„Jedesmal, wenn ich zurückkomme und von weitem die Speyerer Domtürme sehe und das kleine, spitze Türmchen unserer Klosterkirche, dann werde ich ganz unsagbar froh." In diesen Worten Edith Steins kommt die tiefe Verbundenheit der 1998 heiliggesprochenen Philosophin und Karmelitin zu Speyer zum Ausdruck.
Die Pfalz spielte eine wichtige Rolle im Leben der 1891 in Breslau als Tochter strenggläubiger Juden geborenen Frau. In Bergzabern empfing sie am Neujahrstag 1922 in der Pfarrkirche St. Martin die Taufe. Im August 1921 hatte die Lektüre der Autobiographie der heiligen Teresia von Avila im Haus einer Freundin in Bergzabern den letzten Anstoß zur Konversion zum katholischen Glauben gegeben. Am Lichtmesstag 1922 spendete ihr der Speyerer Bischof Ludwig Sebastian in der Kapelle des Bischofshauses das Sakrament der Firmung. Auf Vermittlung von Generalvikar Joseph Schwind wurde sie Lehrerin bei den Dominikanerinnen des Klosters St. Magdalena, wo sie ab 1923 am Lehrerinnenseminar und am Lyzeum Deutsch und Geschichte unterrichtete.
1931 verließ Edith Stein Speyer in der Hoffnung auf eine Karriere als Professorin. Die Machtübernahme der NSDAP 1933 machte nicht nur dieses Vorhaben zunichte. 1938 floh Edith Stein, die inzwischen in Köln in den Karmelitinnen-Orden eingetreten war, nach Holland. Doch auch hier war sie nicht sicher. 1940 wurden die Niederlande von deutschen Truppen besetzt. Einen Hirtenbrief der katholischen Bischöfe Hollands gegen die Judenverfolgung nahmen die Nationalsozialisten zum Anlass, 1942 holländische Katholiken jüdischer Herkunft zu verhaften.
Auf dem Transport in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau kam Edith Stein noch einmal in die Pfalz. Bei einem Aufenthalt auf dem Bahnhof in Schifferstadt gelang es ihr, einen Zettel auf den Bahnsteig zu werfen. Er enthielt Grüße an die Schwestern des Klosters St. Magdalena. Wenige Tage später, am 9. August 1942, wurde Edith Stein in Auschwitz-Birkenau ermordet.
Das Kloster St. Magdalena ist heute ein Zentrum der Edith-Stein-Verehrung in der Diözese Speyer. Menschen aus aller Welt besuchen das Kloster, um sich in einer Ausstellung über Edith Stein zu informieren. In zwei ehemaligen Klassenzimmern, in denen Edith Stein selbst unterrichtete, sind Briefe, Vorträge und persönliche Aufzeichnungen zusammengetragen. Fotos dokumentieren den Lebensweg von Breslau bis nach Auschwitz. Das ehemalige Zimmer Edith Steins im Pfortenhaus des Klosters ist zu einem Meditationsraum umgebaut worden. Im Klosterhof weist eine Bronzestele auf Leben und Sterben der Seligen hin.
1987 beschloss der Speyerer Stadtrat, dass das Gelände nördlich des Doms mit der Begrenzung Dom, Stuhlbruder- und Nikolausgasse Edith-Stein-Platz heißen sollte. In der Taufkapelle des Domes wurde 1990 eine Edith-Stein-Gedenkstätte eingerichtet. Für sie schuf Klaus Ringwald eine Bronzebüste Edith Steins sowie eine Tafel mit den Stationen ihres Lebens. Am bekanntesten wurde Edith Stein in Speyer als Namenspatronin eines Gymnasiums und einer Realschule.
In Bad Bergzabern ist die Taufkirche Edith Steins eine viel besuchte Tauferneuerungskirche. Das Pfarrheim sowie eine Straße des Kurortes tragen ihren Namen. Darüber hinaus gab die Heilige den Anstoß zu einer Partnerschaft zwischen den Pfarrgemeinden St. Martin in Bad Bergzabern und St. Michael in Breslau.
Auch in Gemeinden, die keinen direkten Bezug zu Edith Stein haben, wird an die bedeutende Frau gedacht. Die erste Kirche, die im Bistum Speyer nach der Seligsprechung eingeweiht wurde, erhielt 1987 - in Wachenheim - den Namen Edith Steins. In Birkenheide gibt es eine Edith-Stein-Glocke; in Kaiserslautern trägt ein kirchliches Zentrum ihren Namen, in Lautzkirchen ein Wohn- und Übergangsheim für psychisch Kranke.
Dem Erbe Edith Steins, der Versöhnung zwischen Polen, Deutschland und Juden sowie dem christlich-jüdischen Dialog widmet sich seit 1994 die Edith-Stein-Gesellschaft Deutschland mit Sitz in Speyer. Als Gründungsort wurde die Stätte gewählt, die Edith Stein selbst viel bedeutet: das Kloster St. Magdalena.