Zu den Kapiteln
Der Jurist Franz Eichmann war ein preußischer Spitzenbeamter, der 1838 und 1839 Vertreter Preußens beim Deutschen Zollverein, kurzzeitig September bis November 1848 Staatsminister war und sich vor allem mehr als zwei Jahrzehnte als Oberpräsident bewährte, zunächst in der Rheinprovinz und dann in der Provinz Preußen.
Franz August Eichmann wurde am 29.3.1793 als Sohn des preußischen Geheimen Kriegs- und Domänenrats Franz Friedrich Eichmann (1756–1824) und der Lucie Justine Friederike geborene Bamberger (gestorben 1808) in Berlin geboren. Die Familie war evangelisch. 1823 heiratete Eichmann in erster Ehe Cornelia Wedeke (1795–1849), 1852 in zweiter Ehe Katharina von Schroetter (1818–1866).
Nach dem Besuch des Joachimsthalschen Gymnasiums in Berlin studierte Eichmann 1810-1813 Rechts- und Kameralwissenschaften in Göttingen, Heidelberg und Berlin. Im Befreiungskrieg diente er 1813 und 1814 als freiwilliger Jäger, 1815 als Landwehroffizier. Im gleichen Jahr trat der mittlerweile zum Dr. iur. promovierte Eichmann als Auskultator in den preußischen Justizdienst ein. Am 5.4.1817 wurde er Gerichtsreferendar beim Kammergericht in Berlin, 1819 Gerichtsassessor am Oberlandesgericht Stettin, 1822 Kammergerichtsrat beim Oberlandesgericht Marienwerder. 1824 kehrte er als Kammergerichtsrat nach Berlin zurück. Dort kam er in nähere Verbindung mit dem pietistisch-konservativen Kreis der Brüder Leopold (1790–1861) und Ernst Ludwig von Gerlach (1795–1877). Von 1833 bis 1835 war Eichmann als Kammergerichtsrat Vertreter Preußens bei der am 20.6.1833 vom Deutschen Bund eingerichteten Zentralbehörde zur Untersuchung der gegen den Bund gerichteten Komplotte nach Frankfurt am Main versetzt. 1835 wechselte er auf Betreiben des Finanzministers Albrecht von Alvensleben (1794-1858, Finanzminister 1835-1842) als Justitiar, Geheimer Finanzrat und Vortragender Rat in das preußische Finanzministerium, ab 1836 war er Geheimer Oberfinanzrat. Die königliche Wertschätzung führte 1837 zu seiner Berufung in den Staatsrat. 1838 und 1839 vertrat er Preußen als Bevollmächtigter auf den Generalkonferenzen des Deutschen Zollvereins. Im November 1840 wurde Eichmann in das Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten versetzt, wo er als Ministerialdirektor und mit dem Charakter als Wirklicher Geheimer Legationsrat die Leitung der zweiten (wirtschaftspolitischen) Abteilung übernahm. Seit 1842 war Eichmann Mitglied der Gesetzgebungs-Revisionskommission.
Im Mai/Juni 1845 verbreiteten Zeitungen im Rheinland das sich dann bestätigende Gerücht, dass Eichmann als neuer Oberpräsident der Rheinprovinz vorgesehen sei. Durch Allerhöchste Kabinettsordre vom 5.7.1845 erfolgte die Ernennung Eichmanns, der sein neues Amt am 16. Juli antrat. Der neue Oberpräsident scheint in der Rheinprovinz einen positiven ersten Eindruck gemacht zu haben. So schrieb etwa Ludolf Camphausen am 2.12.1845 an seinen Bruder Otto Camphausen (1812-1896) in Berlin, er habe Eichmann mehrfach getroffen und sich gefreut, in ihm einen Mann von vielem Verstande zu finden, der weniger ängstliche Schmiegsamkeit darlegen wird als Mut und Keckheit, da hart aufzutreten, wo er auf Erfolg hofft […] Dieser Oberpräsident kann für das Gouvernement eine gute Wahl sein, wenn ihn das Glück ein wenig begünstigt, wenn er nicht einmal diese oder jene Regung in der Rheinprovinz zu klein veranschlagt und in der Hoffnung, sie zu meistern, Schaden stiftet. In der Diskussion ist Eichmann derb und mitunter grob, eine Manier, die mir gerade behagt, weil sie aufmuntert, sich auch nicht zu genieren.[1]
Im Revolutionsjahr 1848 fand Eichmanns Tätigkeit als Oberpräsident in Koblenz eine vorübergehende Unterbrechung, als er vom 21. September bis 8. November als preußischer Staatsminister, Minister des Innern und Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten in das interimistische Kabinett von Ernst von Pfuel (1779-1866, Ministerpräsident 21.9.-1.11.1848) berufen wurde. Während dieser Zeit wurde er im Oberpräsidium in Koblenz durch den früheren Landrat des Kreises Simmern und Staatskommissar der Köln-Mindener-Eisenbahn, Eduard von Moeller, vertreten. Eichmann kehrte am 12. November nach Koblenz zurück, wo er noch bis zum 31.8.1850 amtierte. Während seiner Zeit als rheinischer Oberpräsident hatte er politisch eine gemäßigt liberale Haltung eingenommen. Diese brachte ihm den Wechsel auf das Oberpräsidium der Provinz Preußen in Königsberg ein, wo er gleichzeitig als Regierungspräsident amtierte und Kurator der Universität war. Politisch schloss er sich erneut einer betont konservativen Richtung an, überstand aber den Wechsel der „Neuen Ära“ unbeschadet und wurde erst mit 75 Jahren im August 1868 aus Gesundheitsgründen in den Ruhestand versetzt.
Von 1849 bis 1852 gehörte Eichmann der preußischen ersten Kammer an, von 1867 bis 1870 als konservativer Abgeordneter dem Reichstag des Norddeutschen Bundes und von 1868 bis 1870 dem preußischen Abgeordnetenhaus. 1853 wurde ihm der Charakter eines Wirklichen Geheimen Rates mit dem Prädikat Exzellenz verliehen. Eine ihm 1860 angebotene Nobilitierung lehnte er für sich ab, nahm sie aber für seine beiden Söhne an. Zu dieser Zeit war er der einzige bürgerliche Oberpräsident Preußens.
Eichmann erhielt zahlreiche staatliche Verdienstorden, darunter um 1843 den preußischen Roten Adler-Orden 2. Klasse mit Eichenlaub, 1861 1. Klasse mit Eichenlaub und bis 1873 das Großkreuz mit Eichenlaub.
Eichmann starb am 14.8.1879 in Berlin.
Quellen
Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 1817–1934/38, hg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Jürgen Kocka und Wolfgang Neugebauer (Acta Borussica NF 1), Band 3: 9. Juni 1840–14. März 1848, bearb. von Bärbel Holtz, Hildesheim [u.a.] 2000; Band 4, 1 u. 2, 30. März 1848–27. Oktober 1858, bearb. von Bärbel Holtz, Hildesheim [u.a.] 2003.
Rheinische Briefe und Akten zur Geschichte der politischen Bewegung 1830–1850. .Gesammelt und hg. von Joseph Hansen, Band 1: 1830-1845, Essen/Leipzig 1919, ND Düsseldorf 1997.
Literatur
Bär, Max, Die Behördenverfassung der Rheinprovinz seit 1815, Bonn 1919 (ND) Düsseldorf 1998.
Grypa, Dietmar, Der Diplomatische Dienst des Königreichs Preußen (1815–1866). Institutioneller Aufbau und soziale Zusammensetzung, Berlin 2008.
Haunfelder, Bernd/Pollmann, Karl Erich (Bearb.), Reichstag des Norddeutschen Bundes 1867–1870. Historische Photographien und biographisches Handbuch, Düsseldorf 1989, S. 111 (Foto), 396.
Kreutzmann, Mirko, Die höheren Beamten des Deutschen Zollvereins. Eine bürgerliche Funktionselite zwischen einzelstaatlichen und zwischenstaatlicher Integration (1824-181), Göttingen 2012, S. 252-253.
Romeyk, Horst, Die leitenden staatlichen und kommunalen Verwaltungsbeamten der Rheinprovinz 1816–1945, Düsseldorf 1994, S. 430-431.
Schütz, Rüdiger, Die preußischen Oberpräsidenten von 1815 bis 1866, in: Schwabe, Klaus (Hg.), Die preußischen Oberpräsidenten 1815-1945, Boppard am Rhein 1985, S. 33-81.
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Lilla, Joachim, Franz Eichmann, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/franz-eichmann/DE-2086/lido/5ddbedd0da1291.75963977 (abgerufen am 19.08.2024)