Abschied von Bundeskanzler Helmut Kohl

Bischof Wiesemann während der Predigt
Bischof Wiesemann während der Predigt
Auszug aus dem Dom
Auszug aus dem Dom

Requiem im Speyerer Dom

Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann: „Das befruchtende Zueinander des Politikers und des gläubigen Christen hat Helmut Kohl zu einem herausragenden Staatsmann gemacht“

Mit einem feierlichen Requiem im Speyerer Dom haben am 1. Juli 2017 Angehörige, Freunde, Politiker, Weggefährten und Öffentlichkeit Abschied von Bundeskanzler a.D. Dr. Helmut Kohl genommen. „Die große Zahl hochrangiger Gäste aus aller Welt, die zum europäischen Trauerakt nach Straßburg und nun zum Requiem gekommen sind, zeigt die herausragende Bedeutung seiner Verdienste um Deutschland und Europa, ja um Versöhnung und Frieden in der Welt an. Wir nehmen Abschied von einem wahrhaft großen Staatsmann, der seine pfälzische Heimat und sein deutsches Vaterland liebte und aus einem weiten, universalen Horizont heraus lebte und handelte“, würdigte der Speyerer Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann die politische Lebensleistung Helmut Kohls. Er feierte das Requiem gemeinsam mit dem Apostolischen Nuntius in Deutschland Erzbischof Nikola Eterović, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und Erzbischof von München und Freising, Reinhard Kardinal Marx, Friedrich Kardinal Wetter (Bischof von Speyer von 1968 bis 1982), Bischof em. Dr. Anton Schlembach (Bischof von Speyer von 1983 bis 2007) und Weihbischof Otto Georgens.

„Wir nehmen Abschied von einem Menschen mit allem, was Menschsein in Kraft und in Schwäche bedeutet. Uns berührt und erschüttert das Große wie auch das nach Erlösung Rufende, das diesen Tod umgibt. Wir legen es in Gottes Hände“, sagte Bischof Wiesemann in der Predigt. Der Speyerer Dom sei für Helmut Kohl ein Symbol gewesen für das, was ihm im Leben wichtig war, „die Verschmelzung tiefer Heimatverwurzelung mit dem großen Atem der Geschichte, mit den weiten Bögen geistiger, kultureller und religiöser Zusammengehörigkeit Europas.“ Patriot und Europäer zu sein, seien für Helmut Kohl zwei Seiten ein und derselben Medaille gewesen.

„Die deutsche Einheit, fest eingebunden in die Europäische Gemeinschaft, wird zu Recht immer mit Helmut Kohls Namen verbunden bleiben“, so der Bischof. Das „Zusammentreffen der Gunst der Stunde mit dem Menschen, der sie ergreift“ sei das „Geheimnis der Geschichte“. Helmut Kohl sei in den Speyerer Dom immer auch als Beter gekommen. Das „befruchtende Zueinander des Politikers und des gläubigen Christen“ habe Helmut Kohl zu einem herausragenden Staatsmann und zu einer weltweit geachteten Persönlichkeit werden lassen. Den Gottesdienst feierte Bischof Wiesemann in „ökumenischer Verbundenheit und in Verbundenheit mit allen Menschen, gleich welcher Religion oder Weltanschauung, die Anteil nehmen am Tod von Helmut Kohl und ihrer Dankbarkeit Ausdruck verleihen wollen, insbesondere für das große Geschenk der deutschen Einheit.“

Zur musikalischen Gestaltung trugen der Domchor Speyer, die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und Domorganist Markus Eichenlaub bei. Sie brachten Stücke von Komponisten aus Frankreich, England, Russland, Österreich und Deutschland zum Erklingen, die symbolhaft für den europäischen Gedanken stehen. Im Dom waren rund 900 geladene Gäste anwesend. Rund 2.500 Menschen feierten den Gottesdienst im südlichen Domgarten mit, wohin die Messe mit einer Bildschirmleinwand übertragen wurde. Der SWR übertrug den Gottesdienst aus dem Speyerer Dom auf Fernsehschirme in aller Welt. Besonders eindrucksvoll gestaltete sich der Auszug, als der Sarg Helmut Kohls von Soldaten der Bundeswehr durch das Mittelschiff des Domes, begleitet vom Läuten der Totenglocke, auf den Domplatz getragen wurde.

Die Predigt von Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann finden Sie hier zum Download.

Das Gottesdienstheft können Sie hier herunter laden.

Gedenktafel in der Vorhalle des Doms
Gedenktafel in der Vorhalle des Doms
Helmut Kohl vor dem Marienbildnis
Helmut Kohl vor dem Marienbildnis
Margret Thatcher, Britische Premierministerin, April 1989
Margret Thatcher, Britische Premierministerin, April 1989
Michail Gorbatschow, Sowjetischer Staatschef, November 1990
Michail Gorbatschow, Sowjetischer Staatschef, November 1990
Der spanische König Juan Carlos, 1997
Der spanische König Juan Carlos, 1997

Helmut Kohl und der Speyerer Dom

Mit dem Dom zu Speyer fühlte sich Helmut Kohl Zeit seines Lebens eng verbunden. Zuletzt besuchte er ihn kurz vor Weihnachten 2016. „Er hat sich in außergewöhnlicher Weise um den Erhalt des Speyerer Domes verdient gemacht und entscheidend dazu beigetragen, Menschen für den Dom zu begeistern“, äußerte sich Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann in einer Presseerklärung des Bistums. Auch die Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer, deren Kuratorium Dr. Helmut Kohl vorstand, veröffentlichte einen Nachruf.

Die Welt zu Gast in Speyer

Helmut Kohl verstand den Speyerer Dom als Sinnbild für die christlichen Wurzeln eines geeinten Europas. Der christliche Glaube war eine bestimmende Größe im in seinem Leben. Er hat sich auch als Politiker offen zu seinem Glauben bekannt. Seine sozialpolitischen Überzeugungen waren deutlich von der Soziallehre der katholischen Kirche geprägt.

In seiner Amtszeit als Bundeskanzler hat Helmut Kohl zahlreiche ausländische Staatsgäste nach Speyer geführt, darunter Margaret Thatcher, Michael Gorbatschow, George Bush, Vaclav Havel, Boris Jelzin und König Juan Carlos. Am Beispiel des Domes hat er ihnen die Bedeutung des christlichen Glaubens für ein Zusammenleben in Gerechtigkeit und Frieden in Deutschland, Europa und der Welt verdeutlicht.

Einsatz für den Erhalt des Doms

„Der Dom ist Teil meines Lebens, Teil meiner Heimat“, bekannte er 1999 anlässlich der Gründung der „Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer“. Durch sein Engagement im Kuratorium der Stiftung, dem er bis zu seinem Tod vorstand, hat er sich in außergewöhnlicher Weise um den Erhalt der Speyerer Kathedralkirche verdient gemacht und entscheidend dazu beigetragen, Menschen für den Dom zu begeistern. Er etablierte die so genannten Jahrestagungen, bei denen neue Ideen vorgestellt und diskutiert wurden, so zum Beispiel die Vortragsreihe „Europäische Reden – Reden über Europa“ sowie die Initiativen „Die Pfalz läuft für den Dom“ des Sportbundes Pfalz und „Die Pfalz singt für den Dom“ des Chorverbandes der Pfalz.

Atem der Geschichte

„Es gibt kaum einen Ort, an dem der Atem der Geschichte so spürbar ist wie im Speyerer Dom“, so Helmut Kohl, der seinen Einsatz für „diesen europäischen Dom“ als Herzensangelegenheit verstand. Beim Festakt zum 20-jährigen Jubiläum der Aufnahme des Domes in die Weltkulturerbeliste der UNESCO erklärte er: „Der Dom ist ein Anruf des realistischen Optimismus.“ Er stehe seit fast 1000 Jahren im Auf und Ab der Zeit. „Hier haben über die Jahrhunderte hinweg Menschen gebetet, Gott angefleht und gedankt.“ Der Erhalt dieses „Juwels“ sei auch ein „Zeichen der Dankbarkeit gegenüber den früheren Generationen, dieses großartige Bauwerk geschaffen haben.“

Lebendige Beziehung zum Glauben

Helmut Kohl wirkte häufig bei Veranstaltungen der katholischen Kirche mit und pflegte zeitlebens eine lebendige Beziehung zum Bistum Speyer und zu seiner Heimatpfarrei in Ludwigshafen-Oggersheim. Mit dem ehemaligen Ludwigshafener Stadtdekan Erich Ramstetter verband ihn eine lange und tiefe Freundschaft.