Sanierungs- und Insolvenzmanagement
Mit mehr als 40.000 Unternehmensinsolvenzen pro Jahr hat die Entwicklung krisenbelasteter Unternehmen eine gesamtwirtschaftlich signifikante Größenordnung erlangt. Die in diesem Rahmen immer wieder zu treffenden Feststellungen sagen aus, dass in der Krise des Unternehmens das Management in nahezu 75 % aller Fälle zu spät, falsch oder gar nicht reagiert. Dies beruht zu einem großen Teil auf einer unzureichenden Ausbildung in Fragen der Krisenbewältigung und auch auf entsprechend fehlenden Erfahrungen.
Die Möglichkeiten bzw. die Institutionalisierung der Früherkennung krisenhafter Entwicklungen im Unternehmen werden aufgezeigt, da nur das rechtzeitige Gegensteuern Sanierungschancen eröffnet.
Je weiter die Krise voranschreitet, desto schmaler werden verbleibende Handlungsfelder. Daher sind der Aufbau operativer und strategischer Krisenstrategien und die „Krisenbewältigung“ wesentlicher Schwerpunkt der Ausbildung. Diese werden in den Kontext der rechtlichen Rahmenbedingungen gestellt, welche ggf. zu einem gesetzlichen „Pflichtenheft“ für die Unternehmensleitung werden.
Zugleich sollen aber auch die haftungsrechtlichen Risiken einer Tätigkeit unter krisenhaften Bedingungen vermittelt und die Sensibilität für den Umgang mit Geschäftpartnern und mit Mitarbeitern geweckt werden. Es sollen spezifische Kenntnisse für die Bewältigung von krisenhaften Situationen vermittelt werden, die sowohl die außergerichtlichen als auch die gerichtlichen Sanierungsoptionen mit ihrenrechtlichen Rahmenbedingungen umfassen. Dabei werden bewusst die notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse mit der intensiven Vermittlung der dabei zu beachtenden rechtlichen Rahmenbedingungen kombiniert, weil sich darin häufig auch straf- und haftungsrechtliche Risiken für die Unternehmensführung finden.
KE I - Sanierungsstrategien und Möglichkeiten der Restrukturierung von Unternehmen in der Krise
Die betriebswirtschaftlichen Fragen der Unternehmenssanierung/-restrukturierung gehören zu den an- spruchvollsten und schwierigsten. Ein Unternehmen zu sanieren bedeutet in der Regel, eine neue oder modifizierte Vision zu entwickeln. Damit ist die strategische Neuausrichtung die Basis für eine erfolgreiche Unternehmensfortführung.
Es sollen Sanierungsstrategien in Theorie und Praxis vermittelt werden. Anhand von Fallstudien werden die Möglichkeiten der Umsetzung von Strategien in operative Maßnahmenpläne inklusive deren Bedeutung für den Restrukturierungserfolg dargestellt. Der Aufbau eines Sanierungskonzeptes und die damit verbundenen Probleme werden dargelegt.
KE II – Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten während der Unternehmenskrise in Sanierung und Insolvenz
Die Rettung eines sanierungsbedürftigen Unternehmens kann sowohl vor der Insolvenz erfolgen als auch noch im eröffneten Insolvenzverfahren. Aber nicht jede Maßnahme, welche betriebswirtschaftlich geboten erscheint, ist rechtlich zulässig. Vor der Insolvenz bestehen größere rechtliche Spielräume, nach Insolvenzantragstellung, insbesondere aber im eröffneten Insolvenzverfahren sind die Beschränkungen des gesetzlichen Ordnungsverfahrens zu beachten. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen innerhalb und außerhalb eines Insolvenzverfahrens sollen vermittelt werden. Ziel ist es dabei auch, die Gestaltungsmöglichkeiten des Unternehmens vom Krisenbeginn bis zum eröffneten Insolvenzverfahren darzustellen. Grundlegende Gestaltungskonzepte wie Sanierungsversuch, pre-packaged plan, Eigenverwaltung und Insolvenzplan werden erläutert und anhand von Fallbeispielen vertieft.
KE IIIa – Führungssysteme zur Krisenvermeidung und -bewältigung
Die empirische Krisenforschung zeigt, dass das größte Risiko oftmals in Defiziten der Geschäftsführung und in Mängeln in den von ihr geschaffenen Geschäftsführungsinstrumenten selbst liegt. Hier handelt es sich zudem um ein Klumpenrisiko, da Mängel in der Geschäftsführung wiederum Fehlentwicklungen in der Leistungserstellung sowie -verwertung nach sich ziehen. Gleichzeitig stellt die Beurteilung der Geschäftsführung (insbesondere durch Externe wie Insolvenzverwalter, Sanierer, Consultants oder Banker) naturgemäß ein sensibles Thema dar. Zudem können sich aus Negativfeststellungen nachhaltige rechtliche Würdigungen ergeben, insbesondere Haftungstatbestände aufgrund von Verletzungen der Sorgfaltspflicht.
Es werden die Elemente einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung aufgezeigt und die Komponenten einer ordnungsgemäßen Geschäftsführungsorganisation nach Maßgabe des Deutschen Corporate Governance Kodexes erörtert. Anhand von Fallbeispielen wird die Implementierung und der Betrieb von Frühwarn-, Risiko- und Überwachungssystemen veranschaulicht. Das Kontrollumfeld soll als Grundlage eines wirksamen Internen Überwachungssystems beurteilt werden. Ziel ist es, die Gesamtheit der organisatorischen Sicherungsmaßnahmen, der (prozessabhängigen) Kontrollen sowie die (prozessunabhängige) Prüfungstätigkeit der Internen Revision auf Effizienz zu prüfen und Verbesserungsvorschläge bei Missständen zu entwickeln.
KE IIIb – Quantitative Methoden der Krisenfrüherkennung
Die Analyse von Kennzahlen, die aus Unternehmensdaten gewonnen werden (meist ausgehend von den Jahresabschlüssen), bildet traditionell die Grundlage zur Beurteilung, wie es um ein Unternehmen bestellt ist. Diese Bilanzkennzahlen können auf eine drohende Krise hinweisen. Darüber hinaus liefern Krisenindikatormodelle weiter reichende Entscheidungshilfen, mittels derer man Unternehmen in vordefinierte Krisen- bzw. Insolvenzklassen einteilen kann. In beiden Fällen allerdings ist die Vergangenheitsbezogenheit der Verfahren ein gravierender Nachteil. Diesen Nachteil versucht man mit Hilfe strategischer Instrumente zur Krisenfrüherkennung, wie z. B. Simulationen von Krisenszenarien in Zusammenhang mit einer bestimmten Ausrichtung des Unternehmens, zu vermeiden.
Es sollen quantitative Verfahren und Methoden zur Krisenfrüherkennung aufgezeigt und in ihren betriebswirtschaftlichen Kontext eingeordnet werden. Anhand vorliegender Jahresabschlussdaten können herkömmliche Bilanzkennzahlen berechnet und interpretiert werden. Modelle und Verfahren zur strategischen Krisenfrüherkennung werden aufgezeigt und diskutiert.
KE IV – Kommunikation in der Krise
Im Falle der Sanierung oder der Insolvenz kommt auf den Manager eine Vielzahl kommunikativer Aufgaben zu. Er oder sie muss in kürzester Zeit einen realistischen Einblick in das Unternehmen erhalten, der um ihre Zukunft bangenden Belegschaft Hoffnung vermitteln, Banken vom Sanierungskonzept überzeugen, um neue Investoren werben, Kunden- und Lieferantenbeziehungen erhalten, während sich Management und Aufsichtsgremien damit beschäftigen, nicht an Reputation zu verlieren. Gleichzeitig wird sich mit den Interessen der Öffentlichkeit auseinandergesetzt und der wachsende Informationsbedarf der Medien gedeckt.
Im Sanierungs- und Insolvenzmanagement sind nicht nur juristische und betriebswirtschaftliche Fachkenntnisse von Bedeutung, sondern insbesondere die kommunikative Kompetenz stellt einen ebensolchen „hard skill“ dar.
Die Bedeutung kommunikativer Kompetenzen im Sanierungs- und Insolvenzmanagement werden anhand von Theorien und Modellen psychologischer Prozesse in Krisensituationen aufgezeigt. Die Grundlagen der Medienkommunikation in Theorie und Praxis werden mit dem Ziel vermittelt, die eigene Kompetenz in den relevanten Kommunikationssituationen angemessen einzuschätzen und zierorientiert zu optimieren.
KE Va – Finanzierung und Bankverhalten in Sanierung und Insolvenz
Das in Deutschland weit verbreitete deutliche Überwiegen der Fremdfinanzierung im Verhältnis zur Eigenfinanzierung ist mit einer der Gründe, die eine Vielzahl von Unternehmen als sanierungsbedürftig erscheinen lassen, wenn nicht gar zur Insolvenz führen. Nicht nur zur Vermeidung eigener Verluste hat der Fremdkapitalgeber in der Sanierung und/oder Insolvenz des von ihm finanzierten Unternehmens rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten. Erfolgreiche gerichtliche und außergerichtliche Sanierungen müssen diese Eckdaten berücksichtigen und durch entsprechende Finanzierungsinstrumente begleitet werden.
Diese rechtlichen Rahmenbedingungen, die verbleibenden Möglichkeiten der Kreditinstitute und die sich in Deutschland erst entwickelnden international geprägten Alternativen zur klassischen Kreditfinanzierung sind für eine praktische Tätigkeit im Bereich Sanierung/Insolvenz zwingende Voraussetzung einer erfolgsorientierten Tätigkeit und werden aus Sicht des Fremdkapitalgebers vermittelt.
KE Vb – Rating und Kreditaufnahme
Jedes Unternehmen, das sich über den Kapitalmarkt finanzieren will, ist gezwungen, sich einem zweckgebundenen Bewertungsverfahren zu stellen. Dieses Bewertungsverfahren, das so genannte Rating, dient der Beurteilung seiner Bonität. Es handelt sich um die Beurteilung der Fähigkeit, den Zahlungsverpflichtungen im Hinblick auf Zins- und Tilgungsleistungen seitens des Unternehmens fristgerecht und vollständig nachkommen zu können.
Das Zustandekommen eines Ratings und dessen Auswirkungen auf die Kreditkonditionen eines Unternehmens wird erläutert. Im Anschluss wird die Bedeutung der neuen Eigenkapitalvereinbarungen laut Basel II im Hinblick auf die Fremdfinanzierung eines Unternehmens dargestellt. Interne und externe Ratings werden unterschieden und grundlegende Mechanismen zur Erstellung eines internen Ratings aufgezeigt. Markt-, Kredit- und operationelle Risiken können voneinander abgegrenzt werden. Die Abhängigkeit der Kreditzinsen vom Rating eines Unternehmens und die Auswirkungen einer Unternehmenskrise auf die Kreditzinsen werden dargestellt.
KE VI – Anfechtung gläubigerschädigender Handlungen in Krise und Insolvenz
Für die „Anfechtung gläubigerschädigender Rechtshandlungen“ ist folgende Unterscheidung zu treffen:
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners richtet sich die Anfechtung nach §§ 129 – 147 InsO, die durch den Insolvenzverwalter im Interesse aller Insolvenzgläubiger geltend gemacht wird.
Außerhalb des Insolvenzverfahrens gilt das Anfechtungsgesetz (AnfG). Danach steht das Anfechtungsrecht demjenigen einzelnen Gläubiger zur Verfügung, dessen Zwangsvollstreckung in das Schuldnervermögen fruchtlos war.
Das Grundwissen zum Anfechtungsrecht, welches in der Praxis eine große Bedeutung hat, wird mit dessen Funktionsweise anhand von praktischen Beispielen vermittelt. Vor allem die Anfechtung böswilliger Vermögensverschiebungen und unentgeltlicher Leistungen („Schenkungen“) des Schuldners und deren Auswirkungen stehen im Mittelpunkt.
KE VII – Restrukturierung und Unternehmensverkäufe
Gegenstand ist das Management von Unternehmen, die von Insolvenz bedroht sind oder in Insolvenzphase sind und dabei zwei wesentliche Aspekte berücksichtigen müssen:
Verkauf eines Unternehmens oder von Unternehmensteilen und/oder ein turn-around-Management in Strukturen, Systemen, Strategien und Kultur.
Zuerst wird die Einordnung von Unternehmensverkäufen in das Insolvenzmanagement, der typische Ablauf von Kauf- bzw. Verkaufsprozessen, die Ermittlung und Auswahl möglicher Kaufinteressenten, das Due Diligence, die Vertragsverhandlungen und -unterzeichnung und die Organisation des Verkaufsprozesses betrachtet. Im Anschluss wird die Einordnung von Restrukturierungsprozessen in das Insolvenzmanagement, die Strategische Re-Positionierung als notwendige Voraussetzung zum Business Reengineering in der Krisensituation, die Abgrenzung der Konzepte „Business Reengineering“ vs. „Organisationsentwicklung“ und die Arbeitsteilung und -koordination im Rahmen des Business Reengineering anhand von Fallstudien aufgezeigt.
KE VIII – Rechtliche Risiken in der Krise des Unternehmens und beim Erwerb aus der Insolvenz
Die wirtschaftliche Krise einer natürlichen oder juristischen Person ist für alle damit in Kontakt Tretenden mit besonderen rechtlichen Risiken sowohl auf strafrechtlicher als auch auf zivilrechtlicher Ebene belastet. Aus der Sicht des betroffenen Schuldners, seiner Organe oder seiner Berater stellen sich vielfältige Fragen danach, was sie aufgrund der wirtschaftlichen Krise tun oder unterlassen müssen, um eine persönliche Strafbarkeit und/oder Haftung zu vermeiden. Nur beispielhaft zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Insolvenzantrags- bzw. die Sanierungspflicht, die Pflicht zur Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen und die vielfältigen Alternativen der speziellen Konkursstraftaten.
Zugleich ergeben sich Probleme auch für außenstehende Dritte, die in Kenntnis der Krise oder der Insolvenz mit dem Schuldner - bzw. nach der Insolvenzeröffnung – mit dem Insolvenzverwalter Geschäfte machen wollen, insbesondere Gegenstände aus seinem Vermögen erwerben möchten. Aus verschiedenen Blickrichtungen werden die zu beachtenden Rechtsinstitute und die unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten vorgestellt. Anhand von in der Praxis typischerweise vorkommenden Konstellationen soll ein Problembewusstsein geschaffen werden, damit im späteren Umgang mit einer Krisen- oder Insolvenzsituation rechtzeitig eine „Alarmglocke“ ertönt.