17.11.2011
SpoRAC goes Buenos Aires
Was haben der Fußballspieler des 20. Jahrhunderts, die längste Langstreckenrallye der Welt und der prestigereiche Pferdesport Polo gemeinsam? Sie alle sind fest mit dem Land Argentinien verwurzelt. Seit August 2011 lebe und studiere ich in Buenos Aires/Argentinien und befasse mich unter anderem mit den sportlichen Superlativen, welche dieses Land zu bieten hat.
Mit dem Abschluss in Sportmanagement am RheinAhrCampus Remagen im Jahr 2010 stand für mich bereits fest, einen konsekutiven Masterstudiengang unmittelbar im Anschluss an den Bachelor zu belegen. Für das vier Semester dauernde Studium wählte ich „International Management“ (M.A.) an der Fachhochschule Worms wegen der Möglichkeit zur Spezialisierung in einem internationalem Umfeld.
Einen Teil des Studiums verbringe ich nun in Buenos Aires, um mich dort im strategischen Management und Außenhandel einerseits, im Spanischen als Fremdsprache andererseits weiterzubilden. Das Studium führte mich an die private Hochschule „Universidad Argentina de la Empresa“ (UADE) im Herzen von Buenos Aires und ermöglicht es mir, einen Teil der Prüfungsleistungen für den Masterabschluss zu erbringen. Zu Beginn des Semesters benötigte es einiger Eingewöhnung, da nicht nur das Lehrsystem ein anderes ist, sondern generell das Leben in der Megametropole mit 15 Millionen Einwohnern einen anderen Takt vorgibt.
Durch die zahlreichen Kulturangebote im Land und Dank der Aufgeschlossenheit der Argentinier gegenüber Ausländern inklusive des außergewöhnlichen Wissensfundus der Taxifahrer erschließt sich mir das Land nicht einfach als bloßer Tourist. Sehr deutlich wird, wie sich Krisen und Glanzzeiten die Klinke in die Hand geben in einem Land, das sich immer wieder neu erfindet. Die besondere Kreativität und der ausgeprägte Geschäftswille der Porteños, die Bewohner von Buenos Aires, sind nur ein Beispiel dafür.
Das Studium ermöglicht einen direkten Kontakt zu der heimischen Industrie und einen Einblick in die Wirtschaftspolitik des Landes, welche beispielsweise durch häufige und rapide Kurswechsel geprägt ist und mit einer enormen Inflation zu kämpfen hat. Seit meinem Aufenthalt steigen die Preise für Waren und Dienstleistungen konstant. Die Statistikbehörde Indec rechnet die Inflation auf etwa die Hälfte privater Schätzungen (ca. 25% p.a.) herunter. Spannend ebenso ist das Studium von Importvorschriften, die dem Land bei der Verbesserung der Außenhandelsbilanz helfen sollen: Ausländische Firmen müssen sich bei einem Import von Waren nach Argentinien dazu verpflichten, mindestens so viel aus dem Land zu exportieren wie einzuführen. Daher handelt BMW nun mit Reis, Soja und Kuhleder, Porsche mit Weinen aus Mendoza.
Besonderes Interesse im Rahmen des Aufenthalts messe ich dem Sport- und Freizeitbereich in Argentinien und Südamerika bei. In unmittelbarer Nachbarschaft zu den wichtigsten Sporteinrichtungen des Landes wohnend erkundige ich die Besonderheiten des sportverrückten Landes. Riesige Freizeitanlagen in der Innenstadt, kostenlose Fahrradverleihe, eine Vielzahl erstklassiger Vereine und unzählige Fitnessstudios bieten ein abwechslungsreiches Angebot für Sportbegeisterte in der Hauptstadt. Laut einer Studie beispielsweise gehen in Buenos Aires mehr Frauen ins Fitnessstudio als in irgendeinem anderen lateinamerikanischen Land. Mehrmals im Monat finden Marathons statt, die kurzzeitig den Verkehr in der Megametropole lahm legen. Interessant ist dennoch der Erlass eines Gesetzes, welches den Modeunternehmen unter Strafandrohung vorschreibt, auch XL - Größen im Einzelhandel anzubieten.
Die wahrlich beste Erfahrung während des Aufenthalts habe ich im Fanblock des frisch gebackenen argentinischen Meisters der Apertura „Boca Juniors“ im Estadio Alberto Jacinto Armando, auch bekannt als „La Bombonera“, erlebt. Während 90 Minuten wurde von den circa 50.000 Fußballfans ein dem Erdbeben gleichendes Vibrieren des Stadionbodens erzeugt. Gänsehaut pur!
Auch durch öffentliche Äußerungen der Regierungspräsidentin Cristina Kirchner zum Fußball wird der Stellenwert des Sports deutlich. Fußball ist Regierungssache. Einfluss wird unter anderem bei der Wahl von Vereinspräsidenten der besten Clubs im Land genommen. Mit dem im Juni 2009 verabschiedeten Mediengesetz wird es Privatsendern durch eine Klausel untersagt, für die Übertragung von großen Sportveranstaltungen Geld zu kassieren. Große Sportereignisse dürfen kostenlos gesehen werden, wobei es der Fußball-Nation Argentinien eben um den populären Sport Fußball geht.
Mit dem Beginn meiner Masterthesis werde ich meinen Aufenthalt in Südamerika beenden. Dies jedoch mit beeindruckenden Impressionen über Schönheit und Chaos, Leidenschaft und Optimismus, welche sich abwechseln im Takt der Großstadt. Das Leben in Buenos Aires ist wahrlich ein Tango. Man muss es mit Grazie tanzen.