Lehre am Institut f�r K�nstlerische Keramik und Glas



Aufsatz von Prof. Ingrid Conrad-Lindig anl�sslich der Ausstellung "Glasexperimente" in der Ernsting Stiftung Coesfeld-Lette 2008

 

In einer Festschrift des Instituts f�r K�nstlerische Keramik aus dem Jahr 1997 zum 10j�hrigen Bestehen war zu lesen:

�Es ist ein rein deutsches Problem, ob n�mlich die Keramik ihren Ort bei den �brigen K�nsten haben soll, haben d�rfe.� So der Beginn des Gru�wortes von der damaligen Professorin Barbara Stehr und Gr�nderin des Institutes f�r K�nstlerische Keramik und Glas. Noch ein Satz aus dieser Schrift sei zitiert: �Was bedeutet dem K�nstler der Stoff, aus dem er seine Kunst macht?� Und die Antwort gab eine Studierende in einem Examensgespr�ch 2007: �Jedes Kunstwerk holt sich sein eigenes Material�. So einfach und schlicht ist die Antwort um das Ringen des Standortes f�r die Keramik in der Kunst. Und die Idee wird nicht gelehrt, sie wird offenbar von den Studierenden gelebt. Es ist zu beachten, dass der Studierende dabei in der dritten Person spricht. Nicht er entscheidet, sondern die Idee, das Kunstprojekt selbst, welches in der Phantasie des Schaffenden langsam Gestalt annimmt.

Das Institut war 1987 gegr�ndet mit dem Anspruch, k�nstlerische Keramik zu lehren. Das Institut wollte sich (und will es auch bis heute) bewusst von den typischen Einrichtungen im Westerwald absetzen, die mit der Lehre eher der Tradition der Gef��keramik verbunden sind.

Die Gr�ndung des Institutes st�tzte sich klar auf die Aussage, eine Elite auszubilden, die eine umfassende Ausbildung in der Kunst bekommt mit zun�chst einem werkstofflichen Schwerpunkt, der Keramik. Die Lehre am Institut war von Beginn an so ausgerichtet, dass die Studierenden zun�chst lernen, ihre Ideen in vielen unterschiedlichen Materialien auszudr�cken. Das Herausarbeiten eigener Vorstellungen, die Entwicklung von �berzeugungskraft und Sprache in Form und Bild ist der Kern der Lehre. Die Studierenden sollten den Werkstoff als eine M�glichkeit kennenlernen, ihre Vorstellungen in eine Formensprache umzusetzen und als eine Chance begreifen, die sie entweder f�r ihre Zukunft wahrnehmen oder auch vielleicht mit anderen Materialien in ihren Arbeiten verbinden. Das Institut war von Beginn an in seinem Ausbildungsprogramm auf die Bildende Kunst ausgerichtet.

Mit dem Aufbau des zweiten Lehrstuhls am Institut, dem Lehrstuhl f�r Glas im Jahr 2000, wurde das Spektrum der M�glichkeiten in der Ausbildung erweitert. Mit der Erweiterung der Ausbildungsm�glichkeiten wurde aber auch noch ein weiteres, sehr wichtiges Ziel erreicht. Mit den beiden Lehrst�hlen f�r Glas und Keramik am Institut war den Studierenden die M�glichkeit er�ffnet, die Ausbildung mit dem Grad des Diploms abzuschlie�en.

Dies hatte f�r das Institut eine zentrale Bedeutung. Die Lehre am Institut ist seit Beginn international ausgerichtet gewesen. Die Qualit�t der Ausbildung wird ma�geblich davon getragen, dass regelm��ig Dozenten aus dem Ausland zu einer Gastlehre eingeladen werden. Im Laufe des Studiums sind alle Studierenden gehalten, ein Gastsemester im Ausland zu absolvieren. Umgekehrt gastieren im Zuge des Austauschprogramms mit einer Vielzahl von Universit�ten im Ausland Studierende der dortigen Akademien am Institut in H�hr-Grenzhausen. Das Austauschprogramm f�r die Studierenden machte es erforderlich, auf eine Vergleichbarkeit der Studienabschl�sse hinzuarbeiten. Konsequent wurde daher in den vergangenen Jahren am Institut das Ziel verfolgt, dass dem Ausbildungsniveau entsprechend den Studierenden einen Abschluss angeboten werden kann, der auch international die Anerkennung findet.

Im Zuge der Umstellung vom Diplom auf Bachelor und Master Abschluss hat das Institut f�r K�nstlerische Keramik und Glas im Jahr 2007 die Berechtigung erhalten, neben dem Bachelor of Fine Arts auch den Titel Master of Fine Arts (MFA) zu vergeben.

Mit dieser Entscheidung ist das Institut im internationalen Vergleich auf einem Niveau mit den Universit�ten - Hochschulen f�r Bildende Kunst gleichgestellt. Mit der Zuteilung des akademischen Grades (BFA, MFA) ist sichergestellt, dass auch in der Zukunft ein breites internationales Interesse an Austauschprogrammen mit dem Institut bestehen wird.

In der jungen Geschichte des Institutes f�r K�nstlerische Keramik und Glas spiegelt sich auch in Teilen die ebenfalls junge Geschichte der k�nstlerischen Auseinandersetzung mit dem Werkstoff Glas wider. Das Institut hatte in seiner Ausrichtung von Beginn an �ber die rein materielle Auseinandersetzung mit dem Werkstoff Keramik den Anspruch der k�nstlerischen Aussage gesucht und gelehrt. Erst im Jahr 2000 wurde am Institut auch die k�nstlerische Lehre f�r das Material Glas aufgenommen. Der Zugang zum Glas als Werkstoff und k�nstlerisches Ausdrucksmittel blieb bis vor wenigen Jahrzehnten nicht nur in Deutschland, sondern ganz allgemein v�llig verschlossen.

Bis in die fr�hen 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war das Glas traditionsbehaftet ausschlie�lich der reinen handwerklichen Bearbeitung �berlassen.

Erkl�rend muss dazu gesagt werden, dass Glas von der Herstellung und Bearbeitung technisch und wirtschaftlich schon seit jeher eine nicht unbeachtliche H�rde f�r einen einzelnen K�nstler darstellte.

Erst neue Technologien, Baustoffe f�r die Schmelzeinheiten, kleinere Schmelzeinheiten, neue Konzepte in dem Betreiben eines sogenannten Hei�glasstudios haben gegen Ende des 20. Jahrhunderts die T�r zu einer k�nstlerischen Auseinandersetzung mit dem Material ge�ffnet.

Hei�es Glas bedeutet hier die Herstellung einer Schmelze in einem kleinen Ofen. Das fl�ssige Glas wird mit Werkzeugen entnommen und zur Herstellung der Objekte verarbeitet. Die Besonderheit besteht darin, dass der Ofen nicht f�r jedes Objekt angeheizt wird, sondern �ber eine l�ngere Periode auf Temperatur gehalten wird. Kontinuierlich werden Rohstoffe, in der Regel Scherben, nachgef�llt und ebenso kontinuierlich muss auch aus dem Ofen herausgearbeitet werden.

Es ist bekannt, dass wesentliche Anst��e f�r die Entwicklung der modernen Glaskunst aus den Vereinigten Staaten von Amerika in den fr�hen 60er Jahren kamen. Prof. Harvey K. Littleton und Mark Peiser waren mit die ersten K�nstler der Neuzeit, die sich mit dem Werkstoff Glas auseinandergesetzt haben und sich auch f�r die Lehre in anerkannter Weise eingesetzt haben. Nach kurzer Zeit fand die Idee auch ihre Interessenten und Anh�nger in der �brigen Welt von Europa bis Japan. Die Ausbildungsm�glichkeiten betreffend waren die Vereinigten Staaten von Beginn an f�hrend und sind es bis heute geblieben.

Einige Galerien und Museen in Deutschland haben sich fr�hzeitig um die Ausstellung der ersten k�nstlerischen Exponate in Glas bem�ht haben. Eine k�nstlerische Ausbildung im sogenannten hei�en Glas wurde nur an sehr wenigen Akademien in Europa nach dem Vorbild der USA geboten (London, Edinburgh).

Es ist ein Verdienst von Erwin Eisch, dem bekannten deutschen Glask�nstler und Mitbegr�nder der neuen Glaskunstbewegung, dass er in Niederbayern in Frauenau eine Sommerakademie f�r Glaskunst in den 80er Jahren gegr�ndet hat. Vergleichbare Einrichtungen gibt es in den USA in Pilchuck und in Pennland. Eine derartige Einrichtung, die auf privater Initiative aufbaut und als Begegnungsst�tte auf den Austausch von Ideen und Umgang mit dem Material ausgerichtet ist, ersetzt nicht die akademische Ausbildung (Universit�ten und Kunsthochschulen).

Das Institut f�r K�nstlerische Keramik und Glas bietet in Deutschland als erste Einrichtung die akademische, k�nstlerische Ausbildung im hei�en Glas mit einem eigenen Studioglasofen. Die Lehrinhalte im Glas laufen in weiten Teilen parallel mit den Lehrinhalten in der Keramik. Ebenso wie in der Keramikklasse des Institutes werden auch regelm��ig in der Glasklasse internationale Gastdozenten eingeladen, die mit den Studierenden �ber mehrere Wochen zusammenarbeiten.

Bei allen Schwierigkeiten, welche die Studierenden mit der Technik der Glasbearbeitung zu bew�ltigen haben, gilt hier die Ausrichtung der Lehre am Institut im besonderen Ma�e. Die zentrale Aufgabe in der Schaffung des Kunstwerks ist die Behandlung des eigenen k�nstlerischen Konzeptes. Die k�nstlerische Arbeit ben�tigt dabei nicht immer neue Technologien oder Materialien.

Die Studierenden werden daran gemessen, wie sie das Material zur Klarstellung ihrer k�nstlerischen Aussage einsetzen. Allerdings nicht im Sinne der Beliebigkeit. Sondern um den Eigenwert des je verwendeten Materials f�r die intendierte Aussage dienstbar zu machen. Die Materialsprache ist Teil des Inhalts des Kunstwerkes.

Im Ergebnis wird von den Studierenden erwartet, dass sie in ihrer Konzeptfindung eine Form und Aussage erreichen, die eine Bedeutung f�r die Gegenwart in der Bildenden Kunst hat. Die Lehre fordert eine intellektuelle Auseinandersetzung nicht mit, sondern unter Verwendung des Materials.

Das deutet auf den Unterschied auch zu den Anf�ngen der Studioglasbewegung hin. Beitr�ge mit diesem Anspruch im Glas waren und sind nicht so zahlreich, wie man sich das w�nscht. Und das ist das Anliegen der Lehre im k�nstlerischen Glas am Institut in H�hr-Grenzhausen. Beitr�ge zu leisten, Ausbildung zu f�rdern im Bereich konzeptionelles, k�nstlerisches Arbeiten mit Glas � nat�rlich auch mit Keramik und im Verbund mit weiteren Materialien, wenn es die Aussage erfordert.

Die Absolventen des Instituts f�r K�nstlerische Keramik und Glas werden zu K�nstlerpers�nlichkeiten herangebildet, die sich in der Bildenden Kunst behaupten m�ssen. Auf den Wegen zu diesem pers�nlichen Ziel werden die Studierenden dabei nicht nur von den Professoren f�r Glas und Keramik, sondern durch eine Reihe von Dozenten unterst�tzt, die f�r die Lehre unter anderem in den Fachgebieten k�nstlerische Gestaltung, Malerei, Kunstgeschichte, Kunstdidaktik sowie Mixed Media verantwortlich sind.

Die Arbeiten in dieser Ausstellung sind Resultate dieser Anstrengungen. Die Studierenden der Glasklasse zeigen in ihren Arbeiten Ergebnisse, Zwischenergebnisse auf ihrem pers�nlichen Weg zur Bildenden Kunst. Glasexperimente � Experimente unter Verwendung von Glas, nicht mit Glas.

Kunst braucht Publikum. Umso mehr danken die Studierenden und Absolventen des Instituts f�r K�nstlerische Keramik und Glas H�hr-Grenzhausen der Ernsting Stiftung und auch der Museumsleitung der Veste Coburg, die mit dieser Ausstellung die M�glichkeiten daf�r geschaffen haben, dass die Glasexperimente ihr Publikum finden.