Wir schreiben das Jahr 1125. Es ist Frühling. Doch Heinrich V., deutscher König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, spürt, dass seine Tage gezählt sind. Er ist der letzte Herrscher aus der Dynastie der Salier. Die waren rund ein Jahrhundert zuvor mit der Königskrönung von Konrad II. in Mainz angetreten, die Geschicke des Reiches zu lenken. Doch bevor Heinrich V. am 23. Mai in Utrecht stirbt und sein Leib alsbald neben den anderen Kaisern seines Geschlechts im Dom von Speyer zu Grabe gelegt wird, übergibt er die Reichskleinodien an seinen Neffen und treuen Gefolgsmann Herzog Friedrich von Schwaben. Auf dass der „die Krone und die anderen Insignien“ der Macht „bis zur Zusammenkunft der Fürsten auf der besonders festen Burg, die Trifels genannt wird, aufbewahre“.
Beinahe hätte die Übergabe der Reichsinsignien Krone, Zepter, Apfel an den schwäbischen Herzog auch den direkten Übergang der Macht von den Saliern an die Staufer zur Folge gehabt. Denn dieser Friedrich war ein Staufer, und er stellte sich im August 1125 beim Hoftag in Mainz der Wahl zum König. Die versammelten Fürsten votierten indes für seinen sächsischen Mitbewerber: Sie setzten Lothar III. auf den Thron. Es sollten noch 13 Jahre vergehen bis 1138 in Koblenz handstreichartig die deutsche Krone an den ersten Staufer-König, Konrad III., fiel. Für die nachfolgende rund 130-jährige Herrschaft der Staufer blieb das Anvertrauen der Reichskleinodien 1125 durch den letzten Salier-Kaiser an einen der Ihren von hohem Symbolwert. Und die Trifels war ab da „ihre Burg“. Sie erlebte denn auch während der Staufer-Epoche im 12. und 13. Jahrhundert ihre Glanzzeit.
Ursprünge liegen im 11. Jahrhundert
Die Ursprünge der Burg liegen freilich weiter zurück, wahrscheinlich in der Mitte des 11. Jahrhunderts. Die erste urkundliche Erwähnung datiert auf 1081 und besagt: Ein Edler namens Diemar habe die Trifels dem König übergeben. Gemeint ist der Salier Heinrich V., der sie 1113 zur Reichsburg erhob.
Wie schon in salischer Zeit, Heinrich der V. ließ hier 1113 den Grafen Wieprecht von Groitsch festsetzen, so benutzten nachher die Staufer die Burg immer wieder auch als Staatsgefängnis: Normannische Fürsten saßen hier in Geiselhaft, Richard Löwenherz wurde hier festgehalten, ebenso der Kölner Erzbischof Bruno IV.
Übrigens: Die salische Burg war nicht die erste Besiedlung des Sonnenberges über Annweiler. In einer Senke unterhalb des Burgfelsens, wo sich heute der Besucherparkplatz ausbreitet, hatten sich dereinst schon die Römer fest eingerichtet. Denn auch die Vertreter des antiken Imperiums wussten die strategisch günstige Lage dieser Landmarke zu schätzen: Freier Zugang und Blick auf die Rheinebene bis hinüber zum Schwarzwald; beherrschende Stellung über dem Queichtal. Dieses Tal war einer der wenigen Wege, auf denen zwischen Rhein und Gallien der Pfälzer Wald durchreist werden konnte. Dazu gab es am Ort Holz, Wild, Wasser und fruchtbaren Boden reichlich.
Vom Hauptturm hielt Heinrich VI. Heerschau
Wie die meisten früh- und hochmittelalterlichen Burgen, so dürfte auch die Trifels anfangs vor allem aus einem steinernen Wohnturm mit überwiegend hölzernen Nebengebäuden bestanden haben. Die heutige Erscheinungsform der Burg lehnt sich indes in ihrer Grundstruktur an den Ausbau in staufischer Zeit an. Um 1190 entstand der Hauptturm mit Schatzkammer und Kapelle – ein Gebäude also, das sich als Herrschaftssymbol und Gotteshaus zugleich präsentierte. Der Turm war freilich damals einige Meter niedriger. Das jetzige Obergeschoss und die 32 Meter Gesamthöhe sind Ergebnis einer Aufstockung im Jahr 1966.
Von Turm mag Staufer-Kaiser Heinrich VI. anno 1194 Heerschau gehalten haben, bevor er vom Trifels aus zum Feldzug nach Süditalien aufbrach. Finanziert wurde diese Kampagne aus jenen 23 Tonnen Silber, die England als Lösegeld gezahlt hatte, damit Richard Löwenherz aus seiner Gefangenschaft auf der Staufer-Burg entlassen werde. In Italien schlug Heinrich VI. die Normannen, kehrte mit deren Schatz, zahlreichen Geiseln und obendrein als neuer König von Sizilien auf seine Burg in der Pfalz zurück. Der Italienfeldzug – treffender sagt man wohl: Beutezug – war eine überaus einträgliche Unternehmung. Der Erlös kam im südwestdeutschen Herrschaftsbereich des Kaisers vor allem dem wehrhaften Ausbau der Städte Worms und Speyer zugute.
Schatzkammer, Staatsgefängnis, Verwaltungszentrum
Nicht, dass der Kaiser dauerhaft auf Burg Trifels logiert hätte. Herrscher wie er, wie sein staufischer Vater Friedrich Barbarossa oder sein Sohn Friedrich II. waren ständig unterwegs. Sie regierten gewissermaßen „vom Sattel aus“. Wenn nicht im Krieg, so zogen die Könige und Kaiser mitsamt Hofstaat von Burg zu Burg, Pfalz zu Pfalz, Stadt zu Stadt, um Recht zu sprechen, Politik zu machen und sich ihrer Gefolgsleute zu versichern.
Dennoch blieb die Reichsburg Trifels eine feste Größe staufischer Herrschaft: als Rückzugsraum, als Hort der Reichsinsignien, als Schatzkammer und Staatgefängnis sowie nicht zuletzt als Verwaltungszentrum einer der steuerlich lukrativsten Regionen für die Krone. Holz- und Lederwirtschaft, Weinbau und Handel füllten das Staatssäckel verlässlich mit klingender Münze. Dazu passt der Rundblick vom Hauptturm der Trifels: Ringsum zeigt sich ein dichtes Netz weiterer kleiner Burgen, von denen aus vor allem der Staufer-Kaiser Friedrich II. die weitläufige Gegend durch Reichsministeriale verwalten ließ. Kaum zufällig auch verlieh Friedrich dem nahen Städtchen Annweiler anno 1219 die Stadtrechte und womöglich als erster Stadt im Reich überhaupt ein eigenes Münzrecht.
Der große Ausbau unter dem Staufer-Kaiser Friedrich II.
In die Herrschaftszeit dieses hochgebildeten, sechs Sprachen sprechenden, multikulturell orientierten Mannes, der Rechtsordnung wie Verwaltung des Reiches grundlegend reformierte, fiel auch die zweite staufische Ausbauphase von Burg Trifels: Ab etwa 1230 entstanden der an den Hauptturm anschließende Palas, der Brunnenturm am Torweg und die Ringmauer. Es ist nicht ganz klar, in welchem Umfang diese Baumaßnahmen sich an den Strukturen aus der vorherigen salischen Zeit orientierten.
Einerseits legen Grabungen den Schluss nahe, dass die Salier-Anlage an manchen Stellen anders verlief, in ihren äußeren Begrenzungen vielleicht sogar größer war als die spätere staufische Burg. Andererseits lässt sich an Färbung und Bearbeitung der Mauern ein Ineinandergreifen unterschiedlicher Bauepochen ablesen. Verwitterte, gedunkelte und glatt behauene Steine in den unteren, dem Sandsteinfels nahen Gebäudeteilen weisen meist auf salischen Ursprung im 11. Jahrhundert hin. Bauchig behauene Buckelquader deuten auf staufische Baumaßnahmen. Wo aber die Mauern in frischem Sandstein-Rot leuchten, handelt es sich zumeist um wiederaufgebaute oder ganz neu hinzugebaute Teile aus jüngster Vergangenheit.
Denn im 20. Jahrhundert kam die einst so stolze Reichsburg nur als Ruine an. Ihr Niedergang hat in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begonnen. Bald wurde sie an wechselnde Territorialherren verpfändet, dann dem Herzogtum Pfalz-Zweibrücken zugeschlagen. 1602 brannte die Trifels nach einem Blitzschlag völlig aus, nachher diente sie den Einheimischen als Steinbruch. Ab 1841 gab es erste Sicherungsmaßnahmen der Ruine und bescheidene Restaurierungsversuche durch das Königreich Bayern, zu dem die Pfalz seinerzeit gehörte. Dem Ziel des Wiederaufbaus der Burg verschrieb sich der 1866 gegründete und bis heute sehr aktive Trifelsverein.
Missbrauch: Aus Ruinen sollte eine NS-Weihestätte erstehen
Schließlich warfen die Nationalsozialisten ein interessiertes Auge auf den geschichtsträchtigen Ort, an dem schon das antike Römerreich präsent war, nachher das Heilige Römische Reich Deutscher Nation seine hohe Zeit gefeiert hatte. Eben dort – wo den Engländern mit der Gefangenschaft von Richard Löwenherz 1194 eine schmähliche Niederlage bereitet worden war – sollte eine „nationale Weihestätte“ des Dritten Reiches entstehen. Es erging 1937 der Befehl zum Wiederaufbau der Burg Trifels. Damit beauftragt wurde Rudolf Esterer. Der Mann aus der bayerischen Schlösserverwaltung war kein strammer Parteisoldat. Aber er war ein ambitionierter Architekt, der diese Chance ergriff, um seine Maxime von der „schöpferischen Denkmalpflege“ in die Tat umzusetzen. Esterer ging es nicht ums Konservieren historischen Baubestandes, sondern um dessen bauliche „Interpretation im Sinne des Originals“.
Über die Ergebnisse dieser Interpretation lässt sich im Falle Trifels an manchen Stellen streiten. Beispielsweise entspricht der Neubau des fast völlig verfallenen Palas 1938-46 mit drei Vollgeschossen höchstwahrscheinlich nicht der staufischen Bauweise. Der ursprüngliche Palas hatte wohl nur zwei Vollgeschosse – und der zentrale Kaisersaal im Innern war folglich im Hochmittelalter eher ein recht flacher, unter einer Balkendecke hingeduckter Raum. Ganz anders Esterers sich in schier neugotischer Mächtigkeit hoch aufschwingender Kaisersaal mit Prachttreppe und Balkonarkade auf halber Innenhöhe. Stilistisch in mancher Einzelheit durchaus dem Mittelalter angelehnt, sind seine Dimensionen und Proportionen dann aber doch eher den Vorgaben des NS-Auftraggebers geschuldet, als dass sie zum historischen Bestand passten.
Richtungswechsel nach Kriegsende
Der Vollendung der „Weihestätte“ kam das Kriegsende dazwischen. Befreit von den Absichten der Nazis, wurden Restaurierung und Ausbau von Burg Trifels in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fortgesetzt. Die Baupläne des bald als harmlos entnazifizierten Rudolf Esterer wurden den neuen Gegebenheiten wie den veränderten denkmalpflegerischen Prämissen angepasst. 1966 erfolgte die Aufstockung des Hauptturmes, um die Proportionen zwischen Turm und fälschlich überhöhtem Palas wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Zuvor schon waren 1955 und 1960 dem Burg-Ensemble zwei Kastellanhäuser beigefügt worden.
Somit stellt die Reichsburg Trifels in ihrer gegenwärtigen Erscheinungsform kein authentisches Mittelalter-Ensemble dar, sondern ein gewachsenes, spannendes Bauzeugnis der Geschichte – ihrer lichten wie ihrer dunklen Seiten.