Title: Maria - eine starke Frau geht ihren Weg
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Maria - eine starke Frau geht ihren Weg


Von einem Leben in Deutschland träumte Maria* oft, wenn sie in Bulgarien am Computer saß. Um ihrem tristen Leben zu entkommen, chattete sie abends, nach der Universität, mit Gleichaltrigen aus aller Welt.
Über eine Online-Kontaktbörse lernt sie einen jungen Deutschen kennen, sein Profil klingt vielversprechend: Er drückt sich gebildet aus, wünscht sich in naher Zukunft eine Familie. Anfangs tauschen Maria und der Fremde lediglich Belanglosigkeiten aus, doch schnell wird der E-Mail-Verkehr persönlicher und intensiver. Geradezu sehnsüchtig erwartet Maria seine schmeichelnden Worte, seine Freundlichkeiten.
Als er sie eines Tages bittet, zu ihm zu kommen und ihn zu heiraten, überlegt sie nicht lange und tritt die Reise voller Erwartungen an. Sie ist sich sicher, dass sie mit ihren Sprachkenntnissen schnell Fuß fassen kann.
In Deutschland wird sie von der Realität eingeholt: Ihr Freund wohnt mit seinen Eltern in beengten Wohnverhältnissen, hat kaum Schulbildung und ist gewalttätig. Eine Flucht zurück ist nicht möglich: Gleich am ersten Tag nehmen die Schwiegereltern in spe Maria den Pass ab und züchtigen sie. Dennoch lässt sich Maria auf eine Ehe ein. Ihr Verlobter stellt ihr in Aussicht, dass sie ihr Studium in Deutschland fortsetzen und gutes Geld verdienen könne. Diese Hoffnung lässt sie durchhalten.
Nach der Hochzeit wollen der Ehemann und die Schwiegereltern von einem Studium nichts mehr wissen. Sie sperren Maria ein, verlangen, dass sie auch den Haushalt der Schwiegereltern führt.
Als Maria nach acht Monaten fliehen kann, kommt sie stark suizidgefährdet zu SOLWODI. Ihre Zeugnisse sind gut, reichen aber nicht für ein Studium in Deutschland, da sie nur teilweise anerkannt werden. Sie könnte eine Ausbildung im sozialen Bereich beginnen. Durch ihre freundliche Art findet sie schnell ein Praktikum, merkt aber, dass sie mental nicht stark genug ist. Sie sieht ihr Leben und ihre Lage als hoffnungslos an.
In kleinen Schritten gelingt es den SOLWODI-Beraterinnen, die 23-Jährige aufzubauen. Maria beginnt langsam wieder Hoffnung zu schöpfen. Bei der VHS beginnt sie einen Sprachkurs. Jeden Morgen steht sie früh auf, um selbstständig Deutsch zu lernen.
Seit zehn Monaten ist sie bei SOLWODI. Ihr Deutsch ist fast perfekt, auch geht es ihr nach einer schwierigen Phase einigermaßen gut. Auf einer Karte, die sie ihrer SOLWODI-Betreuerin gewidmet hat, zieht sie Bilanz: "Ich gehe langsam, aber ich gehe nicht zurück. Ich bin eine Frau. Ich habe viel geweint, aber ich bleibe stark."
Maria will ihren Weg weitergehen. Sie hat einen Job als Reinigungskraft angenommen, der ihr nicht immer gefällt. Aber sie hält durch. "Das ist nur eine Zwischenstation, ich habe die Kraft zu mehr".

*Name geändert


 

 

Artikel Nr. 4 von 10 in: Rundbrief Nr. 110 - Dezember 2016
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