»Gottes Stern, leuchte uns«
(GL 259)
Worte und Melodie: Christoph Biskupek und Oliver Sperling 1998
Liedportrait von Meinrad Walter
Dieses Lied führt uns in den Kölner Dom, näherhin an den berühmten, um das Jahr 1200 von Goldschmieden gefertigten „Dreikönigenschrein“. Mit den Weisen aus dem Morgenland, für deren Gebeine der kostbare Schrein geschaffen wurde, und mit den vielen Sternsingern in den Gemeinden singen wir: auf dem Weg die Bitte „Gottes Stern, leuchte uns“; und dann, ganz nahe schon am Ziel, das Bekenntnis: „Wir haben seinen Stern gesehen …“ (Matthäus 2,2). Als Pilgerlied zum Kölner Domjubiläum „750 Jahre Gotischer Dom“ ist „Gottes Stern, leuchte uns“ im Jahr 1998 entstanden. Ein Autoren-Duo hat das Lied verfasst: der katholische Priester Christoph Biskupek (geb. 1957), der als Präses der Chöre am Kölner Dom gewirkt hat und heute Pfarrer in Erkrath-Hochdahl ist, sowie der Kölner Domkantor und Leiter des dortigen Mädchenchores Oliver Sperling (geb. 1965), der auch das erste Monatslied zum Gotteslob „Heilig, heilig, heilig“ (GL 200) komponiert hat.
Die erste Strophe nimmt den Stern sozusagen beim Wort. Die Gestirne sind ein Schmuck der Schöpfung. Allein mit seinem machtvollen Wort hat Gott sie geschaffen. Und sein Mensch gewordenes Wort Jesus Christus ruft uns auf den Weg des freudigen Glaubens. Deshalb kommen wir „voll Freude“. Nach dem Rückblick auf den Anfang aller Zeit folgt in Strophe 2 die mit Christi Geburt einsetzende „neue Zeit“. Als „die Zeit erfüllt war“ (Galater 4,4), sandte Gott seinen Sohn, damit die Zeit der Erlösung beginnt. Die menschliche Antwort heißt jetzt, inspiriert von der oftmals bildhaft dargestellten Anbetung der Könige an der Krippe: „… und beten voll Freude“.
Die dritte Strophe offenbart die trinitarische Gliederung des gesamten Liedes: Gott, der Schöpfer (Strophe 1) – Gottes Sohn, das „Menschenkind“ (Strophe 2) – Gottes Geist, „der uns durch die Zeiten lenkt“ (Strophe 3). Wohin lenkt er uns? Das Lied riskiert keine vollmundigen Antworten. Auch verzichtet es auf Worte wie „ewig“ oder „selig“ oder „himmlisch“. Entscheidend in der dritten Strophe sind, nach den Aspekten Schöpfung und Erlösung, nun die Worte „Verheißung“ und „Vollendung“. Das korrespondiert mit der dritten Antwort „… und glauben voll Freude“. Dieser Glaube lebt aus dem Licht der Schöpfung und der Menschwerdung. Er weiß aber auch von der Finsternis des Kreuzes, die von Jesu Wort „Es ist vollbracht“ (Johannes 19,30) überstrahlt wird. Im Kreuz zeigt sich „der Liebe Macht“.
In seiner originalen Fassung zum Domjubiläum 1998 hat das Lied noch zwei weitere Strophen. Sie beziehen sich auf den Kölner Dom mit Zeilen wie „Gottes Haus, in dem wir stehn, himmlisches Jerusalem“. Auch der Dreikönigenschrein wird besungen: „Der goldne Schrein, der goldne Stern, sie führen uns zu Gott, dem Herrn“. Die menschlichen Antworten am Ende der Strophen führen in dieser Fassung vom „Kommen“, „Beten“ und „Glauben“ hin zum „Singen“ und „Freude bringen“.
Die Melodie von Oliver Sperling passt bestens zu einem Pilgerlied, denn ihr eignet eine schreitende und eine hymnische Komponente. Gleichsam zwischen den Notenlinien ergibt sich ein drängender Gestus, weil die anfänglichen Ruhepunkte auf den Halbenoten „Stern“ und „uns“ seltener werden und stattdessen immer mehr Achtelnoten die Bewegung antreiben – bis zur Stelle „Menschen, höret seinen Ruf“, die zudem die neue Tonart G-Dur ansteuert, was wie ein Doppelpunkt vor der entscheidenden Botschaft „Wir haben seinen Stern gesehen …“ wirkt. Die Spannung entlädt sich in den drei Schlusstakten. Auf die staunende Pause folgt eine aufstrebende Achtelkette mit den Tönen der C-Dur-Tonleiter, am Ende noch überboten durch den Spitzenton d auf „Freude“. Die Wiederholung der drei letzten Takte bekräftigt das Bekenntnis zum Stern, der leuchtet, zeigt und leitet.