Die Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer hat in einem Nachruf, der am Samstag veröffentlicht wurde, die Verdienste ihres Kuratoriums-Vorsitzenden Dr. Helmut Kohl um den Speyerer Dom gewürdigt:
„Die »Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer« trauert um ihren Kuratoriums-Vorsitzenden Dr. Helmut Kohl, der am Freitag im Alter von 87 Jahren in Ludwigshafen verstorben ist. Der frühere Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hatte den Vorsitz des Gremiums seit Errichtung der Stiftung 1999 inne.
„Es war ihm eine Herzensangelegenheit, sich für diesen europäischen Dom einzusetzen und in den Fördergremien mitzuwirken“, würdigte Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Frankenberg das Engagement Kohls für die Stiftung. „Helmut Kohl, der herausragende europäische Staatsmann, hat wesentlich zur Gründung der Stiftung beigetragen. Sein Vorsitz des Kuratoriums verlieh der Stiftung ein hohes Renomee und internationales Ansehen. Ohne Helmut Kohl wäre die Stiftung nicht das, was sie heute darstellt“, meinte der ehemalige Baden-Württembergische Wissenschaftsminister. Für Helmut Kohl hatte der Dom eine zutiefst geistliche Dimension gehabt, aus der heraus er beispielsweise auch die Französisch-Deutsche Freundschaft begründete, meinte Prof. Frankenberg weiter.
„Es gibt kaum einen Ort, an dem der Atem der Geschichte so spürbar ist wie im Speyerer Dom”, sagte der Altkanzler bei der Gründungsfeier zur Errichtung der »Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer« am 2. Juli 1999 in der Dom-Krypta. Dies hätten auch die vielen Staatsgäste so empfunden, die er durch die Kathedrale geführt habe, sagte Kohl damals. Als Beispiele nannte er Michael Gorbatschow und Boris Jelzin, die fast gleichlautend betont hätten: „Wenn man hier in diesem Dom ist, ist man mitten in Deutschland und Europa"!
In der vorausgegangenen Sitzung wurde Bundeskanzler a. D. Dr. Helmut Kohl einstimmig zum Vorsitzenden des Stiftungs-Kuratoriums gewählt. Nach der Wahl sagte er: „Der Dom ist Teil meines Lebens, Teil meiner Heimat. Der Dom ist ein deutsches Nationaldenkmal. Ich übernehme sehr gern das Amt.“
Die »Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer« will Freude am Speyerer Kaiserdom wecken, das Bewusstsein für den Dom schärfen und Menschen begeistern. Stiftungszweck ist nach der Satzung die Förderung von Maßnahmen zur dauerhaften Erhaltung des Domes, seiner Kunstwerke und seiner Ausstattung sowie von Aktivitäten, die die europäische Bedeutung des Domes unterstreichen und wissenschaftliche Forschungen zum Kaiserdom ermöglichen. Dazu gehören auch Projekte der Öffentlichkeitsarbeit, die geeignet sind, den Dom in seiner historischen, künstlerischen und kulturellen Dimension einer breiten Öffentlichkeit näherzubringen.
Die Errichtung der Stiftung war das Ergebnis eines Prozesses, der bereits drei Jahre zuvor mit der Konstituierung eines Kuratoriums zur großen Dom-Restaurierung, dem bis heute namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Kirche, Kultur, Wirtschaft und Medien angehören, begann. Als amtierender Regierungschef nahm Dr. Helmut Kohl 1996 an der konstituierenden Sitzung des Dom-Kuratoriums in Speyer teil. Seitdem half er beim Einwerben von Fördermitteln.
Der Altkanzler nahm häufig an den jährlichen Gremiensitzungen teil und übernahm dabei stets die Sitzungsleitung des Kuratoriums. Bereitwillig gab er am Rande Zeitungs-, Rundfunk- und Fernsehinterviews. Er stand auch als Gesprächspartner bei Fernsehsendungen zur Verfügung und rührte kräftig die Werbetrommel für die Stiftung.
In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Kuratoriums lobte er die Initiativen der Stiftung und motivierte die Protagonisten. Begeistert zeigte er sich davon, dass sich Menschen zusammenfinden, um sich für den Dom zu engagieren. Das seien bürgerschaftliche Initiativen, die viele gar nicht mehr für möglich gehalten hätten. Solche Aktionen würden weit über den finanziellen Aspekt hinausgehen, erklärte er.
An anderer Stelle sagte der Altkanzler: „Wir sind dankbar für alle, die helfen, dass der Dom erhalten bleibt.” Die junge Generation könne das gut verstehen, da man gerade dabei sei, das Haus Europa zu bauen. Ein Haus, das groß genug sei, um die Völker Europas je nach ihren Bedürfnissen zusammenzubringen. Das Haus Europa berge die große Botschaft in sich, dass wir nie wieder zurückgehen zu jener Zeit des engen nationalstaatlichen Denkens, des Rassismus, Fanatismus und all’ dem, was die Menschen selbst Negatives gebracht haben.
Das „Erlebnis Dom” habe beim Besuch mit der eigenen Mutter begonnen und sich über die Jahrzehnte fortentwickelt, räumte der ehemalige Regierungschef einmal ein. Der Dom sei ein „Anruf des realistischen Optimismus”. Er stehe seit fast 1000 Jahren im Auf und Ab im Wechsel der Zeit. „Der Dom ist ein Gotteshaus”, betonte Dr. Kohl dabei. “Hier haben über die Jahrhunderte hinweg Menschen gebetet, Gott angefleht und gedankt.” Es sei auch eine Botschaft dieses Domes, dass man Realist sein müsse, dass man begreifen müsse, was die Welt in sich birgt, dass es aber keinen Grund zum Pessimismus gebe. Der Dom zu Speyer und der Rhein, der Schicksalsstrom der Deutschen, bergen diese Botschaft in sich, nach vorne zu blicken ohne die Geschichte zu verkennen: „Denn ein Volk, das seine Geschichte nicht kennt, kann die Gegenwart nicht begreifen und die Zukunft nicht gestalten.”
Dass wir Erbe bewahren, habe etwas mit der moralischen Statur unseres Volkes zu tun, war sich Kohl sicher. Es sei ein Zeichen der Dankbarkeit gegenüber den früheren Generationen, die dieses großartige Bauwerk geschaffen haben. Die »Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer« wird Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl ein bleibender Ort des Dankes und der Erinnerung sein.“