Das Lager Andernach (PWTE A11)
Offizielle Bezeichnung: Prisoner of War Temporary Enclosure A11
Geplante Kapazität: 45.000
Existenzdauer: 8. Mai 1945 bis 11. September 1945
Aufbau und Struktur des Lagers
In Andernach richteten die amerikanischen Verantwortlichen ein Lager nordöstlich der Ortschaft ein, in das sie Kriegsgefangene aus dem naheliegenden Lager Plaidt/Miesenheim brachten. Im Norden wurde das mit der Abkürzung PWTE A11 bezeichnete Kriegsgefangenenlager Andernach durch den Rhein begrenzt, im Süden durch eine Straße und eine Eisenbahnlinie. Die Maschke-Kommission, die die Rheinwiesenlager in den 1970er Jahren untersuchte, verzeichnet für den 8. Mai 1945 ca. 39.600 Gefangene, wobei sie sich auf amerikanische Quellen bezieht. Diese Gefangenen stammten zum größten Teil aus Plaidt/Miesenheim: Als die amerikanischen Verantwortlichen das dortige Lager am 8. Mai 1945 auflösten, wurden die übrigen Gefangenen komplett nach Andernach verlegt. Am 10. Juli 1945, als das Lager an die französische Besatzungsmacht übergeben wurde, befanden sich noch ca. 16.600 Gefangene im Lager, die Zahl war also erheblich gesunken.
Lebensbedingungen
Die Versorgung der Gefangenen im Lager Andernach mit Lebensmitteln und Trinkwasser war in der Anfangszeit – wie in allen anderen Rheinwiesenlagern – ein großes Problem. Von den amerikanischen Verantwortlichen wurden am 25. Mai 1945 drei Bäckereien in Andernach beschlagnahmt, um dort Brot für die Gefangenen zu backen. Die deutsche Bevölkerung in Andernach und den umliegenden Dörfern versuchte mit Sammlungen zu helfen, um die Gefangenen mit Kleidung, Decken und Lebensmitteln zu versorgen. Diese Sammlungen wurden von amerikanischer Seite geduldet, damit sich die Situation entspannte und sich die Versorgung der Internierten mit Nahrungsmitteln verbesserte. So wurden von den französischen Verantwortlichen später tägliche Suppenlieferungen der Bevölkerung in das Lager genehmigt.
Die Unterbringung in Andernach unterschied sich insofern von der in anderen Rheinwiesenlagern, als dass in Andernach Blechreste aus einem naheliegenden Blechwerk genutzt werden konnten, um so wenigstens etwas Schutz vor dem Wetter zu haben.
Zu einem tödlichen Zwischenfall kam es am 23. August 1945, an dem französische Soldaten auf deutsche Kriegsgefangene schossen und über 20 von ihnen töteten. Die Neuigkeit verbreitete sich in den umliegenden Ortschaften schnell, wie Chroniken aus der Zeit belegen.
Dabei gab es mehrere Versionen der Vorgänge, die sich erzählt wurden: Einmal waren es betrunkene Wachen, die zum Spaß auf die Gefangenen schossen, ein anderes Mal waren es Fluchtversuche, die gewaltsam beendet wurden. Genauen Aufschluss darüber können wohl nur französische Quellen geben, die noch nicht gesichtet werden konnten.
Die Zahl der Kriegsgefangenen in Andernach wechselte häufig und sprunghaft aufgrund von Entlassungen, die eine Reduzierung brachten, und Überstellungen aus anderen Lagern, die die Menge der in Andernach Internierten teilweise um mehrere Tausende ansteigen ließ.
Auflösung des Lagers
Im Laufe des Sommers 1945 wurden immer mehr Rheinwiesenlager aufgelöst. Die Gefangenen wurden entweder entlassen, nach Frankreich zu Reparationsarbeiten geschickt oder in andere Lager verlegt. Andernach wurde zu einem Sammelpunkt: Als das Lager in Plaidt/Miesenheim geschlossen wurde, wurden die restlichen deutschen Soldaten nach Andernach gebracht. Ebenso mussten nach der Schließung des Lagers in Sinzig Mitte Juli 1945 die noch übrig gebliebenen Gefangenen zu Fuß nach Andernach laufen.
Nach der Übernahme des Lagers durch die französische Armee am 10. Juli 1945 wurde es weiterhin als Sammellager für deutsche Kriegsgefangene genutzt. Am 11. September 1945 wurde es schließlich nach knapp fünfmonatiger Existenz aufgelöst. Nur noch einige Gefangene wurden über diesen Zeitpunkt hinaus in Andernach für Aufräumarbeiten zurückbehalten.
Erinnerung an das Lager
Heute erinnert ein Gedenkstein auf dem Friedhof in Andernach an die Verstorbenen des Lagers.
Quelle
Gückelhorn, Wolfgang und Kurt Kleemann: „Das Lager A11 in Miesenheim und Andernach“. In: dies.: Die Rheinwiesenlager Remagen und Sinzig. Fakten zu einem Massenschicksal 1945. Eine Dokumentation. Aachen 2013, S. 77ff.