Inschriftenkatalog: Landkreis Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 39: Landkreis Jena (1995)

Nr. 117 Tautenburg, Dorfkirche 1512

Beschreibung

Inschriften auf der größeren der beiden Glocken1) im Turm; im II. Weltkrieg auf dem Hamburger Glockenfriedhof ausgelagert. Erhöhte Kronenplatte mit Sternornament; Haube gewölbt und abfallend. Die einzeilige Inschrift (A) verläuft um den Glockenhals zwischen zwei Stegen, über deren oberem ein Zinnenfries, an deren unterem ein doppelter, sich überschneidender Bogenfries auf Kleeblättern. Am Wolm zwei Stege; am Schlag zwischen zwei Stegen in den vier Himmelsrichtungen Inschrift (B).

Maße: H. 96 cm; Dm. 89 cm; Gewicht: 458 kg;2) Bu. 2,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel, erhaben. Worttrennung durch kleine Kleeblätter (H. 1,5 cm).

Germ. Nationalmuseum, Glockenarchiv, Sig. 11/20/305 B (Neg.Nr. 8874) [1/4]

  1. A

    + Anno ∙ domini ∙ m ∙ ccccc ∙ xii ∙ o ∙ ihesu ∙ rex ∙ glorie ∙ veni ∙ cum ∙ pace ∙qui ∙ semper ∙ es ∙ laudabilis ∙ et ∙ tamen ∙ ineffabilis ∙

  2. B3)

    + Ihsa) + // + nazarenus + // + rex + // + iudeorum +

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1512. O Jesu, König der Ehren, komme mit Frieden, der du immer bist preiswürdig und gleichwohl unaussprechlich.

Versmaß: Zwei steigende Achtsilbler mit dreisilbig reinem Reim (A).

Kommentar

Die Glocke von Tautenburg zeigt die typischen Merkmale einer ganzen Reihe von Glocken in Thüringen und im Vogtland4): Worttrennung durch kleine Kleeblätter, einfacher oder doppelter Klee- (bzw. Ahorn-)blattbogenfries und Zinnenfries, am Glockenrand in den vier Himmelsrichtungen die Worte des Titulus. In der Datumsangabe ist das Wort domini auffällig oft ausgeschrieben. Als Spruch begegnet in der Regel das Glockengebet O rex gloriae ..., ergänzt durch Invokationen (O sancte ... ora pro nobis); es ist hier durch zwei lateinische Verse ergänzt, deren Herkunft (Hymnus?) noch nicht festgestellt werden konnte. Aus dem Lkrs. Jena sind fünf weitere Glocken dem Meister zuzuweisen, von denen eine, Nr. 132 von 1522, noch erhalten, drei weitere – Nrr. 111 (1511), 128 (1520), 136 (1531) nicht mehr vorhanden sind, die erhaltene Glocke Nr. 131 von 1522 mit einem lateinischen Psalmenzitat aber bislang nicht für diesen Meister in Betracht gezogen wurde. Ein Vergleich der Lettern zeigt aber insbesondere für a, f, g (mit Zierstrich), p und z typische Formen; w wurde aus u durch Anfügen einer Schräghaste konstruiert. Den zunächst wegen Nr. 136 als „Schleizer Unbekannter“ bezeichneten Gießer konnte Bergner überzeugend mit dem auf einigen Glocken genannten marx rosenberger identifizieren.5) Aus einem relativ engen Gebiet in Thüringen (die ehemaligen Länder Reuß, Meiningen, Altenburg, Gera und der Neustädter Krs.) sind mehr als 80 Glocken Rosenbergers aus den Jahren 1489 bis 1536 bekannt, die aufgrund ihrer Schönheit, ihres hellen Klanges und ihrer Haltbarkeit oft als silberhaltig galten.

Textkritischer Apparat

  1. = iesus.

Anmerkungen

  1. Die andere Glocke nach Lehfeldt, BuKTh Jena, 204, von 1835; nach Stölten 1933, 8, war sie vordem 1715 in Zeitz umgegossen worden.
  2. Nach den Messungen des Glockenarchivs.
  3. Io. 19,19.
  4. Bergner 1896, 227–229.
  5. Walter 1913, 853–854.

Nachweise

  1. BuKTh I (Jena), 1888, 204.
  2. Bergner 1896, 187 Nr. 29.
  3. Germanisches Nationalmuseum, Glockenarchiv, Nr. 11/20/305 B und Photo Neg.Nrr. 8874, 8986.

Zitierhinweis:
DI 39, Landkreis Jena, Nr. 117 (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di039b006k0011704.