Biometrie und medizinische Statistik
Biometrie beschäftigt sich damit, wie Messungen in den Biowissenschaften zu interpretieren und auszuwerten sind.
Die Biowissenschaften umfassen neben der Biologie auch die Landwirtschaft (historisch die Wiege der Biometrie), die Psychologie und - natürlich - den großen Bereich von Medizin und Pharmazie.
Das Anwendungsspektrum der Biometrie ist also viel weiter gefasst, als die Darstellung in den Medien neuerdings erkennen lässt. Dort wird unter biometrischen Methoden die Identifizierung von Menschen durch ihren Fingerabdruck, Augenhintergrund, Gesicht usw. verstanden, Techniken, die sehr viel mit Bildverarbeitung zu tun haben.
In der medizinischen Biometrie geht es um Fragestellungen wie
· Ist ein neues Medikament den bereits verfügbaren Medikamenten in der Wirksamkeit überlegen?
· Oder hat es weniger Nebenwirkungen?
· Welche Therapie verlängert das Leben von Krebspatienten am meisten?
· Welches sind die wesentlichen Risikofaktoren unserer Volkskrankheiten?
In allen Fällen handelt es sich um statistische Fragestellungen, die in sorgfältig geplanten Studien geklärt werden. Zur Auswertung der Studiendaten werden Statistikprogramme mit eigener Programmierumgebung eingesetzt.
Statistische Fragestellungen
Statistische Fragestellungen treten auf, wenn unsere Beobachtungen und Messwerte vom Zufall mitbestimmt sind. Die Beobachtung von Einzelfällen bringt uns dann nicht weiter, sondern führt uns erst einmal auf Widersprüche: Man wird bei jedem Medikament Patienten finden, deren Befund sich bessert (vielleicht hätten sie sich auch ohne irgendeine Arznei so entwickelt) und solche, bei denen das Medikament nicht hilft. Erst wenn man viele Patienten beobachtet hat, schälen sich die Unterschiede langsam heraus.
Studienplanung
Wie groß die Unterschiede sein müssen, damit sie den statistischen Nachweis für die Überlegenheit einer Therapie liefern, genau das sagt uns die Mathematische Statistik.
Mehr noch: Sie lässt uns unter entsprechenden Annahmen ausrechnen, wie viele Patienten wir für eine solche Aussage brauchen. Hier setzt die Arbeit des Biostatistikers bei der Studienplanung ein.
Aber nicht nur diesen Aspekt des Studienprotokolls gestaltet er in Absprache mit den medizinisch Verantwortlichen. Er legt auch fest, welche Größen mit welchen statistischen Verfahren ausgewertet werden und welche Strategie in der Auswertung verfolgt werden. Die Festlegung dieser Dinge im Studienprotokoll ist notwendig, um zu objekten Ergebnissen zu gelangen (sonst könnte man sich schließlich aussuchen, wie man seine Daten auswertet, und dazu gibt es in der Praxis sehr viele Möglichkeiten mit je unterschiedlichen Ergebnissen.)
Kann man die Festlegung auf ein Studienprotokoll auch umgehen, indem man die Auswertungsstrategie erst festlegt, wenn man die Daten schon kennt? - Nein, die Protokolle werden vorab von Ethikkommissionen und Gesundheitsbehörden begutachtet und nach Beendigung der Studie zur Kontrolle herangezogen.
Welche Rolle spielen Statistikprogramme?
Niemand kann es sich heute leisten, statistische Standardverfahren selbst zu programmieren. Dafür stehen leistungsfähige Softwarepakete zur Verfügung. Für einen professionellen Statistiker kommen aber Programme, bei denen man sich die Analyse über die Oberfläche "zusammenklickt", nicht in Frage. Diese Vorgehensweise ist nicht reproduzierbar und daher für eine professionelle Analyse unbrauchbar.
Vielmehr kommen Programme zum Einsatz, bei denen die Analyse mit einem eigenen Programmcode definiert ist. Prominentester Vertreter ist das Programmpaket SAS®, das überall in der Pharmaindustrie, in praktisch allen Universitätskliniken und darüber hinaus in vielen anderen Unternehmen im Einsatz ist. Am RheinAhrCampus beginnt die Einweisung in diese Software bereits im 3. Semester und läuft Hand in Hand mit der Statistikausbildung.