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Friedhöfe in Bayern"
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St. Ottilien (Gemeinde
Eresing, Kreis
Landsberg am Lech)
Jüdischer Friedhof
(erstellt unter Mitarbeit von Otmar Frühauf, Breitenthal)
Zur Geschichte des Friedhofes
In St. Ottilien gab es von Mai 1945 bis 1948 eine Jüdische
Kultusgemeinde. Ihre Mitglieder waren jüdische Displaced Persons
(KZ-Überlebende aus unterschiedlichen Lagern / Flüchtlinge), ehemalige
KZ-Opfer des Lagers Kaufering und jüdische Kranke aus Dachau und der Umgebung
von Landsberg/Lech. Sie wurden in einem Krankenhaus am Ort gepflegt. Die meisten
von ihnen sind 1948 nach Israel oder in andere Länder ausgewandert. Es gab
einen Betsaal im heutigen Haus St. Paulus im 1. Stock im Zimmer in der
Südwestecke im Kloster St. Ottilien. Die während der Jahre des Bestehens der
Gemeinde verstorbenen Personen wurden auf einem Friedhof am Ort beigesetzt.
Die in der Zeit des Bestehens des DP-Lagers Verstorbenen wurden auf dem Friedhof
beigesetzt, darunter jedoch auch christliche Personen (Grabstein durch Kreuz
markiert an Stelle eines Davidsternes, siehe unten).
Zur Geschichte des Klosters in den 1940er-Jahren (Zitat aus der Website
des Klosters)
Im 2. Weltkrieg diente das Kloster wiederum als Lazarett. Insgesamt wurden 77 Soldaten auf dem Klosterfriedhof beerdigt. Mehrere deutschstämmige Rücksiedler aus der Bukowina liegen ebenfalls hier. Ein Gedenkstein neben der kleinen Herrgottskapelle im Südwesten des Friedhofs erinnert an 17 Russen aus dem deutschen Heer, die am 27. April 1945 bei Eresing durch Tiefflieger umkamen.
Am gleichen Tag wurde ein auf offener Strecke abgestellter Zug mit KZ-Häftlingen bei Schwabhausen bombardiert. Überlebende Verletzte konnten sich zum Lazarett nach St. Ottilien durchschlagen, das unter amerikanischer Aufsicht zu einem Hospital für »Displaced Persons«, d.h. ehemalige KZ-Häftlinge, wurde. Bis 1948 existierte dieses Hospital in St. Ottilien. Die Patienten, die an den durch die Bombardierung erlittenen Verletzungen oder infolge der jahrelangen Haftentbehrungen im Hospital starben, wurden in einem eigenen Teil des Friedhofs beigesetzt. Bis 1948, als das Hospital aufgelöst wurde, verzeichnet das Gräberbuch 76 Beerdigungen für den Judenfriedhof. Angehörige ließen später einige Grabsteine errichten, die heute noch von Nachfahren besucht werden. Aufgelegte Steine bezeugen nach jüdischem Brauch das Gebetsgedenken. Der jüdische Friedhof steht unter der Verwaltung der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung. |
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Rechts: Das
Titelbild des "Mitteilungsblattes des Landesverbandes der
Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern" 27. Jahrgang Nr. 118 vom
April 2012 zeigt das Titelblatt des ersten Talmuddrucks in Deutschland
nach der Schoa, München - Kloster Sankt Ottilien, 1946. Unten: Erdhütten
in einem KZ-Außenlager bei Kaufering (Psalm 119,87: 'Um ein Weniges
hätten sie mich aufgerieben im Lande, ich aber verließ deine Gebote
nicht'); oben: Idealisiertes Jerusalem (Haggada von Pessach: 'Aus der
Knechtschaft zur Erlösung, aus der Finsternis zum hellen
Licht'). |
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Lage des Friedhofes
In der äußersten südöstlichsten Ecke des Klosters
/ Ortsteils St. Ottilien unmittelbar an den Klosterfriedhof angrenzend - von diesem durch eine Hecke
getrennt.
Link zu den Google-Maps
(der Pfeil markiert die Lage des Friedhofes)
Größere Kartenansicht
Fotos
(obere Fotozeile: Patrick Huebgen, Quelle: Wikipedia-Artikel zu St.
Ottilien, Aufnahmedatum: Mai 2005;
ab der zweiten Fotozeile: Otmar Frühauf, Breitenthal, Aufnahmedatum:
6.7.2010)
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Das Benediktinerkloster St.
Ottilien, 1945-1948 Sitz einer jüdischen Gemeinde |
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Der jüdische Friedhof im Juli
2010 |
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Zentraler
Wegweiser, auch
zum jüdischen Friedhof |
Blick auf den
Friedhof |
Das
Eingangstor mit Davidstern und
Steinen von Besuchern auf den Pfosten |
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Ansichten des
Friedhofes, vom Eingang kommend |
Blick zurück zum
Eingang |
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Gemeinsamer
Grabstein für
16 Beigesetzte (gest. Mai 1945): "Durch
Hass erniedrigt - durch Leid geadelt" |
Gemeinsamer
Grabstein für neun Beigesetzte
(gest. zwischen Mai und November 1945):
"Euer Opfer bleibt unvergessen!" |
Grabstein für
neun Beigesetzte
(gest. Mai 1945): "Der Weg des
Leidens mündet in Gott". |
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Die 16 Namen des obigen gemeinsamen
Grabsteines (Foto links): Emerich Rosenbaum, Dr. Max Friedemann,
Margaretha Haniak, Josef Pollack, Josef Lichtmann, Feifel Schüßler,
Ebemir Czoswick, Simel Freiberg, Ludwig Schweid, Ode Leobowitsch, Worgo
Loyosch, Saly Mowsowith, Moritz Moyceschowski, Paul Rasko, Johann Karosso,
Samuel Weinstein. |
Die acht Namen des obigen gemeinsamen
Grabsteines (Foto Mitte): Martel Lewin, Sondermann, Ceshiel Talakosska,
Hasken Weinling, Luigi Difilipow, Dr. Kurt Otto Eisner, Bernhard Freilich,
Sawel Ferstenberg, Alex Zerchorovsky. |
Die acht Namen des obigen gemeinsamen
Grabsteines (Foto rechts) für nichtjüdische Personen (mit
Kreuz auf Grabstein statt Davidstern markiert): Maria Lilli Glück,
Loriani Ed. Mathofel, Ivan Bovitsch, Heinrich Lichtenstein, Konstantin
Sierow, Antonio Alimanosch, Johann Lotisz, Karlmann Barua, Manlow Fruck,
Lidonius Krais, George Bare. |
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Grabstein für
Lea Feldblum
(gest. 25. Juni 1947) |
Grabstein für
Chaja Verstendig
(gest. 2. Februar 1948) |
Grabstein für
Josef Goldberg
(gest. 1. Februar 1948) |
Grabstein für
Necha Jutta
(gest. 19. März 1948) |
Gemeinsamer
Grabstein für acht
Beigesetzte (gest. zwischen Mai 1945
und August 1946) |
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Die acht Namen des
obigen gemeinsamen Grabsteines (Foto rechts): Jakob Lachmann, Leiba
Kaplan, Ernst Klein, Nerzit Weiß, Ertera Kaumann, Ignatz Rosenberg. Ice
Schimen Kirschenblatt, Debora Kiris. |
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Grabstein für
Ing. Bert Minzer
(gest. 3. Februar 1946) |
Gemeinsamer Grabstein für
David Benesch (gest. 18. Juni 1945)
und Josef Miller |
Grabstein für
Moritz Klausner
(gest. 23. April 1946) |
Grabstein für Dozent
Rostislaw Ahmnurow
(gest. 1947) |
Grabstein für Mirjam
Gutmann-Leneman
(gest. 2. August 1947) |
Grabstein für
Hendel Seidel
(gest. 25. August 1947) |
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Teilansichten im
hinteren Teil des Friedhofes |
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Zwei Aufnahmen vom
August 2003 (Fotos: Hans-Peter Laqueur, Bremerhaven) |
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Fotos in
höherer Auflösung
(erhalten von Rolf Hofmann, Stuttgart) |
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Das Eingangstor
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Der gemeinsame
Grabstein für acht christliche
Beigesetzte (siehe oben) |
Gemeinsamer
Grabstein für
Martel Lewin usw. (siehe oben) |
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Gemeinsamer
Grabstein für
Emerich Rosenbaum usw. (siehe oben) |
Grabstein für Hendel
Seidel
(gest. 25. August 1947) |
Grabstein für Josef
Goldberg
(gest. 1. Februar 1948) |
Grabstein für Necha Jutta
(gest. 19. März 1948) |
Grabstein für David
Benesch
(gest. 18. Juni 1945) |
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Grabstein zugleich für Josef
Miller |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Juni 2018:
Das Kloster St. Ottilien
beschäftigt sich mit seiner jüdischen Vergangenheit
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Artikel
von Ulrike Osman im "Kreisboten.de" (regional) vom 12. Juni 2018:
"Nie wieder auf deutschem Boden. Jüdische Vergangenheit des
Klosters St. Ottilien soll aufgearbeitet werden
St. Ottilien – In diesen Wochen beschäftigt sich das Kloster St.
Ottilien mit seiner jüdischen Vergangenheit. Von 1945 bis 1948 existierte
auf dem Gelände der Erzabtei ein Krankenhaus für sogenannte Displaced
Persons (DP) – für Überlebende aus den Konzentrationslagern und Menschen,
die durch Krieg und Verfolgung heimatlos geworden waren. 70 Jahre nach der
Schließung des DP-Krankenhauses trafen in St. Ottilien die Nachkommen von
Holocaust-Überlebenden sowie zahlreiche weitere Interessierte aus dem In-
und Ausland zu einer mehrtägigen Veranstaltung zusammen. Den Auftakt bildete
die Eröffnung einer Ausstellung in der Klostergalerie, die sich mit dem
jüdischen Leben im St. Ottilien der Nachkriegsjahre befasst und gemeinsam
von Pater Cyrill Schäfer sowie Vertreterinnen des Jüdischen Museums München
und des Historischen Seminars der Ludwig-Maximilians-Universität konzipiert
wurde. Wie das jüdische Leben im Bayern der Nachkriegszeit aussah, darüber
sprach im Anschluss Bayern-3-Moderator Thorsten Otto mit Professor Michael
Brenner, Historiker und Sohn zweier Holocaust-Überlebender aus der
Oberpfalz. Otto und Brenner sind dort zusammen zur Schule gegangen und
teilen viele gemeinsame Erinnerungen. Dass Brenners Eltern nach Kriegsende
in Deutschland blieben, war die große Ausnahme. Die meisten Juden, die die
Nazi-Herrschaft überlebt hatten, verließen das Land. So auch zwei Schwestern
seines Vaters, wie Brenner berichtete. 'Die eine kam immer mal wieder zu
Besuch, die andere wollte nie wieder deutschen Boden betreten.' Bei
Aufenthalten in Israel habe sein Vater sich noch bis in die 1970er Jahre
hinein unwohl gefühlt, Deutschland als seinen Wohnort zu erwähnen.
Antisemitismus heute. Normalität im deutsch-jüdischen Verhältnis mag
sich vielleicht in den 1990er Jahren angedeutet haben, inzwischen jedoch
verschlechtert sich die Situation wieder, wurde aus dem Gespräch deutlich.
Thorsten Otto zitierte die erschreckenden Ergebnisse einer repräsentativen
Umfrage unter der jüdischen Bevölkerung in Deutschland: Fast zwei Drittel
haben bereits versteckte antisemitische Beleidigungen erfahren, ein Drittel
sogar offene Anfeindungen. Wer hier sofort an Islamisten denkt, liegt
falsch. Die meisten antisemitischen Straftaten kommen Brenner zufolge aus
der rechtsradikalen Ecke und sind im übrigen nicht auf Deutschland
beschränkt. 'Jede jüdische Einrichtung in Europa ist ja nicht am Davidstern
zu erkennen, sondern an den Polizeiautos vor der Tür, mit denen die
Einrichtung geschützt wird.' Was jeder Einzelne zur Verbesserung der
Situation tun kann - 'dafür gibt es kein allgemeingültiges Rezept'. Eine
große Rolle spielt naturgemäß die Schule. Außerdem könne jeder Einzelne im
täglichen Leben Offenheit praktizieren. Veranstaltungen wie die in St.
Ottilien seien ebenfalls ein Schritt in die richtige Richtung – nicht jedoch
das Aufhängen von Kreuzen in öffentlichen Einrichtungen. 'Kleine Schritte
können auch in die falsche Richtung führen', sagte Brenner unter dem Applaus
der zahlreichen Zuhörer.
Die Ausstellung 'St. Ottilien und seine jüdische Geschichte' ist noch bis
zum 23. September in der Klostergalerie zu sehen. Öffnungszeiten sind Montag
bis Freitag 10 bis 12 Uhr und 13.30 bis 17 Uhr; Samstag 10 bis 12 Uhr und
13.30 bis 18 Uhr. Und an Sonn- und Feiertagen von 10.30 bis 16 Uhr."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens
in Bayern. 1988 S. 317-318. 1995² S. 330.
|
| Bundeszentrale für politische Bildung (Hg. von
Ulrike Puvogel/Martin Stankowski): Gedenkstätten für die Opfer
des Nationalsozialismus. 1995 S. 130.
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