht werden. Sie wurde in einem umgebauten früheren
Schafstall eingerichtet. Zur Einweihung stiftete die bürgerliche Gemeinde einen goldbestickten Vorhang
für den Toraschrein (Parochet). Spenden zum Bau der Synagoge kamen auch von der
Frau Großherzogin und von Baron von Rothschild in Frankfurt. Die Synagoge hatte 54 Plätze für Männer, 32
für Frauen.
Über 100 Jahre war die Mörfelder Synagoge Mittelpunkt des religiösen Lebens
der in Mörfelden und Walldorf lebenden jüdischen Personen.
In der NS-Zeit war die Synagoge 1936/37 mehrfach Anschlagsziel steinewerfender
Hitler-Jungen. Auf Grund der Zerstörungen resignierte die Gemeinde. Die
Synagoge wurde geschlossen. Im Herbst 1937 wurde das Gebäude zum Preis
von 1.200 RM an die Konsumgenossenschaft Trebur verkauft. Der Betrag wurde, zu
je einem Drittel an die Reichsvereinigung der Juden (Bezirksstelle Main), an das
Bezirksrabbinat Darmstadt und an die einzelnen Mitglieder der jüdischen Gemeinde
Mörfelden verteilt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde von
Nationalsozialisten versucht, die Synagoge anzuzünden, obwohl sie nicht mehr
der jüdischen Gemeinde gehörte.
1970 wurde das Synagogengebäude abgebrochen. Am 2. September 1984
wurde ein Gedenkstein am Standort der ehemaligen Mörfelder Synagoge enthüllt.
Zu diesem Ereignis wurden überlebende jüdische Familien nach Mörfelden
eingeladen.
Adresse/Standort der Synagoge: Kalbsgasse
1 (frühere Löwengasse)
Fotos
(die Fotos in der oberen Fotozeile: Quelle: Website
der Stadt Mörfelden-Walldorf
Hinweis: historische Fotos, insbesondere Familienfotos siehe über www.vor-dem-holocaust.de)
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Gedenkstein am Standort
der ehemaligen
Synagoge (Fotos Mitte und rechts von Klara Strompf)
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Von 2007 bis 2012
wurden in Mörfelden und Walldorf 53 "Stolpersteine" zur
Erinnerung
an die ermordeten und vertriebenen jüdischen Einwohner der Stadt
verlegt.
Die "Stolpersteine" rechts erinnern seit der Verlegung am 19.4.2008 in der
Brückenstraße 2 an
Delfine (Della) Rosenthal, Amalie Rosenthal geb. Baum und Rudolf Rosenthal
(1886 / 1911 / 1916) |
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"Stolpersteine" in Walldorf
(Fotos: Klara Strompf; Aufnahmen vom Januar/Februar 2020)
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Dr. Alexander Besser
(geb. 1899; 1937
nach Palästina/Israel emigriert)
(Meisenweg 9, verlegt am 29.3.2009) |
Siegfried Fay (geb.
1862; umgekommen
1942 im Ghetto Theresienstadt)
(Bäckerweg 28, verlegt am 12.10.2012) |
Dr. Otto Ortweiler
(geb. 1894), überlebte
die NS-Zeit im Versteck.
(Farmstraße 24, verlegt am 21.5.2011) |
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Clara Maria Adler
geb. Hellmann (geb. 1887;
gedemütigt/entrechtet/überlebt
(An den Eichen 25-27, verlegt am 28.3.2009)
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Ferdinande, Max und Sara
Reiss (geb. 1860
/ 1857 / 1865); F gest. 1935; M und S
umgekommen Ghetto Theresienstadt 1942
Langstr. 37, verlegt am 19.4.2008) |
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"Stolpersteine" in Mörfelden
(Fotos: Klara Strompf; Aufnahmen vom Februar 2020) |
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Albert, Anna und
Hella Ingrid Bernstein
(geb. 1899 / 1898 / 1929); 1938 nach Ecuador
(Herweghstr. 11, verlegt am 26.3.2009)
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Jette Reiss geb.
Ehrmann, Recha Wolf geb. Reiss, Adolf Reiss, Ingeborg Reiss, Gertrud Reiss
geb. Reis
(geb. 1866 / 1900/ 1902 / 1937 / 1902)
(Weingartenstr. 5, verlegt am 19.4.2008) |
Herbert, Heinz,
Henriette geb. Schott und Hermann Neu sowie Theodor und Heinrich Schott
(geb. 1927 / 1929 / 1902 / 1903 / 1872 / 1907)
(Westend Str. 7-9, verlegt am 28.3.2009) |
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Gertrude, Hedwig geb.
Gutenstein, Max und
Ludwig Cohn sowie Elisabeth Stern geb. Cohn
(geb. 1909 / 1877 / 1878 / 1911 / 1907)
(Langgasse 40, verlegt am 5.7.2007) |
Simon Goldschmidt und
Babette Goldschmidt
(1890 / 1881; deportiert März 1942 nach Piaski
und ermordet)
(Langgasse 2, verlegt am 19.4.2008) |
Simon Schott, Bertha
geb. Schloss, Max,
Kurt, Ruth und Erna Strauss geb. Schott (Jg.
1870 / 1874 / 1894 / 1927 / 1929 /1899)
(Mittelgasse 9, verlegt am 19.4.2008) |
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Zerlinde Reiss geb.
Reinheimer,
Rosa, Bertha und Mina Reiss
(1858 / 1890 / 1893 / 1896)
(Zwerggasse 3, verlegt am 5.6.2007) |
Adolf Weishaupt, Lisette
geb. Weinberg,
Richard, Lydia, Elisabetha Maria geb. Rauch
und Kurt Weishaupt (Elisabethenstr. 6)
(1879/1876/1910/1932/1905/1913; verlegt 5.6.2007) |
Klara Salomon geb.
Sobernheim,
Henriette Mainzer geb. Sobernheim, Ilse Mainzer
(1903 / 1902 / 1928)
(Hintergasse 18, verlegt am 5.6.2007) |
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Regina Oppenheimer geb.
Lehmann, Bertha
van Bingen geb. Oppenheimer, Julius Oppenheimer
( - / 1903 (/ 1897)
(Zwerggasse 2, verlegt 5.6.2007) |
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Hinweis auf das ehemalige
KZ-Außenkommando Walldorf und die Gedenkstätte
(Foto links von Klara Strompf; in hoher Auflösung eingestellt)
In Walldorf bestand vom August bis Dezember 1944 ein Außenkommando
des Konzentrationslagers Natzweiler/Elsass. Zum Bau der Erweiterung des
Rhein-Main-Flughafens durch eine neue Rollbahn wurden hier etwa 1.700
jüdische Frauen zwischen 20 und 40 Jahren (teilweise auch Mädchen ab
11 Jahren) zur Zwangsarbeit unter katastrophalen Arbeits- und
Lebensbedingungen gezwungen. Die Frauen war überwiegend als noch
arbeitsfähig im KZ Auschwitz ausgewählt und statt zum Tod durch
Vergasung zum Tod durch Arbeit bestimmt worden. Die Frauen arbeiteten für
die Frankfurter Baufirma Züblin & Cie AG. der die Ausführung der
Bauarbeiten übertragen worden waren. Die Frauen waren zu den schwersten
Arbeiten eingesetzt, die hygienischen Verhältnisse im Lager waren
katastrophal, die Ernährung völlig unzureichend. Entkräftete, kranke
oder schwangere Frauen wurden - soweit sie nicht im Lager starben - aus
dem Lager mit unbekanntem Ziel abtransportiert. Nach Auflösung des Lagers
Ende 1944 wurden die Frauen vermutlich in mehreren Transporten von
Walldorf weggebracht, einige direkt, andere über verschiedene
Arbeitslager nach dem Frauen-KZ Ravensbrück. Nur wenige Frauen
überlebten.
Eine neue Gedenkstätte (Glashaus im Wald, gleichzeitig Sitz der
Margit-Horváth-Stiftung) wurde im September 2016 eröffnet. Siehe
https://www.margit-horvath.de/
Weitere Informationen: Website www.kz-walldorf.de
Lage bei Google Maps mit Fotos:
https://goo.gl/maps/mxQ7jqKHPhJhDL5n6
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Literatur / Medien:
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Klara
Strompf: KZ-Außenlager Walldorf. Jüdische Frauen aus Ungarn
am Flughafen Frankfurt/Main 1944. Hrsg. von Erhard Roy Wiehn.
Hartung-Gorre Verlag Konstanz 1. Auflage 2009 68 S. €
14,80.
Vorstellung des
Buches auf Verlags-Seite. |
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Vera und Miki Dotan: Aufstieg aus der Hölle. Erschienen 2010.
325 S.
Informationen auf der Website
der Margit-Horvath-Stiftung:
Zum Inhalt: Vera Dotan ist eine der Überlebenden der KZ-Außenstelle Walldorf. Vera und Miki Dotan sind vielen
Mörfelden-Walldorfern durch ihre zahlreichen Besuche in den letzten Jahren bekannt. Als Dreizehnjährige war Vera Dotan in der KZ-Außenstelle Walldorf zusammen mit ihrer Mutter interniert. Bis heute erinnert sie sich außergewöhnlich detailliert an die Zeit im Lager. Vera Dotan gab auf ihren Reisen nach Deutschland zahlreiche Interviews und stellt sich immer wieder dem Gespräch mit Schulklassen. Vera Dotan sprach bei der Gedenkveranstaltung in der Hessischen Landesvertretung in Berlin 2005 und stand während des Jugendcamps 2006 nach Ungarn den Teilnehmern Rede und Antwort. Nun finanzierte die Margit-Horváth-Stiftung die Übersetzung ihrer Autobiographie ins Englische. |
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Film von Malte Rauch / Eva Voosen: Runway. 1. Std. 27
min.
Informationen bei
amazon.de
In 1944, 1700 Hungarian women were transported in cattle cars from the Auschwitz concentration camp to the town of Walldorf, near Frankfurt, Germany. Without explanation, the women were put to work for several months under grueling, sometimes fatal conditions. In 2000, these women return to the town and learn about ... their role in the construction of a secret runway during the war.
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Robert
Scheer: Pici. Erinnerungen an die Ghettos Carei und Satu Mare und die Konzentrationslager Auschwitz, Walldorf und Ravensbrück.
Marta Press. 2016. 228 S. 33 Abb. ISBN 978-3-944442-40-2. 19,90 €
(D), 20,90 € (A), 27,90 CHF UVP (CH). Link
zur Website des Verlages Website des Autors: http://robertscheer.de/
Zum Inhalt: 2014 reist der wahldeutsche Autor Robert Scheer nach Israel, um dort seine Großmutter Elisabeth Scheer, genannt Pici, über ihre Kindheit und Jugend zu befragen. Pici feiert in dem Jahr ihren 90. Geburtstag. Ihrem Enkel gegenüber gibt Pici Auskunft, wie sich in den 1940er Jahren durch den Nationalsozialismus die Lage für die jüdische Bevölkerung in Ungarn verschlechterte. Sie berichtet über ihre furchtbaren Erlebnisse in den Ghettos Carei und Satu Mare, im Konzentrationslager Auschwitz, im berüchtigten Außenlager Walldorf, im Konzentrationslager Ravensbrück und im mecklenburgischen Rechlin, bis sie 1945 im mecklenburgischen Malchow befreit wurde. Pici`s Eltern, ihre Schwestern, ihr Bruder, ihr Schwager und ihre kleine Nichte wurden im Holocaust ermordet.
2015 stirbt Pici mit 91 Jahren. Ihre detailreichen Erinnerungen machen es den Leserinnen und Lesern leicht, sich das Leben in der damaligen Zeit vorzustellen, in der es Alltag und Familie gab, später dann Unmenschlichkeit und Vernichtung und nur vereinzelt auch Mitgefühl und Solidarität.
" … jetzt, zurückdenkend, gab es in meinem Leben reichlich erschütternde Momente, aber irgendwie fand ich immer einen kleinen Schutz, einen Strohhalm, womit ich aus der Grube heraussteigen konnte, um weiter zu schreiten und um zu hoffen." |
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Flyer der Margit Horvath Stiftung zur
KZ-Außenstelle Walldorf mit "Historischem
Lehrpfad" |
| Cornelia Rühlig / Bernhard Brehl,
Hans J. Vorndran: "Das Geheimnis der Erlösung heißt
Erinnerung" - "Remembrance is the Secret of Redemption...".
Zunächst im Jahr 2000 erschienen - zur Geschichte der KZ Außenstelle
Walldorf. Eine Ergänzung von 2009 enthält neuere
Forschungsergebnisse aus den Jahren 2000-2007, eingebettet in eine
zusammenfassende Gesamtdarstellung des Themas.
Hrsg. vom Magistrat der Stadt Mörfelden-Walldorf. 74 S. Mai 2003².
Ergänzung 2009. Auch in englischer Sprache erschienen.
Titelbilder der
Publikationen |
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Text aus der Website
der Stadt Mörfelden-Walldorf über eine Einladung an ehemalige
KZ-Arbeiterinnen im Jahr 2000:
Auf Einladung der Stadt Mörfelden-Walldorf, der Stadt Frankfurt sowie der Flughafen Frankfurt am Main AG kamen 19 der 1700 ungarischen, jüdischen Frauen, die 1944 im KZ-Außenlager Walldorf inhaftiert waren zur Einweihung des "Historischen Lehrpfades" am 15.11.2000 nach Walldorf. Sie haben trotz ihres hohen Lebensalters diese beschwerliche Reise voller Erinnerungen und Gefühle aus den USA, Schweden, Ungarn und Israel auf sich genommen.
Der Schriftsteller Peter Härtling hielt unter Beteiligung zahlreicher Vertreter des öffentlichen Lebens, Schülerinnen und Schüler der Bertha-von-Suttner-Schule sowie der Bevölkerung eine sehr beachtete Ansprache. Nach dem Totengebet von Rabiner Asher wurden die Namen aller hier inhaftierten Zwangsarbeiterinnen (1.700!) verlesen.
Das Besuchsprogramm der Frauen sah neben Empfängen der Städte Mörfelden-Walldorf und Frankfurt sowie auf dem Flughafen vor allem Begegnungen mit jungen Menschen vor.
Die Leidensgeschichte der im "vergessenen" KZ-Außenlager Walldorf inhaftierten ungarischen jüdischen Frauen wurde von der Stadthistorikerin Cornelia Rühlig in der Broschüre "Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung..." ausführlich dokumentiert. Die Broschüre ist in den Stadtbüros erhältlich. |
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Fotos von der
Einladung der Stadt Mörfelden-Walldorf an die ehemaligen KZ-Arbeiterinnen
(aus der Website der Stadt
Mörfelden-Walldorf) |
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Erinnerungsarbeit vor Ort
(Quelle des Fotos: Arbeitskreis
Ehemalige
Synagoge Pfungstadt e.V.) |
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Ein Lehrpfad erinnert heute an
das
frühere KZ-Außenkommando |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
2005: Auf Grund des
Beschlusses des Stadtparlaments Mörfelden-Walldorf im Jahr 2005 konnten auch
in Mörfelden-Walldorf "Stolpersteine" verlegt werden. Zur ersten Verlegung
kam es im Juni 2007; weitere Verlegungen waren im April 2008, März 2009,
Juni 2011 und im Oktober 2012. |
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November 2009:
Buch zu den "Stolpersteinen" in
Mörfelden-Walldorf |
Artikel in "Echo-Online" vom
24.11.2009 (Artikel):
"Steine gegen das Vergessen
Buchvorstellung: Förderverein Jüdische Geschichte und Kultur im Kreis Groß-Gerau gibt Werk über die Stolperstein-Aktion in Mörfelden-Walldorf heraus.
MÖRFELDEN-WALLDORF. Lebensgeschichten erzählen mehr als nackte Zahlen. Diese Erkenntnis setzt der Förderverein jüdische Geschichte und Kultur im Kreis Groß-Gerau um, indem er das Buch
'Steine gegen das Vergessen - Stolpersteine in Mörfelden-Walldorf' herausgibt..." |
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Juni 2010:
Schülerinnen und Schüler putzen die
"Stolpersteine" |
Artikel in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 30. Juni 2010 (Artikel):
"Die Stolpersteine glänzen wieder.
'Na, das sieht doch schon sehr gut aus, viel besser als in der Brückenstraße', meinte Seiler und begutachtete die frisch gereinigten Stolpersteine.
Das Schüler-Team mit Tugba, Selina und Desire hatte beste Vorarbeit geleistet und die Stolpersteine in der Westendstraße vom gröbsten Belag befreit..." |
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September 2010:
Publikation zu den "Stolpersteinen" in
Mörfelden und Walldorf |
Artikel in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 31. August 2010 (Artikel): "53. Stolperstein für einen Juden
Otto Ortweiler wurde von den Nationalsozialisten zwangsweise in den Ruhestand versetzt.
Die Nachforschungen über das Leben von Otto Ortweiler sind abgeschlossen. Buchautor Hans-Jürgen Vorndran will bei den Freunden der Waldenser darüber berichten.
Mörfelden-Walldorf. Die Spurensuche in Mörfelden-Walldorf geht weiter. Bereits im Schlusswort seines Buches
'Steine gegen das Vergessen', das im Oktober vergangenen Jahres erschienen ist, hat Hans-Jürgen Vorndran die Verlegung eines 53. Stolpersteins für Otto Ortweiler angekündigt..." |
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Februar 2011:
Freiexemplare der Publikation über die
"Stolpersteine" an die Schule - die Aktion wird fortgesetzt |
Artikel von dib in der "Frankfurter Neuen Presse" vom 5.
Februar 2011 (Artikel):
"'Niemals einen Schlussstrich ziehen'
Wider das Vergessen: Die Aktion Stolpersteine wird weiter fortgesetzt
Das Buch 'Stolpersteine gegen das Vergessen' soll im Geschichtsunterricht verwendet werden. Je weniger Zeitzeugen es gibt, um so wichtiger ist die Buchlektüre..." |
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April 2013:
Informationen zu den "Stolpersteinen", Fotos und Dokumente auf
der Website der Stadt |
Artikel in der "Frankfurter
Rundschau" (Regionalteil Kreis Groß-Gerau) vom 28. April 2013 (Link
zum Artikel): "Netzauftritt für Stolpersteine
In Mörfelden-Walldorf erinnern 54 Stolpersteine an Bürger, die Opfer des Nazi-Regimes wurden. Auf der Web-Seite der Stadt können Interessierte jetzt Informationen zu ihrem Schicksal nachlesen.–
Mörfelden-Walldorf. Das Projekt 'Stolpersteine gegen das Vergessen' des Künstlers Gunter Demnig ist in vielen Städten und Gemeinden präsent. Mehr als 40.000 Stolpersteine erinnern inzwischen in 800 europäischen Kommunen an Opfer des Nazi-Regimes. In Mörfelden-Walldorf sind bereits 54 Stolpersteine verlegt worden. Auf der städtischen Internetseite gibt es jetzt ausführliche Informationen über die Menschen, an die erinnert wird.
Hans-Jürgen Vorndran ist der Initiator des Projekts in Mörfelden-Walldorf. Nachdem im Juni 2007 die ersten 15 Stolpersteine in Mörfelden und Walldorf verlegt wurden, sei er darauf hingewiesen worden, dass die Stadt Frankfurt auf ihrer Homepage über die Stolpersteine informiere.
'Dies war die Initialzündung zur Idee, die damit verbundenen Namen, Orte und Fakten auch in Mörfelden-Walldorf der Weltöffentlichkeit über das Internet
vorzustellen', berichtet Vorndran.
Zusammen mit dem für die EDV verantwortlichen Hauptamtsleiter Thomas Krüger und dem EDV-Büro Urban Jänicke wurde die Webpräsenz erarbeitet. Einiges ist bereits seit 2008 online, doch wurde die Dokumentation jetzt noch erheblich erweitert. Einiges wurde ergänzt, teilweise wurde die Darstellung neu gestaltet.
'Auch Übersichtskarten und die Verlegeorte sollten hinzukommen', erklärt
Vorndran.
In dem Buch 'Steine gegen das Vergessen' und der Broschüre 'Jüdische Spuren. Rundgang durch das alte
Walldorf' finden sich viele weitere Informationen, Fotos und Dokumente, die Autor Hans-Jürgen Vorndran nun ebenfalls im Internet zugänglich machen will – sie sollen allen Interessierten als Downloads bereitstehen.
(eda.)
Infos zu den Geschichten hinter den Stolpersteinen gibt es auf der Seite
www.moerfelden-walldorf.de."
Vgl. auch Wikipedia-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Mörfelden-Walldorf |
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April 2014:
Gedenken an die Nazi-Verbrechen |
Artikel in der "Neu-Isenburger Neuen
Presse" vom 25. März 2014: "Jugendliche gedenken der Opfer von Naziverbrechen
Mörfelden-Walldorf. Am ersten April 1933 riefen die Nazis zum Boykott jüdischer Geschäfte auf. Dieser Boykott stand am Anfang der Drangsalierung der Hitler-Regierung gegenüber Juden, an deren Ende die Deportation und Vernichtung mehrerer Millionen Menschen standen. Auch in Mörfelden und Walldorf haben jüdische Familien gelebt, die unter den Nazis gelitten haben. Seit ein paar Jahren erinnern die
'Stolpersteine' des Künstlers Gunter Demnig an sie.
Am Dienstag, 1. April, soll an den Judenboykott erinnert und der Opfer des Nationalsozialismus gedacht werden. Zu diesem Anlass laden die Stadt Mörfelden-Walldorf, der Förderverein für jüdische Geschichte und Kultur im Kreis Groß-Gerau und die evangelische Kirche in Walldorf zu einer Gedenkaktion am Stolperstein vor dem Haus in der Farmstraße 24 in Walldorf ein. In diesem Hause lebten Otto Ortweiler und seine Ehefrau Therese Ortweiler. Therese Ortweiler praktizierte als Ärztin in diesem Haus, bevor sie von den Nazis vertrieben wurde.
Bei der Gedenkveranstaltung, die um 17.30 Uhr beginnt, wird Bürgermeister Heinz Peter Becker (SPD) über die Stolperstein-Aktion und die Notwendigkeit des Gedenkens sprechen, Jugendliche der evangelischen Gemeinde in Walldorf werden über das Leben des Ehepaars Ortweiler berichten und den Stolperstein reinigen. Hans Jürgen Vorndran vom Förderverein für jüdische Geschichte und Kultur im Kreis-Groß Gerau wird über die Boykottaktionen der Nazis informieren."
Link
zum Artikel |
Artikel von Karlheinz Niess in der
"Neu-Isenburger Neuen Presse" vom 3. April 2014: "Konfirmanden
ließen das Messing wieder strahlen..."
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zum Artikel |
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Mai 2015:
Die "Stolpersteine"
werden gereinigt - Erinnerung an die Geschwister Reiß in der Langstraße 37
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Artikel von Carmen Erlenbach in der
"Neu-Isenburger Neuen Presse" vom Mai 2015: "Erinnerung an Walldorfer
Juden. Neuer Glanz für Stolpersteine
Mit Schwamm und Scheuermilch reinigten Pfarrer Thomas Stelzer und vier
Konfirmanden die Stolpersteine vor dem Reiß-Haus. Sara und Max Reiß wurden
1942 nach Theresienstadt deportiert.
Auch Stolpersteine aus Messing, die auf dem Gehweg verlegt sind, müssen mal
gereinigt werden. Auf Einladung des Vereins jüdischer Geschichte hatte sich
der evangelische Pfarrer Thomas Stelzer aus Walldorf mit den vier
Konfirmanden Felix Mittasch, Emmanuel Kämpfner, Florian Best und Lukas
Maurer vor dem Haus der jüdischen Geschwister Reiß eingefunden, um mit
Scheuermilch und einem Schwamm die Gedenksteine wieder auf Hochglanz zu
polieren. Als die jungen Männer in strömendem Regen und vor den Augen
einiger Anwesender in die Knie gingen, um die Stolpersteine zu putzen,
verneigten sie sich nicht nur zu diesem Zweck – sondern auch vor dem
Schicksal, das die drei Geschwister jüdischer Herkunft, die in der
Langstraße 37 wohnten, während des Naziregimes einst ereilte. Das Haus, vor
dem die drei goldfarbenen Stolpersteine am 19. April 2008 verlegt wurden,
ist eines der ältesten in Walldorf. Obwohl es unter Denkmalschutz steht,
wurde es 1976 für unbewohnbar erklärt. Seither steht es leer und verfällt.
Die drei Stolpersteine erinnern an Max (geboren 1857), seine 1860 geborene
Schwester Ferdinande und seine 1865 zur Welt gekommene Schwester Sara. Bei
der Verlegung war noch davon ausgegangen worden, dass sie die einzigen Juden
zurzeit des Nationalsozialismus in Walldorf gewesen seien. Dank eifriger
Recherchen wurden dann jedoch noch mehr entdeckt. Die Geschwister Reiß waren
ortsbekannt und mit den Reiß-Familien in Mörfelden eng verwandt. Die
Geschwister blieben ledig und lebten zusammen in ihrer Hofreite. Ihr
landwirtschaftlicher Betrieb war für damalige Verhältnisse recht groß. Sie
besaßen in Walldorf, Mörfelden und Umgebung viele Wiesen und Äcker. Sie
hielten Federvieh, Ziegen und Pferde. Ferdinande starb 1935 in Walldorf.
Ihre beiden betagten Geschwister führten den Hof weiter. Die Nichte
Friederike Glückauf, geborene Reiß, aus Frankfurt pflegte sie. 1940 wurde
der Besitz der Geschwister von der Finanzverwaltung 'sichergestellt'. Seit
September 1941 mussten sie, wie alle Juden in Deutschland, den Judenstern
tragen. Am 24. September 1942 wurden Sara und Max Reiß als 77- und
85-Jährige ins Sammellager nach Darmstadt verschleppt. Wegen ihrer Gebrechen
hatte die Gestapo einen benachbarten Bauern beauftragt, sie mit seinem
Fuhrwerk dorthin zu bringen. Die Geschwister Reiß wurden mit fast 1300
anderen Menschen am 27. September ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort
überlebten sie nur kurze Zeit. Sara starb am 6. Oktober, Max am 28. Oktober
1942. Vermutlich sind sie verhungert. Ihr Besitz wurde größtenteils vom
Finanzamt an andere Landwirte verpachtet oder verkauft. Die Wiesen und Äcker
wurden an 17 Pächter vergeben. Der Ortsbauernführer erhielt das Vieh, die
Ackerwagen und das Gemüse, andere Bauern ernteten das Korn und die
Kartoffeln, die nationalsozialistische Volkswohlfahrt verkaufte den Haus-
und Hofrat. Die Nähmaschine von Sara wurde nach Polen in das Ghetto
Litzmannstadt verschickt. Das Haus der Geschwister Reiß wurde vom Finanzamt
Groß-Gerau der Gemeinde Walldorf verpachtet, die es weiter vermietete."
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Mai 2016:
Konfirmanden reinigen
Stolpersteine
Artikel in "Echo-Online" vom 2. Mai 2016: Konfirmanden reinigen
Stolpersteine..."
Link zum Artikel |
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Mai 2017:
KonfirmandInnen reinigen die
"Stolpersteine" |
Artikel in der "Neu-Isenburger Neuen Presse"
vom 11. Mai 2017: "Reinigungsaktion. Steine zum Sprechen bringen
Sie gehören mittlerweile vielerorts zum Stadtbild – Stolpersteine zum
Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus. Doch steckt hinter jedem vor
allem auch ein individuelles Schicksal. Das wollten Konfirmanden mit ihrer
Reinigungsaktion hervorheben. Die alljährliche symbolische Reinigung eines
Stolpersteins in Walldorf stand am Dienstagnachmittag für eine
Konfirmandengruppe gemeinsam mit den Pfarrern Jochen Mühl und Thomas Stelzer
an. Jedes Jahr nimmt sich eine andere Konfirmandengruppe einem der vor allem
in Walldorf verlegten Stolpersteine an und reinigt diesen. Dabei
beschäftigen sich die Konfirmanden mit der Geschichte des Betreffenden und
halten einen kurzen Vortrag. In diesem Jahr wurde der Stolperstein von Clara
Marie Adler, geborene Hellmann, ausgewählt. Sie lebte mit ihrer Familie
einst An den Eichen 25-27, bevor sie mit ihrem christlichen Ehemann Franz
Josef Adler nach Frankfurt zog. 'Drei ihrer Großeltern waren Juden, weshalb
sie bei den Nazis als Volljüdin galt. Aber ihr Mann war als reiner Deutscher
anerkannt, weshalb sie gegenüber anderen privilegiert leben konnte',
berichteten Emmily Freitag und Olivia Meister im Rückblick auf das Leben der
ehemaligen Bewohnerin. Sie erinnerten an die Geschichte der Juden im
Nationalsozialismus, angefangen von der Machtergreifung der NSDAP, über die
Reichskristallnacht 1938 bis hin zur Verfolgung, Verschleppung und
Vernichtung von fast sechs Millionen Menschen jüdischen Glaubens. 'Auch
heutzutage werden Menschen noch verfolgt – aus den unterschiedlichsten
Gründen. Dabei sollte uns das Erinnern eigentlich helfen, aus der Geschichte
zu lernen', mahnte Pfarrer Jochen Mühl. Anschließend übergab er das Wort an
zwei weitere Konfirmanden, die etwas über die Verfolgung von ethnischen
Minderheiten, Volksgruppen, Gesinnungsgruppen oder aufgrund sexueller
Orientierung beisteuerten. Mit dem Lied 'Freunde, dass der Mandelzweig
wieder blüht und treibt' des jüdischen Theologen und Journalisten Schalom
Ben-Chorin wurde der offizielle Teil dieser symbolischen Reinigungszeremonie
eingeleitet. Henri Becker und Felix Runzheimer griffen zu Wasser und
Schwamm, um das in den Gehweg eingelassene Messingschild wieder auf
Hochglanz zu polieren. Die kurze Veranstaltung stand unter der
Schirmherrschaft des Fördervereins Jüdische Geschichte und Kultur im Kreis
Groß-Gerau und wurde von der Stadt Mörfelden-Walldorf unterstützt. Für die
Stadt war Stadträtin Ilona Wenz (SPD) gekommen und lobte diese Aktion gegen
das Vergessen. 'Eine lebendige Erinnerungskultur hier in Mörfelden-Walldorf
zu erhalten, das geht nur über das Engagement der Menschen', erklärte sie,
die in Vertretung von Bürgermeister Heinz-Peter Becker (SPD) gekommen war.
Auch einer der Organisatoren, Hans-Jürgen Vorndran, Geschäftsführer des
Fördervereins, lobte das Engagement der Konfirmanden von Thomas Stelzer und
Jochen Mühl. 'Mit Eurer Aktion tragt Ihr dazu bei, dass die Stolpersteine
wieder in Erinnerung bleiben. Ja, Ihr bringt dadurch die Steine wieder zum
Sprechen, in Form der Auseinandersetzung mit dem Menschen dahinter und der
Vergangenheit', lobte Vorndran die Gruppe."
Link zum Artikel |
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August 2018:
Rundgang zu den "Stolpersteinen"
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Artikel von Hans Dieter Erlenbach in
"Echo-Online" vom 18. August 2016: "Im Gedenken an die Gräueltaten der
NS.
MÖRFELDEN-WALLDORF - Das Gedenken an die Gräueltaten der Nationalsozialisten
an den jüdischen Mitbürgern zu bewahren, hat sich der Förderverein Jüdische
Geschichte und Kultur im Kreis Groß-Gerau auf die Fahnen geschrieben.
Die Stadt Mörfelden-Walldorf war vor 13 Jahren die erste Kommune im Kreis
Groß-Gerau, die das Stolpersteinprojekt des Künstlers Gunter Demnig
unterstützt hat, das vom früheren Ersten Stadtrat und dem Vorstandsmitglied
des Fördervereins Jüdische Geschichte, Hans-Jürgen Vorndran, umgesetzt
wurde. 54 Stolpersteine wurden in Mörfelden und Walldorf 'im Gedenken an
unsere vergessenen jüdischen Nachbarn', wie es Vorndran ausdrückte, vor
deren damaligen Wohnhäusern verlegt. 2011 in Mörfelden und 2012 und 2016 in
Walldorf gab es bereits Rundgänge zu den früheren Wohnhäusern jüdischer
Familien. Heute, Samstag, 18. August, wird von 15 bis 16.30 Uhr erneut ein
solcher Rundgang angeboten. Die Stolpersteine, so hatte es der inzwischen
verstorbene Schriftsteller Peter Härtling einmal formuliert, sollten 'Steine
des Anstoßes sein, deren Spur in unser Gedächtnis führt'. Gerade angesichts
des derzeit vermehrt aufkeimenden Antisemitismus und der Holocaustleugnung
seien solche Veranstaltungen des Erinnerns wichtig, so Vorndran. Der
Rundgang durch Mörfelden startet um 15 Uhr am Denkmal für die jüdischen
Familien Mörfeldens an der Ostseite des Rathausplatzes. Bürgermeister
Heinz-Peter Becker spricht ein Grußwort, bevor Rudi Hechler Fotos von
Nazi-Aufmärschen in der Stadt zeigt und die Situation der Juden schildert.
Die Langgasse 40, die Zwerggasse 2 und 3, die Hintergasse 18, die
Mittelgasse 9 und die evangelische Kirche in der Langgasse sind weitere
Stationen des Rundgangs. In der Kirche ist dann noch eine Gesprächsrunde mit
Pfarrerin Meike Sohrmann geplant. An jeder Station gibt es Informationen
über die einst dort lebenden jüdischen Familien. Von den Juden, die in
Mörfelden und Walldorf lebten, gelang nach 1933 21 Personen die Flucht. 13
gingen nach Amerika, je drei nach England und Ecuador, je eine nach
Frankreich und nach Palästina. Sechs Personen hatten sich versteckt oder
lebten in einer 'privilegierten Mischehe'. Acht Juden starben in den
Folgejahren eines natürlichen Todes, zwei begingen angesichts der Situation
Selbstmord. 17 Juden wurden aus ihren Wohnungen verschleppt und deportiert.
Von ihnen hat niemand überlebt, wie Hans-Joachim Vorndran in seinem Buch
niedergeschrieben hat. 1942 wurden Mörfelden und Walldorf von den braunen
Machthabern als 'judenfrei' an die übergeordneten Behörden gemeldet. Der
Rundgang an diesem Samstag wird von der evangelischen Kirchengemeinde
Mörfelden und der Stadt unterstützt."
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Moerfelden
Hesse. Jews first lived there in the 16th century. The community numbered 80 (5
% of the total) in 1861, declining to 35 (1 %) by 1900. In 1936, the community
disbanded and approximately half of the remaining Jews left before Kristallnacht
(9-10 November 1938), when Nazis made an attempt to burn the synagogue, even
though it had already been sold. Eight Jews emigrated, two committed suicide,
and 12 were deported in 1942.
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