Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 22 St. Viktor, Lapidarium um 1330

Beschreibung

Grabstein des Priesters Peter von Wederich.1) Kalkstein. Der Stein befand sich bis 1945 in der westlichen äußeren Arkadenwand des Kreuzganges in Höhe der Pfeiler 22/23, wo er vermauert und verputzt war. Anzeichen dafür, dass er nachträglich beschnitten wurde, gibt es nicht. Die Rückseite ist durch eine starke Ausplatzung beschädigt. Tropfspuren eines Eisenhakens in der Unterseite weisen darauf hin, dass der Stein auf dem Kopf vermauert war. Die dreizeilige Grabbezeugung ist eingehauen (A). Darunter auf dem Kopf stehend eine Vorzeichnung für den Beginn derselben Inschrift in Konturschrift (B). Offenbar wurde der Text dort angelegt, nach der ersten Zeile abgebrochen, der Stein umgedreht und die Inschrift erneut und diesmal vollständig ausgeführt.2)

Maße: H. 18 cm; B. 26,5 cm; T. 10 cm; Bu. 2,5–3,1 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

  1. A

    HIC · IAC(ET)a) · P/ETR(US)b) · DE · WE/DERIC · P(RES)B(ITE)R

  2. B

    HIC IACECc) +

Übersetzung:

(A) Hier liegt der Priester Peter von Wederich.

Kommentar

Kräftige Schäfte sowie Schwellungen an den großen Bögen und an der geraden Cauda des R verleihen der gotischen Majuskel einen flächigen Charakter. Die ausgeprägten Sporen sind in Form rechtwinklig angesetzter Striche ausgeführt. Das kapitale T trägt am unteren Schaftende einen Sporn, der in Länge und Strichbreite dem (sporenlosen) Balken entspricht, und ist kaum vom I zu unterscheiden. In der letzten Zeile sind die Bögen zunehmend eckig geraten, der untere Bogen des offenen B ist deutlich kleiner als der obere, der letzte Buchstabe auf ein (unvollständig ausgeführtes) Bogen-R reduziert. Nur wenige Buchstaben zeigen eine deutliche Spannung. Dazu gehört insbesondere das D am Beginn der letzten Zeile, das aus einem sehr kurzen Schaft und einem großen, an beiden Enden weit über den Schaft hinaus waagerecht verlängerten Bogen besteht. W ist aus zwei ligierten V gebildet, die einen gemeinsamen Rechtsschrägschaft haben, A besteht aus parallelen Schäften, Mittelbalken und beidseitig überstehendem Deckbalken. R ist offen mit einer geraden, weit ausgestellten Cauda. Als Worttrenner dienen Dreispitze. Insgesamt ist die Schrift vom „Idealbild“ der gotischen Majuskel weit entfernt. Das Fragment B lässt erkennen, dass die Schrift ursprünglich sehr flächig mit einem Wechsel zwischen Haar- und Schattenstrichen konzipiert war. Die Ausführung der Konturschrift war besser gelungen, so wirkt etwa das A mit einem leicht geschwungenen Deckbalken wesentlich dynamischer und harmonischer als in Inschrift A. Es wurden die gleichen Grundformen verwendet wie für die vollständig ausgeführte Grabbezeugung A, allerdings lässt der letzte Buchstabe vermuten, dass statt des kapitalen ein rundes T vorgesehen war. Die versehentliche Ausführung eines C anstelle des runden T könnte dazu geführt haben, dass die Inschrift abgebrochen und durch ein Kreuz „getilgt“ wurde.

Peter von Wederich wird in einer Xantener Urkunde vom 18. Juni 1330 als „capellarius“ der Andreaskapelle erwähnt.3) Im Memorienkalender der Xantener Stiftsvikare4) wird von einer Hand VIb5) unter dem 1. Mai notiert: „O(biit) Elsa de Byslic, quae legavit domum et aream, quam d. Petrus capellanus s. Andree ad vitam suam pro 4 sol. possidebat, nobis singulis annis persolvendis …“. Der Text wird fortgesetzt durch die Hand Ad (bis ca. 1331)6): „quam post obitum dicti d. Petri socii dederunt ...“.7) Danach ist der Tod des Peter von Wederich um 1330 anzunehmen und der Stein in dieselbe Zeit zu datieren.

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch tironisches et in Form eines zweistöckigen z.
  2. Kürzung durch us-Haken.
  3. Falsch für IACET. Vermutlich rundes T der Vorlage zu C verlesen. Hinter dem Kreuz bricht der Text ab.

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. 413.
  2. Für den Hinweis darauf sei Dr. Rüdiger Fuchs, Mainz, herzlich gedankt.
  3. Weiler, Urkundenbuch (1935), Nr. 630 von 1330 Juni 18. Es geht in dieser Urkunde um den Verkauf einer Rente aus einem Haus in der Brückstraße, in der ein Conrad von Wederich 1332 als Besitzer des angrenzenden Hauses genannt wird (Weiler, Urkundenbuch [1935], Nr. 644 von 1332 Feb. 27). Bader, Dom I (1978), S. 223, verwechselt offensichtlich die Personen, wenn er Peter von Wederich als Besitzer desselben Hauses anführt. Freundlicher Hinweis von Dr. Rainer Schiffler, Xanten.
  4. Weise, Memorien (1937), ab S. 277.
  5. Die Datierung dieses Eintrags kurz nach 1300 bei Weise, Memorien (1937), S. XXXV, ist im Hinblick auf die Ausstellung der Stiftsurkunde 630 im Jahr 1330 wohl etwas zu früh angesetzt (freundlicher Hinweis von Dr. Rainer Schiffler, Xanten).
  6. Weise, Memorien (1937), S. XX.
  7. Ebd., S. 288.

Nachweise

  1. Engelskirchen, Nachlese (1939), S. 122, Anmerkung 1,3.
  2. Bader, Dom I (1978), S. 223.

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 22 (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0002205.