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Friedhöfe in der Region"
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Nürnberg
Der neue jüdische Friedhof (Schnieglinger Straße)
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Vgl. Seite zur Hauptsynagoge in Nürnberg
(ausführliche Seite wird noch erstellt)
Zur Geschichte des neuen jüdischen Friedhofes
Zur Seite über die älteren jüdischen
Friedhöfe in Nürnberg (interner Link).
1905 konnte die jüdische
Gemeinde Nürnbergs ein Grundstück zur Anlage eines neuen,
bis heute belegten Friedhofes erwerben. 1910 wurde der Friedhof mit
der ersten Bestattung (Henriette Levy) eingeweiht. Nach weiteren Gebietszukäufen
1910 und 1916 stand ein insgesamt 4 ha großes Areal zur Verfügung. Im Zweiten
Weltkrieg wurden während der alliierten Luftangriffe viele Gräber beschädigt
oder zerstört, das Verwaltungsgebäude schwer in Mitleidenschaft gezogen. Schändungen
und Verwüstungen hatte das Gräberfeld ebenso zu überstehen. Doch wurde direkt nach
Kriegsende mit der Instandsetzung begonnen. Der Friedhof dient der jüdischen
Gemeinde noch heute als letzte Ruhestätte für ihre Toten.
Lage des Friedhofes
Der Friedhof liegt an der Schnieglinger
Straße 155.
Berichte aus der Geschichte des Friedhofes
Die jüdische Gemeinde bemüht sich um weiteren Grundstückserwerb für den
neuen Friedhof (1908)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. November 1908:
"Nürnberg, 30. Oktober (1908). In der jüngsten Sitzung der
städtischen Körperschaften kamen Beanstandungen zur Sprache, die gegen
das Projekt des neuen jüdischen Friedhofs erhoben worden sind. Die
israelitische Kultusgemeinde machte geltend, dass der Plan den
Bedürfnissen besser entsprochen hätte, wenn die Stadt, wie seinerzeit
gewünscht wurde, drei Tagewerke Terrain mehr abgetreten hätte, als
geschehen ist. Die Kultusgemeinde würde es jetzt noch begrüßen, wenn
die Kreisregierung, an die jetzt die Pläne gehen, das vom Magistrat wiederholt
abgelehnte Gesuch um weitere Grundstückabtretung befürworten würde.
Seitens der Stadtverwaltung wurde in der Sitzung erklärt, dass man auf
die Grundstücksabtretung nicht mehr zurückgreifen solle. Die
israelitische Begräbnisstätte sei bei der geringen Anzahl von
Sterbefällen auf Jahrzehnte hinaus ausreichend. Der Oberbürgermeister
fügte hinzu, dass der israelitische Friedhof auf 50 Jahre reiche." |
Überschwemmung auf dem neuen Friedhofsgelände
(Februar 1909)
Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Februar 1909:
"Nürnberg, 16. Februar (1909). Im neuen jüdischen Friedhofe sind
durch die hereingebrochenen Wasserwogen arge Verwüstungen angerichtet
worden." |
Schwierigkeiten mit der Straßenführung der
Schnieglinger Straße am Friedhof (Herbst 1909)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Oktober 1909:
"Nürnberg, 1. Oktober (1909). Gegen die vom Magistrat beabsichtigte
Festsetzung der Höhenlage der Schnieglingerstraße hatte die
israelitische Kultusgemeinde, welche in dortiger Gegend einen neuen
Friedhof eröffnet, Einspruch erhoben. Diesem Einspruch ist nunmehr vom
Magistrat Rechnung getragen worden." |
Ein Urnenhain wird auf dem Friedhof
eingerichtet (1910)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 1. April 1910: "Nürnberg. Wie verlautet, wird auf dem
demnächst zu eröffnenden jüdischen Friedhof ein Urnenhain (für:
Urnenheim) errichtet. |
Einweihung des neuen Friedhofes durch Rabbiner Dr.
Freudenthal (1910)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Juni 1910:
"In Nürnberg hat die feierliche Einweihung des neuen israelitischen
Friedhofes stattgefunden. Nach der Übergabe des Friedhofes an die
Kultusgemeinde durch den Vorsitzenden der Friedhofbaukommission Herrn
Kaufmann David Oberdorfer erfolgte die Übernahme durch den Vorsitzenden
der Kultusgemeinde Herrn Justizrat Dr. Held, welcher in seiner Ansprache
einen historischen Rückblick auf die Geschichte des Baues warf. Die
Weiherede wurde von Herrn Rabbiner Dr. Freudenthal
gehalten." |
Zufriedenheit mit dem neuen Friedhof - wenige Jahre
nach der Einweihung (1914)
Aus
einem Bericht über die jüdische Gemeinde Nürnberg in der Zeitschrift
"Liberales Judentum" vom Januar 1914: "Das Beerdigungswesen
ist ein mustergültiges. Der vor einigen Jahren in Betrieb genommene
zweite Friedhof weist Baulichkeiten auf, die in hygienischer und sonstiger
Hinsicht den modernsten Anforderungen entsprechen. Die Leichenfeier
vollzieht sich in ganz schlichter und prunkloser Weise, aber in
würdigsten und vornehmsten Formen. Den Anhängern der Feuerbestattung ist
dasselbe Recht zu Benutzung des Friedhofs zuerkannt, wie den übrigen
Gemeindemitgliedern. Die Aschenreste werden entweder in den laufenden
Gräberreihen im Sarge beigesetzt oder auf einem besondern Felde
überirdisch, jedoch unsichtbar im Grabstein aufbewahrt; die religiöse
Trauerfeier wird vor der Überführung oder bei der Bestattung
abgehalten." |
Einweihung eines Gedenksteines für die Gefallenen des
Ersten Weltkrieges (1922)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
30. November 1922: "Nürnberg, 23. November (1922). Die
israelitische Kultusgemeinde ließ am Sonntag den Gedenkstein einweihen,
den sie ihren im Kriege gefallenen 178 Söhnen auf der Südseite des
israelitischen Friedhofs hat errichten lassen. Die Gedächtnisrede hielt
Rabbiner Dr. Freudenthal, Justizrat Held sprach im Namen des Vorstandes
der Kultusgemeinde. An der Hand statistischer Angaben, wonach von 100.000
jüdischen Heeresangehörigen 80.000 an der Front gekämpft hätten und
12.000 nicht mehr in die Heimat zurückgekehrt seien, stellte er fest,
dass der jüdische Soldat sich an Vaterlandsliebe von keinem anderen
übertreffen ließe." |
Ausschreibung der Stelle des Friedhofsgärtners und
-verwalters (1922)
Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des Central-Vereins)
vom 2. November 1922: "In unserer Kultusgemeinde wird zum 1.
April 1923 die Stelle eines
Friedhofsgärtners und -verwalters
frei. Bewerber, welche ihre praktische Betätigung auf dem Gebiete der
Gärtnerei und auch eine Betätigung auf Friedhöfen durch vorzügliche
Zeugnisse belegen können, wollen sich bei uns melden. Die Meldefrist
läuft bis zum 15. November dieses Jahres.
Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg." |
Fotos:
Nachstehende
Fotos in geringer Auflösung:
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach) |
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Die
Trauerhalle an der Schnieglinger Straße |
In der Trauerhalle mit den
mittelalterlichen Grabsteinfragmenten |
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"Im Zeichen der
religiösen Verständigung
überließ sie der Kirchenvorstand von St.
Lorenz 1969 der Israelitischen Kultusgemeinde
Nürnberg. Nürnberg im
Nissan 5730.
Im Mai 1970". |
Hebräisch und deutsch:
"Siehe der Stein schreit aus der Mauer"
(Bibelzitat aus dem
Prophetenbuch Habakuk 2,11) |
"Diese Grabsteine vom
ersten
jüdischen Friedhof in Nürnberg,
abgetragen 1349, wurden 1352
als
Treppenstufen im Südturm
der St. Lorenzkirche eingebaut" |
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Grabstein für
Hedwig Maas
geb. Levor
und Gedenkinschrift für den in Theresienstadt
umgekommenen
Leopold Maas |
Grabstein für die
KZ-Häftlinge
Hermann Löb und Tobias Heinstein
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Grabstein für
Walter Abusch,
geb. 1921, erschossen am 9.11.1939
im KZ Buchenwald |
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Grabstein für Oberkantor
Theodor Fränkel (1873-1930)
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Gedenkstein für Meta Schwarz
geb. Stern
(geb. 1889, "Opfer des 3. Reich")
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Grabstein
für Ignaz Bing (1840-1918), seine Frau Ida
(geb. Ottenstein, 1844-1919) und deren Tochter
Anna verh. Kuhn (1877-1925). Vgl. Seite zu
Streitberg. |
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Gräber für Persönlichkeiten im jüdischen Gemeindeleben nach 1945 |
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Grabstein für Direktor Martin
Jacobowitz
(1889-1961) und Frau Mathilde geb. Rosenfeld.
Jacobowitz war
nach 1945 maßgeblich beim
Aufbau der Israelitischen Kultusgemeinde
beteiligt (langjähriger 2. Vorsitzender) |
Grabstein für Adolf Hamburger
(1900-1974)
und Frau Lotte. Hamburger war nach 1945
maßgeblich beim
Aufbau der Israelitischen
Kultusgemeinde Nürnberg beteiligt,
zuletzt
deren Ehrenvorsitzender |
Grabstein für Albert Ehrhardt
(1919-1994)
und seine Frau Margot geb. Boss. Ehrhardt
war von 1945 bis
1994 maßgeblich am
Wiederaufbau der Israelitischen
Kultusgemeinde
Nürnberg beteiligt |
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Der
Friedhof im Sommer 2007
(Fotos: Angelika Brosig, Schopfloch; Aufnahmedatum 12.8.2007) |
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Die Trauerhalle am
Eingang zum
Friedhof von der Schnieglinger Straße |
Hauptweg
durch den Friedhof
mit Blick zum Brunnen, rechts erkennbar
Grabsteine für Ehepaar Ehrhardt
(s.o.) und
RAW Dr. Sigmund Held (1860-1926) mit
Frau Frida geb. Hahn
(1869-1944 London) |
Brunnen
im
Friedhof |
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Teilansicht, u.a.
Gräber für Fanny Rothenberg,
Marianne Sondheimer und Sara Pretzfelder |
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Grabstein für
Salomon Katz (1841-1921)
mit "segnenden Händen" der Kohanim
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Grabstein für Max
Hesselberger (1846-1920)
und Johanna Hesselberger (1855-1935)
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Grabstein für
Kommerzienrat Berthold Bing
(1847-1915) und Hermine Bing geb. Bachmann
(1853-1932) |
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Grabstein
für David Hesselberger (1845-1915)
und Pauline Hesselberger (1848-1928)
mit Gedenkinschrift für Josef Hesselberger
(1873 - 1945 Theresienstadt) |
Grabstein
mit "sich schnäbelnden Vögeln"
als Symbol von Zuneigung und
Verbundenheit
für Traude Feith (gest. 1926)
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Teilansicht
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Grabstein für
Jakob Nussbaum,
Oberlehrer in Neumarkt
(1869-1937) |
Oberkantor Theodor
Fraenkel
(1873-1930) |
Grabstein mit
Darstellung
eines Pfau |
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Gefallenendenkmal
für die jüdischen
Gefallenen der Ersten Weltkrieges mit
Gedenktafel für
die Ermordeten in der NS-Zeit |
Familiengrabstätte
Prager |
Grabstein Familie
Ullmann: Wilhelm Ullmann
(1849-1927) und Sabine geb. Schopflocher
(1858-19..) sowie weitere Angehörige |
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Teilansicht |
Teilansicht, u.a.
Grabsteine für
Liesel Griessmann und Paul Frankenthal |
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Teilansichten
von Gräberfeldern nach 1945 |
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Blick auf ein
neues
Gräberfeld |
Grabstein von
1971,
im Hintergrund neue Gräber |
Schild an der
Zedaka-Büchse
(Sammelbüchse für wohltätige Zwecke) |
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Hinweis: Der in Erlangen am 8. Juli
1980 verstorbene Prof. Dr. Hans-Joachim Schoeps wurde zunächst auf dem neuen
Israelitischen Friedhof in Nürnberg beigesetzt, jedoch am 24. September 1996 auf
den jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee überführt.
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Links: Historische Aufnahme
(von 1984, Foto: Jürgen Hanke, Kronach) des Grabes von Prof. Dr.
Hans-Joachim Schoeps (1909-1980, seit 1947 in Erlangen tätig) in Nürnberg.
Prof. Schoeps wurde zunächst im neuen Israelitischen Friedhof
(Schnieglinger Straße 155) in Nürnberg beigesetzt, im September 1996
exhumiert und nach Berlin-Weißensee überführt (dort Grab-Nr. 115076 /
Abteilung. C VII / Erbbegräbnis 3860). |
Einzelne Presseberichte
November 2010:
Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof mit
Oberbürgermeister Ulrich Maly |
Artikel von Michael Kasperowitsch in den "Nürnberger
Nachrichten" vom 7. November 2010 (Artikel):
"'Es gibt für uns eine Pflicht des Erinnerns'. Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht 1938 — Appelle gegen den Rechtsextremismus -.
Nürnberg - Der Appell, im Kampf gegen alle Erscheinungsformen des Rechtsextremismus nicht nachzulassen, und der Ruf nach einem NPD-Verbot: Dies hat neben der Erinnerung an die Opfer der Reichspogromnacht am 9. November 1938 im Zentrum einer großen Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof gestanden.
'Ich bin wiederholt gefragt worden, ob es denn noch nötig sei, in dieser Form an die Ermordeten zu
erinnern', sagt Arno Hamburger, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde
(IKG) Nürnberg, vor gut 250 Gästen, darunter zahlreiche Stadträte, aber auch Bezirks-, Landes- und Bundespolitiker. Hamburger bekräftigt:
'Die Nacht der Schande 1938 ist sehr wohl nicht nur ein Anlass, sondern eine Pflicht für uns, daran zu denken, welche Verbrechen zwischen 1933 und 1945 geschehen
sind.' Der IKG-Vorsitzende warnt vor den jüngsten Aktivitäten der Rechtsextremisten, dankt aber gleichzeitig den demokratischen Parteien im Stadtrat und Oberbürgermeister Ulrich Maly persönlich für ihre Entschiedenheit, mit der sie gegen aktuelle Bestrebungen angehen, die NS-Verbrechen zu relativieren. Im Stadtrat sitzen zwei Vertreter der NPD-Tarnorganisation Bürgerinitiative Ausländerstopp.
'Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass den geistigen Nachfolgern der NS-Mörder die legale Plattform entzogen wird, von der aus sie die Bevölkerung zu täuschen
versuchen', meint Arno Hamburger. 'Der Oberbürgermeister hat recht, wenn er sagt: Deren Ansichten gehören auf den Misthaufen der
Geschichte.'
Ulrich Maly selbst würdigt ausdrücklich Hamburgers unermüdliches Engagement gegen den Rechtsextremismus und sichert ihm die uneingeschränkte Unterstützung des demokratischen Nürnberg zu.
'Das rechtsextremistische Gedankengut ist mit einem NPD-Verbot noch nicht
verschwunden', sagt der Oberbürgermeister. Er mahnt zur äußersten Wachsamkeit gegenüber Einstellungen, die den Frieden bedrohen, Ausgrenzung propagieren oder einem neuen Antisemitismus das Wort reden. Das Stadtoberhaupt spricht in seiner Rede während der Gedenkfeier auch das Memorium Nürnberger Prozesse an, dessen Eröffnung am 21.November internationale Beachtung finden wird. Die Ausstellung auf dem Dachboden des Nürnberger Justizpalastes beschäftigt sich mit der Geschichte der Kriegsverbrecherprozesse und ihrer Bedeutung für das moderne Völkerstrafrecht.
Auf zwei Dinge kommt es laut Maly an, wenn die internationale Gemeinschaft in zwei Wochen auf Nürnberg schaut. Zum einen müsse klar werden, dass damals zwar die NS-Hauptkriegsverbrecher verurteilt wurden, dass aber in der NS-Zeit viel mehr Menschen schuldig geworden sind,
'die das System gebilligt oder sogar begeistert mitgetragen haben'; zum anderen dürfe die Vorgeschichte nicht vergessen werden.
Das, was in den 30er Jahren mit dem Wahlerfolg der Nazis, ihrer 'Machtergreifung' oder später den sogenannten Nürnberger Rassegesetzen seinen Anfang nahm, hatte vor allem eines zum Ziel, nämlich die weltweite Vernichtung jüdischen Lebens. Heute, so das Stadtoberhaupt, hat die jüdische Gemeinde in Nürnberg wieder feste Wurzeln geschlagen." |
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September 2019:
Führungen über den jüdischen
Friedhof durch den Verein "Geschichte für alle" |
Artikel von Timo Lechner im "Sonntagsblatt"
vom 16. September 2019: " Beerdigungen. Der Neue Jüdische Friedhof in
Nürnberg: Bestattungskultur im Judentum
Wie beerdigen Juden ihre verstorbenen Verwandten und Bekannten? Einblicke in
die für Christen oft unbekannte Bestattungskultur findet man auf dem Neuen
Jüdischen Friedhof in Nürnberg. Dort bietet der Verein "Geschichte für Alle"
regelmäßig Führungen an.
Die erste Überraschung für Nichtsahnende kommt gleich vor dem Eintritt durch
die Holztür in der hohen Mauer, die den 1910 eingeweihten Friedhof schützt:
Gästeführer Daniel Gürtler setzt sich eine Kippa auf, während Kathrin
Lehnerer, die beim Nürnberger Verein für die Öffentlichkeitsarbeit
verantwortlich zeichnet, ihr langes Haar offen tragen darf. Ganz gemäß einer
nachbiblischen, jüdischen Tradition, die für observant lebende, orthodoxe
Juden, die streng nach der rabbinischen Auslegung der biblischen Gesetze
leben, als verpflichtend gilt. Der in Nürnberg geborene Rabbiner Daniel
Alter erklärt dazu, dass ein Mann sich generell den Kopf bedecken soll, wenn
er das Haus verlässt und mehr als drei Schritte geht. Ein Symbol des
Respekts vor Gott. 'In der christlichen Tradition ist es genau umgekehrt, da
heißt es 'Hut ab zum Gebet' als Zeichen der Demut', erklärt Alter. Bei den
Frauen dagegen ist es ebenfalls eine nachbiblische Tradition, dass sie ihr
Haar nicht offen tragen, wenn sie verheiratet sind. 'Das praktizieren aber
höchstens zehn Prozent der jüdischen Frauen in Deutschland. Und daher wird
es von ihnen auch nicht unbedingt erwartet, dass sie ihren Kopf bedecken,
wenn sie einen Friedhof besuchen', klärt der Rabbiner auf.
Neuer Jüdischer Friedhof: Letzte Ruhestätte für Juden aus Nürnberg.
Bis heute dient der Friedhof der Jüdischen Gemeinde als letzte Ruhestätte
für ihre Toten. Ins Auge sticht als Erstes die große Trauerhalle, die wie
der gesamte Friedhof vom Nürnberger Architekten Emil Hecht gestaltet wurde.
Sie war im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden, in ihr und dem
angrenzenden Verwalterwohnhaus überlebten aber die wenigen in Nürnberg
verbliebenen Juden, die gegen Kriegsende nicht mehr deportiert worden
waren. 1970 wurden in der Aussegnungshalle die in der Lorenzkirche als
Treppenstufen missbrauchten jüdischen Grabsteine aus dem 14. Jahrhundert
angebracht, die auf Initiative von Arno Hamburger, langjähriger Vorsitzender
der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg, ausgebaut worden waren.
Warum jüdische Gräber nicht mit Blumen geschmückt werden. Sein Grab
ist eines der auffälligsten der rund 3.000, die auf dem Areal zu finden
sind. Auch hier fällt auf: Kaum Blumenschmuck, dafür werden Steine auf die
Gräber gelegt. Ein Brauch, der aus der Zeit stammt, in der Juden auf der
Flucht aus Ägypten durch die Wüste zogen. Aus Mangel an anderen
Schmück-Möglichkeiten brachten die Angehörigen zur Bestattung kleine Steine
mit und schichteten sie auf dem Grab auf. 'Der Brauch hat aber noch einen
anderen Sinn: Keiner der hier Liegenden soll durch besonderen Blumenschmuck
über andere gestellt werden', erklärt Gürtler. Auf vielen Grabsteinen findet
man segnende Hände als Symbol eingemeißelt. In dieser Händehaltung erteilen
jüdische Priester, die sich auf die männlichen Nachkommen von Moses' Bruder
Aaron berufen, den 'aaronitischen Segen' über die Gemeinde. Im Gegensatz zu
den Friedhöfen der christlichen Kultur, auf denen in einem Grab mehrere
Generationen einer Familie auch mal übereinander bestattet werden, besitzt
in der jüdischen Tradition ein Verstorbener einen Flecken Erde für sich
allein. Für immer. Dass ein Grab aufgelöst und an derselben Stelle jemand
anderes bestattet wird, ist undenkbar in der jüdischen Begräbniskultur.
Wer auf dem Jüdischen Friedhof begraben ist. Der Neue Jüdische
Friedhof bietet auch einiges für historisch Interessierte. Da ist
beispielsweise das Denkmal für die 178 jüdischen Nürnberger, die im Ersten
Weltkrieg fielen und die jüdischen Kriegsgefangenen, die in Nürnberg
starben. Im hinteren Teil findet man dann die Gräber der rund 20 Menschen,
die bei den Novemberpogromen 1938 starben, sowie Steine mit
Gedenkinschriften für in Konzentrationslagern ermordete Angehörige. Wie auf
beinahe jedem größeren Friedhof findet man hier auch ein paar Gräber von
regionalen Größen wie Carl Marschütz, Gründer der Hercules-Werke, oder von
den Großeltern und dem Vater des US-amerikanischen Rockstars Billy Joel,
dessen Wurzeln in Nürnberg liegen."
Link zum Artikel |
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November 2019: Kranzniederlegung
durch Oberbürgermeister Ulrich Maly zum Gedenken an den Novemberpogrom 1938
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Artikel in "br.de" vom 10. November 2019: "In
Gedenken an Reichspogromnacht: Maly legt Kranz nieder
In ganz Deutschland wird am 10. November an die jüdischen Opfer während der
Reichspogromnacht gedacht - so auch in Nürnberg auf dem Israelitischen
Friedhof.
Die Stadt Nürnberg gedachte heute der jüdischen Opfer der Bevölkerung
während der sogenannten Reichspogromnacht vor 81 Jahren. Oberbürgermeister
Ulrich Maly legte auf dem Israelitischen Friedhof einen Kranz nieder.
Warnung vor Judenhass. In seiner Rede warnte er vor zunehmenden Hass
gegen Juden. Es könne nicht sein, dass in Deutschland durchschnittlich vier
antisemitische Straftaten pro Tag verübt werden, so Maly. Er forderte ein
härteres Vorgehen gegen Fremdenhass.
Mehr Schutz für jüdische Einrichtungen. Damit ein Anschlag wie Halle
sich nicht wiederhole, sei der Schutz von jüdischen Einrichtungen nötig,
langfristiges Ziel sollte allerdings sein, dass jüdisches Leben in
Deutschland so normal sei, dass es dieses Schutzes nicht mehr bedarf.
Gedenken an Reichspogromnacht in ganz Bayern. In der Nacht von 9. auf
10. November 1938 wurden zahlreiche Juden in Deutschland und Österreich
durch das nationalsozialistische Regime verfolgt, misshandelt und getötet.
So wird in vielen Bayerischen Städten an die Reichspogrom"
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens
in Bayern. 1988 S. 167-172. |
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