Bei Buchausstellungen kommt immer wieder die Frage auf, was wohl auf den anderen nicht gezeigten Seiten der "Flachware Buch" zu sehen ist. Bibliotheksführungen haben dann einen besonders großen Erfolg, wenn Besucher möglichst engen Kontakt zu alten Büchern bekommen. Eingedenk dieser Erfahrungen begann am Donnerstag, den 6.3. 2008, in der Bibliotheca Bipontina im Landesbibliothekszentrum eine neue Veranstaltungsreihe: "Zum Begreifen nahe ..." In beiderlei Bedeutung des Wortes, intellektuell und - bedingt - haptisch, soll hierbei in lockerer Folge jeweils ein bedeutendes Werk aus dem historischen Bestand der Bibliothek vorgestellt werden.
Vor einem wegen der gewünschten Nähe zum Buch ausgewählten Publikum von 15 Personen fand die Auftaktveranstaltung der Reihe mit Betrachtungen über die sogenannte "Schedelsche Weltchronik" (Juli und Dezember 1593) statt. Von ihr sind im fürstlichen Bestand der Bibliothek drei der weltweit schätzungsweise noch 700 existierenden Exemplare überliefert .
Die Betrachtung des bilderreichsten Buches der Inkunabelzeit gab unter vielem anderen Gelegenheit zu einem eineinhalbstündigen Gespräch über Humanismus, das Patriziertum der frühen Neuzeit in Nürnberg, wo die Chronik als Gemeinschaftsproduktion einer Gruppe von Honoratioren entstand und die Besonderheit der Inkunabel.
In idealer Weise kann an diesem Werk der Produktionsprozess eines Bandes ganz kurz nach der Erfindung des Buchdrucks nachvollzogen werden, sind uns doch alle Arbeitsprozesse mit Verträgen, Manuskripten und dem Layout überliefert.
Die Besucher der Veranstaltung folgten Dr. Hubert-Reichling auf einer Reise durch die Weltgeschichte von der Erschaffung der Welt bis in die Gegenwart des Buches im 15. Jahrhundert. Sie erkannten die enge Verwobenheit von Text und Bild, Heilsgeschichte und politischem Geschehen, Wissenschaft, Vorurteil und Aberglauben in diesem einmaligen Werk und setzten sich mit den von Bibliophilen viel begehrten Städte-Veduten auseinander.
Die neue Form der Veranstaltung in der Bibliotheca Bipontina fand einhellige Zustimmung. Das Experiment war so erfolgreich, dass schon jetzt auf das Thema der Folgeveranstaltung in absehbarer Zeit hingewiesen werden kann: Besprochen wird dann der "Theuerdank", ein Werk, das einen direkten Bezug auch zu Zweibrücken hat.