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"Synagogen im Hochtaunuskreis"
Wehrheim mit
Kransberg (Stadt Usingen) (Hochtaunuskreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Hinweis: die Publikation "Aus der
Wehrheimer Geschichte Nr. 9" (siehe Lit.) konnte noch nicht eingearbeitet
werden.
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Wehrheim bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938. Seit wann Juden am Ort lebten (von 1372 bis 1814 hatte
Wehrheim Stadtrechte), ist nicht bekannt. Ein erster Nachweis liegt von 1662
vor. Die Entstehung der Gemeinde dürfte in
das 18. Jahrhundert zurückgehen.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1830 acht jüdische Familien, 1843 37 jüdische Einwohner, 1871 37 (2,6 %
von insgesamt 1.420 Einwohnern), 1885 37 (2,8 % von 1.330), 1905 40, (2,7 % von
1.457), 1910 22 (1,4 % von 1.548).
Die jüdischen Familienvorstände waren als Viehhändler, Metzger und Kaufleute
tätig. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden von ihnen einige
Läden beziehungsweise Handlungen am Ort eröffnet (vgl. unten die Anzeigen von
1884 / 1887 der Bäckerei Hirsch und des Manufakturwaren- und Eisengeschäftes
von Alex Hirsch).
1845 wird als Gemeindevorsteher Samuel Hirsch genannt. Unter seinen
Nachfolgern war Alexander Hirsch (gest. 1886), dann Mayer Hirsch (1886 bis
1889), danach bis zuletzt Adolf Sternberger.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule) und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet
tätig war (siehe Ausschreibung der Stelle von 1871 unten). Von 1842 bis 1852 unterrichtete Lehrer Samuel Emden die jüdischen
Kinder in Wehrheim; der Religionsunterricht fand meist gemeinsam mit den Kindern
der Umgebung (Usingen, Anspach usw.) statt.
Ab 1890 war der Amtssitz des Lehrers in Usingen. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Weilburg, später Bad
Ems -
Weilburg.
Um 1924, als zur Gemeinde noch 14 Personen gehörten (0,9 % von insgesamt
1.552 Einwohnern, dazu 11 Personen in Kransberg in vier Familien), war Gemeindevorsteher
der bereits genannte Adolf Steinberger (bis zur Auflösung der Gemeinde).
1933 lebten noch 15 jüdische Personen in Wehrheim (0,9 % von insgesamt
1.639 Einwohnern, in fünf Familien; dazu neun Personen in Kransberg). Die Namen
der jüdischen Familien in Wehrheim waren: Steinberger (zwei Personen),
Leopold (zwei), Katz (vier), Flörsheimer (zwei) und Rosenberg (drei). In
den Jahren nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Die Familien Katz und
Rosenberg konnten in die USA emigrieren.
Von den in Wehrheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Settchen Herz
geb. Hirsch (1866), Hugo Hermann Hirsch (1874), Jeanette Hirsch geb. Bendheim (1861),
Karl Hirsch (1868), Selma Hirsch geb. Hirsch (1872),
Siegfried Hirsch (1878), Hedwig Höxter geb. Katz
(1892).
An Hugo Herrmann Hirsch, der mit seinen Brüdern 1906 nach Frankfurt-Höchst
verzog (Mitinhaber der Lebensmittelgroßhandlung Hugo Hirsch) und 1941 nach
Kaunas (Kowno in Litauen) deportiert und ermordet wurde, erinnert in Höchst in
der Königsteiner Straße 36 ein "Stolperstein".
Zur jüdischen Geschichte in Kransberg
Zur jüdischen Gemeinde in Wehrheim gehörten auch die in Kransberg
lebenden jüdischen Personen. Bereits 1346 wird ein "Jacob von Cranichsberg"
als Geldverleiher genannt, der ein Rechtsgeschäft unter Bürgschaft des Juden
Anselm von Kronberg in die Frankfurter Gerichtsbücher eintragen ließ (Germania
Judaica II,1 S. 452). Auch im 19./20. Jahrhundert lebten einige jüdische
Familien am Ort. 1843 waren es sechs jüdische Einwohner (Familie von Hirsch
Goldschmidt), 1905 neun, 1924 elf, 1933 neun, 1937 in vier Familien
gleichfalls neun Personen am Ort, darunter zwei Kinder:
Artikel im "Gemeindeblatt für die Israelitische Gemeinde
Frankfurt" vom Juni 1937 S. 20: "Cransberg, früher
Cranichsberg, wo schon 1346 Jacob von Cransberg als Geldverleiher
erscheint, und wo jetzt noch vier Familien mit neun Seelen, darunter zwei
Kinder wohnen." |
Als am 30. März 1945 eine amerikanische Kampftruppe Kransberg
besetzte, war unter den Soldaten ein ehemaliger Kransberger Jude: Theo
Goldschmidt. Seine Familie war vor dem Krieg noch rechtzeitig nach Amerika
emigriert (Quelle: Wikipedia-Artikel
zu Kransberg).
Von den in Kransberg geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945": Auguste Goldschmidt geb.
Stern (1863), Markus Max Goldschmidt (1868), Josef Seckbach (1911), Max Seckbach
(1898).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1871
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1871: "Lehrer-Gesuch.
In den Gemeinden Wehrheim und Usingen
(Nassau) ist die Stelle eines israelitischen Religionslehrers vakant.
Fixer Gehalt 300 Gulden nebst circa 100 Gulden Nebenakzidenzien inklusive 100 Gulden Nebenakzidenzien inklusive Vorbeterlohn.
Die Stelle kann sofort besetzt werden und wollen sich Bewerber innerhalb 4
Wochen an den Unterzeichneten wenden.
Wehrheim, den 1. Dezember 1871. Alex Hirsch, Kultusvorsteher". |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Kurze Gemeindebeschreibung (1937!)
Artikel
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom
Juni 1937 S. 20: "Wehrheim. 1600 Seelen, 13 Juden. Alter Ort,
1043 Wirren, 1372 Stadt, gehört durch vier Jahrhunderte mehreren
Herrschaft zugleich, ist seit 1803 nassauisch, seit 1866 preußisch. - Die
Gemeinde baute vor etwa hundert Jahren ihre kleine, zwischen den Häusern
eingeklemmte Synagoge, in der wenigstens an den hohen Feiertagen noch
Gottesdienst ist. Der Friedhof, eine 1/4 Stunde südöstlich, rechts von
der Straße nach Köppern. 1900 noch 35 Seelen, heute drei Familien mit
drei Kindern. Nun in einer guten Stunde der Landstraße nach bis Usingen." |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe
und Privatpersonen
Anzeige des Manufaktur- und Eisengeschäftes von Alex
Hirsch (1884)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Oktober 1884:
"Für mein am Samstag und Festtagen streng geschlossenes Manufaktur-
und Eisengeschäft suche ich sofort einen angehenden Commis, der auch
nebenbei Landkundschaft mit Muster zu besuchen hat. Freie Station im
Hause.
Alex Hirsch, Wehrheim bei Bad
Homburg." |
Lehrlingsgesuch der Bäckerei Hirsch (1887)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juli 1887:
"Für meine Bäckerei ein kräftiger Lehrling gesucht. Schabbat
und Feiertag geschlossen. Bäcker Hirsch,
Wehrheim." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betraum in einem der jüdischen
Häuser in der Hauptstraße vorhanden (nach Angaben von 1845 "seit unvordenklichen
Zeiten").
Mitte des 19. Jahrhunderts (um 1845) wurde die Synagoge in einem noch
erhaltenen Haus am Untertor eingerichtet. Beim Synagogengebäude handelt es sich
um ein zweigeschossiges Fachwerkhaus in "L"-Form. Im linken Teil
(kleiner Schenkel des "L") befand sich die Synagoge, im rechten
Gebäudeteil war von der jüdischen Gemeinde an Gemeindeglieder vermietet.
Vermutlich war auch ein Schulraum untergebracht.
Auf Grund der zurückgehenden Zahl der jüdischen Einwohner in Wehrheim konnten
nur bis 1914 Gottesdienste abgehalten werden.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
nicht zerstört. Die Kultusgegenstände waren bereits nach Frankfurt gebracht
worden. Das Gebäude wurde zu einem Wohnhaus umgebaut.
Im Rahmen der
Dorferneuerung "Alt-Wehrheim" wurde das ehemalige Synagogengebäude
Ende der 1980er-Jahre umfassend renoviert. Dabei ist das Fachwerk freigelegt
worden. Eine Gedenktafel wurde am Gebäude angebracht.
Adresse/Standort der Synagoge: Ecke
Untergasse/Untertor 11 (1932: Untergasse 148).
Fotos
(Quelle: Arnsberg Bilder S. 197 (um 1970); Altaras 1988 S.
146 (September 1985); Altaras 1994 S. 133; 2007² S. 324 ()
Das ehemalige
Synagogengebäude
um 1970 (Foto links) und
im September 1985 (Foto rechts) |
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Die Synagoge befand sich im
oben links abgebildeten Teil des L-förmigen Gebäudes
(auf rechtem Foto
der links vorspringende Gebäudeteil) |
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Nach der
Renovierung Ende der 1980er-Jahre: das ehemalige Synagogengebäude |
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Die Gedenktafel
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Blick auf das Gebäude
nach
Freilegung des Fachwerkes |
Kellerfenster mit zwei
Davidsternen
im Gitter |
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Neue Fotos werden
noch ergänzt; über Zusendungen freut sich
der Webmaster der
"Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November
2009: Gedenken zum 70. Jahrestag des
Novemberpogroms |
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Links: Einladung zum Gedenken
"Reichspogromnacht - 70 Jahre"
im "Gemeindemagazin"
der Katholischen Gemeinden von Wehrheim im November 2008, Quelle. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 350-352. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 197. |
| Die jüdische Kultusgemeinde in Wehrheim. Reihe: Aus der
Wehrheimer Geschichte Nr. 9 (hrsg. vom Geschichts- und Heimatverein
Wehrheim). 1988. S. 1-64. Inhalt: Rückblick: Geschichte der Juden in Deutschland
- Juden in Naussau - Judenemanzipation und Antisemitismus
- Alte jüdische Familien in Wehrheim - Der Übergang zur jüngsten Vergangenheit
- Vorsteher und Vorstehergehilfen in Wehrheim - Die alten Judenbäder
- Der Kampf des Jessel Manche - Die Totenhöfe in Wehrheim und Anspach
- Jüdische Lehrer in Wehrheim - Die jüdischen Familien in Wehrheim und ihre Berufe
- Die Judengesetzgebung - Besitzauflösung und Auswanderung.
|
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 145-146. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 133-134. |
| dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007² S.
324. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 195. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 482-483. |
| Anna Heinzel / Julia Westhoff: Vom Weggehen
und Ankommen. Die Geschichte der Wehrheimer Juden zur Zeit des Dritten
Reiches. Maschinenschriftliche Schülerarbeit ca. 2003. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Wehrheim
Hesse-Nassau. Jews lived there from about 1650, engaging in the cattle trade and
numbering 30 in 1744. Affiliated with the Bad Ems rabbinate, they opened a new
synagogue in 1850 but dwindled to 15 in 1933. By October 1938 the remaining Jews
hat emigrated to the United States.
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