SOLWODI e.V.


Fachberatungsstelle in Mainz

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Kleine und große Schritte mit unseren Klientinnen: Alltägliche Geschichten aus der Beratung
Im vergangenen Jahr haben uns hier in der Mainzer SOLWODI-Beratungsstelle die Geschichten vieler Klientinnen erreicht und berührt. Mit manchen sind wir kleine, mit anderen große Schritte gegangen, damit für diese Frauen, manchmal noch Mädchen, ein menschenwürdiges Leben möglich wird.
Doch auch dann bleibt die Vergangenheit der Frauen ein ständiger, oft bedrückender Begleiter, wie wir bei einer Frau aus Nigeria erleben, die Opfer von Menschenhandel wurde und die wir schon seit zwei Jahren begleiten. Gegen die Täter wird jetzt in Frankreich ermittelt – ein wichtiger Schritt, dennoch für die Klientin eine sehr belastende Situation, weil zur Zeit noch Nachvernehmungen aus Frankreich anstehen, bei denen die Frau über das Erlebte sprechen und berichten muss. So drängt sich selbst nach zwei Jahren das alte Leben wieder und wieder in den Alltag und macht den Neuanfang schwer. Eine große Erleichterung gab es immerhin, als dem Asylantrag unserer Klientin stattgegeben wurde – für drei Jahre kann sie nun sicher sein. Doch für sie – und uns – geht die Arbeit weiter: Zurzeit ist die Frau schwanger und daher vom Asylbewerberheim in die erste eigene Wohnung umgezogen. Dieser Schritt gelingt, zumal angesichts der Sprachbarrieren und dem (noch) fehlendem Netzwerk der Frau, nur, wenn wir uns als SOLWODI-Mitarbeiterinnen viel Zeit nehmen.
Und dass es sich lohnt, sich diese Zeit zu nehmen, sehen wir immer wieder: So etwa bei einer jungen Klientin aus Rumänien, ebenfalls Opferzeugin in einem Prozess gegen Menschenhändler. Mit der Hilfe von SOLWODI hat sie in den vergangenen fünf Jahren Sprachkurse besucht, konnte innerhalb kurzer Zeit den Hauptschulabschluss nachholen, hat unablässig Bewerbungen geschrieben und jetzt tatsächlich eine Ausbildungsstelle als Bäckerin gefunden. Geschichten wie diese, die wir mit unseren Klientinnen immer wieder erleben, sind die beste Motivation, weil wir mitbekommen, wie sie ihren Weg finden, Chancen nutzen und dann auch ihre Freude mit uns teilen!
Erfreulich ist auch, wenn die Kooperation mit anderen Organisationen und Behörden funktioniert. Im Bereich von Zwangsheirat und Ehrenmordbedrohung ist dies besonders wichtig, denn in aller Regel gilt: Je weiter Opfer und Täter getrennt werden, desto besser. Im vergangenen Jahr gab es in mehreren Fällen von Zwangsheirat und Ehrenmordbedrohung Kooperationen auch über die Ländergrenzen hinaus, so dass wir in mehreren Fällen einen sicheren Ort in einem anderen Bundesland für unsere Klientinnen finden bzw. Frauen und Mädchen aus anderen Bundesländern hier unterbringen und begleiten konnten.

Übersicht über die Arbeit 2013
2013 erreichten uns insgesamt 81 Anfragen von Frauen aus 27 Nationen. Dabei kamen 15 Frauen aus Deutschland, 23 aus dem europäischen Ausland und 29 von außerhalb Europas. In 16 Fällen konnten wir das Herkunftsland nicht bestimmen.
Die Betroffenen wandten sich an uns vorwiegend aufgrund von drohender Zwangsheirat / Ehrenmordbedrohung (17 Fälle), in 10 Fällen hatten wir einen zum Teil sich im Laufe der Arbeit erhärtenden Verdacht auf Menschenhandel und Zwangsprostitution, weitere 10 Frauen hatten aufenthaltsrechtliche Fragen, 9 litten unter häuslicher Gewalt, ebenso viele brauchten Hilfe bei Trennung, Scheidung und Sorgerechtsfragen. Insgesamt kamen so 491 Beratungen zustande, 38 mal gingen wir mit zu Behörden, 204 mal telefonierten wir mit Behörden, 234 standen wir in telefonischem Kontakt mit Gerichten oder der Polizei, und 433 mal tauschten wir uns mit anderen Nicht-Regierungsorganisationen aus.
Umso wichtiger ist der harmonische und reibungslose Ablauf der Zusammenarbeit der SOLWODI-Mitarbeiterinnen in der Beratungsstelle: Trotz Urlaub und Krankheit über vier Monate hinweg lief die Arbeit reibungslos. Durch gelungene Übergabe und Austausch, Bereitschaft und Einsatz konnten Klientinnen kontinuierlich begleitet und Ausfälle abgefangen werden.

Kooperation mit Behörden, – Netzwerksarbeit für unsere Klientinnen
Im vergangenen Jahr konnten wir einige wegweisende Kooperationen mit anderen Beratungsstellen, Behörden und den Polizei- und Strafverfolgungsstellen in Rheinland-Pfalz herstellen. So gab es ein Gespräch mit Irene Alt, Ministerin für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen in Rheinland-Pfalz, und Sr. Dr. Lea Ackermann sowie je einer Vertreterin der Beratungsstellen Koblenz, Mainz und Ludwigshafen. Themen waren konkrete Probleme aus dem Arbeitsalltag von SOLWODI und in der Betreuung unserer Klientinnen, bei denen die Ministerin Unterstützung zusagte.
Ebenfalls mit dem Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen fand eine Evaluierungsrunde statt, um das Kooperationskonzept des Landes Rheinland-Pfalz in Fällen von Menschenhandel zu beurteilen. Die TeilnehmerInnen von Staatsanwaltschaft, Polizei, SOLWODI und dem Ministerium waren sich einig darüber, dass klar getrennt werden muss zwischen Fällen von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und Menschenhandel zum Zwecke der Arbeitsausbeutung, da die Opfer sehr spezifische Bedürfnisse haben.
Schließlich verabschiedeten im November die zuständigen Ministerien des Landes Rheinland-Pfalz (das Integrationsministerium, das Justizministerium und das Innenministerium) gemeinsam mit SOLWODI und anderen Nichtregierungsorganisationen nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit ein Kooperationspapier zur Unterstützung der von Ehrenmord und Zwangsheirat bedrohten Frauen und Mädchen.
Insgesamt verlief die Kooperation mit anderen Trägern, mit Unterbringungsstellen und Kostenträgern im vergangenen Jahr überwiegend erfreulich. Lediglich fällt es uns zunehmend schwerer, freie Frauenhausplätze für unsere Klientinnen zu finden.

Gefährdung durch Unwissenheit: Vorsicht bei alltäglichen Verwaltungsvorgängen
Einen Schwachpunkt, der unter Umständen sogar zur Gefährdung der Opfer führt, ist uns allerdings wiederholt aufgefallen – immer wieder ergeben sich daraus zum Teil massive Probleme im Beratungsalltag: Bei der Unterbringung von Opfern häuslicher Gewalt in einem anderen Bundesland kommt es zum Beispiel vor, dass das neue örtliche Jugendamt sich an den Kindsvater wendet und Unterhaltsleistungen zurückfordert und somit dem (potentiellen) Täter zufällig den eigentlich sicheren Aufenthaltsort verrät. Auch bei Bafög-Anträgen lauert die Gefahr, dass der neue, sichere Ort (z.B. bei Flucht vor Zwangsheirat) auffliegt, da Eltern durch entsprechende Schreiben auf die Spur der Kinder geführt werden, die eigentlich vor ihnen geschützt werden müssen.

Regine Noll und Sabrina Merkt

 


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