Inschriftenkatalog: Landkreis Jena
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 39: Landkreis Jena (1995)
Nr. 125 Jena, Melanchthonhaus 1517
Beschreibung
Inschriften auf zweiflügligem Schnitzaltar, aus der Marienkirche Zwätzen. Holz, farbig gefaßt, und Tempera auf Holz. – Mittelschrein: Zu beiden Seiten des Gekreuzigten auf stilisierten Wolken in vier Reihen übereinander Halbfiguren (H. ca. 25 cm) von Heiligen (deren Attribute meist verlorengegangen sind): Links, oben: Maria, gekrönt, mit Kind; darunter: drei Altväter (Moses mit den Gesetzestafeln, darauf Inschrift (A); Aaron; Johannes der Täufer); darunter: vier Märtyrer (Christophorus; unbestimmt; Bischof1); Stephanus); unten: vier Märtyrerinnen (Katharina; unbestimmt; Barbara; unbestimmt2). – Rechts, oben: zwei Engel; darunter: vier Apostel;3) darunter: fünf (!) Kirchenlehrer (Hieronymus; Augustinus; Gregor; eine Figur mit Tonsur;4) Ambrosius); unten: vier biblische Marien (alle mit Kopftuch und gefalteten Händen). Linker Seitenflügel: Auf der Innenseite zwei Schnitzfiguren (H. ca. 50 cm), oben: Katharina (gekrönt, mit Buch; das Attribut in der rechten Hand fehlt), unten: unbestimmt (mit Haube und Buch; Attribut fehlt5). Auf der Außenseite Gemälde der Maria, die dem Jesuskind eine Traube reicht, darüber Inschrift (B). Rechter Seitenflügel: Auf der Innenseite zwei Schnitzfiguren, oben: Valentinus von Terracina, einen Blinden heilend, unten: Mönch.6) Auf der Außenseite Gemälde der Hlg. Elisabeth, darüber Inschrift (C).
Maße: Mittelschrein: H. 139 cm; B. 92 cm, Flügel: H. 139 cm; B. 45,5 cm; D. 17 cm; Bu. 3 cm, (B, C), ca. 0,9 cm (A); Zi. 1,5 cm.
Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis (B, C), gelb auf dunkelbraunem Grund, und Kursive (A), schwarz auf hellem Grund zwischen vorgezeichneten Linien gemalt.
- A
Du solt / gl[euben?] / [a]n eyn / – – – / – – – / – – – / – – – / – –tag / – – – / – – – / – – O / Got ∙ // vat[er] / m[u]t[ter ?] / eren / nich[t] / rech[– –] / wey[b] / Du solt / nicht / toten7) / nocha)
- B
SANCTA ∙ MARIA ORA
- C
SANCTA ∙ ELISABET 1517
Textkritischer Apparat
- Oder nach.
Anmerkungen
- Apollinaris (?) will Lehfeldt.
- Clara will Lehfeldt, doch die früher in ihrer Hand befindliche Palme gehört, wie Bergner beobachtet hat, zu Stephanus.
- Nach Lehfeldt: Johannes, Petrus, Paulus [dessen Schwert verlorengegangen], Jacobus d. Ä (?). – Der linke hat einen Kelch, der folgende ein Buch; die weiteren Attribute fehlen.
- An den hl. Bernhard denkt Bergner.
- Nach Lehfeldt: Kunigunde.
- Nach Lehfeldt: Mönch Hugo (?), mit Buch.
- 2 Mose 20,13.
- Bereits Lehfeldt bemerkte, der Altar sei ganz der thüringisch-sächsischen Schnitzschule zugehörig.
- Vgl. H. Magirius, Dorfkirchen in Sachsen, Berlin ²1990, 35. – Zu der Werkstatt Naumanns s. H. Löbe, in: Mitteilungen des Landesvereins Sächs. Heimatschutz 22, 1933, 235–249.
- Auf der linken Seite des Diptychons sind elf Zeilen, auf der rechten nur zehn enthalten; so verbietet es sich, die Zeilen jeweils über beide Seiten zu lesen und dadurch zu versuchen, einen Zusammenhang der einzelnen Wörter, die rechts besser lesbar sind, herzustellen.
- Vgl. Nr. 280 (C); auch DI 10 (Niederösterreich I), Nr. 214.
Nachweise
- Bergner 1897, 336.
- Vgl. BuKTh I (Jena), 1888, 238–239.
Zitierhinweis:
DI 39, Landkreis Jena, Nr. 125 (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di039b006k0012505.
Kommentar
Das Altarwerk von Zwätzen ist bislang noch nicht Gegenstand einer kunsthistorischen Untersuchung gewesen, so daß eine Zuschreibung an eine der bekannten Schnitzwerkstätten in Sachsen bzw. Thüringen8) noch offen ist. Man darf an eine Altenburger Werkstatt denken, zeichnen sich doch gerade die Figuren der dortigen Werkstatt Jakob Naumanns durch ihre untersetzte Gestalt und ihre Anordnung auf den Seitenflügeln in doppelter Reihe übereinander aus.9)
Die Invokation (B) bricht im Satz ab und kann so nicht vollständig sein; wahrscheinlich setzte sie sich mit PRO NOBIS o.ä. an anderer Stelle fort, vielleicht unter den jetzt grau-schwarz übermalten, unmotivierten Sockeln der Figuren. Von den flüchtig gemalten Worten auf den Gesetzestafeln Mose konnte nur der Satz Du solt nicht toten gesichert werden.10) Inhalt waren also – wie auch naheliegend – die zehn Gebote, doch bietet das Erhaltene nur Bruchstücke der bekannten Worte. So ist in Anbetracht des zur Verfügung stehenden Platzes anzunehmen, daß nur eine Auswahl aus den zehn Geboten zitiert war.11)