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Max Ophüls gilt als einer der besten Regisseure der Filmgeschichte. Das liegt an seinem innovativen, handwerklich perfekten und zugleich sehr eleganten Stil mit ungewöhnlichen Perspektiven, geschliffenen Dialogen und gefühlvoller Tragik. Sein berühmtester Film war sein letzter: „Lola Montez“ (1955). In Deutschland wurde Ophüls zu Lebzeiten nie wertgeschätzt, auch entstanden die meisten seiner Filme im Exil. Die Anerkennung seiner Kunst in Deutschland begann erst Ende der 1960er Jahre. Heute wird er zu den vier großen deutschen Filmregisseuren gezählt - neben Fritz Lang (1890-1976), Ernst Lubitsch (1892-1947) und F.W. Murnau (1888-1931).
Max Ophüls wurde als Max Oppenheimer am 6.5.1905 in St. Johann (heute Stadt Saarbrücken) geboren, als Sohn des wohlhabenden jüdischen Kaufmanns Leopold Oppenheimer (1872-1950) und seiner Frau Helene, geborene Bamberger (1879-1943), die ebenfalls aus einer Kaufmannsfamilie stammte. Der Vater besaß mehrere Bekleidungshäuser. Schon als Kind ging Max gerne ins Saarbrücker Stadttheater und spielte 1919 dort auch erste Rolle. Ein Jahr vor dem Abitur verließ er zum Entsetzten seiner Eltern die Kaiserlich-Königliche Oberrealschule in Saarbrücken, um Schauspieler zu werden. Es klappte: 1920 wurde er Schauspiel-Volontär beim Württembergischen Staatstheater in Stuttgart. Da ihm sein Vater verbot, als Schauspieler seinen Familiennamen zu benutzen, legte er sich den Künstlernamen Max Ophüls zu. Nächste Stationen waren die Stadttheater von Aachen, Dortmund (dort auch erste Regie), Barmen-Elberfeld (heute Stadt Wuppertal), wo er auch Spielleiter war und für die Spielzeit 1925/1926 das Wiener Burgtheater. Dort führt er auch Regie und erhielt 1926 die Kündigung, mit der Begründung, ein Jude passe nicht hierher.
Über die Theater von Frankfurt/Main und Breslau kam der Regie-Spezialist für Operetten, der nebenbei Hörspiele, ein Kinderstück und kabarettistische Revuen schrieb, zusammen mit dem Komponisten Harry Ralton (1907-1953) 1931 nach Berlin. Dort begann seine Filmkarriere, als die Ufa ihn gleich für die Dialogregie von „Nie wieder Liebe“ von Anatole Litvak (1902-1974) anheuerte, der in einer deutschen und eine französischen Sprachfassung gedreht wurde (das war zu Beginn der Tonfilmzeit üblich, da man noch nicht synchronisierte). Ophüls machte das so gut, dass ihm die Ufa die Chance gab, einen Film als Regisseur zu drehen; es entstand die Kurzfilmkomödie „Dann schon lieber Lebertran“ (1931). Mit „Die verliebte Firma“ (1932) folgte gleich der erste lange Spielfilm, wieder eine Komödie, und mit „Die verkaufte Braut“ (1932) die nächste Komödie, die nur noch entfernt an die Vorlage, Friedrich Smetanas (1824-1884) gleichnamige Oper, erinnerte. Denn Ophüls suchte sich Typen, echte Jahrmarktsakrobaten und das Komikerpaar Karl Valentin/Liesl Karlstadt, dazu bekannte Opernsänger und schuf so eine mitunter skurrile, aber sehr eigenständige Atmosphäre, mehr mit Bildern als mit Worten, ein fast schon avantgardistisches Werk, wie man es vorher noch nie in Deutschland gesehen hatte.
In München drehte er danach „Lachende Erben“, wieder eine Komödie mit Musik, diesmal aber mehr eine Fingerübung und eine Studie in Parallelmontage. Mit seinem vierten Spielfilm, „Liebelei“ (1933) nach Schnitzler, hatte Ophüls dann seinen Stil gefunden und wurde in den Filmkunstkreisen anerkannt: Er schuf eine Wiener Atmosphäre, die poetisch-leicht und doch nur bedingt wienerisch ist und führte seine berühmten Kamerabewegungen quer durch Häuser und über Straßen mit schrägen Bilder, horizontalen Fahrten durch Räume und vertikale durch Treppenhäuser ein, die auch den Gefühlszustand der Figuren beschreiben. Es sollte sein größter Erfolg werden und sein letzter Film in Deutschland.
Ophüls oder Ophuls (seit 1941 Opuls), wie der 1938 Franzose gewordene Regisseur sich nun schrieb, wurde von den Nationalsozialisten gesucht, nicht nur weil er Jude war, sondern auch weil er antifaschistische Beiträge für das französische Radio verfasste. Während er noch auf die Einreisepapiere für die USA wartete, ging er in die Schweiz. Der Film, den er dort begann – „L’école des femmes“ (Schule der Frauen) nach Molière (1622-1673), wurde abgebrochen, weil er sich mit Hauptdarsteller Louis Jouvet (1887-1951) überwarf.
Über Marseille und Lissabon reiste Ophüls in die USA, wo er im August 1941 ankam. Dort kannte man ihn nicht, er hielt sich und seine Familie anfangs über Wasser mit Arbeiten fürs Radio und mit Drehbüchern, die jedoch nicht verfilmt wurden. Als der in Europas aufgewachsene US-Regisseur und Produzent Preston Sturges (1898-1959) „Liebelei“ sah, engagierte er Ophüls begeistert als Regisseur für „Vendetta“, ein Projekt, das sich über zwei Jahre hinzog, während dessen Ophüls seine Autobiographie „Spiel im Dasein“ schrieb, die aber erst posthum erschien. Doch als die Dreharbeiten endlich begannen, wurde Ophüls die Regie schnell entzogen, weil man mit seiner europäisch geprägten Form des Regieführens, seinem Perfektionismus und seiner Art, jedes Detail bestimmen zu wollen, nichts anfangen konnte. Ophüls seinerseits hatte Probleme mit dem amerikanischen Studiosystem, in dem viele Spezialisten am Drehort sind und der Regisseur nicht der Chef ist, sondern nur ein kleines Rädchen. Ophüls riss sich zusammen und drehte dank Vermittlung von Robert Siodmak (1900-1973) den Mantel-und-Degen-Film „The Exile“ (Das Exil) mit Hollywoodstar Douglas Fairbanks Jr. (1909-2000) als solide Auftragsarbeit. Mit der Stefan-Zweig-Verfilmung „Letter from an Unknown Woman“ (Brief einer Unbekannten) konnte sich Ophüls in seinem Element, europäischen Liebesdramen, bewegen und schaffte es zum ersten und einzigen Mal in Amerika, ein „Liebelei“ ebenbürtiges Meisterwerk zu schaffen, das alle typischen Ophüls’schen Elemente aufweist. Seine nächsten Filme „Caught“ (Gefangen) und „The Reckless Moment“ (Der leichtsinnige Augenblick) dagegen sind eher solide Thriller.
Als Ophüls 1949 nach Europa zurückging und zuerst in Paris – wieder nach Schnitzler – „La Ronde“ (Der Reigen) drehte, konnte er – eine Seltenheit bei den Rückkehrern - mühelos künstlerisch da anknüpfen, wo er vor der Emigration aufgehört hatte und fand sofort zu seiner Bestform. „La Ronde“ wurde wegen seines freizügigen Themas zum Skandal. Ophüls und sein Co-Drehbuchautor Jacques Natansan (1901-1975) bekamen eine Oscar-Nominierung. Es folgte der mühsam finanzierte Episodenfilm „Le Plaisir“, der inhaltlich und optisch in dieselbe Richtung geht, wobei der Studioregisseur erstmals mit faszinierenden Landschafts-Außenaufnahmen überraschte. Das Frauenporträt „Madame de …“, sein vierter Film mit Hauptdarstellerin Danielle Darrieux (geboren 1917) wurde der eleganteste Film seiner Karriere, „Lola Montès“ (deutsche Schreibweise: Lola Montez), die Geschichte einer Halbprostituierten und Tänzerin, die als Ausstellungsstück im Zirkus endet, sein opulentester und teuerster (8,5 Millionen DM). Erstmals drehte Ophüls nicht nur in Farbe, sondern auch noch in Cinemascope. Mit den neuen Techniken hatte er keine Probleme, aber der Film war ein Flop, er wurde vom Produzenten gekürzt, was auch nichts half. Ophüls galt als Kassengift, der nicht mehr drehen konnte. Beim Südwestfunk in Baden-Baden inszenierte er noch zwei Hörspiele („Novelle“ nach Goethe 1954, „Berthas Galan“ nach Schnitzler 1956). 1956 übernahm er auf Einladung von Gustaf Gründgens am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg die Regie von Beaumarchais‘ (1732-1799) „Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit“ (1957). Er erkrankte noch vor der Premiere und starb am 26.3.1957 in einem Hamburger Krankenhaus an einer rheumatischen Herzerkrankung im Beisein seiner Ehefrau, der früheren Schauspielerin Hildegard Wall (1894-1980). Mit ihr war er seit 1926 verheiratet gewesen. Sein Grab befindet sich auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise. Der einzige Sohn Marcel Ophüls, 1927 in Frankfurt geboren, ist ein Oscar-gekrönter Dokumentarfilmer.
Ophüls sind eine Reihe von Auszeichnungen zuteil geworden: 1934 wurde er auf den Internationalen Filmfestspielen von Venedig für den Mussolini-Pokal (Regie) für „Eine Diva für alle“ nominiert.1952 folgte die Oscar-Nominierung) für“ Der Reigen“ (Bestes adaptiertes Drehbuch), 1955 für „Pläsier“ (Bestes Szenenbild).1966 erhielt er posthum bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin den FIPRESCI-Preis für sein Lebenswerk. 2010 wurde er mit einem Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin geehrt.
Seit 1980 wird in Saarbrücken jährlich das Festival Max-Ophüls-Preis ausgerichtet mit einem Wettbewerb für deutschsprachige Nachwuchsfilmer. Der Preis ist zurzeit mit 18.000 Preisgeld und 18.000 Euro Verleihförderung dotiert. In seiner Heimatstadt sind eine Schule und ein Platz nach ihm benannt; ein Platz erinnert auch in Dortmund an den großen Film- und Theaterschaffenden.
Werke (Filme)
1931 - Nie wieder Liebe, Dialog-Regie, Regie-Assistenz.
1931 - Dann schon lieber Lebertran, Kurzfilm, Regie, Co-Drehbuchautor.
1932 - Die verliebte Firma, Regie, Co-Drehbuchautor.
1932 - Die verkaufte Braut, Regie.
1933 - Lachende Erben, Regie, Co-Drehbuchautor.
1933 - Liebelei, Regie, Co-Drehbuchautor.
1934 - Une histoire d’amour (frz. Fassung von Liebelei), Regie, Co-Drehbuchautor.
1934 - On a volé un homme, Regie.
1934 - La signora di tutti, Regie, Co-Drehbuchautor.
1935 - Divine, Regie, Co-Drehbuchautor.
1935 - Valse brillante de Chopin, Kurz-Dokumentarfilm, Regie.
1935 - Ave Maria de Schubert, Kur-Dokumentarfilm, Regie.
1936 - La tendre ennemie, Regie, Co-Drehbuchautor, Co-Produzent.
1936 - Komedie om geld, Regie, Co-Drehbuchautor.
1937 - Yoshiwara, Regie, Co-Drehbuchautor.
1938 - Werther (Le roman de Werther), Regie, Co-Drehbuchautor.
1939 - Sans lendemain, Regie, Co-Drehbuchautor.
1940 - De Mayerling à Sarjevo, Regie, Co-Drehbuchautor.
1947 - The Exile, Regie, Co-Drehbuchauto.
1948 - Letter from an Unkown Woman, Regie, Co-Drehbuchautor.
1949 - Caught, Regie.
1949 - The Reckless Moment, Regie.
1950 - La ronde, Regie, Co-Drehbuchautor.
1952 - Le plaisir, Regie, Co-Drehbuchautor, Co-Produzent.
1953 - Madame de …, Regie, Co-Drehbuchautor.
1955 - Lola Montès, Regie, Co-Drehbuchautor.
Autobiographie
Spiel im Dasein, Frankfurt/M. 1959.
Literatur
Stiftung Deutsche Kinemathek/Peter W. Jansen/Wolfram Schütte (Hg), Max Ophüls, München/Wien 1989.
Asper, Helmut G., Max Ophüls und seine Filme, Berlin 1998.
Thomas Koebner/Fabienne Liptay (Hg), Filmkonzepte 24: Max Ophüls, Frankfurt 2011.
Kurt Bohr/Michael Beckert (Hg), Max Ophüls: Das Leben – Ein Reigen, Saarbrücken 2011.
Beylie, Claude, Max Ophuls, Paris 1984.
Guérin, William Karel, Max Ophuls, Paris 1988.
Online
Jacobsen, Wolfgang, „Ophüls, Max“, in: Neue Deutsche Biographie 19 (1998), S. 548-549. [online]
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Dittgen, Andrea, Max Ophüls, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/max-ophuels/DE-2086/lido/5cdd1cb8ebfc89.12762173 (abgerufen am 19.08.2024)