Erinnerung an die Lager 1945 bis 1990
Nach ihrer Auflösung verschwanden die Rheinwiesenlager schnell und für viele Jahre aus der Erinnerung der deutschen Gesellschaft. Nach Kriegsende lag das Interesse der deutschen Bevölkerung verstärkt auf den Kriegsgefangenenlagern in der Sowjetunion, in denen noch bis 1955 deutsche Soldaten interniert waren. Auch politische Bemühungen zielten in dieser Zeit auf die Rückkehr der dort Internierten. Damals waren es daher vor allem ehemalige Kriegsgefangene, deren Angehörige und engagierte Personen aus den Umgebungen der Lager, die sich verpflichtet fühlten, die Erinnerung in Gedenkveranstaltungen oder durch Mahnmale wach zu halten. Betroffene schrieben ihre Erinnerungen teilweise nieder und gründeten Lagergemeinschaften oder Opferverbände wie den „Verband der Heimkehrer“ mit regelmäßigen Treffen. Dabei wurden auch einzelne und individuelle Gedenkveranstaltungen durchgeführt: So errichtete Fypsilon Schuler, ein ehemaliger Gefangener des Lagers Bretzenheim, 1964 ein schlichtes Holzkreuz zur Erinnerung. In Bretzenheim wurde daraufhin 1966 ein großes Mahnmal errichtet, an dem jährliche Gedenkveranstaltungen am Volkstrauertag stattfinden. Generell engagierten sich ehemalige Kriegsgefangene stark, denn sie fühlten die Verpflichtung, die Erinnerung an die Mitgefangenen wachzuhalten. In den vergangenen Jahrzehnten entstanden daher mehrere Mahn- und Gedenkorte sowie Dokumentationszentren und Ausstellungen. Diese sollen die Öffentlichkeit auf die Thematik aufmerksam machen.
Politik und Forschung wandten sich in den 1960er Jahren der Thematik zu. Erst 1974 wurde die Dokumentation „Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges“ der sogenannten Maschke-Kommission publiziert. Die von dem Bundesvertriebenenministerium in Auftrag gegebene Untersuchung unter der Leitung des Historikers Prof. Erich Maschke sammelte in den 1960er und 1970er Jahren intensiv 45.000 Berichte sowie 200.000 Fragebögen und dabei erste Hochrechnungen zu den Todeszahlen in den Rheinwiesenlagern gemacht. Sie legten damit erstmals eine verlässliche Studie vor, deren Ergebnisse aber nur in der Fachwelt wahrgenommen wurden. In der Öffentlichkeit wurden die Ergebnisse nicht verbreitet. Um die Versöhnung mit den Alliierten nicht zu gefährden, hatte das Auswärtige Amt dies entschieden. Dies hatte jedoch zur Folge, dass die Forschungsergebnisse öffentlich kaum wahrgenommen. Politisch war das Thema der Kriegsgefangenen von der Tagesordnung verschwunden, um das erworbene Vertrauen der Alliierten und die Neuorientierung Deutschlands nicht zu gefährden. Erst in den 1990er Jahren erfuhr das Thema eine große Beachtung. Die Diskussion dominierte zu dieser Zeit James Bacque mit seinem Buch, das den programmatischen Titel „Der geplante Tod. Deutsche Kriegsgefangene in amerikanischen und französischen Lagern 1945–1946“ trägt. Darin behauptet der Kanadier, dass sich die Zahl der Toten aus den Rheinwiesenlagern auf 1 Million belaufe. Dies sei von amerikanischer Seite einkalkuliert gewesen und der Tod der Gefangenen sei bewusst herbeigeführt worden. Diese viel zu hohe Zahl wurde durch die Forschung bereits mehrfach widerlegt, nichtsdestotrotz wird sie immer wieder aufgegriffen und schürt falsche Vorstellungen.