Inschriftenkatalog: Landkreis Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 39: Landkreis Jena (1995)

Nr. 18 Jenalöbnitz, Dorfkirche E. 14. Jh.?

Beschreibung

Kryptogramm auf der kleinen der beiden Bronzeglocken,1) nach Abriß des Turmes und Entweihung der Kirche in den 80er Jahren auf dem Dachboden abgelegt. Auf der Schulter ein einfacher Steg; die einzeilige Inschrift verläuft zwischen zwei gedrehten Schnurstegen um den Glockenhals; auf der Flanke, an dem unteren Schnursteg anschließend, vier Wappenschilde. Am Wolm zwei Stege.

Maße: Dm. 58,5 cm; H. 49 cm; Bu. 2,5–3 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel und Minuskel, erhaben.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Luise u. Klaus Hallof) [1/2]

  1. a) O ∙b)c) RH ∙d)e)b)f)g)h) IV ∙i) RE ∙k) PE ∙l) CE

Wappen:
Wappenschilde: im Schriftband: Tümpling?2); auf der Flanke: 1. Doppeladler (Reichsadler ?)3); 2.–4. steigender Löwe (Ldgfsch. Thüringen ?)4).

Kommentar

Die Glocke von Jenalöbnitz ist durch den die Inschrift einleitenden Wappenschild in eine Reihe mit den Glocken von Nennsdorf (Nr. 17) und Wenigenjena (Nr. 19) zu stellen, von denen sie sich freilich im Typus der Inschrift unterscheidet. Gemeinsam sind den drei Glocken auch die runden Medaillons mit den Evangelisten-Symbolen.5) Das Wappen ist als das Tümplingsche und Albrecht Tümpling (erwähnt zwischen 1382 und 1411) als Stifter angesprochen worden.6) Eine Datierung E. 14. Jh. ist geboten, weil auf der Glocke sowohl Majuskeln als auch Minuskeln (Buchstaben auf den aufgelegten Plättchen) vorkommen.7) Die Bedeutung der einzelnen, vom Gießer eingedrückten Zeichen muß dahingestellt bleiben. Im Vergleich mit der Nennsdorfer Glocke fällt auf, daß es sich um weltliche signa handelt: Siegel (teils noch an der Schnur) und Wappenschilde (mit Reichsadler (?) und Thüringer(?) Löwen). Die Glocke in Wittchenstein üb. Neustadt a.d. Orla weist offenbar dieselben Abdrücke und eine ganz ähnliche Gestaltung auf.8)

Die Folge der Buchstaben zwischen den Zeichen ist willkürlich und ergibt keinen Sinn.9) Die Lettern selbst sind wenig auffällig: C, H, I, O, R, P, V wie auf der Glocke von Nennsdorf (Nr. 17). Bei dem Fehlen charakteristischer Buchstaben wie A, G, M bleibt das Zeugnis des Wappenschildes maßgebend für die Annahme einer gemeinsamen Herkunft der drei Glocken.

Textkritischer Apparat

  1. Wappenschild (H. 3,2 cm): zwei zur Teilung gekehrte Sicheln mit Griff, die eine Blüte (Traube?) einfassen.
  2. Minuskel-g, spiegelverkehrt, unter einer dreizackigen Krone auf einer rechteckigen Platte (H. 3,0 cm; B. 1,5 cm).
  3. Relief eines Ritters mit vorgehaltenem Schild (H. 3,0 cm), darauf undeutliche Zeichnung (nach Schlippe das Mainzer Rad).
  4. Siegel (Schild mit steigendem Löwen, H. 2,7 cm) an der Siegelschnur.
  5. Breites Minuskel-g mit angesetztem rechten Abschlußstrich (wie in Nr. 37) unter einer dreizackigen Krone auf einer rechteckigen Platte (H. 3,3 cm; B. 2,5 cm).
  6. Wappenschild mit steigendem Löwen (wie Nrr. 2.–4. auf der Flanke).
  7. Minuskel-b (?; nach Bergner: li) unter einer dreizackigen Krone auf einer achteckigen Platte (H. 2,9 cm; B. 3,0 cm).
  8. rundes Siegel (Christus mit der Siegesfahne), oben aufgesetztes Kreuz (Dm. 1,7 cm); unten dünne Siegelschnur.
  9. Medaillon (Dm. 3,0 cm), darauf nimbierter Adler mit Spruchband (H. 0,5 cm; die Inschrift ist nicht zu erkennen).
  10. Medaillon (Dm. 3,0 cm), darauf nimbierter, geflügelter Stier mit Spruchband (die Inschrift ist nicht zu erkennen).
  11. Figur (Engel?) im Fünfpaß (H. 3,0 cm). Vgl. „eine Taube, im Sechspaß“ auf der Tümpling-Glocke in Obermöllern (s. Nr. 17, Anm. 7).

Anmerkungen

  1. Die größere Bronzeglocke – nach Lehfeldt 1681 von Nikolaus Rausch in Zeitz gegossen – wurde im I. Weltkrieg abgegeben.
  2. S. Anm. a.
  3. H. 4,7 cm.
  4. H. 3,0 cm.
  5. Anm. i und k. Da in Nennsdorf die ganze Sequenz vorliegt, läßt sich das zweite Medaillon (k) mit ziemlicher Sicherheit als Stier (Lucas) verstehen; Bergner hält es für das Lamm Gottes, veranlaßt wohl von der Zeichnung C. Hirschs (in BuKTh Jena, 158), die hinter dem Tier den Kreuzstab vorstellt.
  6. Vgl. den Kommentar zu Nr. 17.
  7. Vgl. allgemein Kloos 1980, 134–135. Der Übergang beider Schriftformen am Ende des 14. Jh. ist in Jena auf einem Grabmal von 1382 bezeugt (DI 33, Nr. 5); im Lkrs. Jena stammt die früheste datierte Inschrift in Minuskeln aus dem Jahre 1408 (Nr. 28). S. Einleitung, S. ILL.
  8. BuKTh XXIV (Neustadt a.d. Orla), 1897, 245, Nr. 2. Die Glocke wird M. 14. Jh. datiert. Worte durch kleine, zum Teil undeutliche Reliefs getrennt: V (Relief: in einem Kreis eine nicht mehr erkennbare Figur, darüber ein kleines Kreuz) RE (Kreis mit Lamm Gottes) PE (Fünfpaß mit Figur, „einer Harpyie ähnlicher als einem Engel“) CO (schräger Wappenschild mit Bischofsstab) HE (Ritter mit Schild in der Linken, Schwert in der Rechten) R (Schild mit Löwen) + (Medaillon mit Vogel). Auf der Flanke an den vier Seiten Wappenschilder, in einem der Löwe. Dm. 52 cm.
  9. Lehfeldt mit völliger Willkür: „Die Inschrift soll wohl bedeuten: O re(x) g(loriae) v(eni) k(um) jure (et) pace“; noch abwegiger Schlippe 1975, 343–345, der auch über den plastischen Schmuck der Glocke spekuliert. Walter 1913, 193 zählt sie fälschlich unter die Alphabet-Glocken (dies merkt auch Köster 1979, 378 Anm. 35 an).

Nachweise

  1. BuKTh I (Jena), 1888, 158–159 (Nachzeichnung).
  2. Tümpling 1888, 90. 354 und Nachzeichnung nach S. 90.
  3. Bergner 1896, 182 Nr. 7.
  4. Schlippe 1975, 343–344 und Abb. 2.

Zitierhinweis:
DI 39, Landkreis Jena, Nr. 18 (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di039b006k0001806.