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Hans Globke war von 1949 bis 1963 im Bundeskanzleramt in Bonn tätig, seit 1953 als Staatssekretär; er gilt als einer der wichtigsten Mitarbeiter von Konrad Adenauer und ist bis heute wegen seiner Tätigkeit in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft umstritten.
Geboren wurde Hans Globke am 10.9.1898 in Düsseldorf. Wenig später verlegten die Eltern ihren Wohnsitz nach Aachen, wo sein Vater eine Tuchgroßhandlung betrieb. 1916 bestand Hans Globke am traditionsreichen Aachener Kaiser-Karls-Gymnasium das Abitur. Sofort im Anschluss daran wurde er eingezogen und kam an der Westfront zum Einsatz. Noch 1918 konnte er das Studium der Rechtswissenschaften aufnehmen. Nach dem Besuch der Universitäten Bonn und Köln, der 1922 in Gießen erfolgten Promotion und den verschiedenen juristischen Vorbereitungsstationen wurde er 1925 in der Aachener Polizeiverwaltung tätig. Bereits seit 1922 war Hans Globke Mitglied der Zentrumspartei.
Im Dezember 1929 trat er als Regierungsrat in das Preußische Ministerium des Inneren in Berlin ein. Im Dezember 1933 erfolgte die Beförderung zum Oberregierungsrat. 1934 wurde das Preußische Innenministerium mit dem Reichsinnenministerium zusammengelegt. Globke verblieb bis zum Kriegsende in dieser Behörde; im Juli 1938 wurde er zum Ministerialrat ernannt. Seine Zuständigkeit umfasste unter anderem „Namensänderungen", „Personenstandswesen" sowie „Internationale Fragen auf dem Gebiet des Staatsangehörigkeitswesens und der Optionsverträge". Nach Kriegsbeginn war er vor allem als Referent für „Allgemeine Angelegenheiten und Geschäftsführung" beim „Generalbevollmächtigten für die Reichsverwaltung" tätig.
Im Zuge der gegen die jüdische Bevölkerung gerichteten nationalsozialistischen Politik war er mit der Ausarbeitung entsprechender Gesetze und Verordnungen befasst. Globke schrieb den ersten Kommentar zu den Nürnberger Gesetzen, der 1936 erschien. Ursprünglich sollte er ihn gemeinsam mit seinem Vorgesetzten, Staatssekretär Wilhelm Stuckart (1902-1953), erarbeiten; Stuckart erkrankte aber und steuerte dann nur die Einleitung bei. Die von Globke 1940 beantragte Aufnahme in die NSDAP wurde 1943 mit der Begründung abgelehnt, dass er noch immer Verbindungen zu ehemals führenden Kreisen der 1933 aufgelösten Zentrumspartei unterhalte.
Es lässt sich für eine Reihe von Einzelfällen nachweisen, dass Globke bereit war, auch unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung, Menschen zu helfen, die durch die nationalsozialistische Gesetzgebung entrechtet waren. Darüber hinaus unterstützte er Regimegegner innerhalb der katholischen Kirche, allen voran den Berliner Bischof Konrad von Preysing (1880-1950), indem er Informationen weitergab. Verbindung hielt er auch zu anderen Persönlichkeiten des Widerstandes, etwa zu Jakob Kaiser (1888-1961). Einer Aussage von Otto Lenz (1903-1957) zufolge soll Globke in den Planungen für die Zeit nach dem – schließlich gescheiterten – Staatsstreich vom 20.7.1944 für eine hohe Position in der neu zu bildenden Regierung vorgesehen gewesen sein.
Vor diesem Hintergrund fällt es leichter, der Ansicht zu folgen, Globke habe auch bei seiner legislativen Mitarbeit versucht, wenigstens Verzögerungen und Milderungen bei der antijüdischen Gesetzgebung zu erreichen. Dies betraf beispielsweise die Stellung der so genannten Halb- und Vierteljuden. Einschränkende Tendenzen lassen sich auch in dem von Globke verfassten Kommentar ausmachen: Anwälte, die in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft jüdische Mandanten vertraten, haben dies nach dem Krieg ausdrücklich bestätigt. Eine abschließende Aussage über den Umfang von Globkes Bemühungen, entsprechenden amtlichen Einfluss zu nehmen, lässt sich jedoch nur schwer treffen. Bei dem später behaupteten Ausmaß dürfte es sich in einer Reihe von Fällen um nachträgliche Konstruktionen handeln.
Handlungsspielräume waren aber gegeben und es lassen sich Fälle nachweisen, in denen ursprünglich härtere Maßnahmen geplant waren, als dann in den von Globke ausgearbeiteten Vorschriften erschienen. Auch Verzögerungen sind durch Akten belegbar.
Als höherer Ministerialbeamter wurde Globke nach Kriegsende interniert. Hier diente er vor allem den britischen Besatzern als „Berater" und fertigte Ausarbeitungen bezüglich der Gestaltung des künftigen deutschen Staatswesens an, beispielweise über das Wahlrecht. Bereits im Juli 1946 konnte er das Amt des Stadtkämmerers seiner Heimatstadt Aachen übernehmen. Bei der Entnazifizierung wurde ihm 1947 der Status „unbelastet" (Kategorie V) zuerkannt. Mittels „Persilschein" setzte sich Globke für eine Reihe von früheren Kollegen ein. Als ehemaliger Ministerialrat, der Verbindungen zum Widerstand nachweisen konnte und nicht der NSDAP angehört hatte (die Antragstellung spielte keine Rolle), war sein Zeugnis gefragt. Sehr stark engagierte er sich zugunsten von Stuckart, der im Wilhelmstraßenprozess angeklagt war.
Seitens der CDU, deren Mitglied Globke seit 1946 war, wurde er ab Ende 1948 in Planungen für den Aufbau einer künftigen Bundesverwaltung einbezogen. Das Amt des Vizepräsidenten des Landesrechungshofes von Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, welches er seit August 1949 innehatte, dürfte er kaum ausgeübt haben, da er bereits knapp zwei Monate später in das Bonner Bundeskanzleramt einberufen wurde.
Im Juli 1950 erfolgte die Ernennung zum Ministerialdirektor, im Oktober 1953 zum Staatssekretär. Von Beginn an galt Globke als der eigentliche Organisator des Kanzleramtes. Er wurde sehr schnell zu einem der wichtigsten und verlässlichsten Mitarbeiter und Berater Adenauers und kam mit nahezu allen Politikbereichen in Berührung.
Insbesondere die Personalpolitik – Globke verfügte hier über herausragende Kenntnisse und Fähigkeiten – war sein Betätigungsfeld. Damit eng verbunden waren auch Angelegenheiten der Informationsbeschaffung. Immer wieder wurde seine immense Arbeitskraft hervorgehoben. Über die eigentlichen Aufgaben als Staatssekretär hinaus diente er dem Bundeskanzler als Vermittler an wichtigen Schnittstellen der Politik, etwa wenn es um die Beziehungen zu den Kirchen ging. Auch als Parteivorsitzender der CDU erfuhr Adenauer die Unterstützung Globkes, der zeitweise praktisch als eine Art Generalsekretär agierte, ohne ein Parteiamt inne zu haben. Der Globke-Plan von 1959/ 1960 mit Überlegungen zur Wiedervereinigung ist mit seinem Namen verbunden, jedoch handelt es sich um einen singulären Aspekt, da die Deutschland- und erst recht die Außenpolitik zu den wenigen Feldern gehörte, auf denen Globke allenfalls am Rande in Erscheinung trat.
Als Konrad Adenauer im Oktober 1963 vom Amt des Bundeskanzlers zurücktrat, hatte Globke die Altersgrenze erreicht und ging in den Ruhestand. Bis Ende der 1960er Jahre war er in CDU-Kreisen noch ein gefragter Berater. Am 13.2.1973 starb Hans Globke, nach längerer Krankheit, in Bonn.
Bis heute ist das Bild Globkes sehr stark geprägt von den Kampagnen, die seit Beginn der 1950er Jahre gegen ihn wegen seiner Tätigkeit im Preußischen beziehungsweise Reichsministerium des Inneren geführt wurden. Eigentliches Ziel der Angriffe dürften allerdings eher Adenauer beziehungsweise seine Regierung gewesen sein. Insbesondere die DDR tat sich mit massiven Anschuldigungen hervor; Höhepunkt war der im Juli 1963 geführte Schauprozess, in dem Globke in Abwesenheit zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt wurde. Bei den Kampagnen handelte es sich nicht in erster Linie um eine Auseinandersetzung über durchaus diskussionswürdige Widersprüchlichkeiten, sondern um starke Verzeichnungen und zum Teil falsche Anschuldigungen mit propagandistischer Absicht.
Bei Adenauer verfügte Globke zweifelsfrei über Einfluss, er arbeitete effektiv und geräuschlos und hielt sich im Hintergrund. Ihn jedoch als „graue Eminenz" zu bezeichnen, dürfte Globke nicht gerecht werden, es würde die Dimension seiner Wirkungsmacht und seines Wirkungswillens zu hoch veranschlagen. Selbständige politische Projekte, wie dies etwa sein Amtsvorgänger Otto Lenz tat, verfolgte er nicht, seine Arbeit stand ganz im Dienst Adenauers und dessen Regierung, er blieb stets ein „zweiter Mann".
Literatur
Gotto, Klaus (Hg.), Der Staatssekretär Adenauers. Persönlichkeit und politisches Wirken Hans Globkes, Stuttgart 1980.
Hehl, Ulrich von, Hans Globke (1898-1973), in: Jürgen Aretz / Rudolf Morsey / Anton Rauscher (Hg.), Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts, Band 3, Mainz 1979, S. 247-259.
Jacobs, Norbert, Der Streit um Dr. Hans Globke in der öffentlichen Meinung der Bundesrepublik Deutschland 1949-1963. Ein Beitrag zur politischen Kultur in Deutschland, Diss., Bonn 1992.
Lommatzsch, Erik, Hans Globke (1898-1973). Beamter im Dritten Reich und Staatssekretär Adenauers, Frankfurt/M., New York 2009.
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Lommatzsch, Erik, Hans Globke, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hans-globke/DE-2086/lido/57c6c8f6a1bde9.92003249 (abgerufen am 19.08.2024)