Kontakte und Beratung
Im Jahr 2013 fanden 110 Erstkontakte statt, knapp 7 Prozent mehr als 2012. Dabei hatten wir 2013 mehr Anfragen im Bereich Menschenhandel und sexuelle Gewalt, während im Jahr 2012 ein Schwerpunkt bei den Opfern von Zwangsheirat / Ehrenmord zu verzeichnen war. Auffallend war auch, dass der Anteil an Frauen, die Beratung zu Aufenthalts-und Integrationsproblemen benötigten, weiter anstieg. Auch viele Opfer von häuslicher Gewalt wandten sich an unsere Beratungsstelle bzw. wurden uns von der Polizei vermittelt.
Im Bereich Menschenhandel bzw. sexueller Ausbeutung hat uns ein Fall ganz besonders beschäftigt, Seit Februar 2013 war einer unserer Jugendhilfeplätze von einem jungen Menschenhandelsopfer belegt. Über eine typische Loverboy-Geschichte kam sie mit 14 Jahren nach Deutschland und wurde gezwungen in verschiedenen Bordellen zu arbeiten. Mit 16 Jahren wurde sie von der Polizei aufgegriffen und zu SOLWODI gebracht. Mittlerweile wurden drei der Täter zu je einem Jahr und 4 Monaten verurteilt. Wir sind, wie schon so oft, fassungslos über die geringen Strafen, wenn man bedenkt wie grauenvoll diese Taten sind, die an dem Mädchen begangen wurden. Sehr lange hat sie gebraucht, um mit dem Erlebten fertig zu werden und einen "normalen" Alltag leben zu lernen, der einem Mädchen ihres Alltags angemessen ist.
Wir freuen uns, dass wir eine unserer anderen jungen Schützlinge in ein selbstständiges Leben begleiten konnten. Im August 2013 konnte eine unserer Klientinnen, gerade volljährig geworden, ausziehen und ein eigenständiges Leben beginnen. Sie organisiert nun selbst ihren kleinen Haushalt und nach erfolgreich bestandener Prüfung ihres Deutsch-Integrationskurses wird sie nun als erstes den Hauptschulabschluss nachholen.
Im Bereich "Zwangsheirat und Ehrenmord" gab es sehr viele Erstkontakte und Beratungsgespräche. Viele Frauen, zum Teil noch Mädchen, sehr jung oder gerade volljährig geworden, kommen zu uns, wenn sie Angst vor einer Zwangsverheiratung haben – zum Beispiel, weil die Familie, die sie bisher relativ "unbehelligt" gelassen hat, sie plötzlich kontrolliert und ihre Freiheiten Schritt für Schritt einschränkt. Insgesamt konnten wir erfreulicherweise feststellen, dass die Mädchen und Frauen viel aufgeklärter und mutiger werden, wenn es um ihre Zukunft geht.
Es gab ebenfalls einen großen Anteil an Frauen, die vor häuslicher Gewalt geflohen sind. Diese Frauen wurden uns überwiegend durch deren Bekannte oder andere soziale Einrichtungen vermittelt, an die sie sich gewandt haben. Viele von ihnen lebten seit langer Zeit in Gewalt und Angst, bevor sie den Mut fassten, eine Beratungsstelle aufzusuchen.
Auffallend viele Anfragen kamen auch von Frauen, die eine Scheidung bzw. Trennung vom Partner wollten, jedoch nicht wussten, was genau die ersten Schritte sind, wie sie Kontakt zu einem Anwalt aufnehmen können usw. Oder sie brauchten auch nur unsere Unterstützung durch psychosoziale Betreuung und das Gefühl, nicht allein diesen für sie großen Schritt machen zu müssen. Oft erfahren sie Ablehnung durch Familie und Bekannte, wenn sie sich dazu entschließen. Oder sie kennen sich nicht aus mit den Gesetzen und ihren Rechten, zuständigen Behörden etc., da sie oft kaum Kontakt zur Außenwelt haben, sich nicht weiterbilden durften und insgesamt klein gehalten wurden.
Schutzhaus
Das Schutzhaus ist durchgängig belegt, 2013 mit 12 Frauen und Mädchen (Jugendliche) mit insgesamt drei Kindern, sechs davon aus osteuropäischen Ländern, eine Frau aus Südamerika, eine aus Vietnam, eine aus dem Irak und drei aus afrikanischen Ländern.
Aktivitäten
Den im letzten Bericht erwähnten Integrationskurs, der 1x wöchentlich für die Frauen im Haus stattfindet, führen wir mit Erfolg fort. Die Frauen und Mädchen arbeiten gut mit und haben mittlerweile viele Ideen und Themen, die sie für ihr geplantes eigenständiges Leben für wichtig erachten. Vorschläge waren u.a. Wohnungssuche, Bewerbungen, Vorstellungsgespräche, Feiertage in den verschiedenen Glaubensrichtungen, Alltagsthemen wie Mülltrennung, Haustiere, Technik etc. Ein weiterer wichtiger Teil dieses Kurses ist der zwischenmenschliche Umgang, das Respektieren anderer Mitmenschen, Religionen und Kulturen.
Um die Frauen in ihrer Selbstständigkeit zu unterstützen, werden sie in die Planung und Durchführung der wöchentlichen Aktionen wie z.B. "Gesundes Kochen", "Basteln" etc. mit einbezogen oder sie helfen auch bei Vorbereitungen für die Öffentlichkeitsarbeit, d.h. sie erstellen Plakate für die Infostände oder Ähnliches. Tatkräftig haben sie uns auch in diesem Jahr bei den kleinen Renovierungsarbeiten im Schutzhaus unterstützt: Das Gemeinschaftswohnzimmer sowie die Küche mussten gestrichen, kleinere Möbel ersetzt werden.
Wie jedes Jahr fand im Schutzhaus eine zugleich fröhliche und besinnliche Weihnachtsfeier mit und für die Frauen statt, zu der auch zahlreiche ehemalige Bewohnerinnen mit ihren Kindern eingeladen waren. Es gab ein Festessen, von allen gemeinsam gekocht.
Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung
Förderverein Koblenz:
Der im Dezember 2012 gegründete Förderverein hat mittlerweile rund 25 Mitglieder und es gibt immer mehr Anfragen. Neben dem Fundraising hat sich der Förderverein die Öffentlichkeitsarbeit zum Ziel gesetzt.
An den folgenden internationalen Gedenktagen informierte der Förderverein die Öffentlichkeit über die "neuen Formen von Gewalt an Frauen und Mädchen" und die "moderne Form des Sklavenhandels":
08.03. Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden
23.08. Internationaler Tag der Erinnerung an Sklavenhandel und dessen Abschaffung
17.10. Internationaler Tag für die Beseitigung der Armut
10.12. Tag der Menschenrechte
Durch verschiedene Stände, Feste und Sammelaktionen konnten bereits um die 4000,00 EUR eingenommen werden. Sehr schön und gelungen in diesem Jahr waren die Veranstaltungen des Fördervereins am 23.08.2013, das Sommerfest mit Unterstützung der LOTTO-Stiftung, der Sportschule Koblenz, Django Reinhardt und den Mini-Maxi-Singers. Rund 150 Besucher kamen am Internationalen Tag der Erinnerung an den Sklavenhandel und dessen Abschaffung in den Garten der Sportschule Oberwerth.
Auf dem Fest wurde von Agnes Dunkel (Lotto-Stiftung Rheinland-Pfalz) ein Scheck über 2.500 Euro an den Förderverein übergeben. Am 25.11.2013 (zum Tag gegen Gewalt gegen Frauen) gab es einen Vortrag von Sr. Lea Ackermann zum Thema "Europa ohne Prostitution – Illusion oder Vision" gemeinsam mit der Gleichstellungsstelle Koblenz. Zum Jahresabschluss fand am 06.12.2013 ein besinnliches und wunderschönes Adventscafé-Treffen mit einer Flötenaufführung von Frau Czupka und einer Lesung im Wohnpark am Ev. Stift statt.
Für das Jahr 2014 sollen die in diesem Jahr so erfolgreichen größeren Veranstaltungen beibehalten und verbessert werden. Auch die kleineren Veranstaltungen sollen weiter ausgebaut werden. Der Förderverein legt sehr viel Wert auf die Wiedererkennung und wird darum auch im Jahr 2014 alle Veranstaltungen an für SOLWODI passenden Gedenktagen durchführen. So sollen beispielsweise am Weltfrauentag 2014 die Einnahmen des Fördervereins aus 2013 feierlich an das Schutzhaus übergeben werden.
Ebenfalls unterstützte uns der Förderverein in der Arbeit mit den Klientinnen, indem einzelne Mitglieder Deutsch-Nachhilfe, sportliche Aktivitäten oder kreatives Gestalten anboten. Vielen herzlichen Dank an den Förderverein für die großartige Unterstützung.
Schulprojekt:
Das Schulprojekt 2013 wurde in diesem Jahr von der Globusstiftung finanziert und gefördert und begann im Juni. Wir konnten sowohl Berufsbildende Schulen als auch Regelschulen für unser Projekt begeistern und erhielten sehr gute Rückmeldungen. Es stehen noch Termine für das laufende Schuljahr 2013/2014 an.
Auch im kommenden Schuljahr 2014 werden wir mit unserem Schulprojekt hauptsächlich über das Thema Zwangsheirat und Ehrenmord aufklären. Die Themen Menschenhandel und Häusliche Gewalt werden ebenfalls intensiv besprochen.
Weihnachtsmarkt Koblenz "Caritatives Häuschen" 17.12.2013
Auch dieses Jahr wieder war SOLWODI Koblenz und Boppard sowie ehrenamtliche Helfer des neu gegründeten Fördervereins Koblenz im Caritativen Häuschen auf dem Weihnachtsmarkt in Koblenz dabei. Es fanden viele Gespräche mit interessierten Menschen statt, die auf unsere Arbeit aufmerksam geworden sind und sich über die Ziele und Hilfen von SOLWODI erkundigen wollten. Auch hier konnten wir viele Unterschriften für die Petition "Mach den Schluss-STRICH!" sammeln.
„TERRE DES FEMMES“ Aktionstag: „Nein zu Gewalt an Frauen“ 26.11.2013
Am 26.11.2013 war SOLWODI Koblenz mit einem Infostand in der Fußgängerzone in Koblenz vertreten. Dabei wurden wir von Ehrenamtlichen kräftig unterstützt. Das Motto des diesjährigen Engagements war u.a. die Unterschriftensammlung "Vergewaltigung-Schluss mit der Straflosigkeit!" der TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V. Die Unterschriften sollen im April 2014 an das Justizministerium übergeben werden.
SOLWODI Koblenz hat u.a. an der Fachkonferenz Frauen KO, AK Ahrweiler, Runder Tisch "Gewalt an engen sozialen Beziehungen" sowie an Fachseminaren und Fortbildungen teilgenommen.
Kooperation:
Die Zusammenarbeit mit der Polizei RLP, NRW, Saarland, Hessen etc. sowie mit Jugendämtern diverser Bundesländer, Schulen und anderen sozialen Einrichtungen verlief nach wie vor sehr gut.
Auch die regelmäßige Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner, dem Kultur- und Beratungsbüro von Django Reinhardt, ist intensiv und verläuft gut. Diese Beratung richtet sich insbesondere an Sinti- und Romafrauen, die Opfer von Menschenhandel, Prostitution oder Zwangsheirat geworden oder von Ehrenmord bedroht sind.
Mitarbeiterinnen
2013 verstärkten folgende Fachkräfte unser Team: Frau Esther Laudenberg, Dipl.-Sozialarbeiterin.
Zusätzlich hat uns als weitere Mitarbeiterin Frau Marie-Christin Sauer, Sozialarbeiterin B.A., seit dem 01.08.2013 ebenfalls in Vollzeit, unterstützt.
Nancy Gensmann, Elisa Leinz-Buey