Inschriftenkatalog: Stadt Xanten

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 92: Stadt Xanten (2017)

Nr. 25 St. Viktor, nördliche Chorkapelle 2. D. 14. Jh.

Beschreibung

Glasmalerei: mittleres Fenster in der äußeren nördlichen Chorkapelle, Joch D1.1) Auf zwei Bahnen verteilt eine Darstellung der Anbetung der Könige. Links die Heiligen Drei Könige, rechts Maria mit dem Kind, jeweils unter gotischer Bogenarchitektur; darunter, durch einen Streifen mit einer zweizeiligen Bildbeischrift (als Stifterinschrift) von der Anbetungsszene abgetrennt, links der kniend betende Stifter, in der rechten Bahn sein Wappen. In die Rahmenarchitektur sind musizierende Engel und Propheten eingestellt, deren Schriftbänder Quasi-Schrift tragen. Das ganze Glasgemälde ist in leuchtenden Farben gehalten, der Stiftername weiß auf blauem Grund gemalt. Das Fenster war bereits Anfang des 20. Jahrhunderts stark überarbeitet,2) es wurde 2016/17 durch Franziska Koch erneut restauriert.

Siehe Lageplan.

Maße: H. 690 cm; B. 150 cm; Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

  1. · EUERARDUS · HAGHED/ORNE · SCOLASTICUS ·

Wappen:
Hagedorn3)

Kommentar

Die gotische Majuskel ist in kräftigen Strichen ausgeführt, die mit feinen Haarstrichen abwechseln. Deutliche Bogenschwellungen und der Balkensporn des L betonen die Flächigkeit der Schrift. Damit kontrastieren verspielte Elemente: Die Bogenenden bei H und an der geschwungenen Cauda des R sowie das untere Ende des linken Schafts beim pseudounzialen A sind eingerollt, ebenso die fein ausgeführten Abschlussstriche des C und des E. An die Schaft- und Bogenenden sind, sofern sie nicht geschlossen sind, breite, aber sehr feine Striche rechtwinklig angesetzt. Die Schäfte von D, I, L, N und U tragen auf halber Höhe beidseitig Nodi, einige Sporen enden in Zierpunkten.

Hagedorn entstammt einer adligen Familie von Klever Ministerialen, die von den Klever Grafen gezielt gefördert wurden.4) Nach Classen ist Everhard Hagedorn seit 1322 als Kanoniker in Xanten nachweisbar, 1327 war er auch Pastor zu Hommersum und von 1329 bis zu seinem Tod am 10. August 1351 als Scholaster in Xanten tätig.5) Die Darstellung der Anbetung auf dem Fenster dürfte in Verbindung mit einer Memorie für den Stifter am 7. Januar6), dem Tag nach Heilige Drei Könige, zu sehen sein. Weitere Gedenktage für ihn fielen auf den Gründonnerstag und den Freitag nach dem Weißen Sonntag (Lancea domini).7)

Neben dem Fenster, das ihn in typischer Stifterpose zeigt, gelten auch das Apostelfenster (Nr. 26) sowie ein Fenster mit Darstellungen aus dem Leben des hl. Nikolaus (ohne Inschrift) als eine Stiftung des Everhard Hagedorn. Wo die Fenster ursprünglich eingebaut waren, ist nicht überliefert. Die frühesten Baurechnungen des Viktorstifts verzeichnen zum Jahr 1362 Zahlungen an den Glasmacher Jakob aus Köln für neue Fenster im Kapitelsaal, die Beissel mit dem Propheten- und dem Hagedornfenster in Verbindung bringt.8) Trifft dies zu, so entstanden beide Fenster erst elf oder zwölf Jahre nach Hagedorns Tod und somit vermutlich aufgrund eines testamentarischen Legats.9) Hawicks hingegen bezieht die Fensterstiftung auf eine frühere Bauphase in den 1330er Jahren, in der die neue Nikolauskapelle errichtet und mit Fenstern ausgestattet wurde.10) Ihre Fertigstellung fällt in die Zeitspanne, in der Hagedorn als Scholaster am Viktorstift nachweisbar ist, sodass in diesem Fall eine Stiftung noch zu seinen Lebzeiten anzunehmen wäre. Mangels entsprechender Quellen bleiben Hawicks’ Überlegungen zu einer Datierung der beiden Fenster in die Jahre 1349/50 allerdings spekulativ.11) Auch Lieven setzt die Entstehung der Fenster Mitte des 14. Jahrhunderts an,12) Grote sogar bereits um 1330,13) beide verzichten allerdings auf eine Begründung.

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. nach Hölker (1925): D-3.
  2. So bereits Oidtmann, Glasmalereien, Bd. 1 (1912), S. 214.
  3. Roter Pfeil auf silbernem Grund.
  4. Lieven, Vitrea dedicata, Teil 1 (2005), S. 157f.; Hawicks, Xanten (2007), S. 220 und 286.
  5. Classen, Archidiakonat (1938), S. 101. Pels führt Hagedorn in der Liste der Scholaster für das Jahr 1347 auf (Pels II, Deliciae [1734], p. 337).
  6. Nicht April (Lieven, Vitrea dedicata, Teil 1 [2005], S. 156).
  7. Eintrag einer Hand Ai (1351–1358) und Ak (1360–1361), Weise, Memorien (1937), S. 6, 41, 43.
  8. Beissel, Bauführung III (1889), S. 99f.; Stummel, Fensterverglasungen (1892), Sp. 27; Oidtmann, Glasmalereien, Bd. 1 (1912), S. 214; Karrenbrock/Kempkens, St. Viktor (2002), S. 46. Clemen erwähnt das „unter nordfranzösischem Einfluss entstandene Formenideal in einfacher Technik – schwarze unvertriebene Umrisse – um 1350–1400“ (KDM Kreis Moers [1892], S. 125).
  9. In diese Richtung weist der Erwerb eines Jahreszinses zugunsten der Kirchenfabrik durch Hagedorns Testamentsvollstrecker im Jahr 1355 (Bader, Dom I [1978], S. 306).
  10. Hawicks, Xanten (2007), S. 239–241.
  11. Ebd., S. 286f.
  12. Lieven, Vitrea dedicata, Teil 2 [2007], S. 14.
  13. Hilger u. a., Dom zu Xanten (2007), S. 17; Janssen/Grote, Zwei Jahrtausende (2001), S. 161.

Nachweise

  1. Beissel, Bauführung III (1889), S. 100.
  2. Oidtmann, Glasmalereien, Bd. 1 (1912), S. 214.
  3. Hilger u. a., Dom zu Xanten (2007), S. 78 (Abb.).
  4. Lieven, Vitrea dedicata, Teil 1 (2005), S. 154, Abb. S. 156.

Zitierhinweis:
DI 92, Stadt Xanten, Nr. 25 (Paul Ley), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di092d009k0002502.