Inschriftenkatalog: Landkreis Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 39: Landkreis Jena (1995)

Nr. 12 Großkröbitz, Dorfkirche 2. H. 14. Jh.?

Beschreibung

Kryptogramm auf der mittleren der drei Glocken1) im Turm. Einzeilige Inschrift zwischen zwei gedrehten Schnurstegen am Glockenhals; auf der Flanke Pilgerzeichen,2) darunter Wappenschild; am Wolm zwei Stege.

Maße: Dm. 52,5 cm; H. 59 cm; Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel, erhaben.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Luise u. Klaus Hallof) [1/2]

  1. P R H E M Da) S P A R N F S A B H M E L Nb)

Wappen:
Wappenschild: Ldgfsch. Thüringen (Löwe).

Kommentar

Die Glocke ist dem sog. „Jenaer Kryptogrammisten“ zuzuschreiben, vgl. Nr. 11. Die Inschrift besteht aus einer freien Abfolge einzelner Lettern. Das Relief ist ein Pilgerzeichen.3) Die Wallfahrts-Zeichen auf Glocken mit dem Bild der Maria sind durch P. Liebeskind behandelt worden.4) Unter diesen fällt eine Gruppe auf, bei der zu Füßen der Mutter Gottes ein Wappenschild erscheint; dieser „läßt sich am besten auf das Vaterland des betreffenden Wallfahrstortes, am wahrscheinlichsten hier Thüringen, beziehen“.5)

Als Wallfahrtsort möchten wir die Kirche in Ziegenhain annehmen,6) wo ein wundertätiges Marienbild verehrt wurde. Die frühe Glocke von Großkröbitz würde die Auffassung von O. Mühlmann bestätigen,7) daß es bereits in der Mitte des 14. Jh. (nicht erst im Zusammenhang mit dem spätgotischen Umbau der Kirche im 2. V. des 15. Jh.; vgl. Nr. 79) eine Marienkapelle in Ziegenhain gegeben hat, die eine Stätte der Wallfahrt war. Zweifel darüber, um welches Wappen es sich bei dem Löwen handelt,8) werden dadurch beseitigt, daß es auf späteren Glocken9) zusammen mit einem anderen, durch Wappenschilde als thüringisch (Löwe)10) und sächsisch (Rautenkranz) hervorgehobenen Pilgerzeichen auftritt. Dieses zeigt die 14 Nothelfer,11) und Bergner hat es überzeugend auf die 1464 (vgl. Nr. 46) geweihte Wallfahrtskirche in Vierzehnheiligen bezogen.12) Durch das thüringische Wappen wird die geographische Zugehörigkeit des Wallfahrtsortes angegeben; im Fall von Vierzehnheiligen zusätzlich auf die Stiftung der Kirche und die Schutzherrschaft der Wettiner über den Gnadenort hingewiesen.

Textkritischer Apparat

  1. Vgl. Nr. 11, Anm. 16.
  2. E, H, L um 180º gedreht.

Anmerkungen

  1. Die beiden anderen Glocken von 1712 und 1811 (BuKTh 32), im I. Weltkrieg abgegeben.
  2. Dasselbe Relief findet sich auf der Kryptogrammglocke zu Graitschen b. Eisenberg; vgl. Bergner 1896, 180–181.
  3. H. 6 cm, B. 3 cm: Maria mit dem Jesusknaben auf dem Schoß sitzend unter einem Wimperg.
  4. Liebeskind 1904, 54–55 behandelt die Marien-Zeichen nur summarisch; ein weiteres Exemplar mit Wappenschild weist er auf einer Glocke in Arnshaugk nach, a. O. Abb. 15.
  5. Liebeskind 54.
  6. Liebeskind wagt keine Zuschreibung.
  7. Mühlmann 1981, 180. In der älteren Literatur wird zumeist der Ablaß des Jahres 1425 zugunsten des Baues der Kirche mit der Anerkennung als Wallfahrtsort in Verbindung gebracht.
  8. Nach Bergner der Löwe der Markgfsch. Meißen oder der Ldgfsch. Thüringen.
  9. In Hainichen und Krumpa; s. Anm. 12.
  10. Die achtfache Teilung des Löwen ist freilich nicht zu erkennen.
  11. Liebeskind 1904, 53 Nr. 1 mit Nachzeichnung Abb. 1.
  12. Belege hierfür sind: a) die Sinderam-Glocke in Großkochberg üb. Rudolstadt von 1479 (Bergner 1896, 201–202 Nr. 8); b) Lauchstedt b. Merseburg (BuKPrSa VIII (Krs. Merseburg), 1883, 76 und Nachzeichnung Fig. 77, erkannt von Liebeskind 1904, 53 Nr. 1d), 1518 von Georg Wolgast aus Halle gegossen; c) Krumpa b. Querfurt (BuKPrSa XXVII (Querfurt), 1909, 51–52) von Claus Riemann in Naumburg 1471 gegossen; d) Hainichen b. Eisenberg (BuKTh IV (Eisenberg), 1892, 219, mit Nachzeichnung; identifiziert von Bergner 1896, 201–202 Nr. 1; e) eine Minuskel-Glocke in Kulkwitz üb. Leipzig (BuKKgSa XVI (Leipzig-Land), 1894, 70, mit Nachzeichnung der nicht gedeuteten Inschrift am Rahmen, Fig. 46). – Ein gut erhaltenes Original, 1951 in Leipzig gefunden (H. 9,4 cm, B. 5,65 cm) befindet sich im dortigen Museum im Alten Rathaus (abgebildet bei K. Köster, Mittelalterliche Pilgerzeichen, in: Wallfahrt kennt keine Grenzen. Katalog ..., Zürich 1984, 219 Abb. 97 b). Es erlaubt die richtige Lesung der Inschrift auf dem unteren Rahmen (bislang nur von Liebeskind 53 versucht): xiiii nothelfer by ihen.

Nachweise

  1. BuKTh III (Kahla), 1888, 32.
  2. Bergner 1894, 543.
  3. Bergner 1896, 190 Nr. 1 mit Nachzeichnung des Reliefs Taf. V, Abb. 30.
  4. Schlippe 1975, 350–351.
  5. Vgl. Löbe 1891, 538.
  6. Walter 1913, 193.
  7. Weinhold 1986, 103 und Photo S. 89.

Zitierhinweis:
DI 39, Landkreis Jena, Nr. 12 (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di039b006k0001208.