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Otto von Bylandt gehörte zu den einflussreichen Räten am Hof Wilhelms V. (der Reiche), der von 1539 bis 1592 die Herzogtümer Jülich, Berg und Kleve regierte. Er beriet seinen Landesherrn in vielfältigen Angelegenheiten und verwaltete für ihn ab 1569 die ostwestfälische Grafschaft Ravensberg. Sein Herzog schätzte ihn so sehr, dass er ihn 1562 nach Frankfurt am Main zur Krönung Maximilians II. (1527-1576) zum römisch-deutschen König (1562-1576, ab 1564 Kaiser) mitnahm. Trotz dieser engen Verbindung zu Wilhelm versuchte Otto, die ihm zu Lehen gegebene Herrschaft Rheydt (heute Stadt Mönchengladbach) aus dem Herzogtum herauszulösen und sie reichsunmittelbar zu machen. Die Bewohner Rheydts erlebten ihn als unnahbaren und rücksichtslosen Herrn. Die Unzufriedenheit mit ihm mündete in einer Rebellion. Mit dem Um- und Ausbau des Schlosses Rheydt im Stil der Renaissance setzte er sich ein bleibendes Denkmal.
Geboren wurde Otto von Bylandt wahrscheinlich 1531 als Sohn Adrians von Bylandt (1503-1558) und Irmgards Schenk von Nideggen (um 1508-1558). Sein Vater, Stallmeister am Düsseldorfer Hof, schickte ihn um 1544 nach Brüssel, wo er zu den Pagen der Statthalterin der Niederlande Maria von Ungarn (1505-1558) zählte und das habsburgische Hofzeremoniell erlebte. Hier kam er auch mit dem Gedankengut des Humanisten Erasmus von Rotterdam (1466-1536) in Berührung, zu dem Maria von Ungarn engen Kontakt pflegte. Ziel der Erziehung am Hof war es, die Pagen zu tadellosen Hofmännern heranzubilden. Zusätzlich erhielten sie eine militärische Ausbildung. Otto soll an Feldzügen Kaiser Karls V. (1500-1558, römisch-deutscher König 1520-1556, ab 1530 Kaiser) und dessen Bruders Ferdinand I. (1503-1564, 1531 zum römisch-deutschen König gewählt, 1558-1564 Kaiser) in ganz Mitteleuropa teilgenommen haben.
Nach seiner Rückkehr aus Brüssel wurde Otto 1552 mit der jülichschen Unterherrschaft Rheydt belehnt. Ein Jahr später erhielt er die Würde eines Stallmeisters am Düsseldorfer Hof, womit er in die Fußstapfen seines Vaters trat. Dem Adelscodex konform schloss er nach Abschluss seiner Lehrjahre 1554 eine Ehe mit einer Angehörigen des rheinischen Heiratskreises. Sie hieß Maria von Bongart (um 1535-1616) und war die Tochter des Ritters Arnold von Bongart und der Anna von Elteren.1558 übernahm Otto die Verwaltung des ertragreichen jülichschen Amts Heinsberg. Finanziell standen die Eheleute Bylandt so gut dar, dass sie im selben Jahr König Philipp II. von Spanien (Regierungszeit 1556/1558-1598) ein Darlehen von fast 7.000 Gulden gewähren konnten. 1566 zählte Otto quasi zur herzoglichen Regierung und nahm drei Jahre danach die ehrenvolle Berufung zum Drosten der Grafschaft Ravensberg an mit Sitz auf der Sparrenburg (heute Stadt Bielefeld). Im Namen Wilhelms V. klärte er dort mit den anrainenden Territorien Grenzfragen.
1567 wurde Otto, der das Vertrauen seines Herzogs genoss, in einer kirchenpolitischen Angelegenheit aktiv und gehörte zu einer mit Unterstützung der Landstände eingerichteten Kommission von 24 Personen, die sich mit Glaubensinhalten befassen sollte. Diese Kommission sollte einen Mittelweg finden, um eine endgültige Kirchenspaltung zu verhindern. Nach kaum zwei Wochen legte das Gremium eine neue Reformationsordnung vor, die unter anderem das Abendmahl unter beiderlei Gestalt vorsah. Otto war zwar keiner der Promotoren des Werks, das abschließend weder die Anhänger der Ausburger Konfession noch die Katholiken überzeugte, hat aber seine eigenen Voten abgegeben. Als dann Herzog Alba, Fernando Álvarez de Toledo (1507-1582), in Brüssel drohte, er lasse keinerlei politische und kirchliche Beschlüsse in Jülich-Berg-Kleve zu, die sein hartes Regiment in den Niederlanden gefährden könnten, gehörte Otto zu jenen zehn Räten, die ihn sofort zu beruhigen versuchten. Der Statusquo blieb erhalten. Wie sein Herzog wollte auch Otto kein Risiko eingehen.
Otto von Bylandt war noch an einer weiteren religionspolitischen Aktion beteiligt: Er unterstützte die Bemühungen, Johann Wilhelm von Jülich-Berg (1562-1609), den Sohn Wilhelms V., auf die Bischofsstühle zu Lüttich und Münster zu bringen. Als dieser nach dem Tod seines älterer Bruders Karl Friedrich (1555-1575) die Nachfolge seines Vaters Wilhelm antreten musste, schlug Otto für ihn eine Ehe mit Antoinette von Lothringen (1568-1610) vor, stand mit dieser Empfehlung allerdings allein da. Johann Wilhelm heiratete 1585 Jakobe von Baden, die Otto vermutlich für zu streng katholisch hielt.
Außerdem begegnet er im Streit um die Nachfolge Gebhards Truchsess von Waldburg auf dem Kölner Bischofsthron. Dabei verfolgte er wie schon bei der Heirat Johann Wilhelms einen unrealistischen Plan: Statt Ernst von Bayern sollte Karl von Lothringen (1567-1607) Kölner Erzbischof werden. Während des anschließenden Kölner Kriegs war Otto einer derjenigen, die ihn sobald wie möglich beenden wollten. So gehörte er 1588 zu einer Kommission, die einen Waffenstillstandsvertrag vorlegte.
1598 wurde Otto auf einem anderen wichtigen politischen Schauplatz aktiv: Er bemühte sich in Brüssel um einen Abzug der Spanier aus dem Rheinland, womit er freilich scheiterte. Daraufhin reiste er 1589 zu Kaiser Rudolf II. (1552-1612, Kaiser 1576-1612) nach Prag, um ihn zu Friedensverhandlungen zu überreden. Er war so erfolgreich, dass der Kaiser dafür eine vierköpfige Delegation in Brüssel ernannte, der Otto, der sein volles Vertrauen genoss, angehörte. Der setzte sich obendrein mit Johann von Nassau-Dillenburg dem Älteren (1559-1606), der sich vom Luthertum ab- und dem Calvinismus zugewandt hatte, als Vermittler in Verbindung. Otto kannte ihn schon seit mehr als 20 Jahren.
Einen engeren Kontakt unterhielt Otto zu Herzog Wilhelms Tochter Maria Eleonora (1550-1608), die sich zum lutherischen Glauben bekannte. Als diese sich 1573 auf den Weg nach Königsberg begab, um Albrecht Friedrich von Brandenburg (1550-1618, Herzog in Preußen 1568-1618) zu heiraten, begleitete er sie als Marschall bis Frankfurt an der Oder. Er besuchte sie noch einmal 1589, als sie ihn um Rat fragte bei der beabsichtigten Eheschließung ihrer Tochter Anna (1676-1625) mit Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg (1572-1619/1620, Regierungszeit als Kurfüst ab 1608, als Administrator des Herzogtums Preußen ab 1612), die 1594 vollzogen wurde. Doch das hat Otto nicht mehr erlebt, da er zu dem Zeitpunkt bereits seit drei Jahren tot war. Er starb am 14.2.1591 auf Burg Paffendorf (heute Stadt Bergheim). Kaiser Rudolf hat sein Ableben tief bedauert, weil er mit ihm einen Friedensstifter und einen wahren Freund des Hauses Habsburg verloren hatte.
Nicht abschließend zu beantworten ist die Frage nach Ottos Konfession. Er hielt Kontakt zu Lutheranern, Calvinisten und Katholiken und legte sich nie fest. Damit stand er im Gegensatz zu seiner Frau Maria und seinem ältesten Sohn Otto Heinrich (um 1556-1606), die sich zum Calvinismus bekannten, auch zu seinem zweiten Sohn Arnold Adrian (um 1558-1602), der entschieden katholisch blieb und sich vom Abt der Benediktinerabtei Mönchengladbach beerdigen ließ. Vermutlich gehörte Otto zu den „Erasmusjüngern“. Einige seiner Zeitgenossen hielten ihn allerdings für einen Opportunisten.
Einerseits war Otto ein treuer Diener seines Landesherrn Wilhelm V., andererseits lehnte er sich gegen dessen Räte auf, als es darum ging, seine Herrschaft Rheydt aus dem Lehnsverband mit dem Herzogtum Jülich herauszulösen. Der Streit darüber begann 1569, als Otto wider besseres Wissen behauptete, Rheydt sei kein Lehen. 1585 landete die Angelegenheit beim Reichskammergericht in Speyer. Als Otto sich 1590 in Wien aufhielt, ließ er sich von Kaiser Rudolf ein Freiherrnpatent ausstellen, das so abgefasst war, dass er daraus eine Reichsunmittelbarkeit ableiten konnte. Doch hatte er sich 1552 ohne Zweifel belehnen lassen. Darauf und auf weitere Beweismittel machten ihn die Räte in Düsseldorf aufmerksam. Obendrein stand noch die Bezahlung der Gebühren für das Patent beim Bankhaus Fugger in Höhe von 1.161 Goldgulden aus. Damit war der Rechtsakt noch nicht rechtskräftig. Im Übrigen sprach das Patent davon, die Rechte Kurkölns, Jülichs, Kleves und Gelderns dürften nicht tangiert werden. Sein Verhalten gegenüber seinem Landesherrn haben die Räte nach seinem Tod zu Recht als Lehnsbruch, als Felonie, bezeichnet. Otto, der zeitlebens auf ein gutes Verhältnis zu seinem Herzog Wert legte, hat in dieser Sache Person und Amt getrennt, also den Streit um die Reichsunmittelbarkeit als nicht gegen die Person des Herzogs gerichtet betrachtet.
Schon unter Ottos Vater Adrian war das Verhältnis zur Rheydter Bevölkerung von Misstrauen und Streit gekennzeichnet gewesen. Die Auseinandersetzungen über die Fronleistungen der Einwohner der Herrschaft wurden schließlich 1533 mit Hilfe der herzoglichen Räte in Düsseldorf beigelegt und darüber ein Vergleich geschlossen, der für Otto ebenfalls in Kraft blieb, was er bestätigte. Doch 1572 kam es zum Konflikt mit den Bewohnern Rheydts, die sich beim Herzog über die hohen Lasten und vielen Dienste beklagten, zu denen sie herangezogen würden. Der Landesherr wies daraufhin Otto an, die Untertanen „nicht über die Gebühr zu beschweren“ (Ludwig Schmitz). Das kümmerte Otto jedoch wenig. 1578 ließ er einige Rheydter verhaften und vom dortigen Schöffengericht wegen geheimer Zusammenkünfte, die tatsächlich stattgefunden hatten, anklagen. Die Betroffenen wandten sich nach Düsseldorf und zweifelten dabei die Unabhängigkeit des Rheydter Gerichts an, das Otto mit ihm genehmen Personen neu besetzt hatte. Die herzoglichen Räte forderten daraufhin Otto auf, die Inhaftierten wieder freizulassen und das Verfahren vom Rheydter Schöffengericht an das Hauptgericht in Jülich zu überweisen. Otto widersprach und behauptete, er habe „in Rheydt die volle Jurisdiktion“ (Ludwig Schmitz). Aufgrund eines Gutachtens der Universität Köln sah er sich schließlich genötigt, die Verhafteten wieder auf freien Fuß zu setzen. 1581 wurde auf Schloss Hambach bei Niederzier schließlich eine Einigung gefunden. Der Kompromiss richtete sich bei der monierten Anzahl der Hand- und Spanndienste nach dem Vergleich, den Adrians Vater bereits 1533 geschlossen hatte. Beide Seiten waren mit dem Ergebnis nicht einverstanden. Das Hauptgericht in Jülich wurde angerufen, Dessen 1584 gefälltes Urteil lehnten beide Parteien ab. 1585 wandte sich Otto an das Reichskammergericht in Speyer mit einer Feststellungsklage. Die herzoglichen Räte antworteten mit einer Gegenklage mit dem Ziel, das Gericht möge Otto das Lehen Rheydt entziehen. Dazu kam es wegen Ottos Tod nicht mehr. Wie angespannt die Atmosphäre zwischen den Rheydter und Otto war, zeigt die Tatsache, dass er zeitweise 30 Soldaten auf Schloss Rheydt stationierte und die Bewohner der Herrschaft sich weigerten, ihm nach seinem Tod das letzte Geleit zu geben. 1597 wurde Ottos Gerichtsbote, der dessen Repressalien (Verhaftungen, Pfändungen, Sperrung von Weideplätzen für das Vieh) hatte vollstrecken müssen, in Haft genommen und der Tortur unterworfen, von deren Folgen er sich nicht mehr erholte. An ihm rächte man sich stellvertretend.
Bei aller Härte, die Otto von Bylandt nach außen zeigte, konnte er im Umkreis seiner Familie durchaus liebenswürdig erscheinen. Darüber unterrichten ein wenig die Denkwürdigkeiten des schlesischen Ritters Hans von Schweinichen (1552-1616), der als Hofmeister mit Herzog Heinrich XI. von Liegnitz (1539-1588, 1559-1570 alleiniger Regent und 1571-1576 beziehungsweise 1580-1581 Mitregent des Herzogtums Liegnitz) durch die Lande zog. 1576 lernte Hans von Schweinichen in Köln Otto kennen, den er als reichen und ehrlichen Mann schildert. Er verliebte sich in Ottos älteste Tochter Agnes (um 1560-1636), die durchaus bereit war, ihm in eine ungewisse Zukunft zu folgen. Otto erkundigte sich nach dem möglichen Bräutigam und war bereit, als diese Erkundigung positiv ausfiel, einer Liebesheirat seinen Segen zu geben. Ebenso dachte seine Frau Maria. Sie wollten dem Glück ihrer Tochter nicht im Wege stehen und brachen mit der üblichen Konvention, ihre Kinder im rheinisch-westfälischen adligen Umkreis zu verheiraten. Otto versuchte sogar, den zögernden Hans von Schweinichen zur Heirat zu überreden und bat ihn, er möge ihm „ein lieber Sohn“ sein. Doch konnte Hans von Schweinichen sich dazu nicht entschließen und zog nach acht Monaten weiter. Auch in anderen Fällen räumte das Ehepaar Bylandt ihren Kindern ein „Selbstbestimmungsrecht“ ein: Sie wählten ihre Konfession selber aus, und zwei heirateten nicht standesgemäß.
Mit dem Um- und Ausbau von Schloss Rheydt im Stil der Renaissance verwirklichte sich Otto von Bylandt einen Traum. Angeregt durch das Schloss seines Landesherrn in Jülich, das ab 1559 nach Plänen des italienischen Baumeisters Alessandro Pasqualini (1493-1559) entstand, beauftragte er wahrscheinlich dessen ältester Sohn Maximilian (1534-1572), die „im Kern spätmittelalterliche Burganlage“ und die Befestigung mit fünf Bastionen in zwei Bauphasen um 1560 und 1567/1568 zu schaffen. Maximilian Pasqualini gelang es dabei geschickt, die überkommenen „Bauteile zu einem zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen“ (Guido von Büren). Otto versuchte mit der Befestigungsanlage, die er ohne Erlaubnis des Landesherrn erbaute, es seinem Herzog gleich zu tun. Damit dokumentierte er unübersehbar sein ausgeprägtes Selbstwertgefühl. Als einer der Großen des Landes sollte ihn die Nachwelt im Gedächtnis behalten. An der Innenhoffassade des Schlosses ließ er deshalb die Inschrift anbringen: „Ich achte nicht, dass der gelebt hat, welcher nicht seines Lebens namhaftiges Zeugnis nach sich gelassen hat.“
1917 kaufte die Stadt Rheydt (heute Stadt Mönchengladbach) Schloss Rheydt, das seit 1922 als Museum vor allem von Kunst- und Kulturgegenständen der Renaissance- und Barockzeit sowie zur Textilgeschichte Mönchengladbachs dient. Der 1953 gegründete Förderverein des Museums trägt den Namen Otto von Bylandt-Gesellschaft.
Literatur
Büren, Guido von, Große Pläne– Schloss Rheydt am Niederrhein: Magazin zur Ausstellung „Große Pläne“, Städtisches Museum Schloss Rheydt, Mönchengladbach 2017, S. 10-39. Löhr, Wolfgang, Otto von Bylandt, in: Magazin zur Ausstellung „Große Pläne“, Städtisches Museum Schloss Rheydt, Mönchengladbach 2017, S. 40-45. Schmitz, Ludwig, Rheydter Chronik. Geschichte der Herrschaft und Stadt Rheydt, Band 1, Rheydt 1897, Nachdruck Mönchengladbach 2001.
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Löhr, Wolfgang, Otto von Bylandt, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/otto-von-bylandt-/DE-2086/lido/605b0d56301bf4.62873002 (abgerufen am 19.08.2024)