Als noch die Bähnchen zur Bimskaul fuhren
Schmalspurige nun in Stadtgeschichte zum Ausschneiden
Stellen Sie sich einmal vor, auf dem Mittelweg zwischen den Neuwieder Stadtteilen Block und Heimbach kommt Ihnen fauchend und qualmend eine kleine Dampflokomotive mit einem Dutzend beladener Kippwagen entgegen. Oder in Höhe der Engstelle in der Krasnaer Straße vor der Einmündung ins Neuwieder Gewerbegebiet legt sich ein schwer mit Bimskies beladener Güterzug mit „fulminanten“ zwölf Stundenkilometern vor Ihnen in die Kurve. Und während Ihrer Fahrt über die B 42 von Neuwied nach Engers überholen Sie eine brummende Diesellokomotive, die ohne Lokführer als „Geisterlok“ unterwegs ist!
Was heute ein wenig fantastisch klingt, wäre nach den langjährigen Recherchen von Jürgen Moritz, heimatgeschichtlich interessierter Engerser, bis vor einem halben Jahrhundert durchaus möglich gewesen. Denn damals fuhren sie noch, die schmalspurigen Bähnchen zahlreicher Bimsfabriken in der Stadt. Insgesamt mehr als 33 Kilometer lang waren allein die Gleisstränge der fünf bedeutendsten Bimssteinproduzenten im heutigen Stadtgebiet zu Beginn der vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Hinzu kam noch eine große Zahl kürzerer Gleisanlagen in den vielen kleinen Bimsfabriken. Vor dem Erscheines des Lastkraftwagens waren sie nämlich unentbehrlich, die kleinen Züge, die jahrzehntelang vom Frühling bis zum Herbst, wenn die Steine „gekloppt“ wurden, das „Gold des Neuwieder Beckens“ aus den Bimsgruben in die Steinfabriken brachten.
Übrigens ein umweltfreundliches Transportmittel, denn für die Gleistrassen wurde nur wenig Raum benötigt, der Boden wurde nicht verdichtet oder gar versiegelt und nach der Abgrabung der Bodenschätze wurde das Gleis wieder zurückgebaut.
Um die Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert waren es meist noch schwere Kaltblutpferde, die als Zugtiere für einzelne Loren zum Einsatz kamen. Aber schon bald folgten bei steigenden Zuglasten kleine Dampflokomotiven, die in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts durch Benzol- und Dieselloks ergänzt wurden. Erst der Lkw, der flexibler und letztlich auch wirtschaftlicher eingesetzt werden konnte, beendete die Ära der Feldbähnchen. Insgesamt aber haben sie ein bedeutendes Stück Wirtschaftsgeschichte unserer Region mitgeschrieben, die „Schmalspurigen“.
Deshalb soll ihnen auch in der äußerst erfolgreichen Serie „Stadtgeschichte zum Ausschneiden“, die auf Homepage der Stadt Neuwied (www.neuwied.de) zu finden ist, nun ein kleines Denkmal gesetzt werden. Wer also möchte, kann sich jetzt kostenlos die Lokomotiven von Deutz, Gmeinder oder Jung Jungental einschließlich der dazugehörigen Holzkastenkipper herunterladen und als Modell zusammenbauen. Die Tage „zwischen den Jahren“ eignen sich vorzüglich dazu. Und da mit Blick auf die Straßenbahnmodelle, die schon länger unter „Stadtgeschichte zum Ausschneiden“ im Internet zu finden sind, von begeisterten Besuchern der Seite die Anregung kam, diese auch in einem größerem Maßstab einzustellen, hat Jürgen Moritz als Autor der Serie den Bau eines Bimszuges im Maßstab 1:45 ermöglicht.
Übrigens, zu sehen sind diese und weitere Modelle in der Weihnachtszeit und über den Jahreswechsel im Rahmen einer kleinen Präsentation in der Neuwieder StadtBibliothek im „Historischen Rathaus“ unter dem Motto: „Alles aus Karton - aber nicht von Pappe“. Und wer noch etwas mehr über Neuwieds Bähnchen nachlesen möchte, dem sei die Lektüre des aktuellen Heimatjahrbuches des Landkreises Neuwied empfohlen.
Menschenauflauf in einer Weiser Bimsgrube in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Wie kommt der legendäre "Adler", die erste Lokomotive in Deutschland, dorthin? Zahlreiche interessierte Bürger haben sich bereits eingefunden. Auch der rasende Bildreporter der Tageszeitung, Jörg N., ist schon da, um die Sensation für die morgige Ausgabe festzuhalten. So könnte man die obige kleine Szene beschreiben, die vom
Konstrukteur der Feldbahnmodelle in Szene gesetzt wurde.